Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Graf

Graf

gotisch gagrefts; ahd. grafio, kravjo, crabo, gerabo; afries. greva; anord. greifi; ae. gerefa, groefa; mnl. u. mnd. greve, grebe; siebenbürgisch gref; aachnisch grif; tschechisch hrabie, hrabe Mayer,LehnwTschech. 36 und 64; slavisch hrabie Berneker,SlavEWB. I 379; kroatisch grof KroatRWB. 361; magyarisch gereb Kaindl, Karpath. II 350; obersorbisch rabja Bielfeldt,OSorbisch 223
I lateinisch comes 
ursprünglich königlicher Beamter, höherer weltlicher Befehlshaber und Gerichtsvorsitzender, Amtmann, Vogt oder Schultheiß (auch gewählt)

I 1 allgemein
  • notum sit omnibus episcopis, abbatibus et illustribus viris, magnificis ducibus, comitibus, domesticis, vicariis, grafionibus, centenariis
    479 MGDiplImp. I 113
  • gif gesiðcund mon fare, þonne mot he habban his gerefan mid him and his smið and his cildfestran
    690 Liebermann,AgsG. 118
  • gif man biscopes esne tihte oþþe cyninges, cænne hine an gerefan hand, oþþe hine gerefa clensie, oþþe selle to swinganne
    695 Liebermann,AgsG. 14
  • qui grafionem interficerit: si quis iudicem fiscalem, quem comitem vocant, interfecerit, 600 solidis multetur
    1. Hälfte 7. Jh. (Hs. 9. Jh.) LRib. Tit. 55 (Hs. B)
  • episcopus sollicitudinem adhibeat, adiuvante gravione, qui defenso ecclesiae est, ut populus ... paganias non faciat
    742 Cap. I 1 S. 25
  • tunc ille, cuius fides facta est, ambulet ad grafionem illius loci, in cuius pago manet
    763/64 LSal.(Eckh./MGH.) 86 § 3
  • thie kenphon thes grauen intfiengun then heilant in themo thinchus
    um 830 Tatian 320
  • procurator, provisor secularis honoris = krauio odo sculdheizzo
    oJ. AhdGl. II 103
  • dat nen greve dingen ne mach ane belenden scultheite
    1224/35 (Hs. 1369) SspLehnr. 285
  • svenne die greve kumt to des gogreven dinge, so sal des gogreven gerichte neder sin geleget
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. I 58 § 2
  • die keiser ne mach aver in allen landen nicht sin, unde al ungerichte nicht richten to aller tiet, dar umme liet he den vorsten grafscap unde den greven scultheitdum
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. III 52 § 2
  • over achtein weken sal die greve sin ding utlecgen buten den gebundenen dagen to rechter dingstat
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. III 61 § 1
  • verliet en greve siner grafscap en deil, oder en voget siner vogedie, dat is weder recht
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. III 64 § 5
  • er [Karl der Große] zühtigete die stete, die wider im gesworn heten; er besazte daz lant mit graven von Vrancriche
    nach 1275 ProsaKaiserchr. 172
  • of die lantliute den gravin von einer stat zo eime gravin kiesen
    Anf. 14. Jh. GörlitzLR. 206
  • yst ein bischoff [von Trier] zu Berncastel bischoff und grebe und schinet yme von beden und von schetzonge dat halffscheit
    1315 GrW. II 354
  • der koning sezit die fursten, die fursten vorbaz die greven, dy greven vorbaz die gogreven zu richtere, do sy nicht selber gesien mogen
    Ende 14. Jh. GlWeichb. 217
  • das in der graveschaft nymant obir sy gerichten mag, ane der grave selbir ader der schultheisse, zu rechter dingstat
    Ende 14. Jh. GlWeichb. 331
  • eynen greven up dem Leynenberger landgherichte plegen to settende unde to keysende der herscop van Brunswyg besloteden unde andere erbare lude, borgere unde bur
    1410 GöttingenStat. 255
  • sal her eynen syner manne dorczu senden ... der den schultissen adir den greven von syner weghin yn die bank leythen unde ynwiesin sal
    1425 HalleSchB. II 234
  • joncher G. vamme H. ... zerzijt greve inde scheffener zo Collne
    1429 SPantaleonUrb. 307
  • die dörffer, so zu der stat gehörig, soll nit ein jedes ein besondern grafen haben, sondern die herrn gemainklich
    1446 Ödenburg/MHungJurHist. V 2 S. 9
  • da man jährlich ... eyn obersten greven in selbigem gericht zu kiesen pfleget
    1475 ArchHessG. 1 (1835/37) 262
  • wen der greffe belehnt wirdt durch unsern gnedigen herrn von Magdeburg, so richtet er nicht in peinlichen, sondern in börglicher clage
    1476 Spittendorff 175
  • die busse wirt eim obersten greven, so wirt dem untersten greven das clagegelt ... auch sal der oberste greve daz jar keins herren rad sin, noch keines herren cleidere tragen oder kein eigen fehede han
    15. Jh. Wetterau/GrW. III 457f.
  • hebben zommeghe poorters ... der stede van Ghendt gecondempneert te betaelen trecht von s'graven propre
    1511 OrdonnPaysBas I 177
  • sine fürstlike gnade schall und will hebben im Oldenlande twene greven ... unde dartho ... twölf erfsetende landtschwaren
    1517 R.d.alt.L. 49
  • wenn unser grof die grofschaft aufgeit ... soll er die grofschaft in dem rote aufgeben
    1540 Zips Art. 56
  • das folk finge an zu roifen: gnade, gnade und gein recht, lieber greif, gnade
    16. Jh. BuchWeinsberg II 155
  • begert ein ersambe gemein, dass die herrn graffen dass ackhern und hauen, so unterthonen andere jahr ihnen prestiert, hinfuero bey ihnen einzustelen
    1606 Ödenburg/MHungJurHist. V 2 S. 104
  • den land- und andern vogten, auch dem greffen, ernstlich zu befehlen, die ... prädicanten, wann die im stift oder stadt betreten werden, bei arbitrari straf zu ergreifen
    1625 Corvey/Wigand,Beitr. 24
  • gebiten wir allen fursten ... grafen, die freygrafscheffte haben ... wer sache, das dis recht und unser keiserliche setzzunge ymand ... ubergriffe, das man den sal hangen
    oJ. DortmUB. II 4
  • ZRG.2 Germ. 52 (1932) 485
I 2
insbesondere Grebe, seltener Grefe, in Hessen der Dorfschultheiß
  • den grebin spulgete man iares rocke zcu geben
    1374 MarburgSalb. 210
  • Gunthard von Venne, scholtheyße zu Gudinsberg, und Henne Rode grebe zu Besse [urkunden über eine Gerichtsverhandlung]
    1389 G. Landau, Beschreibung des Hessengaues (Kassel 1857) 62
  • die vorgenante dorfere hant iglichs sinen amptman mit namen, die man nennet greven 
    15. Jh. Wetterau/GrW. III 457
  • in sitzendem gerichte mitsamt scheffen vnd greben verordent und auch etzlich vmbstender des gerichts
    1505/06 KasselGB. 46
  • Loer, ein dörfflein im ampt Felsberg an der Eder gelegen, hette vor etlich und 60 jahren einen greben oder dorffschultheissen
    1601 Wendunm. II 170
  • sollen unsere beamten ... in ihren anbefohlenen aemtern mit zuziehung des raths in den städten und dann greben und vorstehere in den dörffern sich miteinander vergleichen
    1683 Hessen-Kassel/CJVenatorio-Forest. III 297
  • DWB. IV 1, 6 Sp. 1
  • DWB. IV 1, 6 Sp. 248
I 3 Deichgraf, Vorsteher eines Deichbezirks
  • derselbe muß bey den gräffen, als von wegen irer königl. majest. obristen teichrichtern, seinen eyd ablegen
    1690 Hackmann Mantissa 4
  • müssen teichrichter und geschworene bey ihren eyden etzliche auff dem böttingen und etzliche für den greffen in denen sasseschen gerichten die teichwröge einbringen
    1690 Hackmann Mantissa 5f.
I 4 Holzgraf, Vorsitzender des Holzdinges 
  • ob auch das [holz] in gegenwart des gräfen und sämmtlicher geschworenen angewiesen ... worden
    oJ. Hesse,AgrVerh. 188
II Titel
  • wy Alph van gades gnaden greve tho Holstein ... bekennen und betugen
    1274 ZHambG. 6 (1875) 280
  • wir S. und F. gebruder, grauffen von Z. ... bekennen
    1285? (Hs. 15. Jh.) HeilbronnUB. I 536
  • dhat lovede hebbe untfanghen tho des stichtes hant greve Johan
    1317 GoslarUB. III 294
  • wye Cordt, von der ghenade goddis grebe thu Werningerode
    1336 QuedlinbUB. I 99
  • die van Bremen hebbet enen gestliken vorsten, de van Hamborch enen greven van Holsten
    1360 BremGQ.(L.) 121
  • unse leven heren, her Fr. ertzebiscop to Colne und her E. greve to der Marke an uns gebracht hebbet
    1385 DortmStat. 206
  • wir graͮff Fridrich von Toggenburg, graͮff ze Toggenburg, ze Brettengoͤw und uff Thavaͮs
    1429 SGallenOffn. II 11
  • keisser Conradt machte dornoch den vitzthum Lodewigen mit dem barte zu eyme graven ... unde gap om do die alden woppin des landes
    vor 1440 Rothe,DürChr. 256
  • von den grafen zu Stolberg ... ein frey bergwerck ausgegeben
    1594 Elbingerode/ZBergr. 12 (1871) 56
  • ich, Frantz Carl, des heil. röm. reichs graff von Clary und Altringen
    1735 MittDBöhm. 42 (1904) 505
  • der bischoff zu Sitten ... sich einen grafen des landes nennet
    1757 Waldkirch,Einl. II Anh. 52
-- päpstlicher Titel
  • wir Ferdinand von gottes gnaden ertzherzog zu Osterreich ... gefürster graf zu Habspurg, zu Tirol
    TirolPolO. 1573 Bl. 1r
  • aus krafft und verordnung des ... lateranensischen hoffs und römischen palasts graven und der gulden ritterschafft rittern
    1604 Urbau 54
-- gefürsteter Graf [lat. comes et princeps] 
III als Stand, Rang
  • belibent den gotshüsern, graven, freigen und dienstmannen iriu geriht, diu si ze reht an gehörent
    1281 bayrischer Landfriede/MGConst. III 269
  • die fursten, vrigen, graven, dienstman und gemeinlich des riches getruwen
    1287 Würzburger Landfriede/MGConst. III 376
  • sol ër ... geben in die chamer des reiches ein fürst hundert marck veines goldes, ein frey oder ein graf fünftzick, ein dinst herr ... 10 marck
    1333 Indersdorf I 66 (nr. 139)
  • were, daz cheyn furste, greve, frieherre, rittere, knechte ... nicht enquemen tzu der volghe
    1336 GöttingenUB. I 128
  • alle fursten und grefin, landishern, edel, rittere, knechte und alle wolegeborne, dye daweddir dunt, dye fallen in ... virlust allir leen
    um 1360 GoldBulle 111
  • wo die in des heiligen romischen reiches oder in andrer fürsten, grafen oder heren steten syczend
    1372 Bayreuth 1372 S. 231
  • gebieten allen ... graven, freyen herren, dienstleuten
    1379 BremgartenStR. 41
  • kommt ein graf geritten und begehrt trauben, dem soll der banwart einen hut voll geben, einem ritter, was an dreien schoßen steht
    1426 Bern (Kt.)/GrW. I 183
  • hat in do in gefenknus in eim gemache umbzugen, bis das die graffen, hern, ritter und knecht im land zu Franken in ausgewonnen
    1438 ArchUFrk. 23 (1875/76) 480
  • [Landgraf Ludwig von Thüringen] liess seyne graven, herren, ritter und knecht unde landlewte vorboten zu eyner herfart
    vor 1440 Rothe,DürChr. 356
  • bitten wir alle fursten, geistliche und weltliche, ... auch graffen, freyherrn, ritter und knechte
    1442 LaberMarktStat. 133
  • er [der Stadtschreiber] soll von keinem fursten, graven, freyherr ... in keinen wegen verlehenet, mit glöbden, eyden oder diensten ... verbunden sein
    1533 SchlettstStR. 954
  • wann aber sonst geistliche oder weltliche fürsten, auch gefürstete prälaten und grafen ihre lehen und regalia empfahen
    1550 Lünig,CJFeud. I 109
  • die rittermäßige lehen, so durch die grafen und herren diß lands ... verliehen werden
    1550 Walther,Tract. I 21
  • als wir ... an die ... preläten, graffen, herren, ritterschaft und adel ... zu ringerung unsers anererbten schuldenlasts ain ... hülff begert
    1557 BairFreibf. 157
  • de koͤninck mach sick aver syn gantze ryke uthnoͤmen manne unde nemen se tho schepe, in welcker he wil ... de hertoch oͤverst in sinem hertochdome unde andere des koͤninges kinder edder fruͤnde edder graven, de moͤgen ane uth erem egen lehne effte herrschop nene manne nemen
    1593 JütLow.3 III 8 § 1f.
  • die graven, herrn und hofjunkhern sampt anderm unserm hofgesündt
    1614 Württemberg/Kern,HofO. II 145
  • dass man in den kleidern und trachten auch die herrschaft vor den dienstbothen, die edlen, ja grafen und herrenstandtspersonen von gemainen und privatpersonen nicht zu unterscheiden weiss
    1654 Ödenburg/MHungJurHist. V 2 S. 244
  • daß niemant, es sein lantherrn, grafen, rütter und knecht ... des gottshauß leut in stötten und auf märkten ... aufhalten soll
    1655 NÖsterr./ÖW. VII 862
  • vil stand und graffen dess reichs haben des Rudolphs wahl nicht gern gesehen
    1685 Prugger,Chr. [im Druck ohne Seitenangabe]
IV
Gildemeister, Vorsteher der Tuchhalle
vgl. Marktgraf
  • en bastaert en mach geen grave zijn, noch guldebroeder, noch segeleer, noch inbrenger voor die gulde
    1755 CoutLooz III 618
-- Zunftvorsteher
V Zigeunergraf
  • ghegeven den grave van den kleyne egipteneers, omme dat hy zyn volck soude doen vertrecken ende ruminghe doen uut der stede ... 6 ℔
    1454 Stallaert I 533
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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