Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Meineid

Meineid

, m.

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die strafbare Handlung eines Falscheids vor Gericht (vereinzelt auch einer anderen Institution) sowie der Bruch eines Gelöbnisses, mit dem ein besonderes Verhalten versprochen wird (promissorischer Eid), insb. von zu besonderer Treue verpflichteten und dazu vereidigten Personen; da beim falschen Schwören durch die Anrufung Gottes die göttliche Ordnung verletzt wird, handelt es sich sowohl um ein geistliches wie weltliches Delikt mit der Zuständigkeit beider Gerichtszweige; bei Straftaten vereidigter Personen stellt der Verstoß gegen die beschworenen Pflichten eine zusätzliche Straftat dar
zu 1Eid, 1mein
Sachhinweis: HRG.1 III 447-458

I zum (theologischen und weltlichen) Begriff, den Tatbestandsmerkmalen und der gerichtlichen Zuständigkeit
  • ni fúrsuueri thih, uuanta thú giltis gote thina meineida 
    um 830 Tatian 30, 1
  • ôc is an them êo gescriban ... that miðe mênêdos mancunnies gehuuilic, ... huuand that is sundie te mikil [im alten Bunde heißt es auch, ... daß Meineid meiden solle der Mensch, ... denn die Sünde ist groß] 
    1. Hälfte 9. Jh. Heliand9 V. 1504
  • swer ein mein eit swært mit wizzen, wirt er des vber zivget mit siben mannen, man sol im ab die hant slahen, da mit er meins hat gesworn
    um 1275 Schwsp.(L.) LR. Art. 367 I
  • kein man ... sal bose silber noch bose pfenninge in den czuber legen zu geschozze, he reite iz denne nach sinem werde. tut he iz uber daz, he hat argelist unde sweret meineide 
    um 1300 FreibergStR. IV § 19
  • thu ne skalt thines godis noma nawet idle vntfa; thermithi send ti urbeden alle menetha [du sollst den Namen deines Gottes nicht unnützlich führen; deswegen sind dir alle Meineide verboten] 
    um 1300 RüstringerR. 24
  • von meineiden, vnd was si ein meineid. wenne das der mensche swert dú ding dú erlogen sint ..., so wirt der mensche meineide, wan dú vnwarheit dú in dem eide ist dú beroͮbet den eid sines endes, wan dar vmb so swert man sunderlich, das man mit swerrende solichem swerrende versicherre, das das ding si war ane allen zwiuel das man da swert [weiterhin zur Kasuistik]
    1. Hälfte 14. Jh. BdTugenden I 239
  • waͤr auch, dasz der bürger einer wissentlich meýneyd schwöre, und er desz übersagt würde, der soll nach vnser gnaden und nach geistlichen recht büszen
    1358 MZoll. III 332
  • um 1360 GoldBulle 116
  • 1371/82 Martin v.Amberg Z. 575
  • wer den andern vmb mainaid ladot vff gaistlich gericht, bringt er das nit vss mit gaistlichem gericht als recht ist, der muoss das bessren, als ob er jn vnder ougen mainaid hett gehaissen
    1396 MemmingenStR. 276
  • welch burger ... ainen andern burger ... uff gaistlich gericht trybet ... umb mainayd, der sol das richten dem amman mit 3 pfd.
    1399 FeldkirchStR. 142
  • 1413 BernStR. III 488
  • meyneide hoͤrent fúr geistlich gerichte, wo er zů klage kompt
    1417 SchlettstStR. 119
  • men sal dat seker weten, dat men sal dorren sweren, want in wat eeden niet en sint wairheit, redelicheit ind rechticheit, dat is een meeneedt, want hi sweert, des hii niet en weet
    1430 KleveÄltStRHs. 82
  • umb das niemant lustige sie meineide ze tůnde, ... so hant unser herren raͤte ... geordent ..., welhe person hinfuͥr vor rate, gerichte, vor den unzuͥchtern, vor den ladenherren oder koufhusherren ... meineidig funden wirt ..., das da die selben personen ewiclich verworfen, unnuͥtze menschen heissen und sin [und weitere Strafen erleiden] soͤllen
    1441? BaselRQ. I 1 S. 135
  • es sollent ouch die kneht sweren ... kein myete ... zu nemen ... und wer sich darjnne anders hielte, der sol darumb und umb den meyneit gestrofet werden
    15. Jh. StraßbZftO. 13
  • [Auslegung des Gebotes: du salt gotes namen nicht unnutzlich in dynen munt nhemen:] du salt nicht meyneyde schweren, du salt auch nymant dringen zcw meyneyden 
    1503/04 PurgoldtRb. VI 88
  • wan das heysset nicht eyn eydt, es heist eyn meyneydt, wan man schweret widder den gemeynen nutz, dye eintrechtikeit, gesetze, gewonheit, gehorsam, ader freyheit eyner stat ader des rates ader gerichtes
    1503/04 PurgoldtRb. VI 89
  • 1. Hälfte 16. Jh. RügenLR.(Gadebusch) 329
  • 1563 Kurpfalz/Sehling,EvKO. XIV 299
  • unter die christliche disciplin gehoren eigentlich die groben offenbaren sunde und laster als offentliche gotteslesterung, verachtung seines worts und ampts, mord, ehebruch, hurerei, zeuberei, saufen, fressen, diebstahl, meineid, ... wucher
    1570 Preußen/Sehling,EvKO. IV 189
  • 1615 BernStR. VII 2 S. 738
  • die umbstaͤnd, so den meineyd groͤsser machen, seynd ungefaͤhrlich diese: ... wann der meineyd zum oͤfftern und wohlbedaͤchtlich beschehen ... wann der thaͤter uͤber vorhergangene erinnerung des meineyds und der darauff beruhenden straff gleichwohl faͤlschlich geschworen
    NÖLGO. 1656(CAustr.) 91 § 3
  • 1712 BrschwLO. II 101
  • 1712 CCMarch. IV 1 Sp. 971
  • 1736 Hartmann,WürtGes. II 539
  • der eyd, wodurch man gott zum zeugen der wahrheit, und raͤchern des meineyds anruft, wird in promissorium & assertorium getheilt
    1753 CJBavJud. XIII § 1
  • 1762 Wiesand 1026
  • wann bey dem kaiserlichen r.c.g. [Reichskammergericht] menonisten recht nehmen oder suchen, derselben angelobung bey mannenwahrheit als ein eid anzunehmen auch bey sich ergebendem falle als ein meineid zu bestrafen
    1768 Feuerbach,PeinlR.4 374
  • unter den [!] meyneyd (perjurium) verstehet man im rechtlichen verstande, wenn man vorsaͤtzlich diejenigen verbindlichkeiten verletzet, welche man mittelst coͤrperlichen eydes bestaͤrket hatte, und dadurch zugleich zum schaden und nachtheil anderer handelt
    1783 Quistorp,GrundsPeinlR. 234 [ebd.ff.]
  • vom meineid. er besteht in einer vor dem richter als wahrheit eidlich ausgesagten luͤge. wer luͤgt, daß er ein versprechen erfuͤllen wolle, welches er zu erfuͤllen verbunden ist und dennoch nicht erfuͤllt, bricht den gelobungs- ..., wer luͤgt, daß etwas sey, wie es nicht ist, den versicherungs-eid
    1798 Grolman,KrimRWiss. 191
  • hat er [atheist] z.e. einen falschen eyd geschworen, so trifft ihn die strafe des meineydes 
    1798 RepRecht II 250
  • 1801 Schlegel,HannovKR. I 270
  • schwoͤret jemand aus unwissenheit oder unbedachtsamkeit falsch, so ist dergleichen leichtsinnigkeit zwar strafbar, allein fuͤr keinen meineyd zu halten. eben so wenig kann man einen erzwungenen eyd, der nachher nicht erfuͤllt worden, fuͤr einen meineyd halten
    1802 RepRecht X 196 [vgl. ebd. 196-203]
  • 1808 Feuerbach,PeinlR.4 373
II
im gerichtlichen Verfahren
  • wellicher burger ... angeworfen wurde eins meyneides und des nit uberseit wurde mit siben unversprochen sinen genossen, so bessert der anwerfer unser gnade
    1347 SchlettstStR. 43
  • ein ietlichen meineyden sol man, als recht ist, des meineydes bewisen mit siben erbren zúgen
    Mitte 15. Jh. BremgartenStR. 20
  • daß ein jeder zeug nach ... erinnerung seins gethanen eidts, vndt warnung fuͤr dem meyneidt, gefragt werde
    1534 MainzUGO.(Saur) 8v
  • 1567 Schwerin/Sehling,EvKO. V 321
  • soll der theil, welchen das eid ... zuerkant würd, zuvor ... berichtet werden, ... was meineid und wissentlich falsch schweren für eine grosse gefährliche [sunde] sei
    1586 Mansfeld/Sehling,EvKO. V 202
  • BadLR. 1622 I 20, 1
  • soll der mannrichter ... die zeugen ... auf vorhergehende starke verwarnung des meineides ... befragen
    1650 EstRitterLR. 174
  • soll ... der schuldner, nach vorgehender scharffen verwarnung vor der schwehren straffe des meineydes, wozu auch einer oder mehr geistliche zu gebrauchen, vermittelst eydes zu erhalten, und daß er sein gesammtes vermoͤgen richtig offenbaret ... schweren
    1682 LeipzigKaufR. 55
  • wann in criminalsachen zeugen sein, muͤssen die zeugen etzliche wochen vorher ... auch ehe sie schweren vnd ihren eidt thuen fuͤr meineidt gewarnet werden
    1692 NStaatsbMag. I 909
  • 1709 CCMarch. II 1 Sp. 450
  • [darf] der richter, [um] schweren mein-eyd zu vermeyden, diesen [als Zeugen vernommenen Tatverdächtigen] mit keinem eyde belegen
    1717 BrandenbKrimO. III § 15
  • 1721 Ludovici,LehnsProzeß3 210
  • derer herren predigere hoch-ehrwuͤrden ersuchet, sonntags vor dem losungschwören ... von dem meineid und leichtsinnigen schwoͤren zu gedenken
    1744 Lahner,Samml. 314
  • 1764 BrschwWolfenbPromt. III 137
  • ehe die bauern aber den huldigungseid abschwoͤren, muͤssen sie zuvor ... an die vermeidung des meineides erinnert werden
    1780 Gabcke,DorfBauernR. 131
  • 1799 RepRecht IV 76
  • 1801 RepRecht VII 133
  • 1815 Gönner,EntwGesB. II 505
  • findet sich der meineid [in manchen gerichtlichen Formularen der gewoͤhnlichen verwarnung vor dem meineide] characterisirt als unrecht gegen den richter, der zu einem ungerechten urtheil verleitet werde
    1827 StaatsbMag. VII 258
III das Delikt wird je nach Schwere mit Verstümmelungsstrafen von meist spiegelndem Charakter (Verlust bzw. Verletzung von Schwurhand, Schwurfinger oder Zunge) bestraft, aber auch Gefängnis oder Verbannung, meist einhergehend mit Ehrverlust, eingeschränkter Amts-, Zeugnis- und auch Verfügungsfähigkeit, und sogar die Todestrafe können verhängt werden; der Meineidige wird häufig zur Wiedergutmachung des angerichteten Schadens verpflichtet
  • ond se ðe manað swerige, ⁊ hit him on open wurþe, ðæt he næfre eft aðwyrþe ne sy [und wer Meineid schwört, und (wenn) das über ihn offenbar wird: daß der nimmer wieder eideswürdig sei] 
    925/35 Liebermann,AgsG. 164
  • 10. Jh.? (Hs. 1464) WesterlauwersR. I 188f.
  • swaer einen meinneit swert, wirt der des bewaert selbe dritte ..., der hat die hant verlorn mit rehte, unde sol man im die uf dem stocke abeslahen, ez ensi danne als verre ob er den clager gestille unde dem vogte gebezzer
    1276 AugsbStR. Art. 53
  • van men edhen so war dat is witlic dat en man heft men edhe sworen ... de ne schal nicht hebben so gvͦt recht alse en ander gvͦt vnbesproken man
    Ende 13. Jh. LübMndStR. Art. 164
  • were meyneidt dut, befundet man das, oder wurde er das verjhende, er ist vns entfallen iij ℔ ₰, vnd sol auch in die schuppe gesazt werden eyns marckdags
    1321 Saarbrücken/GrW. II 6
  • in keyserwichbilde swert eyner meineid, ... deme sal man dy czungen hinden czu deme nacken uszczin. in sechsissem wichbilde, wert eyner meyneydig, denselben vorwist man hundert ior unde eynen tagk
    nach 1358 Rb.n.Dist. V 27 Dist. 1f.
  • welch man dez maynaydez vͤber wunden wirt der bleybet erloz und rechtloz
    1378 SilleinStRB. 122
  • syn wir eyndrechtich worden, so wey mit eyme meyneyde bevunden wirt, dat man den pynigen ... sal
    1386 SiegburgWQ. 2
  • 14. Jh. CoutAnvers I 54
  • umb was hand sachen einer einen meyneyd swerte und des überzewgt würde, als recht ist, ist das urteil und strafrechte, das im die zwen vordern finger an der rechten hand, die er ym sweren aufgerackt hat, zwischen dem vordern und mitteln geliede sollen abgehawen werden
    1464 BayreuthStB.2 79
  • dyo pene dis meeneedis wirth gheliket bij der pene den manslachte
    1480/81 JurFris. II 152
  • so vordern meyneid vnd trostungbruͥch die straff des lebens
    1488 ArgauLsch. I 544
  • so einer ... einen meyneidt gesworn ... darümb ym syn lyp oder güt nit zuuerwenden gebotten ..., der mag alle die wyl er in solichem steet, [sein Gut] nit vbergeben
    1498 WormsRef. IV 2, 3 § 2
  • 15. Jh. Schwsp.(Kurzform II/Eckh.) Art. 310 (Kb)
  • 15. Jh. StaverenStR. Art. 52
  • 2. Hälfte 15. Jh. BernStR. I 191
  • 1508 Lünig,CJMilit. 4
  • welck ein man de ein apenbar meen eedt schweret, he mach nemandt beclagen up dem dinge
    1514 ApenradeStR. 26
  • meineidig, die irs meineids mit recht überwunden sind, moͤgen nit kuntschafft geben
    1520 FreiburgStR. I 9, 2
  • 1520 FreiburgStR. I 13, 6 u. IV 3, 4
  • welcher ein offnen meineyd schwert, dem sollent sine finger damit er geschworn hat, abgehouwen, vnd darnach ewighlich von diser statt F. verwisen werden
    1520 FreiburgStR. V 15
  • wellicher vor ... gerichte einen gelerten meyneidt schweret: so derselb eid zeitlich gut antrifft, das jnn dess, der allso fallschlich geschworn hat, nutz komen, der ist zuforderst schulldig, wa er das vermag, sollich felschlich abgeschworn gut dem verletzten wider zu keren, soll auch darzu verleumpt vnnd aller eeren enntsetzt sein; vnnd nach dem jm heilligen reich ein gemeiner geprauch ist, sollichenn fallschschwerern die zwen finger, damit sy geschworn haben, abzuhawen
    1532 CCC. Art. 107
  • 1566/67 ZimmernChr. I 201
  • 1572 NordstrandLR.(nd.) 257
  • wie voer dat gericht eenen geleerden meijneedt sweerdt [folgt Strafaufzählung]
    3. Viertel 16. Jh. KampenStROntw. 476
  • 1587 Kurpfalz/Sehling,EvKO. XIV 538
  • 2. Hälfte 16. Jh. MagdebSchSpr.(Friese) 105
  • 1603/05 HambGO. IV Art. 5
  • soll demnach derjenige ..., wegen des wissentlich begangenen meineides ehrlos erkannt, auch ... an seinem leibe, als mit abhauung der beiden ersten finger an der rechten hand, oder anderer ... strafe belegt werden
    1650 EstRitterLR. 340
  • 1669 GesSammlMecklSchwerin I 62
  • begangener meineyd ... wird nicht nur mit der pœnâ infamiæ, sondern benebens nach richterlicher willkuͤhr mit geld, gefaͤngniß, landes-verweisung, und nach gestalt des hieraus erwachsenden schadens, an leib und leben, und zwar wann durch veranlassung eines solchen falschen eyds jemand unschuldiger weis ... hingerichtet worden, allzeit mit der nehmlichen todes-straff belegt. die straff der finger-abhauung hingegen ist hiermit gaͤnzlich abgeschafft
    1751 CJBavCrim. I 9 § 3
  • die straffe eines vorsetzlichen meineydes ist erstlich: und insgemein das schwerd, und kann solche todesstraffe nach schwere der umstaͤnden mit ausreissung der zung, oder abhauung der schwoͤrfinger ... verschaͤrffet werden [folgt Aufzählung weiterer Strafen]
    1769 CCTher. 59 §§ 1ff.
  • die haͤrtere strafe der geistlichkeit fuͤr den gegeben fall der schwängerung einer frau gruͤndet sich auf den meineid 
    1785 Birnstiel,Kindermord 163
  • alle handelsbuͤcher der kaufleute ... verlieren ihre beweiskraft, wenn sie ... einen meineid geschwohren
    1785 Fischer,KamPolR. III 190
  • wuͤrde es sich aber begeben, daß dergleichen [meineidigen] personen entweder durch einen ungluͤcksfall, oder aber auch meineydes halber, die zween finger bereits verlohren haͤtten, so werden ihnen nicht außerdem zween andere finger abgehauen, sondern es wird sodann die poena ordinaria in eine andere strafe, als z.b. den staupenschlag verwandelt
    1798 RepRecht I 65
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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