Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): abrufen

abrufen

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mhd. abruofen, abrüefen, nd. afrôpen, nrh. afroeffen, nl. afroepen, westfläm. afroupen, dän. afraabe, schwed. afropa 

I öffentlich verkünden, ausrufen (lassen). Da dies meist von einem erhöhten Standpunkte (Kanzel, Kirchenstufen, Gantstein usw.) aus geschieht, so hat ab in manchen Fällen die noch erkennbare Bedeutung hinab. Mitunter ist an ein Herabrufen (aber nicht örtlich, nach unten hin, sondern übertragen: von einer Liste herablesen) zu denken

I 1 allgemein
  • hieran en sal nyet hinderlick wesen dat afropen dat die borchgrave af dede ropen, wie sijns segels an sulken brieven begeerden, die mucht dat krigen vmb eyn fless wijns
    1432 NijmegenStR. 223
  • also balde senden de sosteine (16) uth sick ... tho deme hupenn, de also spreken: wy hebben einen guden ende mit dem rade, - und repenn aff den berahm, den se dem rade vorgegeven hadden
    15. Jh. LübChr. II 649 [vgl. ebd. 692]
  • he sendete syne geschickeden uth in Flanderen unde leth affropen, alle, de ackers gebreck hadden, de scholden kamen in sin land
    15. Jh. HolsteinChr./Westphalen,Mon. III 35
  • uber den predighstuell abgeruffen 
    1565 Koeniger,SendQ. 75
  • die nachtwachen sollen ... die stunden abruffen 
    1724 MittKönigsberg 2 (1910) 203
  • am 25. sept. sind die herren im rathe erkoren und abgerufen worden
    1746 Riga/Nachricht im Turmknopfe der Peterskirche/Gutzeit,Livl. Nachtr. I 13
  • [Der dritte Schöffe spricht nach der Dinghegung zum Richter] ... lasse er es den frohn abrufen. Der Richter zum Amtfron: frohn, rufe er es ab 
    1762 GlauchauHalsG./Zöpfl,RA. III 379
  • SchweizId. VII 243
I 2
jemanden für zahlungsunfähig erklären
  • niemant en mach een affgeroepen banckerotier in sijn huijs ontfangen, noch hem sijnder saecke oft goeden onderwinden
    1609 CoutAnvers IV 408
  • 1609 CoutAnvers IV 408 (Art. 53)
  • enn [ab der Chanzlen] abenrüefen 
    oJ. Appenzell/SchweizId. VI 698
I 3 das Eheaufgebot verlesen; vgl. das in Tirol mundartliche (von der Kanzel) abischmeissn für "verkündigen"
  • de huwelijksgeboden afroepen 
    oJ. Halma 31
I 4 verkünden, daß etwas ab (gemindert, ungültig, abgeschafft, zu Ende) ist

I 4 a Preis herabsetzen
vgl. abschlagen, Weinrufer
  • item wenn ... ain wirt acht tag usser ainem vass geschenckt, das der win nit ussgangen ist, so sol er nach acht tagen denselben win abruͤfen, es sye umb ainen oder umb zwen haller
    15. Jh. RottweilStR. Art. 126
  • und dasselbig vass in 14 tagen nicht usschenkt, so soll er das ain haller abrieffen ... [später] ebenfalls ain haller oder zween abrieffen, bis solichs geschenkt wurt
    1545 Rottweil/SchwäbWB. I 54
I 4 b nach NlWB. I 1293 dem frz. décrier entlehnt
Münzen im Wert herabsetzen, bzw. sie einziehen
  • weil Zug und Glarus, deren angehörige die märkte in Zürich besuchen, diese münzen abgerufen, während man sie nicht [überall] so plötzlich verrufen kann
    1521 SchweizId. VI 697 [und öfter]
  • deBo 34
I 4 c abschaffen, widerrufen
  • der richter und das gericht ... hand inen ouch vorbehalten armlüt öch lan ze behusen und ze beliben die främd sind, mit der nachburschaft raut bis an ain abrüfen 
    1457 GraubdnRQ. I 327 Art. 10
  • so der verantwurter eyner antwurt ... zethun bekennet die soll er oder sein volmechtiger anwalt ... auss seinem beuelhe ... thun ... so lang bis er vngeuerlich fuͤrkompt ye zu zeitten des gerichts zewarten bis das abgeruͤffen oder abgelewt wird
    NürnbRef.(1479/84) V 2
  • aberuffen des tags
    1511 GörlitzRatsAnn. I/II 204
  • der Buochser markt ... soll [wegen Pestgefahr] abgerufen und in allen kirchen verkündt werden, dass keine fremde krämer herzukommen
    1611 SchweizId. VI 697
  • an gedachter landtsgmeind [1654] ist der friden [wie zu drü jahren umb brüchig] abgerüofft worden
    oJ. AppenzJb. 3 (1856/57) 275
-- Straßen, Feiertage, Bettelei usw. werden abgerufen 
vgl. absagen, abschaffen, absprechen, abtun, aufrufen, widerrufen

II weg- (und zu sich) rufen

II 1 aufrufen, errufen
  • vert ein man beclaghet umme scult vor deme voghede, dar he borghen vore setten scal, wan eme de voghet dat but, so scal he bliven up der strate bi der dinckbanck, dat ene de voghet afropen moghe
    um 1300 HildeshUB. I 287
II 2 abspenstig machen (Diener, Mieter, Kunden usw.)
II 3 abfordern, eine Ware abrufen 
  • wenn über die lieferung von rohrgeweben verabredet ist: "es soll geliefert werden im laufe des sommers nach unserem abruf", so muß der käufer nach handelsgebrauch so zeitig abrufen, daß die lieferung noch im sommer ausgeführt werden kann
    1911 Zander u. Fehmarn, DanzigerHandelsgebräuche2 (1912) 249
II 4 entfernen, vom Amte, vom Posten
II 5 zurückrufen, vom Herrn gesagt, der seinen weggezogenen Hörigen in Anspruch nimmt
  • wenn der leibeigne einen ort beziehet allwo er kraft besonderer localfreyheit nach verstreichung eines gewissen termins nicht mehr abgeruffen werden darf
    1756 CMax. I 8 § 19 [vgl. CMax. I 8, 15 zuruckberuffen]
  • Knapp,NBeitr. 92 [und öfter]
II 6 soweit es sich beim Münzabruf (abrufen I 4 b) um ein Einziehen durch die Ausgabestelle handelt, ist hier darauf zu verweisen

II 7 Einhalt gebieten, einem Handwerker, der mit einer bestellten und angefangenen Arbeit nicht fortfahren soll
unter Ausschluss der Schreibform(en):