Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Notnunft/notnunft

Notnunft

, f., selten m.


I Glosse zu violentia, vis, rapina AhdGlWB. 445
gewaltsame (Weg-)Nahme, Raub, insb. Frauenraub, auch Vergewaltigung; metonymisch Gericht über die Tat
  • de notnumfti ... si quis re, qualibet vi rapuerit, in duplum eam restituere compellatur
    um 800 LFris.(Eckh.) Tit. VIII
  • notnunfti inti unrehte [rapina et iniquitate] 
    um 830 Tatian 83, 2
  • violentia, quae notnumft dicitur
    1192 Regensburg/ZRG. 1 (1861) 381
  • quinque vero solumodo cause ad eius examen spectant: id est vehtat, notnumft, nahtprant
    12. Jh. Bayern/GrW. VI 126
  • de violentiis raptuum, deflorationum, oppressionum, que vulgo notnunft appellantur
    1208 BabbÖstUB. I 213
  • juncherre, sâhet ir vür iuch varn zwêne ritter die sich niht bewarn kunnen an ritterlîcher zunft? si ringent mit der nôtnunft und sint an werdekeit verzaget: si vüerent roubes eine maget
    um 1210 Wolfram v. Eschenb.,Parzival III 122, 18
  • al levende dink, dat in der notnunft was, dat scal men unthoveden
    1224/35 Ssp.(Eckh.2)LR. III 1 § 1
  • nichein vroiwi mac me gizugi dan notnumpht undi ewi
    um 1230 MühlhsnRb.2 107
  • vnd kvmet man im zvͦ der die notnvnft getan hat. wen sol in ouch vahen ane gerihte. vnde sol in fvͥr den rihter fvͥren
    um 1275 Schwsp.(L.) LR. Art. 254
  • ein iegelich man mag mit siner amien den notnvnft began. daz sol man ir rihten alse ob er nie bi ir gelegen were
    um 1275 Schwsp.(L.) LR. Art. 311 (S. 136)
  • swer die notnumpht begat an maegden, an wiben oder an varnden wibe, wirt der gevangen an der hantgetat, so ist diu rehte urteil, daz man in laebendigen begraben sol
    1276 AugsbStR. Art. 31 § 1
  • welich fraw ain notnuft klagt mag si die notdurft erczeugen ze ministen mit aim vmbesprochen man vnd mit ainer vnbesprochen frauen, die die notdnuft gesechen haben
    1276/1330 (Hs. 15. Jh.) Hasenöhrl,ÖLR. 265
  • man bekennet dem ertzebischove von M. an sinem gerihte ... kamphis, gotesvrides unde burcvrides, unde siner achte, und ouch der notnunft, unde alles des rehtes, daz er von altere hat an sinem gerihte gehabet
    1289 ErfurtWeist. 6
  • ez sol och chain frow ... ziuch sin uͤber dehain dinck, wan uͤber elichen heirat, notnunft und uber daz lest geschaeft an dem tod
    1294 MünchenStR.(Dirr) 47
  • daz wir [Pfalzgraf] uns haben behalten dye vaudye. dot slege. diffe. notnuft ... und andir hoch freuel
    1300 Würdtwein,Schönau 250
  • [landesherrliche Gerichtsbarkeit über] die drey gerichte, die zu dem tode ziehent: teuf, todsleg, notnunft, strassraub
    1311 BairFreibf. 1
  • wirt dehein leut begriffen mit deuber oder an notzunft oder an manslaht, so sculen di vorgenanten rihter vber des sculdegen gut rihte
    1315 v.Guttenberg,Obermain 458
  • wan unser muͤllner ze M. die gnad ... habent, das khain richter hintz in ... nicht richten sol dann umb die drei sach, die ze dem tod gend, das ist tyuf, notnunfft und todschleg
    1330 MünchenStR.(Dirr) 136
  • ez sind auch alle die, die ir [der mißbrauchten Frau] chlag hòrnt oder sehent, ez sey fraw oder man, zů der notnuft gůt ziug
    BairLR.(Schlosser/Schwab) Art. 56
  • wer ... diu notnuft hòrt oder sicht und der frawen nicht ze helfen chumpt ... dem sol man richten als hintz dem notnufter selb
    BairLR.(Schlosser/Schwab) Art. 57
  • daz ain maister rihten soll über all sach wan über drey sach, das ist diepstal, notzumst unnd fliessend wonden
    1350 JbDillingen 32 (1919) 17
  • welch man eyne notnunft beget ... in eyme huse ... kempt daz geruffte in fryscher tad, das es dy nackebure horn ... so sullen die nackebure ... deme gerichte daz irkundigen
    nach 1358 Rb.n.Dist. IV 10 Dist. 6
  • wer eyne notnunft vorbrengen sal, daz sal alsus geschen. wen der fredebrecher nod tud an wiben adder an meyden, dy sullen ummer schriende sy daz geruffte. vorhilt he or den munt ... daz schadet or zcu oren rechten nicht
    nach 1358 Rb.n.Dist. IV 10 Dist. 3
  • welch man had eyn ambegyn, mit der libe he me had bekant, ab her zcu stunden wulde gemelich sin, unde sy wulde sines willen nicht irstaten, ab her sy dorczu notczut, do beget her keyne notnunft ane
    nach 1358 Rb.n.Dist. IV 10 Dist. 2
  • dis ist von der nodnunfte. ... das ist unde heysset eyn notczogk: der eyner iungfruwen oren maytum benemmet ane oren willen unde wedder oren dangk ... daz ist ouch eyn notczog: der eyn farde fry wip notczoget ane oren dang unde wedder oren willen
    nach 1358 Rb.n.Dist. IV 10 Dist. 1
  • ist, das eyne mayt adir eyn wyp myt notnumft genommen wirt und wirt sy in eyn hus gefuret wedir eren willen. adir ab is dorynne geschit. und sy ruffet. vnd yr kummet nymant tzu hulfe. mag man des das hus vnd dy lute darynne obirtzugen selb dritte myt den dy ir gerufte han gehort. man sal obir dy lute richten. also das man yn das houbt sal abeslaen
    um 1394 KulmR. V 40
  • all die wändl di da werdent von tief und von notnuft und von pluetiger hant, da sol in [Vogt] von gefallen ... der tritt pfenning
    14. Jh. NÖsterr./ÖW. IX 408
  • ist daz ein magte oder ein wip in notnvmfte genomen wirt
    14. Jh. Schwsp.(Kurzform II/Eckh.) LR. Art. 154 (Ks)
  • gewalt der weib daz man da notnüft haist
    14. Jh. WienerNeustadtStR. 272
  • clag ... fuͤr daz landgericht ... ketzerei, notnunft, diebstal
    1416 Mittelfranken/Müller,LGHirschberg 327
  • der landrichter ... sol richten ... notnuft und strasraub
    1435 Salzburg/ÖW. I 333
  • das kain lantrichter da zu schaffen hab denn umb ... manschlacht diephait und natnutz 
    Mitte 15. Jh. Westungarn/ÖW. VII 1031
  • des brobst gwalt ... das darinn niemant ze richten hab dann ain brobst oder ain ferig an seiner stat, wenn allain ausgenomen dreierlai sachen: diephait nottnuft und umb todsleg
    1512 NÖsterr./ÖW. VII 966
  • daß kein man sein purgrecht noch sein pergrecht nindert weder verdiepen weder verfechten noch von notnuft nicht verließen mag
    17. Jh. NÖsterr./ÖW. VII 933
  • nothnunft. die gewalt, womit eine frauensperson an ihrer keuschheit verletzt, oder entfuͤhret wird
    1803 RepRecht XI 121
II obrigkeitliches Zwangsrecht
  • noth-zwang oder nothnunfft, ist ... die ober-herrliche ... gewalt eines landes-fuͤrsten, die unterthanen auf den nothfall zu allerhand ausserordentlichen diensten ... zu noͤthigen
    1740 Zedler 24 Sp. 1459
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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notnunft

, adj.

eine Notzucht betreffend
vgl. notnunftig
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