Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Kammergut

Kammergut

I bewegliches und unbewegliches Gut eines Landesherrn, das bzw. dessen Erträge (Abgaben und Erträgnisse aus Domänen) in erster Linie zur Bestreitung der Ausgaben für fürstliche Hofhaltungen, aber auch für besondere Staatsbedürfnisse dient; Rechtsnatur in der staatsrechtlichen Literatur des 18. u. 19. Jh. umstritten
bdv.: Domäne, Tafelgut

I 1 Erklärungen in der älteren Literatur beziehungsweise Legaldefinitionen
  • cammer-, cron- oder tafel güter, welche zur unterhaltung des fürsten, oder der obrigkeit von dem staat ... in ansehung ihrer nutzniessung gewiedmet sind
    1727 Leu,EidgR. II 18
  • cammer-guͤther sind die zum unterhalt des fuͤrsten und bestreitung dessen ausgaben bestimmeten guͤther
    1755 Hellfeld II 815
  • domainen, oder cammerguͤter des regenten, welche die aͤlteste art des unterhalts vor die koͤnigliche wuͤrde sind; und es ist sehr zu vermuthen, daß die cammerguͤter in solchen reichen, die sich ohne große veraͤnderungen in ihren regierungsformen bis hierher erhalten haben, auf eine aͤhnliche art, wie mit der roͤmischen republik geschehen ist, der obersten gewalt im staate zugetheilet worden sind
    1758 v.Justi,Staatsw. I 416f.
  • die cammerguͤter oder domainen, welche ... der republik unmittelbar zugehoͤren, und von derselben zu bestreitung des zu der regierung erforderlichen aufwandes vornehmlich bestimmet sind
    1758 v.Justi,Staatsw. II 97
  • fiscus [war] das kaiserliche kammergut, welches zur unterhaltung des hofs, der staatsbedienten, und zum freyen kaiserlichen gebrauch bestimmt war
    1785 Fischer,KamPolR. II 317
  • kammer-gut, ein dem landesherren zum behuf seines hof-states, seiner tafel, usf. gehoͤriges gut, welches unter der aufsicht seiner finanz- und domaͤnen-kammer steht
    1785 Krünitz,Enzykl. 33 S. 321
  • einzelne grundstücke, gefälle und rechte, deren ausschließende benutzung dem oberhaupte desselben zukommt, werden domainen- oder kammergüter genannt
    1794 PreußALR. II 14 § 11
  • zwischen staats- und privateigenthum in der mitte stehen die kammergüter teutscher fürsten; ... ihre ursprüngliche eigenschaft eines privateigenthums der regierenden familie haben sie durch entstehung der landeshoheit so wenig verlohren, dass vielmehr die reichsgesetze diese qualität ausdrücklich anerkannt haben
    1804 Gönner,StaatsR. 756
  • doch sind diese kammergüter nicht blos zum unterhalt des regenten, seiner familie und seines hofstaats bestimmt, sondern auch ... für eigentliche landeslasten zu einem theile verhaftet
    1804 Gönner,StaatsR. 758
I 2
"Reichskammergut" beziehungsweise Hausgut des Kaisers und Königs (auch als Territorial- oder Landesherr)
  • das sein k.g. hoch ... ausgeben ... getan hat ... von seinem kamergut 
    1462 WienCopeyBuch 328
  • nachdem das vnser [Kaiser] camergut beruret
    1478 KanzlBKFriedr. 118
  • [Kaiser Friedrich III. rügt, daß die Kaufleute nicht über Triest fahren] nachdem wir dadurch an unnserm kamergut abgang haben
    1489 Schwind-Dopsch 418
  • daz uns an unserm camergut ichts abgieng
    1498 Fellner-Kretschmayr II 34
  • damit ... dieselben zu nutz unserem kammerguet ... gepawt ... werden
    1517 MaxBO. Einl.
  • wöllen wir [Maximilian I.] hinfür alle parteihändel, die betreffen ... forderungen zu unserm camergut ..., durch ... unsern hofrath handlen
    1518 Fellner-Kretschmayr II 85
  • sollicher schad [Wasserschaden] der römischen königlichen majestat ... zue schmelerung ... irer majestat cammerguets raicht
    1544 JbVorarlb. 41 (1902/03) 170
  • mir und meinen gewerkhen zu guet und koniglicher majestet kammerguet zu mehren
    1547 Zycha,BöhmBgr. II 506
  • sowohl bey den landtleutten und derselben undterthonen alß sonst bey denen, so ihrer mt. camergüettern zuegethon sein
    1590 Schwanser 38b
  • wie schwehr, ja schier vnerschwinglich, vnß, dem heil. reich, vnsern koͤnigreichen, erblanden, aignen gefellen, vnd cammerguͤettern, die yberaus große verlag, puͤrde vnd last dieses offnen [Türken-] kriegs zusezt
    1595 Mader,ReichsrMag. I 588
  • der kays. zehend- und kammergut 
    1619 Joachimsthal/Span,Bergurthel 102
  • sind ... juden aus der stadt gezogen; ihre häuser ... als des reichs cammergüter, hat k.m. dem raht ... verkauft
    1668 Fugger,Ehrensp. 1108
  • die kaysere in den provintzen ihre cammer- und taffel-guͤther hatten
    1747 Lehmann,PfälzUrk. I 414
  • die pfalzgrafen waren denen herzogen bey abwesenheit des kaysers, in jedem ducatu zur seite, und besorgeten des kaysers cammer-guͤter, auch die darzu gehoͤrigen vasallen und unterthanen
    1775 Moser,Beitr. 296
  • laͤnder und einkuͤnfte gnug ..., die der teutschen krone als ihre cammerguͤter zu gute kamen
    1777 Pütter,BeitrStaatsR. I 45
  • die rechte der kaiser in ihren bannfoͤrsten, welche zu kammerguͤtern gehoͤrten
    1783 Krünitz,Enzykl. 28 S. 185
I 3 in landesfürstlichen Territorien

I 3 a in weltlichen Territorien
  • wer hintz kamer gelten sol, und des laugent, wann man es an in vodert, das pringt ain ieder hausgenoss wol mit seinem schreiber. gicht aber der antwarter, er hab des kamerguet gewert, und das der hausgenoss des laugnet, das pringt der antwurter wol mit zwain ietzlichen pider erber mannen, als recht ist, darnach und des gelts ist, ist des gelts uber dren pfand oder herhinder
    14. Jh. WienStRb. Art. 36
  • fuert ain man kamerguet auf ainem wegsel und wirt beraubt auf der strass ..., der gilt des kamerguet nicht
    14. Jh. WienStRb. Art. 37
  • den zehenden gulden gr. und 1 hl. davon, der gebühret den fürsten zu ihrem zehenden oder cammergutt 
    um 1509 Wutke,SchlesBergb. I 164
  • ire kurfürstl. u. herzogl. gnaden befinden, daß sie solchs ... von iren einkommen und kammergut nit ... erhalten mogen
    1514 ErnestLTA. 10 1
  • was efg. bei bevorstehendem landtag dero hocherschöpftem cammerguetz halben ... proponieren lassen möchten
    1606 WürtLTA.2 II 511
  • inselnanschuͤtten in den wasserstroͤmen gehoͤren nicht den anstossenden unterthanen, sondern der landes-herrschaft als ein kammergut 
    1608? RepStaatsVerwBaiern II2 80
  • die verring- und verschmaͤlerung e.l. cammer-guͤter 
    1620 Moser,Hofr. II Beil. 8
  • 1708 Weber,SachsKR. I 1 S. 371 Anm.
  • 1768 MöserGesStaat 81
  • [bei der anlegung eines neuen wegs oder eines damms oder einer neuen gattung von wege] hat der landesherr die unkosten nicht allein aus seinem kammergute vorzuschießen
    1785 Fischer,KamPolR. II 407 [ebd. 361]
  • geheimes ministerial-finanz-departement. diesem gebühret der vortrag, die obere aufsicht und leitung über ... die landesfürstliche kammergüter 
    1802 PfalzbairHofKal. 58
  • 1802 Runde,Beitr. II 439
  • [der landesherr suchet] seine kamerguͤter zu vermehren
    1802 v.Berg,PolR. I 157
  • verbot der veraͤußerung der staats- und kammer-guͤter 
    1804 RepStaatsVerwBaiern I2 73
  • 1805 Sachsen/v.Carlowitz,RiPferdsgeld 74 Anm.
  • 1808 Hormayr,SüddArch. II 61
  • das staatswirthschafts- und domainen-departement ... fuͤhrt die oberaufsicht ... auf die landesherrlichen kamerguͤter 
    1809 SammlBadStBl. I 176
  • 1811 Sachsen/v.Erffa,Steuern 28
  • was zur bedeckung der staatsbedürfnisse bestimmt ist, als: ... kammergüter ... wird das staatsvermögen genannt
    1812 ÖstABGB. § 287
  • 1815 GoetheBrfwVoigt IV 128
  • es war durch ganz Deutschland allgemeine regel, dass der landesherr den staatsaufwand aus seinen kammergütern zu bestreiten habe
    1816 Botzenhart,Frhr.v.Stein V 347
  • 1816 Württemberg/Pölitz,Verf. I 1 S. 372
  • verwaltung ... der zum kammergut gehoͤrigen domainen und rechte
    1823 Reyscher,Ges. XVIII 167
I 3 b in geistlichen Territorien
  • solle ... sich [der Bergbau Treibende] der freyhait, der wir uns mit unsern gewerckhen ... wegen unsers fuͤrstlichen cammerguts, in fron und wechsel vergleichen ... gemaͤß halten
    1532 SalzbBergO./Lori,BairBergr. 273
  • das kammer-guth hat dieser ertz-bischoff treflich verbessert ... in dem er ... ein urbars beschreibung vorgenommen
    1666 SalzbChr. 273
  • rüegt man unserm ersten herrn als landsfürsten alle schwarzwald, alle rain, alle fürsäm, alle gemain für ein freies cammerguet 
    17. Jh. Salzburg/ÖW. I 113
II städtisches Gut?
  • von gemainer stat camerguet oder ainem yeden burger zu St., der den salltzhandl treiben will
    1509 StraubingUB. 478
  • weilen dann auch die große quantität der officierer dem cammer-gute sehr laͤstig fiele
    1687 HambGSamml. IX 218
  • ein, dem gemeinen cammer-guthe eigenthuͤmlich ohnstreitig zugehoͤriges, pertinens
    1744 HambGSamml. X 96
III
"(meist kleiner), vom 'Kammerer' verwalteter Fond, dergleichen die 'Classen (capitel)' der Züricher Geistlichkeit" SchweizId. II 549

unter Ausschluss der Schreibform(en):
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