Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Mehr/Mehrer

Mehr

, n., Mehrer, n.

im Sinne von Mehrheit, vor allem in der Schweiz geläufig, vgl. SchweizId. IV 369ff

I Stimmenmehrheit, auch Beschluß der Mehrheit; das Mehr geben, haben, machen von einer Autoritätsperson: durch die Stimme den Ausschlag geben, das Abstimmungsergebnis feststellen
  • was vnder den gnossen das meer würd, das sol der minder teil halten
    1303? Luzern (Region)/GrW. I 168
  • 1384 BadenArgStR. 36
  • daz rate vnd gemainde sich deß erkent hetti vnd ain merz weri worden
    1395 SchrBodensee 38 (1909) 85
  • wes sich ain raut erkent oder was daz merer jn aim raut wirt, daz niemant darjn nichtz stossen ... sol
    1396 MemmingenStR. 317
  • wenn zwen unser burger ... mit ainander rechtent, was denn mit dem merren ze recht erkennt wirdt, dabi sol es beliben
    um 1455 LeutkirchStR. 102
  • 1466 SGallenOffn. II 120
  • wo aber die ... vier inn irem sprechen nit eins moͤchtent werden, ein merß ze machen
    1479 RappoltsteinUB. V 168
  • ward dis landtrecht ... von ainer ganze gmainde mit ainem volkomnen mern uffgenomen zu haltende
    1487 SGallenOffn. II 520
  • wan dan ein schulthes abkumt, so sol er einen andern darbieten, vnd wen das geschicht, dem nach sol er noch einen heissen darbieten, damit zwen hinuff gestellt werden; vnd dan sol der alt schulthes fragen vnd vnder den zwoͤyen ein merß machen
    1491 BruggStR. 65
  • 1495 Ulm/UrkSchwäbBund. I 178
  • wa aber die vrtail durch rat oder gesworn gleich taylt wurd, sol der richter das merer machen
    1499 TirolHGO. 140
  • vmb was sachen man vnder vns mit den henden samnett, das die schidung, weͣders das mere oder das minre sy, stan sol an vnsrem schultheissen, dem großenweibel vnd dem gerichtschriber
    15. Jh. BernStR. I 31
  • wenn vnder vns eydgnossen ein mers werde, ob dz selb gelten söll oder nit
    1514 EidgAbsch. III 2 S. 824
  • es sollen auch in gannzem versamblten vnnserm grossen rat, ain yede person von vnnserm stat rat in verfassung des merern zwo stym, vnd ain yeder von den achtundvierzigen nur ain stym haben
    1524 SalzbStPolO. 27
  • 1528 Fellner-Kretschmayr II 243
  • der schulthes mag mit siner volg ein mers machen in sachen, darin er zů ziten richter ist, und der grichtschriber nit
    1539 BaselRQ. I 1 S. 311
  • soll das alles in gesamptem gemeinem rath ... bey mehrerm gelassen werden
    1594 RAbsch. III 441
  • wie wir mehren sollen: wann etliche unter uns ein ungebürlich mehr anzügen ... wollten ... so soll dann solliches mehr ... nichts gelten
    1611 AbhSchweizR. II 73
  • obberührte sechs churfürsten rhät von den andern achten durch ein mehrers überstimmet und also der churfürsten vota, meynungen und authoritet dardurch zuruckgesetzt werden
    1612 RTTraktat(Rauch) 77
  • ist ... ein umbfrag geschehen, daß also durch die chur daß mehrer geweßt
    1614 WürtLändlRQ. II 111
  • wan villicht die geschwornen in jhren vrtheilen ... zerfielen, sol ... alsdan ein castlan, oder syn statthalter das mehr geben
    1616 WaadtStat. 460
  • mit einheligem mehr der ganzen geseltschaft
    1618 SchweizArchVk. 17 (1913) 240
  • 1688 Beeler,LandammGlarus 37
  • 1740 Burmeister,VorarlbLandsbr. 91
  • 1744 SGallenOffn. II 499
II Abstimmung
  • die weil die ußrooder ... an der landtsgmeindt zu H. mit einem offnen meer daß landt theilt haben
    1597 LBAppenzIR. 116
  • mögen die jenigen, so ... nit [in] eigner haußhaltung seynd, kein meer machen oder stimb haben
    1687 KaiserstuhlStR. 214
  • hat sich die gemeind ... vorbehalten, das sie dises vor das algemeine mehr wollen kommen lassen
    1797 SGallenOffn. I 98
  • das heimliche mehr, stimmensammlung mit geschriebenen zettelchen, ... offenes mehr, stimmensammlung mit lauter stimme, oder mit emporhebung der rechten hand
    1812 Stalder II 205
III
Stimmenzahl
  • ist die gemeind ze A. des ouch vereint, das allwëg an irem rëchten und gemeinden das minder mer dem merern mer gefolgt werde
    1502 ZürichOffn. I 221
  • 1720 SchweizId. IV 370
IV gemeinsames Gelöbnis
  • soll der feld-obriste auch an sie [reuter] begehren, daß sie ... ihre mehr daruͤber machen ... geloben wollen, dem allen, ... treulich ... nachzukommen
    1570 Lünig,CJMilit. 68
unter Ausschluss der Schreibform(en):

Mehrer

, m.

auch mehrerer 

I Teil der Titulatur des Kaisers oder Königs im Hl. Römischen Reich, in der Formel allzeit, immer Mehrer des Reichs dem lat. semper augustus entsprechend
Sachhinweis: HRG.1 III 429ff.
  • Cunrat keiser Frideriches son, von gotts gnaden gekorn in einen romeschen kunig, allewege ein merer und ein erbe des riches zu Iherusalem
    1249 Böhmer-Ficker 290
  • wir Rudolf von godis genadin ein Romes kunic vnde zu allen ziden ein merere 
    1275 CorpAltdtOrUrk. I 235
  • "tu es Karolus semper augustus ..." diz sprichet ze tiutsche also: "Karle, alle zit merære des riches ..."
    nach 1275 ProsaKaiserchr. 171
  • 1281 CorpAltdtOrUrk. I 408
  • Anf. 14. Jh. BernStR. I 3
  • 1332 MühlhsnUB. 403
  • Karolus der firde von gunste gotlichir gnade alle zit merer und konig zů Beheim
    um 1360 GoldBulle 119
  • das h. reich, deß wuͤr ein merer genandt seindt
    1451 Lünig,RA. XIII 192
  • ergerte der konig das recht vnd mochte nicht geheissin werdin eyn mererer des riches
    15. Jh. GlSächsLehnr. 350
  • ward er Augustus geheissenn, das ist mehrer. von dem werden alle keyser semper Augusti geheissen, das ist, das sie all zeit das reich meren sollen
    1531 Steinhöwel 6v
  • 1559 Moser,KreisAbsch. I 107
  • der roͤmische kayser ... schreibt sich electus romanorum imperator, semper augustus, oder auf deutsch, erwaͤhlter roͤmischer kaiser, allzeit mehrer des reichs
    1770 Kreittmayr,StaatsR. 83
  • sehr unschicklich uͤbersetzt der alte canzleygebrauch den titel Augustus mit den worten: zu allen zeiten mehrer des reichs; denn daß der kaiser das deutsche reich nicht zu allen zeiten vermehre ... ist ... genugsam bekannt
    1798 RepRecht II 307
II Vergrößerer, Vermehrer

II 1
  • allen den, die da sint stifftere ... mit yrem willigen allmosen gewest, vnd itzundt ... anhalter vnd mehrere sint des gestifftis
    1438 MittOsterland 5 (1862) 242
  • wann ... ein fremder oder einheimischer, so kein geschlechter ist, eine geschlechters-tochter heurathen wuͤrde, selbiger in ihre gesellschafft eingeschrieben, und ein mehrer der gesellschafft genennt werden solle
    1743 Stetten,AugsbG. I 219
II 2
  • wer eyn geczug vornuwen ... wel, ... der richter sulles ome gunnen unde helffen, unde sulle sin eyn vormerer [S. 576 aL. von 1446: merer] eyn vornuwer benennen unde bestellen in dy fir bencke
    nach 1358 Rb.n.Dist. IV 47 Dist. 1
unter Ausschluss der Schreibform(en):
unter Ausschluss der Schreibform(en):