Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Kerbholz

Kerbholz

, n.


I (meist längsgespaltener) Holzstab, in den zur Verrechnung wiederkehrender Leistungen Einschnitte gemacht werden und dessen Teile den Parteien zum Beweis ihrer Forderung bzw. Leistung verbleiben (Holzurkunde, vgl. HRG.1 II 223 - 225 u. 701 - 703), tw. auch Meßstab, bei dem der Einschnitt zB. den jeweiligen Inhalt eines Weinfasses kennzeichnet; bis in das späte 19. Jh. als Ersatz schriftlicher Rechnungsführung gebraucht
bdv.: Rabisch, Reitholz
  • win koufen in geselleschaft vff kerueholze zu trinkene
    14. Jh. Germania 20 (1875) 46
  • eyn schultheisz sal dry kiesen ... die sullen uff ire eide die bede setzen und kerben, sollen dem schultheisz daz kerbholz geben, der sal umgehen und die bede uffheben
    um 1430 Hanau/GrW. I 511
  • schuldig ... czweinczig czentner czyn vnd was das kerbholcz awszweyszen wirdt
    1478 TeplitzUB. 258
  • kain kerffzedel oder kerffholtz, wann der andertaile den gegenzedel oder das gegenholtz dagegen nit leit vnd des lögnet, ist nit gnůgsam zůrecht den andern tail zů besagen oͧn verer vrkünd oder vmbsteͣnde, die dem selben zedel oder holtz billich ain glouben gebeͣren. doch sol der, so dess kerffholz oder zedelss ab red ist, ain ayd swoͤrn, das er dess gegenholtz oder zedelss nitt hab oder wiss, uorhannden gewesen sin ... weͣr es, das sölliche handtgeschrifft, keͣrffzedel oder keͣrffholtz von baiden tailen gelegt wer, zu gemainer hande hinder ain richter oder ainen glouphafftigen man, vmb ir yettweders würde dem lögennden taile sein nit bekennen destminder hilff geberen
    1493 TübStR. 27
  • ist im [kilwart] in sinen eidt ingebunden, das er alle messen, so durch den capplan gelesen, an ein kerbholtz schniden und die eins jeden jars eim statmeister ubergeben solle
    1501 SchlettstStR. 734
  • sol der floͤßmeister, wie viel ein jeder zin in der floͤß hat und sich am gewicht findet, mit einem jeden ein außgeschnitten kerbholtz machen und daran schneiden, wie viel ein jeder centner und pfund zinnes in der floͤß hat, das eine kerbholtz bey sich behalten und das ander dem geben, des das zin ist, alsdann sol der, des das zin ist, mit seinem kerbholtz zu dem gegenschreiber gehen und ihm dasselbige kerbholtz uͤberantworten, da sol ... der gegenschreiber des namen, des das kerbholtz ist, auffs kerbholtz schreiben und in das register verzeichnen, wie viel des zinnes auffs kerbholtz angeschnitten ist
    1548 ZinnbgwO. Art. 15
  • souer dann jemandt zů beweisung seiner schulden einich kerffholtz oder zettel in recht fürbringen, daneben von dem andern theil die gegenzettel oder hoͤltzer auch fürgezeigt vnd gleichstendig gefunden würden, solle denselben glauben geben vnd darauff durch vnsere gericht erkennt werden
    WürtLR. 1555 S. 59
  • sollen sie [Geschworene] das vasz schetzen und das an ein kerbholz schneiden, wie viel dasselbig vasz hab
    1575 Schwaben/GrW. VI 274
  • dieweyl auch in dieser statt ... sehr breuchlich ist ..., daß die contrahenten an statt brieff vnd sigel ... kerffhoͤltzer, da der schultherr den stock behelt, der eynsatz aber vnd gegenwechsel dem schultman zugestellt wirt, mit einander auffrichten, so dann auch dieselben zu der beweysung von dem schultforderer eyn vnd fuͤrgebracht ... wuͤrde, dem gegentheyl seinen ... kerffholtz auch bey zu legen, so soll solchs angenommen vnd darauff der ander theyl angehalten werden, den begerten ... eynsatz auch bey zu legen. da dann dieselben ... gleichstendig gefunden werden, sol denselben vollkommlicher glaub zu der beweysung zugstelt, auch darauff endtlich zu recht erkennt werden
    FrankfRef. 1578 I 31 § 14
  • 16. Jh. ZGO. 33 (1880) 384f.
  • daß jedes ohrts mit den kruͤgern richtige kerbstoͤcke, davon der bierverleger einen undt der kruͤger den andern halten soll, darauf jedesmahl die thonne von dem schultzen oder ... von einer geschwornen gerichts persohn richtig angeschnitten werden soll, welche kerbhoͤltzer den quartaliter von unserm ziesemeister jedes ohrts ... revidiret, und nach der befindlichen anzahl sofort die ziese von demjenigen, so den bierschanck exerciret, nach obigen quanto, soviele die summa deren außtragen wirdt, ... abfodern
    1670 CCMarch. VI 1 Sp. 521
  • wollen wir auch, dass die alte gewohnheit der kerbhöltzer wiederum mit allem fleiss gehalten und einem iedern gezwungenen mühlgaste ein sonderlich kerbholtz zugerichtet werde, deren eins der mühlmeister an einem sichern orthe ... verwahren, das ander aber dem mühlgast zugestellt werden soll; das anschneiden ... soll vom mühlmeister geschehen, so bald das korn in die mühle kömbt
    1672 MittSächsVk. 2 (1900/02) 62
  • so ... der klaͤger seine klage, oder der beklagte seine exception und gegenwehr, nicht durch zeugen, sondern durch instrument, hand-schrifften, briefe und siegel, register, oder auch an statt derselben durch ausgeschnittene zettel, oder sonsten kerbhoͤltzer koͤnte beweisen: so mag er sich deswegen bey gericht erklaͤhren
    PreußLR. 1721 I 36 § 1
  • von rechnungsfuͤhrern, so des schreibens und lesens unerfahren, wird die rechnung auch durch kerbhoͤltzer und richtigen an- und abschnitt gefuͤhret, woraus hernach schrifftliche rechnungen gefertiget werden koͤnnen
    1738 Hayme 880
  • mit denen zumal unter gemeinen leuten sehr uͤblichen spaͤn- und kaͤrbhoͤlzern soll es ... solchergestalt gehalten werden, daß, wenn sie mit beyderseitigem willen errichtet und bey der production im hauptwerke gleichfoͤrmig befunden wurden, denselben sowohl quo ad substantiam als quantitatem debiti vollkommener glaube beygemessen ... werden muß
    1753 CJBavJud. XI § 3
  • 1758 Estor,RGel. II 450ff. [Lit.; s. auch Beleg unter Kerbstock]
  • kerfzettel ... bewiesen regulariter nichts, gleich den kerbhoͤltzeren, wann nicht beyde beysammen waren, in so fern man nicht ein anderes verabredet hatte
    1769 Lennep,LandsiedelR. 243
  • beweiseskraft haben die auf dem lande gewoͤhnlichen kerbhoͤlzer, wenn beyde stuͤcke uͤbereinstimmen. kann eine parthey das ihrige nicht herbeyschaffen, so muß der gegner zur eidlichen bestaͤrckung des seinigen verstattet werden, in so ferne er nicht uͤberfuͤhrt werden kann, daß das fehlende kerbholz durch seine schuld abhaͤnden gekommen [ist]
    1781 CJFrid. IV 6 § 71
  • werden dergleichen kerb-hoͤlzer auf dem lande ... mit den froͤhnern gehalten ... haben sie ihre dienste voͤllig verrichtet, so schneidet man, gleichsam an statt der quittung, die kerben auf den zusammen gelegten zwey theilen glatt und gleich aus
    1786 Krünitz,Enzykl. 37 S. 3
  • kerb-zettel oder kerb-hölzer, wenn sie mit dem vorzulegenden gegen-zettel oder gegen-holz zusammenstimmen, haben beweiskraft unter jenen personen, die auf solche weise die im kleinen gethane oder empfangene lieferungen zu bewaͤhren gewohnt sind
    BadLR. 1809 Satz 1333
II
Holzstab mit dem eingekerbten oder eingebrannten Namen des Bergmeisters (I 2) als Ladungszeichen für einen Bergmann (I) vor den Bergmeister oder die Geschworenen
  • der bergmeister sol den einheimischen und seiner botmaͤssigkeit unterworffenem schuldiger ... durch ein kerbholtz mit ankuͤndigung des termins und ... bericht der sachen fuͤr fordern lassen, der sol auch darauff, da er mit dem kerbholtz antroffen ist, zuerscheinen schuldig seyn
    JoachimsthalBO. 1548 S. 77
  • soll der berckhmaister den schuldner mit einem kerbholz erfordern
    1548 Lori,BairBergr. 267
  • werden die parteyen mit einem kerbholtz, welches der klaͤger von dem bergmeister nehmen soll, fuͤr beschieden und ... derjenige, so es verachtet und nicht erscheinet, umb 5 sch. einfacher groschen gestrafft
    1673 Span,Bergurthel 185
  • kerbholtz ist ein stuͤckgen holtz, eines quer fingers breit und ein glied lang, darauf der bergmeister seinen nahmen brennet oder ... zeichnet; das braucht er loco citationis, wenn er dergleichen einem bergmann zuschicket, muß er darauf vor ihm oder im berg-ambt erscheinen
    1693 Chr.K. Reichel, Dissertatio iuridica de citatione symbolica per tesseram fissam ... (Wittenberg 1748) p. 6
  • 1698 Span,Bergsp. 384
  • es werden insgemein zweyerlei kerbhölzer geführet, weise und schwarze, das erste wird statt der vorladung gebraucht, und wenn der bergmeister einen bergmann mit gefängniss oder gehorsam strafen will und ihm ein schwarzes kerbholz giebt, muss er in die custodie gehen
    1778 Veith,Bergwb. 288
  • 1787 Krünitz,Enzykl. 37 S. 5
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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