Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Liebe

Liebe

, f.

formal tw. von Lieb nicht zu unterscheiden

I Freundlichkeit, Wohlwollen, Freundschaft, auch Ehrerbietung, Verehrung, Gefälligkeit, freundliches Handeln

I 1 insb. als Kennzeichen für ein Handeln, das nicht aus einer (Rechts-) Pflicht entspringt, oft in Verbindung mit Bitte (I 2), Eintracht (I), Freundschaft (III), Glimpf (III), Gnade (III u. IV), 1Gunst (I 2), Treue 
  • die meister sprechent also die ditz lantreht bvͦch gemachet habent, dvrch der kvnege liebe, vnd den livten zenvtze
    um 1275 Schwsp.(L.) LR. Art. 73 a
  • swaz uns [abt ... convent] die ersamen purger ... durch ir triw und durch unser lieb ... ze gůt habent getan
    1297 MünchenStR.(Dirr) 53
  • men schal ere medegift vtrichten vt der were men nemoghe denne bewisen, dat he nademe ghude ghemanet hebbe vnde dat mit leue bestan let
    Ende 13. Jh. LübMndStR. 133
  • ab sine nakebur dar nicht wollen durch sine libe oder durch sine bete, daz si im helfen zu siner not
    um 1300 FreibergStR. 28 § 13
  • [wenn] ein man oder ein vrau irem chind geb ein perchtrecht zue steur oder sunst ze lieb, daz mügen seu wol getuen an des pergmaister wizzen
    um 1300 WienStRb. Art. 116
  • zu lieb und zuͥrgetzunge irs schaden und arbeit han wir in ... die gnad getan
    1315 Böhmer-Ficker 483
  • 1322 Böhmer-Ficker 490
  • sal uns ... unser ... pacht darumme nicht abegen, wir lizen en danne varn eins teils durch liebe 
    1323 FrankfUB.(Lau) II 178
  • twintech marc silveres, de deselve biscop oͮs dor leve unde gůnste hevet to borghe geleghen
    1325 HHildeshUB. IV 477
  • 1329 HHildeshUB. IV 589
  • 1337 HHildeshUB. IV 779
  • waer auch daz ein scheffman ein schef uͤberluͤd durch lons willen oder durch lieb 
    1340 MünchenStR.(Dirr) 353
  • ob der ausman dem purger ein gůt enpfor laet ân gewinn durch lieb und durch freuntschaft, daz sol man nicht verstewren
    1340 MünchenStR.(Dirr) 408
  • waer, daz ainer lich sein vih ainem durch triwe und durch lieb an lon, braecht er im daz ze schaden ..., den sol er im widercheren nach der laẃt rat, wan er ims durch recht triwe und lieb gelihen hat
    BairLR.(Schlosser/Schwab) Art. 84
  • um 1360 BremGQ.(L.) 108
  • 1380 Schiller-Lübben II 677
  • sy uns das zu lieb und wolgefallen und durch ainigkait unser selbes und unserer land und leut frid und gemach getan habent
    1401 BairFreibf. 51
  • die pfleg zu A. mit aller irer zugehörung um vierthalb tausent guldein mit lieb und gelimpfen lösen und bringen
    1408 München/Rockinger
  • der keufer hat auch ... den verkeufern ... die besonder lieb und fruntschaft gethon, das sie ... sich ... von dieser gult ... ganz ledigen ... mogen
    1446 Riedner,SpeierGeistlG. 224
  • im zu guthe unde uß besunder liebe, frunntschafft unde schiptschafft
    1474 PössneckSchSpr. I 211
  • 1480 OstfriesUB. II 133
  • die kadets ... sollen ... gehorsam, liebe und ehrerbietung gegen die maitres bezeigen
    1792 Schwarz,LausWB. I 247
I 2
in Verbindung mit Bitte (I), Furcht, Gabe (I), Leid (II 1), Leide (II 1), Lohn, Miete ua. zur Kennzeichnung der Unsachgemäßheit eines Handelns aus persönlichen Erwägungen
vgl. Lufu (I)
  • sô sprich ich bî dem eide, nieman ze liebe noch ze leide, und bî der triuwe mîn
    Anf. 13. Jh. HeinrGlichezare V. 1626
  • der richter sal swern ... das he von nimande ichein gut neme vmme kein gerichte noch durch libe, noch durch leide, noch durch bete, noch durch vorchte anders richte, wen noch rechte
    1235 MainzRLFr.(Corpus) 17
  • e daz die fvrsten [bei der Königswahl] kiesen so svln si ... swern, daz si dvrch gvͦtes miete daz in geheizen si ..., noh dvrch liebe, noch dvrch leide, noh dvrch rache, niht enweln daz geværde heize, wan als in ir gvͦt gewizzen sage
    um 1275 Schwsp.(L.) LR. Art. 130 b (S. 63)
  • waere aber, daz der man ... im sins rehten niht helfen wolte durh sinen gewalt oder durh sinen ubeln willen oder durh liebe 
    1276 AugsbStR. Art. 52 § 2
  • mvge ... der clager ... bringen er selbe sibende vnuerworfener manne dev wort, die er hin zv im gesprochen habe, daz er die niht gesprochen habe weder durch liebe noch durch laide noch durch kainer hande sache wan durch die ganzen warhait
    1294? NürnbHGO. 248
  • sweme dirre geschichte keine geschehe, der ez verswigen wolte dvͦrch bete oder dvͦrch miete oder dvͦrch liebe oder dvͦrch forchte ..., der sal die selben bezzervnge tvͦn, der ez getan hat, ob erz dri tage verswiget
    1296? MWirzib. II 154
  • ist, das er [der Geschädigte] vmb lon, vmb lieb, durch forcht ... die nicht beclagt, die da schaden thun ..., so sol er ... lx ℔ vnd dem, dem schaden ist geschehen, czbifaltig zw widerkeren
    vor 1307? Tomaschek,Trient 151
  • 1343 MBoica XII 178
  • súllent bei demselben eyde weder durch liebe, durch miete, noch durch mietewan nút sprechen denne daz reht ietweder stat
    1367 SchlettstStR. 72
  • 1376/1445 UlmRotB. Art. 192
  • se scholen sweren mit upgherichten vingheren, dat se noch dorch gave, noch dorch leve, noch dorch leit anders willen spreken wen dat ghemene beste
    1391 Schiller-Lübben II 676
  • súllent dye richtere, raͧtherren, die zunftmaister ... ainen burgermeister ... welen nyemant ze lieb noch ze layde ... under den burgern
    1392 EßlingenUB. II 338
  • 1399 Haltaus 1266
  • der richter alsopald er das gericht empfecht, so sol er swernn, das er das rechte gericht wider durch laid, noch durch lieb, noch durch forcht, noch durch gabe czu brechnn
    14. Jh. SchemnitzStR. 7
  • 1401 Erler,Ingelh. I 179
  • wer der wär, der meinem herren seinen marchstain ... ubersetzen liess ... und nicht an ein brobst pracht, es wär von voricht wegen oder durich lieb oder durich freuntschaft, der wer meinem herren ... vervallen leib und gut
    15. Jh. Steiermark/ÖW. VI 48
  • des en sel ic laten om lieve noch om lede, om maescap noch om zwagerscap, noch om anxt van mynen live noch om anxt van mynen goede, noch om geenrehande saken
    15. Jh. UtrechtRBr. I 389
  • nyeman zů lieb noch zů leyd vrteil geben
    1508 Elsass/GrW. IV 168
  • in ... raths und gerichts handlungen nit ansehen weder gabe, gunst, miedt, lieb noch leidt, freundschafft oder veinschafft
    1528 Krautheim 209
  • daß jr das nit vmb lohn, vmb bit noch liebe, haß, forcht oder sonst vmb einiges nutz willen vnderlasset noch zeugnuß saget
    TeutschForm. 1571 Bl. 61r
  • TeutschForm. 1571 Bl. 113v
  • 1575 WürzbZ. I 1 S. 83
II Zuneigung zu einer Person

II 1 geschlechtliche, eheliche Liebe
  • dye fierde geborth die heisset eyn naturlich elich gebordt, unnd die ist, wo eyn ledig man unnd eyn ledig wip, adder eyn elich man und eyn elichs wip, sich zcusammen mischen, und so doch das geschiet an alle globede von naturlicher liebe, unnd die also kinder mit eynander gewinnen, die kinder heisßen naturliche kinder noch der geborth
    1503/04 PurgoldtRb. I 38
  • mag er [Ehemann] ..., ob si [langzeitig erkrankte Ehefrau] sonst güeter hat, von denselben die notturft nemen, soverr er bezeugt, daz er die cosstung wider erfordern wölle, sonst wierdet verstanden, er hab sein darlegen aus chönlicher lieb gethon
    1528 ZeigerLRb. 322
  • [aus was vrsachen die eltern jre kinder enterben moͤgen] so die kinder mit der stiefmuter oder dem stiefuater vnzimliche lieb vnd werck getrieben hetten
    NürnbRef. 1564 XXIX 4 § 5
  • 1637 BaselRQ. I 1 S. 516
  • ist die straff [für Vergiften] leichter, ... wann man einem zu bewegung der lieb und nicht zum todt etwas beygebracht haͤtte, davon er aber gleichwol gestorben
    NÖLGO. 1656(CAustr.) 72 § 7
  • es pflegen verlobte zum zeichen einer beständigen liebe einander ringe zu schenken
    1762 Wiesand 910
II 2
elterliche Liebe
  • vatter vnd můtter ... moͤgen iunge persone, die noch nit mündiger iare syn, vmb missetat straffen, doch zimlich züchtiglich vnd messiglich nach gestalt der sach als vatterlicher liebe vnd früntschafft wol gepürt
    1499 WormsRef. VI 1, 24 § 1
  • vatter vnd můtter ... moͤgen iunge persone, die noch nit mündiger iare syn, vmb missetat straffen, doch zimlich züchtiglich vnd messiglich nach gestalt der sach als vatterlicher liebe vnd früntschafft wol gepürt
    1499 WormsRef. VI 1, 24 § 1
  • ist ... der streit unter den kindern selbst, so müssen die eltern, da zu glauben ist, daß sie zu jedem kinde gleiche liebe haben, als ganz untadelhafte zeugen gelten
    1772 Pufendorf,HannovLREntw. 137
II 3 religiös geforderte Liebe, Nächstenliebe
  • 1523 Luther(Clemen) II 393
  • ordenlichen zechenden man zů geben schuldig ist dann es ist ein üsserliche ordnung und der liebe nit entgegen
    1532 BernStR. VI 1 S. 495
III Hinneigung zu einer best. Verhaltensweise
  • eerenlüt zů eegoͤumern geordnet werden, so lieby zů rechter erberkeyt und abschüchen ab lastren tragen
    1536 BernStR. VI 1 S. 534
IV mit, durch Liebe in Güte, im Schiedsverfahren
  • so wat ghe endeghet wert mit dheme uoremunde, it si mit rechte, ofte mit minnen, ofte mit leue, dhat blift al stede
    1279 StadeStR. IV 5
  • die [Schiedsleute] sunt besůchen, obe sú die missehellung mit minnen unde mit liebi berihten mugen
    1298 FreiburgUB. II 286
  • suln diselben aht [Schiedsleute] alle sache ..., die zwischen vns vnd vnseren dieneren sint ..., mit minne vnd mit lieb verrihten
    1302 Kurz,Ottok. II 240
  • 1336 ZürichZftG. I 33
  • sol iedwedrer tail fryd geben ... bitz das die sach verricht wirt mit lieb oder mit dem rechten
    1396 MemmingenStR. 290
  • 2. Hälfte 14. Jh. MünchenStR.(Dirr) 535
  • 14. Jh. Burckhardt,Hofr. 197
  • of sie tvene up en gut spreken na deme drittegesten, jene de't under ime hevet, die ne sal't ir neneme antwerden, sie ne verenen sik mit minnen [aL.(Hss. 14./15. Jh.): leve, libe]
    SspLR. III 15 § 1
V mit Liebe lassen "unbehelligt lassen"
  • so aber dieselbigen hübner ... setzen ain mundtbotten uff solche hub ..., sollen unsere herren bey selbigem die zinß warten, und die andere alle mit lieb lassen
    1566 ArchUFrk. 23 (1875/76) 381
VI mit Liebe leben "friedlich, ohne Feindschaft leben"
VII zu Liebe werden "eine Gefälligkeit erweisen"
  • ain merklich sume gelts, die er vns schuldig ward, ausstend gült, gelihen gelt, vertrunckhen gelt, vmb tüch, zehent, vmb krawt v. andre notturft, damit wir im zu lieb wurden
    1491 Indersdorf II 174
VIII zu Liebe werden lassen "zukommen lassen"
  • 1496 SchweizId. III 988
  • dieweil u gn. herren solchen grossen ... kosten zum theil der gemein abnemen, zum theil aber gern besser anwenden wollten, da so soll die gemein ... den verwaltern ... ihre leibfäl, erschäz ... dafür desto getreuer lossen zu lieb werden
    1596 Burckhardt,Hofr. 56
IX Liebe u. Leid leiden uä. "an den Rechten und Pflichten einer Gemeinschaft teilhaben"
  • dieselben hußbecker sollen ... nicht pflichtig sin zu backen dann allein den, die mit der stat libe und leide liden
    1471 HeidelbStR. 505
  • alleyn die in unßer statt mit heußlichen weesen zu liebe und leyt geseßen
    um 1500 Worms/FrankenthalMschr. 9 (1901) 14
X Zustimmung
vgl. 1Laube (I)
  • biheldit dan di man daz guit da min uf giclagit heit, daz guit, daz da inkein gisazt is zu enir rechtin weri, daz inmac min nicht vorcophi noch virsezzi ani des mannis liebi, demi iz zu werin gisazt is
    um 1230 MühlhsnRb.2 129
  • um 1230 MühlhsnRb.2 178
XI Kennis (VI), Anerkennungsgebühr
  • wie die een huus ... cochte, dat hie was schuldich te ghevene van elken huus ... den here ... drei scheleghe vlaemscher peneghen ende nammeer als telieven iof te kennessen van die cope
    1286 CronDunis III 641
  • 1286 CronDunis III 642
XII (Anrede für eine höhergestellte) männliche Person
unter Ausschluss der Schreibform(en):
unter Ausschluss der Schreibform(en):