Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): abdanken

abdanken

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erst nach 1500 bezeugt, aber bald über ganz Deutschland verbreitet. Da die sinnliche Anfangsbedeutung früh erloschen ist und ein abgeblaßter Gebrauch allgemein wurde, hatte das Wort vermutlich, ehe es nachweisbar wird, schon eine längere, uns vorläufig noch verborgene, Geschichte hinter sich
Sachhinweis: DWB. I 18 findet die Erklärung für den Begriff des Abdankens in dem ironischen Gebrauch des Dankens, des ablehnenden Dankens; das positive Danken, das gratias agere, tritt aber doch in den Belegen so deutlich hervor, daß sich als der Gesamtbegriff herausstellt: eine eigene oder fremde Tätigkeit durch Danken beendigen

I am frühesten tritt ein intransitiver Gebrauch hervor: bei Beendigung eines rechtlichen Verhältnisses, eines öffentlichen Vorganges einen Dank aussprechen. Wie ein neu gewähltes Gemeindemitglied bei seinem Amtsantritt von einem Dorfgenossen beglückwünscht wird (1680 HartlDorfO./ÖW. VI 169), so dankt der Gewählte bei Beendigung seiner Amtszeit oder Niederlegung seines Amts
  • hefft de gemene begereth, dat de 64 und 100 borger ehres regimentes scholden affstan ..., sodanes iß ock geschehen u. hebben de 64 den dach affgedancket 
    1534 Reimer Kock, LübChronik/Waitz,Wullenw. II 363
  • ein anderer hefft de slotell to synem gehatten officii up den stoel dargelecht u. frunthliken affgedancket 
    oJ. Waitz,Wullenw. III 437
  • Jürgen Wull. were genegeth [deme keyserl. mandate] tho pareren u. affthodancken 
    oJ. LübProt./Waitz,Wullenw. III 438
  • weren etzlige der heren upgestanden u. affgedancket 
    oJ. Waitz,Wullenw. III 438
  • J. Wollenwefer u. andere intrusi [haben sich] der stelle des rades willichlich mit affdancke begeven
    oJ. Waitz,Wullenw. III 446
-- das Abdanken, erst die Begleiterscheinung des Scheidens aus einem Amte, wird zur Bezeichnung des Scheidens selbst. Ohne Beziehung auf das Niederlegen eines Amtes soviel als: sich freundlich verabschieden
  • [So erzählt Mathesius vom Wormser Reichstage 1521, daß Luther] der key. Maj. u. allen stenden des reichs auffs aller unterthenigste u. demütigste abdancket u. sich allen aufs niedrigste befohlen
    1566 Nürnberg/Historien von Dr. M. Luther 27
-- schon im 16. Jahrhundert abgeblaßt zu einem einfachen Ausscheiden aus einem Kollegium oder einer Genossenschaft
  • wen Unvermögen oder sonstige ansehnliche Ursachen Mitglied zu bleiben hindern magk mit ehren abdancken. wer aus Übermut und Widerwillen ausscheiden will, ohne ein Jahr das Gildemeisteramt verwaltet zu haben, dem soll kein abdancken zuegelassen werden
    1572 Privilegien der Schützengilde zu Cöln/Fidicin IV 385
  • es soll keinem officier frey stehen abzudancken, wann er ins feld geführt oder sonst zu verrichtung seiner dienste commandirt wird
    1736 HannovKriegsartikel a. 133/BrschwLO. III 3 S. 34
  • 1577 einer van Manderscheit im dom abdankte capitular zu sin
    oJ. BuchWeinsberg II 346
  • Erzbischof Salentin van Isenberg vorhabens, das stift Coln u. churfürstendomb zu resignern, abzudanken u. ein dochter von Arburch zu truwen
    oJ. BuchWeinsberg II 346
-- das Abdanken, auch auf die höchste Würde im Staat angewendet, wird meistens abstrakt gebraucht; der Gegenstand der Entsagung selten hinzugefügt.
  • seiner cron abdancket 
    1664 Hohenberg VIII V. 412
  • endlich wurde Lotharius i. dermaßen schwermütig, daß er a. 855 das reich abdanckte u. zu Prüm ein mönch wurde
    1721 Hahn,Staatshist. I 180
  • zu diesem ende dankte August das consulat ab 
    oJ. Wieland nach PaulWB. I 3
  • habe auch nach gehaltenem begräbniß den fürstlichen personen u. adelichen frauenzimmern in der alten stuben abgedanket 
    oJ. Hans v. Schweinichen Lebensbeschreibung z. Jahre 1593 / Büschings Ausg. III 46
II aus dem Grundgedanken: eine eigene Tätigkeit beendigen entwickelt sich der transitive Gebrauch: machen, daß andere ihre Tätigkeit beendigen
  • [Erzb. Sallentin von Köln, der das Erzbistum] "uffgesagt u. renuncieirt" [hat,] "uff den dritten tag dankt er sinem hoffgesinde ab u. zouch in sin grafschaft"
    1577 BuchWeinsberg II 355 [die Entlassung des Hofgesindes wahrscheinlich noch ganz sinnlich verstanden; er dankte ihnen für ihre Dienste, belohnte sie etwa noch durch ein "abdankgeld" (CCDaniae IV 311 § 65)]
-- neben die Konstruktion des Wortes mit dem Dativ tritt schon im 17. Jahrhundert die mit dem Akkusativ und verdrängt jene zuletzt
  • abgedanckte soldaten sollen von denen landgerichten u. obrigkeiten sich alsobalden aus dem lande zu packen angehalten werden
    1606 K. Rudolf II/CAustr. I 4
  • weiln den [!] apotheker umb kheine warnung gibe, so es einer ers. gemeine will, wirdt man ihm abdankhen 
    1607 MHungJurHist. V 2 S. 110
  • die waysen sollen nach ordentlicher empfangener rechnung von vormuͤnden ihnen der vormundschafft abdancken, sie quitiren und loß sagen
    BöhmStR. 1614 D 18 [hundert Jahre später verstand man das schon nicht mehr: wann denen waisen von denen vormündern eine ordentliche reitung geschicht, so seynd alle waisen schuldig, denen vormündern wegen ihrer vormundschafft #dancksagung| zu thun 1721 BöhmStR. 191]
  • ich habe verstanden, daß Don Juan ganz abgedankt u. entlassen worden
    1664 Privatbriefe K. Leopolds I. Tl. 1 (1903)/Leopold I. Privatbriefe I 67
  • Dorfgenossen sollen auf guethaißen der herschaft geschworne erwehlen u. abdanken, wie es die gelegenheit geben mächt
    1680 HartlDorfO./ÖW. VI 170
  • den völkern abdanken 
    um 1700 Ulm/SchwäbWB. I 8
  • [dem Revaler Magistrat wurde freigestellt, Stadtbediente, die den gebührenden Respekt beiseite gelassen hatten], nach ihrem verhalten beyzubehalten oder abzudanken 
    1710 RevalStR. II 378 [Kapitulation mit Gen.-Lieut. Bauer]
  • ein abgedankter officier
    oJ. Lessing, Minna v. Barnhelm II 2
  • Lessing, Minna v. Barnhelm IV 2 [an andern Stellen ein verabschiedeter offizier II 9; me voilà réformé IV 2, dh. zugleich ein ausgemusterter Offizier; deshalb wird in Gegensatz gestellt: beibehalten oder abdanken]
-- wie Menschen werden auch Tiere nach getaner Arbeit abgedankt: der Jäger dankt die Hunde ab (Adelung I 17), wie er die Hunde zuvor 'gegrüßt' (SspLR. II 61, 4), dh. angetrieben hat.

unter Ausschluss der Schreibform(en):