Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): jehen
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ahd. jehan, mhd. jehen, über die mittelhochdeutsche und frühneuhochdeutsche Zeit hinaus nur vereinzelt in Mundarten bezeugt; as. gehan, mnd. gén; afries. ja (vgl. Steller,Altfr. Grammatik § 8 Anm. 6), starkes Verb (das Mittelniederdeutsche kennt schwaches Präteritum güde: Lasch,MndGr. § 426 Anmerkung 2; im Mittelniederländischen ist das Verb zur schwachen Flexion übergegangen: MnlWB. II 1948). - Anlautendes j- zu ahd., mhd. 1. - 3. sg. g- Braune,AhdGr.5 § 116 Anm. 1; Paul,MhdGR.15 § 63, Anm. - Die altsächsischen Formen 1. Singular Präsens (iu)giuhu, iuhu (Gallée,Vorstud. 90) sind aus einer kontrahierten Form jiu aus gihu zu erklären, an die ein Schreiber die alte Endung -hu wieder angefügt hat: Gallée,As. Gramm.2 § 249 Anm. - Als Lehnwort in romanischen Sprachen: Meyer-Lübke3 (1930) 373. - Etymologie zur indogermanischen Wurzel *iek- "sprechen": Walde-Pokorny I 204
- 1781 Scherz-Oberlin 725f.
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- Brinckmeier I 1068
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- Combridge,Tristan2 160
- DWB. IV 2 Sp. 2298
- Lexer I 1477
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- Lexer III Nachtr. 262
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- Lexer,Kärnt. 151
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- MhdWB. I 512
- MnlWB. II 1944
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- Scherz-Oberlin 738
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- Schiller-Lübben II 56
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- Schiller-Lübben VI 136
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- Schmeller2 I 1205
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- Schöpf,TirolId. 293
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- SchwäbWB. IV 92
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- SchwäbWB. VI Nachtr. 2241
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- SchweizId. III 5
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I 1
allgemein: sagen, aussagen, sprechen
vgl.
keden (I)
- des dîn [des Verleumders] munt dâ giht des sin wir lidic unde frînach 1291 alemannisch/Reinfried V. 5264
- auch ander unrecht hör ich in jechenum 1469 HistVolksl.(Lilienc.) I 560
- [bezahlt ein Mann eine gekaufte Sache zum Teil] und gicht er wöll fur das ubrig purg setzen1484 NÖsterr./ÖW. IX 785Faksimile (ca. 47 KB)
- ich will euch [Richter] lop und dank jehen15. Jh. Keller,Fastnsp. I 312
- daz man iedem wol schol jehen [solange das Gegenteil nicht von ihm erwiesen]15. Jh. Wittenweiler,Ring(Wießner) 2830
I 2
bestätigen, anerkennen (gewöhnlich mit Genitiv der Sache)
- daz [der herre] im [Eigenmann] sînes rehtens jæheum 1275 Dsp.(Eckh.) 36 § 2
- dez si paid [Spieler] iehent ze gewinne und ze flust1278/96 WienStRb. Art. 52Faksimile (ca. 190 KB)
- ich ... gien oͮch, dz ich dz getan han dur pette der vorgnanden1326 FRBern. V 497Faksimile - digitalisiert im Rahmen von e-rara.ch
- alle de ene [den Brief] seen edder horen lesen, de scholen des bekennen und ghen15. Jh. Theoph. 289
I 3
behaupten
- daz mine maier A. und D. von V., ... ir swester und alle ir mage ansprachen und jahen, si waeren ir aigen1282 MGConst. III 557Faksimile - digitalisiert im Rahmen des Projekts dMGH
- das er sein [weinzehents] jach ze lehen von ander herschaft1323 SPöltenUB. I 269Faksimile - in Google Books
- daz der vogt gejecht, ihm seye der R. 500 mark gefallen umb ain pene1332 Foffa 34
I 4
bekennen (insbesondere Sünden)
- ik giuhu goda ... allero minero sundiono9. Jh. altsächsische Beichte/KlAhdSprDm. 318Faksimile - digitalisiert von der ULB Düsseldorf
- vnde also mih lustet, so iího ih ímo10./11. Jh. Notker(Sehrt-Starck) III 1 S. 143
- fateor ... gihuoJ. AhdGl. I 158Faksimile - digitalisiert von der ULB Düsseldorf
- Gallée,Vorstud. 90
I 5 a
zum Dienst- oder Lehnherrn
- gein den di an chunig L. iahen nach der unsern clage1325 Kurz,Fried.d.Sch. 492
- der ain dienstmann gilt gicht der manschaft von einem gfursten herren, der ander gicht ir von einem andern herren1328 Ruprecht(Claußen) 214
I 5 b
zum Leibherrn
- das er [Leibeigener] des [heischenden] herren ieheum 1300 BernStR. I 7
- die lewt ..., die an das closter vellen vnd daran jehen1431 Spieß,Neb. I 28
I 5 c
übertragen auf Christus
- daz wir im dienstes iehin, zerehtim herren gerne habin, siniv gebot mit willen stabin1293 Langenstein,Martina 80 V. 64
I 6
jehen auf etwas etwas beanspruchen
- daz div nihtes niht rehtes nach minem tode auf daz guet ... shulen iehen1274 CDAustrFris. I 325
- vnd giht man daz gůt von einem dienest manum 1275 Schwsp.(L.) LR. Art. 207 bFaksimile (ca. 234 KB)
- vür aller diu reht, der er iahet, daz er si haben scholt1290 MBoica XI 261Faksimile - in Google Books
- umb den bu der burg ze W., der er gicht ze lehen von dem gotzhus von K.1299 Mohr,Cod. II 146Faksimile - digitalisiert im Rahmen von "austrian literature online (ALO)"
- Iaech iemant erbschaft oder leipgeding auf ein gůtBairLR.(Schlosser/Schwab) Art. 182
- daz wir ... darauf chains rechtens gehen1384 HeiligenkreuzUB. II 368
- wer aber nit reht darauf [alte weg, wasserrünst oder alte risen] gicht und unpillich nützt, der ist komen umb ij ℔ auf genad1474 Tirol/ÖW. V 442Faksimile (ca. 36 KB)
I 7
jemandem seine Stimme geben
I 8 a
bei der Verlobung
I 8 b
bei der Trauung
- daz ir ... ze kirchen ir geruochet jehen ... der ê nach christenlichem siteum 1210 GottfrStraßb.(Ranke) V. 1631
II 1
rügen
II 2 a
allgemein: Erklärung abgeben, behaupten
vgl.
jehen (I 3),
jehen (II 2 c)
- nu hia [Mutter und Verwandte eines Postumus] there berde iath thet hiu ther were2. Hälfte 11. Jh. (Hs. 15./16. Jh.) WestfriesSchulzenr. 27
- als der christ gicht er hab ims [dem Juden das Pfand] vorseczetum 1330 BrünnRQ. 368Faksimile (ca. 236 KB)
- hoͤre einer [ein geziuge], was der ander giht, er mag im wol nâch jehen1337 Ammenh. V. 5184
- gicht ... der crist, er hat dem juden nicht gehaizen zu dem pfant2. Hälfte 14. Jh. RegensbFriedg. 83Faksimile - digitalisiert vom Münchener Digitalisierungszentrum (MDZ)
II 2 b
eines Erbes jehen vor Gericht eidlich erhärten, daß der in einer Zivilsache Beklagte in der Stadt Mainz Grundbesitz hat
- enwolle man dem nit glauben, der eime erbes gicht, so musste ein ander dem furwerter erbes jenhen als recht ist1427 MainzGFormel 15
II 2 c α
strafrechtlich
- sô ... ih scúldo geiáhe10./11. Jh. Notker(Sehrt-Starck) I 1 S. 38
- [der diep] sol laugen oder gehen der worte die man hin zv im sprichet1294 NürnbHGO. 247Faksimile - in Google Books
- umb swelherley ainer angesprochen wirt, der sol umb die selben ansprach laugen oder iehenBairLR.(Schlosser/Schwab) Art. 251
- jehe er [Mörder] is [schaich und mort] yme [cleger], er neme is mit urkunde na des lands rechtevor 1350 Bacharach/GrW. II 213Faksimile (ca. 210 KB)
- jiet er abir die worte und wil er nit leucken1444 MainzKämmW. 39Faksimile - in Google Books
- desse dre ... heft dar oppe [deverye] ghudet1515 KielVarb. 70Faksimile (ca. 40 KB)
- vnd solten des [Münzfälschung] laugen oder iechennoJ. RegensbFriedg. 85Faksimile - digitalisiert vom Münchener Digitalisierungszentrum (MDZ)
- [wird ein Mann der Notzucht beschuldigt] wili hi ia, sa betere hiri mith fullere boteoJ. Richth. 69Faksimile (ca. 154 KB)
II 2 c β
bürgerlich-rechtlich
- ief ma ther ange skelda in askath, wollath hi ian, so sken hia tha ielda2. Hälfte 11. Jh. (Hs. 15./16. Jh.) WestfriesSchulzenr. 34
- schol ein man dem andern gelten, und gicht im dez geltes nicht envollen1278/98 WienStRb. Art. 8Faksimile (ca. 196 KB)
- und gicht, er well im daz gůt gern gebenvor 1340 MünchenStR.(Dirr) 324Faksimile (ca. 37 KB)
- vnd [die Witwe] soll denne für geriht ghon vnd da [um die Schulden des verstorbenen Mannes] laugnen oder jehenum 1570 LaufenburgStR. 201Faksimile - digitalisiert im Rahmen der "Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen online"
II 2 c γ
sich zum Wort des Fürsprechen bekennen
- de richtere scal immer den man vragen, of he an sines vorspreken wort je1224/35 Ssp.(Eckh.2)LR. I 62 § 7
- ob er sinz fúrsprechen wort welle iehenum 1275 Schwsp.(L.) LR. Art. 93 (S. 49)Faksimile (ca. 228 KB)
- daz ienre an sin wort nicht eniehetum 1300 FreibergStR. 31 § 23
- thet hi ... and min word iechum 1300 Hunsingo/Richth. 341Faksimile (ca. 178 KB)
- in iegelicher rede sol der herre den man vragin, ob er an des vorsprechin wort jehe14. Jh. GörlitzLehnR. 26 § 43
- wollen si des an mein wort jechen, ich dank genaden und dem rechten1400 Zycha,BöhmBgr. II 317
II 3
vor Zeugen, Schöffen und so weiter
- sprichet er aber, daz er under drisig iaren si, unde iehent das die burger niht, daz sol stan an sinem eide1291 SchaffhRbf. 37Faksimile - digitalisiert vom Münchener Digitalisierungszentrum (MDZ)
- das wir ... bekennen und jehend des offenlich von der zuesprüch und mißhellung wegen, so wir ... zu den ... von B. haben gehebt1542 Tirol/ÖW. IV 75Faksimile (ca. 50 KB)
- es könten die ... examinatores ... mit wahrheitsgrundt jahen ... daß ... sie [Hexeninquisitin] ... in aller güte erinnert1629 SchlettstStR. 664Faksimile (ca. 80 KB)
II 4
mit Genitiv der Sache: zusprechen, zuerkennen
- eô iího íh óuh tír dés dáz tû éiscôst10./11. Jh. Notker(Sehrt-Starck) I 1 S. 66
II 4 a
insbesondere den Sieg im gerichtlichen Zweikampf; auch übertragen auf den allegorischen Kampf der Tugenden
- die kenphen tragent crone niht von reht, ê man in sigis giht1293 Langenstein,Martina 23 c V. 62
III 1 a α
mit Akkusativ der Person: sich klageweise an jemanden wenden (auch übertragen)
- des endarftû an mich niht jehen1180/85 Hartmann,Kl.(Wolff) S. 35 V. 645
- daz sein [des Grafen] richter ... hintz allen, die an in iehent in der Dorfrik, richte14. Jh. MittSalzbLk. 74 (1934) 8
III 1 b α
etwas von jemandem aussagen
- den erbern läuten ... auf die seu geiechen habent, der daz guet sei1278/96 WienStRb. Art. 49Faksimile (ca. 165 KB)
- man ... sal vregen den uf den he [der beim Ausgeben von Falschgeld Ergriffene] geiehen hat, ab he im di pfenninge gegeben habeum 1300 FreibergStR. 38 § 3
III 1 b β
jemanden als Leibeigenen beanspruchen
- swer och in der stat burchrecht enpfaehet ..., da sol niemen auf iehen fůrbaz, daz er sin aigen si1294 MWittelsb. II 47Faksimile - digitalisiert vom Münchener Digitalisierungszentrum (MDZ)
III 1 b γ
befragen?
- [die Priester lassen Joseph holen und befragen ihn, wie es zu erklären sei, daß Maria guter Hoffnung sei:] wir wellen ûf dich selben jehen, mit welher rede daz geschach, daz sie [Maria] manegen man versprachum 1210 Konr.v.Fußesbr. 546
III 1 d β
als Dienstherrn
- ander liute sol er im spehen die sîn ze herren wellen jehenum 1210 Wirnt,Wigalois(Kapteyn) V. 10191
III 2 a α
zu
jehen (I 2)
- wir scheffenen van G. ... geyn ind bekennen alle dyse voirss. voirwerden voir uns sym gescheyt1344 SGereonUB. 377Faksimile - digitalisiert von der ULB Düsseldorf
III 2 a β
- ifft se [Schatzgräberin] vorder wes ghuden und bekennen wolde1428 HildeshUB. IV 81Faksimile - digitalisiert von der ULB Düsseldorf
III 2 b
jehen (II 2 c) und besachen
- jef thi deken anne mon fortaskie buta tha ethswora wrogenga ..., sa ne thor hi noder jan iefta biseka [Wenn der Dekan einen Mann ohne die Rüge des Sendgeschworenen ... vor Gericht lädt, so braucht dieser weder zu gestehen noch zu leugnen]1. Hälfte 15. Jh. FivelgoR. 64
- ac ieuer en dolch is [and] ma thes ieth antes dad deles bisecht, sa moeth thi erua nima sine thredda knia and leda sa tueleuasum to tha withem, thet mith him swere tho te londes riuchteoJ. EmsingC. 65
- sa hwer sa thi bon ena monne bitegath enere clagi, and ther nen onsprake ne stont, sa mire dwa hwedder sare wili, ia tha bisekaoJ. Richth. 121Faksimile (ca. 159 KB)
III 2 c
jehen (II 2 c) und leien
- des A. gegiedt end gelijdt heeft, dat sal hij wedden end gelden16. Jh. Stallaert I 517Faksimile - digitalisiert von der Universitäts- und Landesbibliothek Münster
III 2 d
jehen und leihen versprechen und verleihen
- daz er [Gott] giht und och lihet genade und der niht verzihet1293 Langenstein,Martina 198 V. 91
III 2 e
jehen (II 2 c) und (oder) leugnen
- des sal he [Beklagter] ume [Kläger] antwedir gie edir lokine1230/50 MühlhsnStR. 624Faksimile - digitalisiert im Rahmen von UrMEL
- umme sogetan ansprache, als B.H.s kint zů dem von N. [und anderen] ... hant, des suln sie jehen oder logen mit dem aide1293 EßlingenUB. I 103
- und sol denne umb die ansprach ... jechen oder lougnen1299 Mohr,Cod. II 147Faksimile - digitalisiert im Rahmen von "austrian literature online (ALO)"
- ist abir, daz der wirt vorkumit, wes in der gast schuldiget, des muz he im ... iehen oder loikenenum 1300 FreibergStR. III § 1
- vnnd da scholl man ir iehen oder laugen vernemen2. Hälfte 14. Jh. (Hs.) BambStR. 38Faksimile - in Google Books
- so sol er [antwurter] den anchlager an den rechten jehen oder laẅgnen1424 LandshutStR. 198Faksimile (ca. 210 KB)
- 1465 NÖsterr./ÖW. VIII 443
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III 2 f
jehen (I 2) und sprechen
- alse ... unsir liebe mage jehen und sprechen1329 Würdtwein,Subs. IV 241