Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Säule

Säule

, f., (Säul), m., auch f.?


I tragender Pfosten, Stütze, Ständer als Teil einer Baulichkeit
vgl. Pfost (I)
  • hwersa ma en hus homelie, balkan and sela kerue, thet mat ielde mith thria hunderda merkum grenengslachta, als hit alle liude besweren hebbat [wenn man ein Haus zerstört, Balken und Pfeiler einreißt, so soll man es mit dreihundert Mark Groninger Prägung büßen, wie dies das ganze Volk beschworen hat] 
    um 1300 HunsingoR. 128
  • wann auch ein zinser ... sein vngenoͤssin nimpt, die nit auch eine zinserin ... ist, und ein abbt einem vogt das clagt, so soll er den ... zinser fahen, ob er mag, und in die kuchen antworten, und an ain saul mit einem rockenhalm binden, und soll ihm der vogt seines guts fuͤnff schilling tuwinger abnemen, damit soll er gestraft seyn
    1560 Reyscher,Stat. 58
  • die jonferen van B. sullen uf irem hoeve haven ein huis bebuwet dar sal mitzen im huis stain ein suil, wanne unsere gnediger her herkompt, dat man sin roß oder perd an den suil binde; und dat huis sal binnen so geruim sin und so hoge und wit, dat dat roß umb den suil moge ghain und sich niderlegen und wentzelen und wider upstain sonder einiche hinderniß
    16. Jh. (Hs.) RhW. II 2 S. 104
  • das alle hochgericht [Galgen], so undermauret, oder uf seulen steen, uf des reichs boden, die aber, so in die erden eingelassen ..., die gehören den fursten ... oder andern zu
    16. Jh. ZimmernChr. I 256
II
Säule aus Holz oder Stein zur Markierung von Grenzen
  • mag jeklicher vischer vor der statt uswendig der [St. Niklaus-] sul wol [Fische] kouffen
    1396 SchweizId. VII 793
  • sol U.S. zünen unz an die sul 
    um 1400 SchweizId. VII 793
  • die ober sul schaide die druͤw doͤrfer E., N. und H.
    1498 HeiligkreuztalUB. II 390
  • [Grenzverlauf] an der H. gatter am W. ist ein seilen und ein stein gegeneinander übergesetzt
    1618/42 Strnadt,Grenzbeschr. 338
  • darauf [Felsen] steheunt ein aufgemeuerte seilen, also ... was innerhalb jetzt angezochener gemerk gelegen ist, daß solch alles ... für der ihnstatt Passau purkgeding gehalten werden und darinnen von des fürstentums Bayrn wegen nichts mehr ... angemaßt werden solle
    1618/42 Strnadt,Grenzbeschr. 338
  • nachdeme ... in allen umliegenden dominiis die jagdordnung ... durch aussetzung derer säulen ... eingerichtet worden
    1730 MHungJurHist. V 2 S. 453
  • es wird solches [asylum] durch vier gelaitssaͤulen, die eine ziemliche strecke vom marckte [Hohenberg bei Eger] stehen, angedeutet. wenn ein todtschlaͤger so nahe hinan kommt, daß er seinen hut uͤber solche saͤulen hinein werffen kann, so ist er von dem verfolgenden blutraͤcher frei
    1749 Sammlung verschiedener Nachrichten aus allen Theilen d. hist. Wiss. II (1749) 53
  • soll er [ober-holzwart] ... die graͤnzen sowohl gegen die auswaͤrtigen, als auch zwischen beeden schloͤssern alle fruͤh- und spatjahr ... von saul zu saul umgehen, und wenn er einigen abgang oder mangel finden sollte, solches gleichbalden dem beamten anzeigen
    1786 Moser,ForstArch. VI 137
  • um den betrug und irrthum zu entfernen, sollen in die steine, saͤulen oder pfaͤhle, die wirklich zur markung dienen, kreuze, wapen, zahlen oder andere zeichen gehauen oder darunter eingegraben werden
    1811 ÖstABGB. § 845
  • wer T. inn hätt, der sol helfen die sul setzen, vnd sol V.S. zünen vntz an die sul 
    oJ. Zürich (Kt.)/GrW. I 117
III Säule, bei der Gerichtsverfahren stattfinden; häufig als Ort der Einziehung, Ausbietung, Auslösung bzw. Veräußerung von gerichtlich hinterlegten Pfändern; die Säule haben nach Säulenrecht (I) prozessieren; freie Säule keinen Einschränkungen unterworfene Rechtshandlung an der Säule
  • werden die pfaͤnde dabinnen [vierzehen tag] nit geloͤst ... mag der cleger gesinnen an den richter, die pfaͤnde an die seul zu lieffern ... die der cleger vermitz deß gerichts verkauffen soll, weme vnd so hoch man die verkauffen mag
    1321? SaarbrückenLR. 987
  • soll der richter die pfaͤnde ... von der seulen in gerichtsbewarnuß nehmen
    1321? SaarbrückenLR. 988
  • daß die ... herrn von C. haben eine sul in dem bann und dorffe zu S. ... daran man alle phende verthun und vertreiben soll in der masen, als es recht ist
    1393 (Hs. 18. Jh.) JbLothrG. 20 (1908) 431
  • hait der ... W. die erclagt und erwonnen guter ... zu U. vor geriecht an die sule laissen tragen und hencken und damit dorch underwisunge des selben geriechts zum dritten male offentlichen und ubirlude selbes ussgeruffen, ob jemants da zu gegen sie, der sich des ... H. erclagt und erwonnen guter als ein erbe sich under winden wolle und die von der sulen nemen
    1468 Kloster Hornbach/ZRG.2 Germ. 41 (1920) 388
  • haet die gemeyn mit irrem heynmeyger eyn frye suelle zu F., phende dar aen zu verkeuffen
    15. Jh. Saarland/GrW. II 51
  • wo der gepanter sein phant inwendich sex wochen vnd drigen tagen nit ledig macht vnd bezalt, so sol das gericht den phant ahn der sulen verkauffen
    1557 PfälzW. I 121
  • [hat der Eigentümer der Pfänder diese verkauft] soll er die pfand alle wiederum an die seulen henken und hangen laßen, solang die sonne scheinet, ob der arme mann käme und berechte sein haubtgeld mitsamt costen und schaden darauf gangen
    1558 Hornbacher Weistum/DRWArch.
  • [Übschr.:] seulen recht. wer die seule haben will, der soll ein ander tage mit guten zeit zu dem schultheiß gehen, auf daß er sein schöffen und seul bestellen möge
    1558 Hornbacher Weistum/DRWArch.
  • stellet sich der cleger so an der seüllen mit recht handeln wil zu recht und so er sich zu recht gestelt hat, soll er dem meiger umb einen vorsprechen bitten, der in sein wortt thu
    vor 1592 SAvoldStR. 46
  • es ist hobsrecht an freiger seyllen, so einer erbgut ann der seylenn mit recht verthreibenn wollt, muss dasselbgie durch denn stattknecht drey fürzehen tag nacheinander an freuger seüllenn angeruffen werdenn vor seine scholden
    nach 1592 SAvoldStR. 46
  • seillen recht zu Sanct Nabor: wie man an freuer seüllen mit recht procedieren [soll]
    nach 1592 SAvoldStR. 48
  • hatt die gemein mit irem heimeier ein freihe seil pfene daran zuverkauffen
    oJ. Mesnil,StArnual 339
IV Marktsäule, auch als Ort, wo das Normmaß öffentlich ausgestellt ist
  • sullen di ellen alle gephæchtt sein nâch der stat ellen, di in der sæull stêt
    vor 1328 Ruprecht(Claußen) Art. 146
  • man pflegte den handschuh des koͤnigs an saͤulen oder kreuzen aufzuhaͤngen, und damit eine oͤffentliche gewalt anzuzeigen. dies geschah, wenn man durch errichtete saͤulen das recht, eine stadt zu erbauen, zu muͤnzen, zoͤlle anzulegen, oder die oͤffentliche sicherheit andeutete
    1801 RepRecht VIII 227 Anm. l
V Prangersäule, Stock; Pfahl (I 2 u. I 3), an dem ein Verurteilter hingerichtet wird, auf den der Kopf eines Enthaupteten gesteckt wird, um den die Därme eines zum Tode Verurteilten gewickelt werden; auch als Teil eines Hinrichtungsgeräts; auch in einer symbolischen Strafe (Beleg 1560); die Säule handhaben Strafen verhängen (Beleg 1302?)
  • [wenn man] den nidern daz selbe tæte [für ihre Vergehen], unde hiute zehene hienge unde morgen zehenen daz houbt abe slüege, dise radebrechte, jene brente, dise an der siule slahen, jene binden an den kirchzûn
    um 1275 Berth.v.Regensb. I 364
  • hât er [Frevler] niht guotes [um eine Buße zu zahlen], sô sol man in binden an ein sûl in dem kirchove, unde sol im slahen vierzig slege
    1275/76 (Hs. 14. Jh.) Schwsp.(W.) Art. 290
  • den stock zu S.N. ist schuldig eyn bischoff von Metz zu machen vnd die suͤle zu hanthaben
    1302? ZBergGesch. 7 (1871) 181
  • der einen radebrechen wil, der schol machen ein gruben und schol im alle sin gelidmesse an bein und an armen czustossen, dar nach schol er yn in dez radez speichen flechten und mit einer sule uffrichten und laszen in ligen uff dem rade, so daz man dy sule ingrabe und uffrichte mit dem rade
    1357/87 MeißenRB.(Oppitz) IV 13 Dist. 2
  • man schold dem richter von W. die czungen an eynen eysereynen haken hahen, der hoch in eyne seul were geslagen, und schold in do also lange lasse hangen, vncz das her die czungen selber aus dem halse risse
    vor 1360 IglauOberhof 95
  • mag er [ein wegen Fluchens Verurteilter] die busse zur stette nit han mit pfenningen oder mit pfand ald bürgen, so soll man im ... die zungen mit einem nagel an ein sul oder stock ald bank schlahen
    1389 SchweizId. VII 793
  • thit sent tha reyngbendan, thet ma then mon in tha helda sle jeft ma him then finger in der sela biblokie; sa istio bote xiij merc jefta viij ethan mede to vngungane [dies ist (das Anlegen) ringförmiger Eisen, dass man einen Mann in Fesseln schlägt oder ihm den Finger in einen Ständer einschließt; dann beträgt die Buße dreizehn Mark oder (man soll) sich mit acht Eiden von der Anklage reinigen] 
    1. Hälfte 15. Jh. FivelgoR. 168
  • das man sy [Hexe] dem nachrichter bevelhen, der sy uff die walstatt füren, an ein sul binden und ze tod und zu äschen verbrennen sol
    1454 Luzern/Hansen,QHexen 565
  • man sal ym [noitzoiger] synen buch uffsnyden, unde syne derme an eyne sule bynden, und en so lange umb dy sule dryben, das he keynin me in ym behalde
    Ende 15. Jh. Schmincke II 755
  • das wir [Graf von Greyerz] noch unser erben ... das hochgericht, so man den galgen nempt, anderlicher dann mit dryen suͥlen, und aͧn uͥbergalgen, soͤllen ufrichten lassen
    1500 SaanenLschStat. 152
  • der hencker lug, das er da hab / ein sul, daran er binden well, / zu beiden seiten in [Verurteilten] in stell, / ein glüend zang, wie ich üch sag, / damit er daruß reissen mag / haut vnd fleisch zwen finger dick
    1504 Alemannia 27 (1900) 261
  • ward im [Aufrührer] gnad bewysen, dz man dz houpt von imm nam; dz hafft man vff ein sul an die landtstrass zum zeichen siner verräthery
    1530 AnzSchweizG.2 10 (1906/09) 100
  • [ist ein Falschmünzer] durch rechtliche erkantnus der vierundzwenzig erstlich enthauptet, volgends sein toter cörper zu äschen verprennt und das haupt uff ein seul (daran drey stuck der falsch gemünzten thalern geheftet) gesteckt worden
    1559 Schindler,VerbrFreib. 323
  • so ahn dem galgen, stock oder seull vnd dergleichen presten were, sol der meier das machen vss der hern bussen, vnd so er nitt genughette, soll er souil von der hern schafft oder gulte nemmen vnd das dauon machen lassen
    1563 (Hs.) Lothringen/GrW. II 92
  • [ist die verurteilte Hexe] bey der hauptstatt ... an einer saul verbrent worden
    1575 Augsburg/Schuhmann,Scharfrichter 246 Anm. 707
  • alle gotteslesterer soll man zu einer seilen führen und allda offentlichen ire recht thuen
    1585 NÖsterr./ÖW. VIII 272
  • [soll der Übertreter der Ordnung] das erstemal in ein saulen, welche zu dem ende in jeder statt, marckt, und dorff, wo selbe nicht vorhero schon verhanden, von neuen aufzurichten ... mit der hand eingeschlagen ... werden
    1726 Faber,Staatskanzlei 51 S. 743
  • diser arme sünder hatte auf den scheitter hauffen an der saullen erdrosslet werden sollen, ist ihn aber ... gemildert worden
    1774 SalzbScharfriTb. 67
  • [scharfrichter-instruction] eine person an der saͤule zu erstossen 2 fl.
    1774 Wagner,Civilbeamte I 177
  • dass der gegenwärtige arme sünder N. dem scharfrichter meister N. in seine hand und bande solle überantwortet werden, welcher ihn hinabführen und allda an der aufgerichteten saul erworgen und selben also vom leben zum tod hinrichten solle
    18. Jh. SchweizId. VII 793
  • [Entlohnung des Scharfrichters] fürs bünden, ausführen, entblößen, anspizung des kopfs auf eine saul, für errichtung der saul 34 kr.
    1801 Sonthofen/Schuhmann,Scharfrichter 139
VI
Grab-, Erinnerungs-, Gedenksäule
  • [de sepulchro violato] M. ... hat dz grab ... zerstört als er hat den todten begraben beraubt oder die stein oder seuweln dannen gethan
    1436/1516 Klagsp.(Brant) 41r
  • zu ayner gedechtnuß [eines Mordes] hat man ayn steyne saul da gesetz
    1. Hälfte 16. Jh. BauernkriegQ. I 31
  • bewerung geschicht durch alte buͤcher vnd durch alte schrifft, so in den steynen vnd seulen gehawen sein
    TeutschForm. 1571 52r
VII sog. Säulen des Herkules, urspr. zwei Säulen rechts und links des Wappenschilds Karls I. von Spanien versehen mit einem Spruchband seines Mottos "Plus" und "Ultra", als Hinweis auf den Anspruch Spaniens auf die überseeischen Besitzungen jenseits der Meerenge von Gibraltar, dann als persönliches Symbol Kaiser Karls V. vergegenständlicht im Zeremoniell
  • [anläßlich des Reichstags von Regensburg] synth vor dem kaißer vnde romischen koninge her getagenn alle spaniolischen hern ... dar nha die beyden sceptern oder sulen 
    1532 JbMeckl. 23 (1858) 92
  • ist der kayser jn die kirchen gerytten ..., vnd send for jm her gerytten ... zwen mitt silber verguldten seylen die haben sy yber die achslen getragen ... die zwu seülen ... bedeütten die seülen, die der kayser Herculus gesetzt hat, da er vermaint hat er hab die gantz welt vnder jn bracht, da hat er ain saul gesetzt am end des landes Hispania ... vnd die ander saul hat er gesetzt ... yber das mer da das ander drytayl der welt ist (genant Aphrica) ... zu ainer gedechtnus als ob kainer mer weytter nach jm wurde sein gwalt hinstrecken, darum fiert unser kayser die zwu säulen 
    Mitte 16. Jh. FischerChr. 138
VIII übtr. in Bezug auf die Kurfürsten des Reichs: Stütze, Grundfeste
vgl. 1Stütze
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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