Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): 2ablehnen

2ablehnen

automatisch generierte Links zu anderen historischen Wörterbüchern:
ahd. und mhd. nicht belegt, vom mhd. lënen gebildet. Daneben eine zweite Form: leinen, in oberdeutschen Quellen bis ins 18. Jh. in lebhaftem Gebrauch, noch bei Wieland 1774: die strafe von sich ableinen (DWB. I 72). hlinan, worauf beide Formen zurückgehen, urverwandt mit κλίνειν und clinare in declinare, inclinare, bedeutet lehnen, sich stützen. Das nhd. ablehnen wörtlich: eine Sache von dem sie stützenden Gegenstand entfernen zB. einen Stuhl von der Wand, figürlich: eine Sache oder eine Person von sich wegwenden, zurückweisen. Beim wörtlichen Gebrauch bildet: anlehnen, beim figürlichen: annehmen den Gegensatz

I Sachen

I 1 einen Vorschlag, ein Ansinnen oder Begehren a. 
  • entschlussen sich bed räte, solichen fürschlag des ausschuß abzulainen 
    1525 Rothenburg o.T./BauernkriegQ. II 79
  • seiner gnad begeren ablainen 
    oJ. BauernkriegQ. II 210
  • ließ ... sein furstlich gnaden ... ir vorhaben und begern ablainen 
    oJ. BauernkriegQ. II 558
-- insbesondere was jemandem entgegengetragen, angetragen wird, zurückweisen: die Abschließung eines Rechtsgeschäfts BGB. 146, eine Geschäftsbesorgung HGB. 362 II, eine Herausforderung zum Zweikampf
  • die schenkung ist abgelehnt 
    oJ. BGB. 516
  • der besteller lehnt ein werk ab 
    oJ. BGB. 634
-- im staatsrechtlichen Gebrauch
  • gesetzesvorschläge, parlamentarische anträge und veränderungen der verfassung gelten als abgelehnt, wenn sie im bundesrathe 14 stimmen gegen sich haben
    oJ. Reichsvf. 781
-- ein Amt, eine Würde a. 
  • die berufung zum amt eines schöffen oder Geschwornen dürfen ablehnen [...]
    1877 GVG §§ 35, 85
  • Friedrich Wilhelm iv. lehnte die ihm angetragene Krone ab 
    oJ. Ranke/ADB. V 772
  • die übernahme der vormundschaft kann ablehnen 
    oJ. BGB. 1786
I 2
im Gebiet der Gerichtsbarkeit, der freiwilligen wie der streitigen
  • soll dem andern theyl solche exceptiones replicando muͤndtlich oder schrifftlich abzuleyhnen vorbehalten seyn
    FrankfRef. 1578 I 26 § 14
  • der die entmündigung ablehnende beschluß ist zuzustellen
    oJ. ZPO. 662
  • Gobler,GerProz. (1567) 36b [erklärt eine replicatio als einen rechtmäßigen Gegenbericht, durch welchen des antworters fürgewendte exception verantwort und gentzlich #abgeleynt| wirt. Exceptiones declinare wird regelmäßig und wörtlich durch ablainen wiedergegeben]
-- eine Anklage, einen Verdacht widerlegen
  • der wenner [der die Lämmer zur Weide gewöhnt] muß die ihm übergebenen wieder abliefern, it were denne, si stürven ane des wenners vorseumenisse; mot sine schuld mit sinem eide aflenen Frommhold 89
    vor 1531 Frommhold 89/RügenLR. Kap. 79 § 1
  • wo es sich erfünde oder bewiesen würde, daß es bemeldten argwohn ableinet 
    1532 CCC. 29
  • er könte dann solchen verdacht mit glaubiger anzeig oder beweisung ableinen 
    1532 CCC. 33
  • derjenige, welcher auf ein über baares geld lautendes schuld-instrument waaren gegeben hat, hat die vermuthung des wuchers wider sich; kann diese nicht abgelehnt werden, so fällt der von dem empfänger zu leistende ersatz ... dem fiskus anheim
    1794 PreußALR. I 11 § 718f.
-- die Verhandlung einer Sache aufgeben
  • vor der gmain sol sich kainer ... ungebürlich halten, ob aber das beschäche, so sollen die dorfmaister in der güete one zorn aufsteen und die sachen ablainen 
    16. Jh. Laatsch/ÖW. IV 102, Z. 18
I 3 eine Erklärung widerlegen:
  • wiewol wir nach gehabtem bestaͤndigem rath treffenlicher theologen und schrifftgelehrten, aus vielen nationen, solch ihr bekantnus [die Augustana] mit dem heil. evangelio und heil. schrifft mit gutem grund widerlegen und ableynen lassen
    1530 RAbsch. II 308
  • sich rhümen forn an im edict, wie das der unsern bekentnis, so zu Augspurg ist uberantwort, sey verlegt und abgeleynet durch die heil. evangelia Luther auf d. vermeint keiserl. edict 
    1531 Dietz,LutherWB. 22
I 4 eine Beschwerde, eine Streitsache erledigen
  • da nun soliche auffrur nit gestilt oder abgeleint möcht werden, es werde dann inen der barfüsserminch zu ainem prediger gegeben, das ward inen auch zugeben
    oJ. Augsburg/AugsbChr. IV 157, 17 [(vorher Z. 2 in demselben Sinn: vermaint ain rat, soliche auffrur were schon gestilt und abgelegt). Georg Truchseß erbietet sich gegen seine Bauern, warinnen sie wider die billicheit beschwert weren, das gebürlicher weiß #abzulainen| [d. h. abzustellen] 1525 BauernkriegO. 535]
  • aller unwillen zwischen ihnen soll abgeleint sein
    oJ. WinterthurStB./SchweizId. III 1284
  • begertend, dass aller span aufgehept und abgeleint würde
    oJ. Badian/SchweizId. III 1284
I 5 eine Gefahr abwenden
  • gfaaren, die durch menschliche hilf mögend abgeleint werden
    1559 Gualther/SchweizId. III 1284
  • unableinlich, unabwendbar [Schmeller2 I 1477] aus hochwichtigen unabgeleinten ursachen
    oJ. Augsburg/AugsbChr. IV 38228
  • einen anschlag kaiser Heinrichen abzuleinen und das kaisertumb an sich zu bringen
    oJ. Vadian/SchweizId. III 1284
-- ebenso aber auch eine Steuer, eine Auflage abwenden
  • durch dises crays verordnete [soll] so vil füglich auch mit bestem fleiß abgeleinet und fürnemlich fleißiges aufsehen gebraucht [werden], damit diser fränkisch reichs-crays nicht ... höher belegt werd
    oJ. Moser,KreisAbsch. I 51 [Instruction von 1556]
-- daher denn auch in der Kanzleisprache

I 6 eine Schuld abtragen
  • wa aber die erbfähl von den erben eingenommen u. getheilt werden, so die schulden abgelaint sendt, da soll auch die satzung [über das Repräsentationsrecht der Enkel] gehalten werden
    1507 Balingen/Reyscher,Stat. 161
  • die auf dem [Grundstück] haftende beschwerdt [onus] solle er wie zuvor jährlich ablainen 
    oJ. SchwäbWB. I 43 [AulendorferArchiv 1697]
I 7 die Übernahme einer Verpflichtung, einer Berechtigung ablehnen 
  • bei der Auseinandersetzung zwischen Eigentum und Besitz steht es dem eigenthümer frey, auch die nutzung des letzten jahres dem besitzer allein zu überlassen und dadurch alle beiträge zu den wirthschaftskosten ... und ausgaben, welche von den früchten getragen werden müssen, abzulehnen
    1794 PreußALR. I 7 § 202
  • bleibt alsdann nach abzug der schulden und vermächtnisse ingleichen sämmtlicher kosten noch etwas übrig, so fällt dasselbe dem nächsten intestaterben, der das erbrecht nicht abgelehnt hat, anheim
    1794 PreußALR. I 12 § 364
II häufiger Gebrauch im modernen Gerichtsverfahren; der häufige Gebrauch des Wortes ablehnen in der neueren Sprache wird nicht ohne Einwirkung des durch das Römische Recht beeinflußten gemeinen Prozesses herbeigeführt sein, doch braucht das declinare nicht das Vorbild für ablehnen abgegeben zu haben; jedenfalls ist lainen schon vor Ende des 15. Jh. in der Bedeutung von ablehnen bezeugt
Personen
  • wann nu gar vil mercklicher ... bete von ... fürsten an den rate langoten ..., das in aber durch den rate alczit mit ersamen gepürlichen worten geleint, abgeslagen u. versagt ward
    1453 NürnbChr. II 347, 9
  • zweimal wurde Lessing Friedrich dem Großen zum bibliothekar vorgeschlagen und abgelehnt 
    oJ. T. Danzel, Gotthold Ephraim Lessing, sein Leben und seine Werke I (Leipzig 1850) 134
  • sobald ein name [der ausgelosten Geschwornen] aufgerufen ist, hat die staatsanwaltschaft und sodann der angeklagte durch die worte 'angenommen' oder 'anbelehnt' die annahme oder ablehnung zu erklären
    oJ. StPO. 283
  • einen richter wegen befangenheit ablehnen 
    oJ. ZPO. 42
  • ZPO. 47
unter Ausschluss der Schreibform(en):
unter Ausschluss der Schreibform(en):