Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Glocke

Glocke

Sachhinweis: Elsbeth Lippert, Glockenläuten als Rechtsbrauch (1939)

A im Kirchendienst

A I allgemein
  • so baldt ein leibzuchter abstirbt vnd die klocken vber sein begrebnus anfahen zu lauthen
    1563 GrW. II 307
  • an disem grünen donnstag nachmittag um 2 uhr lüt man mit der hülzinen gloggen zur predig
    1588 SchweizId. II 751
  • es solle auch des schreckens halber (in sterbenden luftszeiten), wenn der abgestorbene begraben wird, kein geleut der glocken geschehen
    1593 TrierWQ. 184
  • an einem sonnabent ... sollen erstlich mit der großen glocke drey pulß ... und hierauf ... mit allen glocken zusammen geschlagen werden
    1681 ZMährSchles. 11 (1907) 82
  • was den bußtag anlanget, so ist solcher früh ein viertel vor 8 uhr mit allen glocken einzuläuten
    1698 MagdebKO. Anh. 71
A II beim Eid
  • han wir alle gemeinliche mit gelutter clocken in guden truwen globt
    1338 WestdZ. 5 (1886) 233
A III bei der Pfarrerwahl
  • hat man bestimt ... einen neuwen pastor zu kesen ... und die groisse klock gelaut
    16. Jh. BuchWeinsberg II 72
B im weltlichen Rechtsbrauch
  • man sol auch wizzen, daz diu glogge in der burger gewalt sol sin
    1276 Keutgen,Urk. 251
B I als Ladung

B I 1 zur Versammlung

B I 1 a von Gericht, Rat
  • zu wissen ist auch, daß man über keinen blutigen schlag ohne glocke richten soll
    1273 J. Bader, Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau (Freiburg i. Br. 1 (1882) - 2 (1883)) 217
  • wundet ouch eins herren man des andern ... sy seien in aime teyle oder in beyden, den gesereten sol nüt zwingen weder herre ze klagende mit der glokhen 
    1300 Schreiber,UB. I 159
  • wer ein wundet, das er mit der gloggen lüten mag
    1340 Alemannia 34 (1906) 246
  • soll der mayer an die glocken lyten und soll da das gericht zusamen komen
    1373 WürtVjh.2 10 (1901) 326
  • den dotsleher fahen und ziehen oder leyden in geriechte mit geluten glocken 
    1402 SchlettstStR. 99
  • zu rehten zyten in den rat gon, so wir die glocke hören lüten
    1460 SchlettstStR. 378
  • so man mit der glogken richten will umb den bluetenden slag
    15. Jh. FreiburgMalefO. 140
  • als dann die erbern rete bisher zu zeiten langksam zu ainander komen seind, haben wir solichs zufürkommen gesetzt und ain glocken, damit man ... an den rat leuten soll, geordent
    1500 NördlingenStR. 174
  • yetlichem bürger ... geseit, zu welchem lüten, es sy mit der kleynen glogken des rats oder der grossen glogken ... er kommen sölle
    1505 BruggStR. 118
  • wann eines hochweisen raths glocke geläutet wird, so soll ein jeder auf sein ambt wachten
    1599 RevalStR. I 344
  • enn dritten male wirdt die glogke geczogen und auszgeruffen: "wer zu klagen hatt, der klage"
    1613 Stieda-Mettig 230 (nr. 37, 22)
  • sich in eigner person ... so oft man an die glocken schlacht oder zum gericht gebotten wirt, finden zulassen
    1616 WaadtStat. 10
B I 1 b allgemein
  • dann lütt man mit der grossen glogken, dann komen alle burger gemeinlich
    1505 BruggStR. 118
  • gemeine versamblung der burgerschaft mit der glockhen 
    1572 AdelsheimStR. 672
  • wirdt auf dem münsterthurm mit neun streich auf die grose glocken geschlagen zu gemeiner nachrichtung und versamlung des volcks
    1629 SchlettstStR. 662
B I 2
eines Angeklagten
  • sal der schout den delinquant ofte misdadigen metter clocke doen roepen ... item den deliquant niet en compt ... sal noch tweemael metter clocken geroepen worden van veertien dagen tot veertien dagen toe
    1598 Fruin,KlSteden II 247
B I 3 zur Hilfeleistung

B I 3 a zur Sturmglocke
  • ob ein geschiht in der stat geschehe oder ein gestözze werde ... sol man dew chlainen glokken läuten
    1331 RegensbUB. I 344
  • die stat ende die meistere ... moghen die clocke doen slaen ende hervart doen roepen
    1380 CoutMaestricht 90
  • of onse stadt ... noet hadde ... van vreembde luyden, alsoe dat die grote clock geslagen worde
    1456 SneekStB. Art. 128
  • wenn es aber verreͣterschaft oder ufflauf (weͣr) sol man allain mit der grossen gloggen anslahen
    15. Jh. IsnyStR. 217
  • wanne unsser genedichste herre die clocke aen deit slaen, dene sal ieder man volgen
    1516 NrhAnn. 6 (1859) 22
  • wer es sach, das ein gerenne im velde wer, und de nachbauren heirumb zugen ihre klochen an
    1518 RhW. II 2 S. 168
  • sobald man um aufruhr willen die glocke ... anschlaegt
    Zeitz 1573 S. 271
B I 3 b zur Feuerglocke
  • wer es ... daz fure anginge, so solte man dartzu die glocken luden
    1383 MosbachStR. 559
  • wenner ... dat de klocke geschlagen worden, dat ein fuer upstunde
    1535 Stieda-Mettig 233 (nr. 1, 1)
  • ob sich fewrnot in ainer aufrur ... begebe ... soll nit an die gloggen ... geschlagen werden
    TirolLO. 1573 IX 5
  • wan ein prunst außkäme ... welcher nit zuhant köme ... wan man die grossen zwo klocken mit einander leütt
    1641 NÖsterr./ÖW. VIII 746
  • wann feürsbrunsten entstanden, soll erstlich die größte gloggen angezogen und darnach mit allen geleütet werden
    1668 FrutigenLR. 74
  • soll derjenige, bey welchem feuers-gefahr entstehet ... der glocken zulauffen
    1778 SchlesDorfU. 130
B I 3 c eines Verbrechens
  • ofte een bloet man yemande doet sloghe ... soe salmen den mysdader van stonden an veruolghen, myt klockenslach gheruchte toe maken ende an toe tasten ... ende geschiede des nycht, soe sal daervoer ghelden ende betalen de ghene de dat veruollich nycht endede, ende der klocke niet envolghede
    1448 Richth. 321
B I 4 unberechtigtes Läuten
  • de myth wrefel de klocke luth de sal der selscop beteren 1 lis ℔ wasses
    1407 RevalStR. II 57 [wohl zu Glocke B II 2]
B II Verkündigung

B II 1 Friedwirken
  • alle vede sonder dootslach, de die maghe nyet zoenen ende moeghen, sellen staen opten scepene ... dees hem nyet horen en wilde, de verboerde vijf pont ... enten andren selmen vrede condighen mitter clocke 
    1340 UtrechtRBr. I 10
  • das ihr in der universitet und der stadt ein offenen friedden offentlich under der glocken und in den collegien uffruffet und verkündigett
    1552 Hildebrand,UrkUnivMarb. 58
B II 2 Ruhe gebieten
  • wen men de klocke ludet in der gilde, so sall malk stille syn und geven dem oldermanne lust tho sprekende
    1463 Stieda-Mettig 408 (nr. 74, 5)
  • schall de oldermann stahn gahn und laten de klocke lüden ... unnd seggen also: ick gebede juw tho hören
    1500 Stieda-Mettig 559 (nr. 112, 2)
B II 3 obrigkeitlicher Beschluß
  • disse kore ... ward uthgekundighet by der klocken 
    1350 DortmStat. 78
  • es ist söllichs ... mit lauttender glocken ... durch burgermeister, rath und gemein ... herneüt und ... abermals verwilligt
    1450 OsterburkenStR. 1044
  • beliebten aelterleute, aeltesten und die ganze gemeine ... vorgeschriebene articulen zu halten ... und ward auch die glocke darum geleutet
    1460 RevalStR. II 3
  • das wir mit leutenden glocken ... zusammen beruefft vnnd kommen seindt
    1555 ObermoschelUrk. 49
  • wann man uff den hove leutet mit der grossen glocken ... soll er ... under dem rhathauss erscheinen, daselbst anhören, wass man gebiete oder verkünde
    1600 Ladenburg 703
  • wann man mit der glocken das zaichen zue der gemaind gibet
    1700 WürtLändlRQ. I 590
B II 4 Strafverfahren

B II 4 a bei Strafvollzug
  • scal ime under löven, alse men de klocken lut, in overhöre kündighen laten
    1. Hälfte 14. Jh. GoslarStat. 52
  • als man in in den stok leget, sol man denn die grossen gloggen über in lüten
    15. Jh. IsnyStR. 206
  • uf den rechtstag sollen ... ein glocken geleutet und der arme aus dem thurn gethan ... und dem zuchtiger in den stock zu schlagen bevohlen werden
    1532 WürzbZ. I 1 S. 131
  • mit entsetzung ihres dienstes ... ausklingung mit den glocken ... beleget werden
    1536/44 HannovStKdg. 225
  • die klock gelaut und die richterboden haben die gefangen ... an den galgen geleidt
    1550 BuchWeinsberg I 340
  • die vollstreckung des todesurtheils wird durch das läuten einer glocke angekündigt, welches mit dem austritt des verurtheilten beginnt und bis zum schluße der hinrichtung fortdauert
    1881 BadGesetzbl. (1881) 21
B II 4 b bei Verbannung
  • swem och dü stat mit der gloggen ist oder wirt widir teilt
    1282 Schreiber,UB. I 106
  • dis sint die rechtlos sint ze Friburg, vnd belütet sind mit der gloggen 
    1350 Schreiber,UB. II 145
  • de nije rade die borghere, die bruekich siin wel inbieden ende mitter clocken vervolgen
    1413 UtrechtRBr. I 269
  • dort wort dey selve knecht, dey den knecht van leven to dem dode gebracht hade, fredelos gelacht und wort vorlut myt der klocken 
    1545 KielVarb. 102
  • eenighe poorters te mueghen bannen metter clocke 
    1572/97 CoutBruges I 112
B II 5 zur Zinszeit
  • glogge dü man da lütet ze zinse
    1293 Schreiber,UB. I 123
B II 6 Gutsverfall
  • do zoch bruder H. dasselbe gut mit allem recte ... in des klosters gewalt mit geluten glogen 
    1278 BaselUB. II 139
  • lofft der bot an die ende, da die gůt ligend und lütet die gloken daselbs
    1435 ZRG.2 Germ. 41 (1920) 360
  • mag der vogt das gut ziehen mit der glocken 
    15. Jh. GrW. IV 151
  • begebe es sich ... daß einer den zins verjahren ließ, so mag der dinkhofmeier daß dinkhofguet ledigen mit der glocken 
    1559 GrW. IV 173
  • zal de roedrager den zelven daer van verwiltigen mitter clocke 
    LeidenK. 1583 Art. 121
  • wie die glocke den wiederfall ergriffen, so fällt er ihm weg mit liegendem und fahrnis
    16. Jh. VjhZabergäu 10 (1909) 34
B II 7 a des Marktbeginns
  • man schol auch, als man der bürgär gelokken läutet, die vische gar uz geschütet haben
    um 1320 RegensbUB. I 718
  • welcher ie purger maister sei, daz der di gloken czu rechter zeit haiz leuten, und welcher vleishacker sein panck nicht cze hant auftuet, der schol czu wandel gewen
    um 1330 BrünnRQ. 366
  • wanne men ludet de ersten klocken to mettene to dem markede
    1. Hälfte 14. Jh. GoslarStat. 63
  • keine märckte gehalten ... ehe nachmittag die glocke fünf geschlagen
    1703 MagdebKO. Anh. 139
  • keyn vorkouffer sal fische kouffen, er die glocke 8 hot geslagn
    oJ. Danzig(Hirsch) 210
B II 7 b zu Beginn und Ende der Marktfreiheit
B II 8 des Feierabends
  • welch wirt noch der leczstin glocken byr gebit
    1300 ZWestpreuß. 7 (1882) 107
  • daz nieman nach der glokken an offenez liht uf der strazze sol gen
    um 1320 RegensbUB. I 720
  • es ensal auch niemant nach der glocken des nachtes reygen
    1351 ErfurtZuchtbf. 125
  • dat niemene en drincke in de taverne naer dachterste clocke 
    1396 Kortrijk(Strubbe) 215
  • dat de olderlude vpp dem haue nicht lenger sitten solen denne to (tuelfener) clocken vp den avendt
    1421 Danzig(Hirsch) 288
  • nymandes lenger zum bier ader wyne sal siczen, denne bis man die glocke lewthet
    1442 FreibergUB. I 165
  • das man alle geluchte uß thue und das huß zusließ, ehe man die lange glocke verleßet
    1471 FrankfZftUrk. I 221
  • dat nieman gheen verkene en singhe vore dat schoen dach es, noch savons na de clocke 
    oJ. Stallaert II 77
B II 9 im Bergwerk
  • nochdem die auff der ffuntgruben eine glocken und tzeiger haben, darnach sich ihre arbeitter antzufaren bey tage und nacht zcu richten wissen
    1478 Hoppe,Silberb. 121
B II 10 der Weinlese
B II 11 des Reifbrennens
  • das reifbrennen, das ist, einen großen rauch mit angezündetem reisern verursachen, um die bey tagesanbruche im frühjahre entstehenden gefährlichen reife unschädlich zu machen, ist auch hier sehr gewöhnlich, und ganze dorfschaften werden selbst mit dem zeichen der glocke daran erinnert
    1796 Hübner,ErzstSalzb. II 666
B II 12 der Schiffsankunft
  • sobald ein schiff zu Kaub anlangt, oder das zeichen mit der glocken uf der Pfalz gegeben worden
    1697 Fliedner,KurpfRheinzölle 181
C übertragen

C I Glöcknerdienst
  • Kunen up den sal von sinen halben jairlon der clocken 10 m
    1385 J. Laurent, Aachener Zustände im 14. Jahrhundert (Aachen 1876) 311
  • hyr for schil dy jongerprester den hlest van dae clocken habba, ende all daet dwaen der een kuster schieldich is to dwaen
    1482 Richthofen,WB. 875
C II Pfarrbezirk
  • soe een sal niemant die gheseten is onder der clocken von Almeloe in oft uut meten meet ander mate dan mijt eenen scheppel
    1489 AlmeloStR. 34
  • welche scheffen da binnen der glocken were, der sall zu dem buwdinge komen
    1498 GrW. II 626
  • een onwittich kint, dat tot onser clocken hoert
    15. Jh. ZRG. 10 (1872) 198
  • ieder burger, so unter die klocken gehörig ist
    16. Jh. Koeniger,SendQ. 229
  • alle luiden und guder des kirspels die dair ter klocken und fünten gehorich
    vor 1625 TurckChr. 92
C III Gericht; übertragen zu Glocke (B I 1 a) 
  • dat NN comen sellen ... voer den ghemenen raet van der stat ende voer die clocke 
    1346 UtrechtRBr. I 58
  • die zoude dat ghenot ter clocken brenghen
    1365 UtrechtRBr. I 51
  • de sal men dan ter eerster klocken [bei der nächsten Versammlung] ontborgeren
    1410 UtrechtRBr. I 260
  • nochtans tkomen voir die clock ende bidden den raidt om verghiffnisse
    1523 Amersfoort 139
C IV Folge; übertragen zu Glocke (B I 3 a) und Glocke (B I 3 c) 
  • adiuvare tenebitur cum adiutorio vulgi et clamore terre sue, quod in vulgari dici solet "mit den glocken und dem landgeschrei"
    1330 Dominicus,BaldwLützb. 310
  • sollen die burger derselben stat den vorgenanten greven mit der glocken volgen
    1347 NassauUB. I 3 S. 242
  • man weist denselben unseren herren zu glockenschlag ... und gefulgenus der glocken 
    oJ. RhW. II 2 S. 112
C V Wahlausschuß; übertragen zu Glocke (B II 2) 
  • es sollen durch das loos sechs wahlmänner gemacht werden, als zwey vom raht, zwey von den zwölfen und zwey von der wahl oder kleinen gloggen 
    1763 BruggStR. 278
C VI Gefängnis im Glockenturm
  • sie unverwarnter weise von dem tische nemen und under die große glocken stecken
    1584 AltpreußForsch. 2, 1 (1925) 63
unter Ausschluss der Schreibform(en):
unter Ausschluss der Schreibform(en):