Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Genosse

Genosse

ags. geneat; Nebenformen g(e)nas, gnoß, g(e)note, knote. Präteritum-Stamm von genießen. Häufig adjektivisch gebraucht, vor allem unter (I 3 b), (I 3 e), (III) 
I Teilhaber an den Rechten und Pflichten einer Gemeinschaft

I 1
I 2 Gefolgsmann
  • cyninges geneat, gif his wer bið twelfhund scill., he mot swerian for syxtig hida
    oJ. Liebermann,AgsG. I 96
I 3
Mitglied einer Genoßsame (III 1) 

I 3 a
  • homines censuales ..., qui nobis et imperio ratione advocatie seu dominii sunt subiecti, qui vulgariter gnoz appellantur
    1276 WirtUB. VII 430
  • die gnossen der drier doerfer ze K., ze J. und ze H.
    1284 Geschfrd. der 5 Orte 1 (1844) 64
  • dem gotzhus ... sol alweg vorbehalten sin sin gerechtigkeit des faals von den absterbenden gnoßen 
    1303 GrW. I 166
  • was under den gnoßen das meer [beschließen] würd, das sol der minder teil halten
    1303 GrW. I 168
  • dy gnosen dez gutis adir czinslute
    1372 GeorgenthalKopB. f. 84 a
  • ist ouch dz ein gast ein genossen beklagen wil, so sol der gast den genossen trösten ein recht ze thun
    1381 GrW. IV 365
  • enkein vogt mag einen ungenossen ze genossen machen, einem genossen schädlich
    1413 GrW. V 79
  • sol ain maierher des kelnhofs zu Wiler von den gnosen und hoflüten die was seins kellers halben innemen
    1532 GrW. VI 302
  • welr gnoß in dem hof ze A. acher oder matten hett
    oJ. GrW. I 164
  • der vogt ... sol da schirmen daz gotzhus vor den genossen und och die genossen vor dem gotzhus
    oJ. GrW. I 300
-- Alpgenosse
I 3 b im gegenseitigen Verhältnis: der gleichen Genoßsame angehörend
  • sind die höff genoß enander und rechtzügig in enander
    14. Jh. GrW. I 160
  • die höf ze K. und ze R. einander genosz sind und gliche recht hand
    15. Jh. GrW. V 67
  • sprechent die hofflüt, dass sy genossen syent der 7 gotzhüsern, ir kind usshin ze gän unnd inhin zenemen
    1543 GrW. I 44
I 3 c als Rechtsfinder
  • da sol nieman erteilen wann gnossen 
    1347 GrW. I 31
  • 1751 Buder 484
  • in dem hof ze A. sol nieman erteilen umb eygen und umb erb, denn ein genoß und übergnoß in dem hof
    oJ. GrW. I 163
I 3 d besonderes Eherecht
  • die dorflüt ze H. mugent ir kint zer e geben anderen lüten, die ir genos sint
    1338 GrW. I 8
  • wie sich ein frow hin us vengienge zu elichem leben und die ein genossen nimpt
    1439 GrW. I 13
  • die hoffjünger frauwen ... ob die manen nemen, die ir genoß nit werendst, handt kein straff
    1475 GrW. I 262
  • wenn ain hofhörig man ain frowen nnimpt, die nit sin genoß ist, der hat deß bischoffs ... huld verloren
    oJ. GrW. I 102
I 3 e im Erbrecht
  • aines ieklichen burgers wib und kint ... genosse ist ze erbinne, als ob sü aines herren werin
    1292 MellingenStR. 510
  • söllen syn nechsten erben, die genoss sint, liegendes ... gut erben, das er gelassen hat
    1347 GrW. I 33
  • dez hofs ... rechter erib und genos 
    1394 MBoica XIX 252
  • wie eine mait iren ungenos nimt, die ander iren genos, welch tochter unrecht habe zu dem erbe
    14. Jh. Schwsp. Var./WSB. 75 (1873) 73
  • soll inn der nechsten nachgebur erben an sinem lehen, der genos ist
    1410 Reyscher,Stat. 41
  • welch mann sich weibet aus seinen genossen, der geerbet ist, da soll das erblich gut alsdann volgen den rechten erben
    1485 Hessen/GrW. III 346
-- als Genosse erbberechtigt
  • wenn der gütren, die in die vogty gehörent, vail wurdint, so sol des ersten darzu recht han, welher der selben güter tail und gmain hat, darnach gerb und genoss, darnach ain fry
    1420 SGallenOffn. II 149
  • ain jeglicher gotzhuß mann ... genoß und geerb ist der ... recht und fryhaiten
    1432 GrW. I 281
  • wa zwey zesamen kommen uff dem berg in elicher wyß, die sind einander genoß und erb
    1501 GrW. I 85
  • desselben güttels waer er rechter erib und genos 
    1506 Indersdorf I 159 (nr. 405)
  • sibenn gotzhuß ..., die einannderen gennoss unnd geerb sinnd
    oJ. GrW. I 145
I 3 f Landverkauf
  • wer ouch, daz dhein genosz dhein guot verkoufen wölte ..., und sich aber denne entlich erfunde, daz er es einem ungenossen necher gebe, denne er es den genossen erboten hette, so mag es ein genosz umb den pfandschilling ... mit dem rechten in sin hand ziechen
    1343 GrW. V 93
  • wolde we der penninge nicht dar vore gheven, so mochte he on enem anderen unseme besetene manne de sin ghenote were ... vorkopen
    1345 WolfenbüttelLHArch.
  • soll es [das Gut] derselbig mann bieten seinen genossen, das ist auch einem solchen landgrevischen eigenmann alss er ist
    1532 Breidenbach 61
  • nieman in der marg sin erbe verkouffen noch verwandeln sol denne sinen genosen 
    oJ. Hanauer,Constd'Alsace 84
I 4 Mitglied einer Berufsgemeinschaft, Arbeitskamerad
  • eß scholl ... ir [der Werkgenossen] meister all den gebresten und all den valsch, der unter in ufersteht, suchen und pezzern nach seiner genozzen rat
    1244 RegensbStat. 90
  • von unsirme herre hore di wort, di der guter dinistman horite der sinin gnozin den weize mite teilite
    13. Jh. HohenfurtBened. 272
  • sal unser herre die scheffene des gerichtes setzen, die von der stad geburlich sin. und als ir eime libes gebrichet, so sal er einen andern setzen, de[r] ir genoiße si
    1351 TrierWQ. 322
  • die schefflaeut, die da haissen die gnassen, und auch die maister, die da aigne scheff haben
    1450 NÖsterr./ÖW. VII 924
  • ain ieder, der schiffung hat, der sol ... an sand Merten abent ainen stekchen slahen, das ain genas sech ..., damit das sein scheff vor dem eis sicher sei
    1450 NÖsterr./ÖW. VII 925
  • solcher ... schmelczer lehin mitenander mitbrüder unde genosßen 
    1485 FreibergUB. I 322
-- mit bestimmter Aufgabe
  • ein jeder ausferg zu einen schif drey eigen schiffleuth, als nämlich ein seßthaller, ein gnossen und ein steurer aufnehmen möge
    1581 Lori,BairBergr. 313
  • es sollen die erbausfergen ... für ihre gneß ... gutt und borg seyn
    1581 Lori,BairBergr. 314 [vgl. ebd. 645 unter Schifsgesind und Schmeller2 I 1763]
-- Freund
  • der von fründschaft har deß genoß wer
    1476 KrattigenFrh. 103
I 5 Miterbe
II Standesgenosse, Ebenbürtiger

II 1 von Personen

II 1 a
  • forsacho ... Thuner ende Uuoden ende ... allum them unholdum the hira genotas sint
    9. Jh. Taufgelöbnis/Heyne,AltndDm. 85
  • sines herren genot ... an bort unde an me herscilde
    1224/35 (Hs. 1369) SspLehnr. Art. 80 § 3
  • schilt ir ordel en ir genot, he sal des bankes bidden, en ander to vindene
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. III 69 § 3
  • du bist des tiuvels gnoz 
    um 1250 (Hs. 15. Jh.) Wolfdietrich I B 310, 3
  • ein vreie vrawe mag gewinnen ... chint ..., daz ir genoz ist, also ob ir man ir genoz ist
    um 1275 DspLR. Art. 71d
  • ir muter magen, die ir genoz waeren
    1282 SchrBodensee 32 (1903) 98
  • ob ein aehter einen andern aehtaer, sinen genoz oder sinen ubergenoz oder sinen undergenoz, ze dem geriht antwrtet
    1300 Rockinger,Dm. 72
  • die prinche es, ende sin goet princelike hout ..., nes hi sculdich ghen relief, anders dan sinen dienst ende trauwe, omme dat hi es prince ende ghenoot zyns heeren
    1350 CoutBourgBruges III 227
  • dinstlute des riches sint des keisers genozzen 
    1372 (Hs.) KlKaiserr. III 5
  • wurden wir den [Zoll] unsern genossen oder untergenossen eyngeben
    1437 Spieß,Neb. I 36
  • dorumbe ich Judas genoß unde ist myn boßheit so groß
    1490 Hupp,Scheltbriefe 25
  • genoßen von adel
    1543 BachmannUB. 114
  • keisers genoz ne wart noch nie nechein geborn
    oJ. Rudolf 16
  • siu untfenc se minnichlike, also of siu ir genot were
    oJ. SächsWChr. 141
--
gleichberechtigt
  • wir sollent allen beschornen fürsten genoss sin und mögent wiben und mannen on eigenlüt wo wir wollent
    1383 Burckhardt,Hofr. 144
  • eines bischofs lüte hant die recht, daz sy ire kint ... mögen gen, [so] sie went, an eigen lüten, und sullent ir kint sin aller fürsten genossen 
    oJ. Elsass/GrW. IV 268
II 1 b als Zeuge, Eideshelfer
  • sprict ine ander herre an, jegen den mut he ine behalden selve sevede siner mage [andere Lesart genoten]
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. III 32
  • ut contra nos ... possint ... tanquam nostre nobilitatis socii, quod vulgariter genossen dicitur, testimonium perhibere
    1278 WirtUB. VIII 142
  • biderbe lute ..., die ih alle dar uber ze gezuge gibe, si sin min gnoze oder niht
    1285 WirtUB. VIII 39
  • er bewer mit drin siner genozzen, daz er ez niht enwest
    1293 MGConst. III 615
  • worde ... iemant gesculdeget umme rof, dye schal ... weren sic selue vifte uppen heyleghen siner genoten 
    1310 MecklUB. V 546 nr. 3424
  • [Recht nehmen] voer sinen genoezen edelre manne
    1317 KölnReg. IV 225
  • dem mus man sein er benemen mit zwain, die sein genos sind
    14. Jh. SteirLl. Art. 224
  • man sol im nennen ain und zwainzig seiner genossen und seiner uͤbergenossen, und sol sich daraus bereden ... als recht ist
    15. Jh. ÖLR. Art. 5
II 1 c als Vormund
  • he mach de muntscap bevelen des kindes negeste genot, des herren man
    1224/35 (Hs. 1369) SspLehnr. Art. 26 § 2 Var.
  • man sol in einen geben, der ir genoz ist, vnd der ir vater mag si
    um 1275 Schwsp.(L.) LR. Art. 59
  • man sol ouch geborn frowen ... allweg mit alichen beuoͤgten, die ir genoß an dem adel sind
    um 1430 RottweilHGO.(Irtenkauf) XI 2, 2
  • die fro ... bevögten mit irem genóss 
    1437 FürstenbUB. III 200
II 1 d im gerichtlichen Zweikampf
  • nen scepenbare man ne darf sin hantgemal bewisen noch sine vier anen benümen, he ne spreke enen sinen genot kampliken an
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. III 29 § 1
  • das ein man vechten solde, der iens genos were
    vor 1320 ÄltpolnRdm. 17
II 1 e
  • wirt en man sines genoten man, sine bord ... ne hevet he nicht gekrenket
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. III 65 § 2
  • daz ir uns ... nicht zü eygenschafft brenget unsern genoszen, den bürgern zu F.
    1357 FriedbergUB. I 218
  • sint din broder sik vorneddert heft an deme herscilde, so dat he sines genoten man geworden si
    2. Hälfte 14. Jh. RichtstLehnr. 519
II 2 von Sachen
  • soll nymant eynich seine weyn verziehen ... annders dann eynen yden weyn mit seinem genossen, als nemlich franckenweyn mit frannnckenweyn
    oJ. NürnbPolO. 261
III meist adjektivisch gebraucht
wer zu etwas fähig, berechtigt ist

III 1 allgemein
  • ein iegilich man, der eigen hat, des er genoz ist, vnd da er gewer vnd nvtz an hat, der mag ez hin lihen ze zinslehen
    um 1275 Schwsp.(L.) Lehnr. Art. 125 b
  • zum rate genoß und tugenlich
    1464 BayreuthStB.2 6
  • die unsers rechtens, titels und aller unser ansprachen genoss sin
    1502 JaunLR. 68
  • bruederschafft, zunfft unnd zech, die annder derselben handtwerch, genoß unnd genieß sein sollen, halten
    1503 Wartinger,Bruck 56
  • ob den jhenen ... ligende güter ... zufielen, dero mögen sy nit genoß sin die zu behalten
    1520 FreiburgStR. II 9, 12
  • die kind sölen des hofrechtz nit genos sin
    1535 SGallenOffn. I 44
  • wie alt ein mensch sin solle, das er der statt rechte gnoß sin möge
    1539 BernStR. I 282
  • landrächten, ... des sy ... nit genoß noch vechig sin
    1564 ArgauLsch. I 280
  • wär verkouffte güter ze zühen gnoß syn möge
    1604 ZofingenStR. 284
  • allen ... rechten gnoß und theilhaftig werden
    1659 Emmenthal 211
III 2 lehensfähig (als Mitglied einer Lehengemeinschaft)
  • mit 2 erbaeren mannen, die des lehens genozze waerint oder übergenozze
    1295 SalemUB. II 481
  • der lehen gnoͤze 
    1335 HohenloheUB. II 416
  • frawn oder man, die der lehen genözz sint
    1374 MZoll. IV 296
III 3
  • sendet her eins edeln mannes namen ... der wapens genoss ist und ein eigen insigel hat
    1409 GöttingenUB. II 18
  • gewoppens genoss 
    1463 Hauptmann,Wappenr. 506
III 4 ein eigenes Siegel zu führen berechtigt
III 5
  • wan er aygens genoz nicht ist, dar umb hat er ... dez selben guetes aygenschaft geselt ouf daz chloster
    1320 SBernhStiftungsb. 265
IV Eigenname
V gnote, knote für Handwerksburschen und Nichtstudenten
in der Studentensprache
VI in Stettin und Königsberg: Handlungsdiener
unter Ausschluss der Schreibform(en):
unter Ausschluss der Schreibform(en):