Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): kanzel(l)ieren

kanzel(l)ieren

etymologisch zu Kanzlei 
Sachhinweis: DiefenbGl. 94; Lexer I 1511, III Nachtr. 266; Mackensen,DWB.4 483; Lasch-Borchling II 515; SchwäbWB. IV 198f.; SchweizId. III 378; Stallaert II 36; MnlWB. III 1161f.

I durch Ausstreichen ungültig machen, tilgen [urspr. = ein Liniengitter darüberziehen; vgl. lat. cancelli = Schranken]
  • wy hebben geseyn breyue bysschopp Engelbert ... warhafftych nycht cancellert ... jnd warhafftyghe segele
    1286/? Seibertz,UB. III 462
  • hain wir verdragen, dat wir brůder verdeynt, de nu sint of hernamayls komen solin, engeyn der půnt, de in deisme buge [Satzungsbuch d. Gewandschneider] geschreven steynt, usdoin en solin noch kanzellerin noch ouch engeyn půnt in datselve büch sezzen en solin
    1344 KölnZftUrk. I 68
  • sal dese brief ... daer niet mede ghemenret noch ghecanceleert wesen ..., hij en sal ummer in alle sijnre volkoomender macht wesen
    1377 Gelderland III 1162
  • welke cancellier [v. Brabant] heyten ende bevele desselfs ons genadichs heeren, ... den voirseiden brief tot hemwaert nemende, sneet hem den seghel af, sneeten voirt, sceirden ende cancelleerden in stucken, ende vernyelden geheelic ende altemael, in presentien ende in jeghenwoirdicheit ... enz
    1411 Stallaert II 36
  • sy [hätten] eyn besiegelt brieff uber denselben kinlich gemacht, wie man iz halden sulle. derselbe brieff sy nach der hant gekanczelert warden; do sin sie aber nit bygewest
    1428 Erler,Ingelh. III 183
  • were ok welk van ritterschoppen vnd steden in dessem breue, desser vnser gutliker vereyninge ghesat vnd ghescreuen in guder meininghe vnd desses doch myt vns nicht volgen effte holden enwolde, den solde men cancelleren vnd ouer synen namen stryken
    1437 Seibertz,UB. III 91
  • unse herren [städt. Räte] haint bevoilen, alle verdrach, sij tuschen dem hoedemecherampte ind J.V. gemacht ind verdragen haint, uiszodoin ind zo cancelleren 
    1444 KölnZftUrk. II 288
  • sprechen wir zum rechten: diwile / solich bapier, dar of die ... viere rechenmeistere sich ziegen, ein tode und ein cancellert schrift ist, und sich auch uß derselben cancellert schrift erfindet, das sich die selbe somme, vierhundert gulden minner zwene gulden, in dem selben bapier von einer sommen zu der andern / zu rechenen
    1450 MainzChr. I 282
  • in der geschrifft nit concellieret noch radieret
    1466 SchwäbWB. IV 198
  • eftme namals jenighen artikel wolde ghanß affdhon, datme den nicht schal delgen effte canzelleren; den me schal darneffen scrifen, datme vth orsake densuluen heft vornichtiget
    1497 Bilderhandschrift zu HambStR. (1917) 81
  • hei ... kunne ... bewijsen, dat sulch transfixbrief ... mit wijst ind consente unser herren v.r. cancelliert ind afgedain sij
    1497 KölnZftUrk. II 475
  • der brief wart vur ougen des keisers cancelliert ind durchsneden
    1499 MainzChr. III 868
  • das die ... rechenmeister haben uß dem perment und nit uß dem bapier gerechent; ... so si auch soliche schrift, dar of die rechenmeister sich ziehen, eine tode und ein gecancellert schrift
    15. Jh. MainzChr. I 282
  • haben wir [Bürgermeister u. Rat] ... dieselben gesetzten ... widerrůfft, abgetan und in dem rechtbuͤch cantzellirt und usgestrichen und daruff ain besser gesetzt und recht uffgesetzt
    um 1500 RottweilStR. Art. 248 (S. 189)
  • [aus Reichsnotariatsordnung:] soll ... die protocoll, ob gleich die parteien, so darin gehandelt hätten, das verwilligten oder solche handlungvor ungeschehen und nichtig haben ... begehren wolten, nicht sollen ausgetilgt, vernichtet oder cancellirt werden anders, dann daß solche schrift leslich stehen bleibe
    1512 QNPrivatR. II 1 S. 97
  • den cancellierden brieff becrefftiget wolt hebben
    16. Jh. BeitrEssen 48 (1930) 177 Anm. 30
  • da ettwan ain satzung durch hingang der lewte und zeiten -- aine dahinden von newem gemacht und eingeschrieben, aber dennocht davornen nit bewegen, cancelliert, abgetan, noch durchgestrichen
    16. Jh. A. Birlinger, Die Sprache des Rotweiler Stadtrechtes 53/MSB. 1865, 2 Anh. 53
  • die schuldbrieffen, als auch alle anderen verschrybungen, vmb welche die ansprechenden an gaͤltstagen bezalt vnd vergnuͤgt wurden, soͤllen durch den grichtschryber cantzelliert vnd durch gethan werden, damit hernach kein ferner gesuͤch noch forderung mit denselbigen beschechen koͤnne
    1616 WaadtStat. 572
  • der alte brieff vffgelegt, vnd vor den zügen vnnd dem schryber augentz canceliert 
    1628 BernMand. XVII 17 P 27
  • kanzelliren. ... reticulatim delere, transversâ lineâ circumducere, vel conscindere, corrigere, vulgò revidere et censurare scripta concepta
    1691 Stieler 929
  • wann der schuldner den guͤlt-brief ganz abgeloͤst hat, so soll ihm derselbe, zu völliger tilgung der schuld, cancellirt herausgegeben werden
    1761 BernStR. VII 2 S. 871
  • 1812 Stalder II 85
II
ein Schriftstück entwerfen
  • saß man ob dem brief und canzellierten die baid herren ... an der antwort
    16. Jh. ZimmernChr. III 532
unter Ausschluss der Schreibform(en):