Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Kanzelbuße
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Kanzelbuße
Bußleistung an die Kanzel (A), auch durch den Pfarrer von der Kanzel bekanntgemachte Bußleistung, in späterer Zeit oft Abgeltung durch Geldbuße; abgeschwächte Form der Kirchbuße
- diejenigen, so wider das sechste gebot gesuͤndiget, und desfalls von der offenbaren kirchen- oder kanzelbuße befreiet zu werden verlangen, die hieruͤber benoͤthigten respectiven dispensationen, concessionen zur hauscopulation und befreiungen von der offenbaren kirchenbuße bei uns [Kg. Friedr. IV.] immediate allerunterthänigst erbitten1729 SystSammlSchleswH. I 30Faksimile - digitalisiert von der Staatsbibliothek zu Berlin - PK
- hufner N.N. ... und N.N. ... haben sich an einem sonntag in der kirche ... geschlagen, brüchen also desfals, weil sie außerdem cantzel-buße und abbitte gethan haben, ein jeder 24 schilling1740 Nerong,Willk. 103 Anm.
- vordem wurden diejenigen, die sich der gotteslaͤsterung, verspottung und verachtung des oͤffentlichen gottesdienstes und des abendmahls, der hurerey, des ehebruchs, und anderer grober laster schuldig gemacht, erst nach oͤffentlicher kirchen- oder canzelbusse zum abendmahl hinzugelassen1776 W.Chr. Matthiä, Beschreibung d. Kirchenverfassung in d. Herzogthümern Schleswig u. Holstein I (Flensburg 1776) 136
- vordem mußten auch verehelichte, die den beyschlaf anticipirt, so daß die frau entweder vor der copulation, oder vor der 18ten woche nach derselben niederkam, außer einer civilbruͤcht von 6 reichsthalern, eine kirchendisciplin, die die kanzelbuße hieß, leiden. diese bestand darin, daß der prediger nach geendigter predigt, auf der kanzel, doch ohne benennung der personen, in ihrem namen der gemeine wegen dieses fehltritts abbitte that. auch dieses ist durch die angefuͤhrte verordnung vom jahr 1767 aufgehoben, und eheleute, die sich in diesem falle befinden, sind nur schuldig, der kirche ihres orts, statt der kanzelbuße, 2 reichsthaler zu erlegen1786 W.Chr. Matthiä, Beschreibung d. Kirchenverfassung in d. Herzogthümern Schleswig u. Holstein II (Flensburg 1786) 61
- vorgeschrieben, daß von denen, die oͤffentliche kirchen- oder kanzelbuße gethan hatten, ein register unter der benennung des deprecantenregisters gehalten ward, darin ihre namen, ihr versehen, und der tag, an dem sie sich dieser kirchendisciplin unterworfen hatten, aufgezeichnet wurden1786 W.Chr. Matthiä, Beschreibung d. Kirchenverfassung in d. Herzogthümern Schleswig u. Holstein II (Flensburg 1786) 61
- in einigen gegenden Holsteins wird boot (oͤffentliche) von der kanzelboot unterschieden. bei jener tritt der schwaͤngerer mit der geschwaͤngerten vor dem altar, wo sie knien. der pastor haͤlt eine rede an die suͤnder, und sagt, daß sie der gemeine wegen des gegebenen aergernisses abbitten. die kirchenbusse ist abgeschaft und statt deren wird dem prediger ein gewisser kontingent bezahlt, wofuͤr er den suͤnder wieder zum abendmahle zulaͤßt, dies sollte eben so wenig als alle dispensationen von strafen fuͤr geld statt haben ... die oͤffentliche kanzelbusse ist minder schimpflich als diese, indem blos von der kanzel ohne persoͤnliche darstellung gebotet wird1800 Schütze,HolstId. I 133f.