Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Geschrei

Geschrei

geschreyg, geschrie, giscreigi 

I
bdv.: Geschricht

I 1 Hilferuf, Klagegeschrei, durch das ein Verdächtiger oder Frevler angehalten, und mit dem er vor Gericht geführt wird

I 1 a
  • suilich man dein da heimisuchit ..., cumit abir die man uf undi biscrigit den man, daz iz sieni naciburi hoirin ..., so sal he ... den man ... gibundin ... vuribrengin undi mit giscreigi biz vur den richteri
    um 1230 MühlhsnRb. 96
  • alle di umbesaezzen, di daz geschrai horent, di suln nah volgen
    1256 Rockinger,Dm. 45
  • mac he vregen eines urteilis: ab man daz geschrei icht reiten sulle
    um 1300 FreibergStR. 27 § 13
  • als pald sy das geschrey horen, daz der raub geschehen ist, sindt sy pflichtig den raub weren
    vor 1307? Tomaschek,Trient art. 94
  • mogen se den nicht gevaen, der den schaden hot getan, so volgen se mit geschrei zu einem andirn dorfe
    vor 1320 ÄltpolnRdm. 11
  • we enne misdedighen man utwinnen wel, de scal ine ghebunden mit ghescreye vor gherichte bringhen
    1. Hälfte 14. Jh. GoslarStat. 36
  • wurde der tote man vor gerichte bracht. bey desselbin tagis lichte mit geschrey 
    1356 BreslLR. Kap. 360
  • das geschrei sal also luten: czuyoter obir minen ... morder
    nach 1358 Rb.n.Dist. IV 6 Dist. 7
  • Ende 14. Jh. GlWeichb. 400
  • wirt ein man gevangen uf gemeinem geschrei beider höfen, so sullent och die vögte beider höfen gemeine sizen
    14. Jh. Burckhardt,Hofr. 198
  • ob ein burger, so ein geschrei wurde ... mit waffen us liefe
    14. Jh. ZürichStB. I 75
  • ob icht leut kaemen dasselb unser lantgericht zu beschedigen, wer das gewar wurde, der soll das zu geschrai bringen
    1478 ÖW. VI 30
  • were sach, ob einer in der zent ein bereitten deige hette, so soll er den vor in den ofen thun und darnach dem geschrei nachvolgen mit ander seiner nachbaurn
    1494 WürzbZ. I 1 S. 602
  • wie sie ine [den Beklagten] herbringen sollen. urteil: mit geschrey und rechter füre als recht ist
    15. Jh. ArchUFrk. 6, 2 (1840) 170
  • nachfolgen mit dem geschrei durch die gassen ... sie sollen ... mit luter stimme schreyen: gerichtjo und helfjo
    15. Jh. Schmidt,ElsWB. 137
  • einer ist zu stock und banden bracht mit keinerlei geschreie, noch auch nicht in handhaftiger tat begriffen
    vor 1524 LeipzigSchSpr. 253
  • wue sich ein morth, todschlagk, vorwunden, aufleufte ... begeben wurde, darczu sal ein yeder, der das geschrei vernimpt, laufen
    1534 FrankenhausenStR. 483
  • wann ainicherlay new geschray, gevärlich sachen ... fürfallen.., solle .. die oberkait .. die ursächer .. zu fenncknuß bringen
    TirolLO. 1573 IX 2
I 1 b
  • geschrei oder gerenne
    1435 Bruchsal 854
  • geschrey oder gelewfft
    1491 ArchUFrk. 3, 1 (1835) 167
  • ein schlecht gerüffte und geschrey 
    1541 König,Proz. 159v
  • ein auflauf oder geschrei 
    1572 AdelsheimStR. 672
  • mit geschrey oder sturmschlagen nacheilen
    1626 CJVenatorio-Forest. III 194
  • wer iemand säch geen iber gebürg ... und den nicht zu geschrai und zu gericht bringt, der ist umb 60 und 5 ℔ ₰ ohne alle gnad
    1673 ÖW. I 236
I 2 Diebsalarm, Anklage wegen Diebstahls
I 3 Feueralarm
  • wo eyn fuyer uzkumt, treyt man uz dem huse, e den man is beshryet, der wirt ist der stat eyner marke bestanden, bewyset abir her geshreye ... her ist der marke ledig
    1324 BreslUB. 102
  • geschicht ein geschray von fewers wegen
    1363 ZofingenStR. 61
  • ob ein aigen fewr aus dem aigen und ain geschrai wurt
    15. Jh. NÖsterr./ÖW. XI 360
  • dass ... ein gemains geschrey würde dess feurs ... halb
    1502 WürtLändlRQ. II 8
  • wer das geschrai ainer prunst hert ..., der soll zuelaufen retten
    16. Jh. NÖsterr./ÖW. VIII 42
  • 1725 NÖsterr./ÖW. VII 421
  • GrW. I 97
II Vorladung
  • [kein weltlicher Richter darf die Bürger] cum gladio et clamore, quod geschrie dicitur [nach auswärts vorladen]
    1289 KölnReg. III 2 S. 182
  • gibet den klegeren urlaub, dat sy yre schweert uztzehen und yrs yrsten geschreyes begynnen
    1350 GrW. II 212
  • darzu sol ... der getäter an dem dritten landtag und vor dem dritten geschrey ... heinfaren
    1514 Eschi 86
  • in denen streitsachen zwischen blutsverwandten ... solle von jeder parthey ein scheidmann zur entscheidung ... erwehlt werden, damit ... kein richterliches geschrey erfolge
    1785 ZSchweizR.2 27 (1908) 240
  • sid den vorgnanten ... an dem ersten und andren gerichten dristund geruͤft ... weͣr sich ze versprechen ... und iecz uff dem dritten gericht lesten und dritten geschrey nit komen weren
    oJ. BernStR. I 206
III
III 1 öffentliche Verkündigung
  • so heissen wir verkünden an dem kantzel in der stat mit gemeinem geschreie 
    1381 FreiburgÜRec. IV 153
III 2 Aufgebot
  • swenn ein geschrai wirt in dem land ze Chernden, ist daz er dem geschrai nachvolget mit seinem ... vaenlein, so sol im daz lantvolch allez nachvolgen
    1307 Schwind-Dopsch 161
  • alle die in dieser frieheit sint ..., sint schuldig zu unserm hornblase und zu unserm degelichen geschreye uß zuziehen mit uns und unsern mannen uns ... zu schirmen
    1321 GrW. II 3
  • were es sache, daz ein geschrei in der zent würde, würde danne daz lantfolk ermant ..., so solten sie unserm herren ... noch ziehen und volgen
    1384 GrW. VI 20
  • sullen ... die freyen ... zu allen geschreihen, herfarten ... gefordert werden
    1539 PomesanienUB. III 316 (nr. 234)
  • sint sie schuldig, zu des grauen geschrey ... zu komen
    oJ. GrW. II 19
  • das wir ... eyn gemeyn geschrey diese eynunge lang werende mit eynande haben
    oJ. Kremer,Urk. 315
III 3 die Aufgebotenen, ihr Auszug
III 4
Jagdgebot
  • welcher underthann nit kombt zu dem geschrai so man wölf jagen will
    17. Jh. NÖsterr./ÖW. VII 342
IV
IV 1 Gerichtsverhandlung
  • alsdan solle der hof von H. zu dem geschrey kommen, so der mensch gericht würde, so er des thoitz pflichtig were
    1588 LuxembW. 317
IV 2
  • das geschrei ist die außerordentlich zusammen gerufene ... versammlung
    18. Jh. Justus Möser/ZWortf. 13 (1911/12) 49
V Gebot bei der Versteigerung
  • sol der gesworen kaufl ainem ieden sein gelt, das er nach ausgang seines ieden geschrai ... auf das guet legt, schreien und ruefen
    1479 LandshutStR. 197
VI Aufruhr
VII Lärm, Schreien
  • ist daz sich ein gestoze [andere Lesart geschrey] hebit in der stat
    um 1300 FreibergStR. 32 § 1
  • unnuͤtz geschray vor gericht wirt verpoten, daz dann allermaenchleich vor dem rechten ... sweig
    um 1365 MünchenStR.(Dirr) 383
  • swer ein fraun irer eren beraubt ... und hort man ir geschrai 
    1376 PettauStR. Art. 28
  • das ich von keinem geschrei, schiessen oder hauen ... nichts gehöret
    1580 ZMährSchles. 12 (1908) 320
  • welcher frömbder ... nachts ... einich ungewonet geschrey ... fürnemen, ... söllent ... gestraft werden
    1604 ZofingenStR. 262
  • unehrbarlich geschrey, ruefen oder sonstig rumorisch wesen
    1625 FreibDiözArch. 27 (1899) 324
VIII 1 Gerücht, öffentliche Meinung
  • das der krieg und anlagung der vigende in den bann keme und ein geschrey würde
    1347 SchlettstStR. 42
  • durch ainen offennbarn leymat und gemain geruͤeff und geschray 
    1520 BairGO. Tit. 7, 7
  • das wider di warheit, gemain leumut und geschrai sei
    1526 MosbachStR. 594
  • allerlay clag und geschray an etlichen orten ist, als werde nicht recht mit dem allmusen umbgangen
    1536 JbMittelfrk. 53 (1906) 15
  • 1598 WürtLTA.2 I 516
  • wurde ... verdacht ... auß gemeinen geschrey oder anderen ursachen wider ihne vorhanden seyn
    1599 OPfalzLO. 388
  • wann ... über denselbigen das gmaine geschrei kombt, der hete ... malafizische handlung getriben
    1655 ÖW. VI 79
  • das gemaine geschray, so von etlich unverdächtig ehrlichen leuthen herkombt und öffters widerholt wirdt, gibt ein guete anzaigung
    NÖLGO. 1656 I 23 § 2
VIII 2 Leumund

VIII 2 a guter Ruf
  • billich bei einem jeden für dass höchst ... klainod geachtet, so einer in geschrei und guetem lümbden ... gehalten werde
    1658 WürtLändlRQ. II 496
VIII 2 b schlechter Ruf
  • so it eine berüchtede persone, edder dar billig misswan edder einboes geschrei gegen arbeit, men mag en vorhören
    vor 1531 RügenLR. Kap. 14 § 5
  • daß sie ... fur sich selbsten kein böß geschrei ... habe
    1572 AdelsheimStR. 653
  • sie in bösem verdacht und geschrei bringen
    1599 NÖLREntw. V 175 § 3
  • welcher ein tochter verfüerte ..., die vormalen kein bös geschrei ... hette
    1615 GraubdnRQ. IV 212
IX Rufweite?
  • [ein Galgen wird bei Lunden gebaut] in geschrie des Vlederdones
    oJ. Neocorus/Lasch-Borchling II 85
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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