Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): 1Meinung

1Meinung

, f.

Ansicht, Auffassung, persönliche Stellungnahme, die je nach der Rechtsstellung oder dem Autoritätsgrad der Person und der konkreten Rechtssituation folgende Bedeutungen erhalten kann:
vgl. 2meinen

I
Absicht, Intention, Bestreben; Plan, Vorhaben; bei größerer Autorität der Person: (erklärter) Wille, Forderung
  • um 1000 Notker II 235
  • 1273/1587 NeustadtDonau 59
  • dat is en oer swart swing: hwa so dat riocht breckt om ghiricheed iefta ielkers om quada meningha [dies ist eine zweite niederträchtige Missetat: Wenn jemand das Recht aus Habgier oder sonst in böser Absicht verletzt] 
    13./14. Jh. (Hs. 1464) WesterlauwersR. I 246
  • daz ist unser [Ks. Ludwigs] ernstlichiu mainunge und wille
    1339 Böhmer-Ficker 534
  • sullint [bei der Königswahl] die ... furstin den bischoff von Mentze ... fragin, daz er in sine meinunge und sinen willen ufinbare
    um 1360 GoldBulle 121
  • 1361 Lünig,CJFeud. II 56
  • wann ain gute mainung mach ain gut werck pos
    2. Hälfte 14. Jh.? BerthRechtssumme 1652
  • daz eyner mit unrechter meynunge uff eynis andern mannis gut clagete
    um 1400 MagdebFr. II 2, 4
  • das wir ... öber eyn synt komen ... in sulcher meynunge als hie noch geschreben steet
    1401 CDPruss. V 159
  • 1413 Tomaschek,Wien II 20
  • vnser ernstlichs gschäfft vnd mainung 
    1437 MBoica XIV 294
  • mit vorsate unde witschop boser meininge 
    1438 MagdebSchSpr.(Friese) 147
  • der ersame her H.S. ... in meynung ist ... zu stifften eyn capell
    1449 FreibDiözArch. 15 (1882) 82
  • wenne wir eyn sulchs in guter meynunge gethan habin, unde nicht mit gewalt noch mit frevele
    Mitte 15. Jh. MagdebSchSpr.(Friese) 631
  • 1480 FreibergUB. II 351 Anm.
  • schriften, daruth eynn idermann unse meninge unde andacht wol wert vernemen
    1492 OstfriesUB. II 359
  • Ende 15. Jh. LuzernStR. 92
  • 2. Hälfte 15. Jh. Burckhardt,Hofr. 75
  • wann ain man stirbt und zwischen ime und seiner hausfrawen khain ausgetruckht mainung in der heirat der varenden haab halben aufgericht ist, so hat die fraw die varend haab gar genumen
    1528 ZeigerLRb. 431
  • tho horende der herschop warve, gemote vnde meninge 
    1539 Dittmer,Sassenrecht 47
  • es sei auch der öbrikait ernstliches geschäft, bevelch und mainung das dises pantäding ... stät gehalden ... wert
    1543 NÖsterr./ÖW. VIII 532
  • 1640 BrandenbSchSt. II 699
  • [der Angeklagte macht geltend] daß es nicht fuͤrsetzlichen von ihm geschehen, in gemuͤth und meynung den entleibeten umbzubringen
    1652 Carpzov,PractNov. I 6
  • ein der frau, welche dos zubrachte, mit der meinung der gegenseitigkeit von dem manne zugebrachtes gegenvermaͤchtniß
    1824 Mittermaier,PrivR. 330
II letzter Wille, Testament
  • wan ainem jeglichen menschen nicht so wol zimbt, dan das die obrist mainung ires willens frei sei, geschaft und die lesten willen ze volfueren
    1331 ZBayrLG. 18 (1955) 307
  • wo eyn man so eyn gut weg scheiden wil, do sal er nemen by sinem gesunden libe kegenwertig siben mannen, den er sine meynunge bevelen sal, unde sinen rechten erben das ouch bevelen; so hat is craft
    Ende 14. Jh. GlWeichb. 388
  • unser letzten willen und meinung 
    1530 ZRG.2 Germ. 1 (1880) 133 Anm.
  • 1640 FreibDiözArch.2 5 (1904) 195
III Inhalt eines Rechtstextes als Ausdruck des erklärten Willens des Verfassers; Anordnung, Vorschrift
  • darwber vns ... keyser Ludwig sein prief geben hat vnd die sag vnd meinung desselben priefs ist also von worten ze worten
    1348 HohenloheRB. 24
  • 1465 Miltenberg 352
  • in soͤllichem soll es gehallten werden auf maynung des nechstuolgenden gesetzs
    NürnbRef.(1479/84) V 6
  • die obgeschriben mainung 
    1495 Salzburg/ÖW. I 301 Anm. 20
  • die mainung des lantfrids
    2. Hälfte 15. Jh. AugsbChr. II 304
  • 1512 Bruchsal 925
  • wan iemand ... mannrecht begert, sol in rath offentlich nachfolgende mainung gelesen ... werden
    1526 MosbachStR. 594
  • haben die herren rathmanne ... folgende meinungen und ordnung beschloßen
    1527/34 BreslStR. 52
  • 1542 Moser,KreisAbsch. I 2
IV rechtliches Anliegen, Beschwerde, Vorbringen vor Gericht, Klage, Forderung
  • um 1420 CoutAudenaerde II 312
  • [Herzog an die Stände:] ind begeren uch zo voegen asdan dar bi uns zo komen ure meinunge dahe zo doin
    1445 JülichLTA. I 172
  • 1461 Burckhardt,Hofr. 49
  • ist ... von den steten eyn tag, an welchem solche meynung wye oben bervrt an ko. mt. zw tragen beslossen
    1509 GörlitzRatsAnn. I/II 4
  • wo aber sach wäre, das anntwurtter dem clager seiner clag vnd maynung nit gestenndig wär ... das mag derselb anntwurtter mit gedingten wortten auf nachuolgennd maynung thůn
    1520 BairGO. 41v
  • d'aenlegghere tot verificatien sijnder meyninghe toeghelaten worden
    1558 CoutSanthoven 138
V Entscheidung, Beschluß, Urteil
  • ende sijn meininghe seide aldaer, op deen point voeren, ende op dander naer
    1432 Willems,Brab. II 73
  • das ich [amptman] ... entscheiden hab vf meynung wie volgt
    1517 MittOsterland 6 (1863/66) 257
  • meyninghe ... arbitrium, sententia
    1632 Kilian
VI Bedeutung, Rechtssinn, Rechtsaussage
  • bestätigen ... alle hantfest ... in allen iren mainvngen, punten vnd artikelen
    1331 OÖUB. VI 18
  • besteten ez ouch mit disem prief nach aller ordenung, auzsag, sicherhait und maynung 
    1347 BadenArgUrk. I 16
  • dat se unse privileye to rechter menenge nicht beduden
    1372 HanseRez. II 455
  • 1399 CDSiles. VIII 105
  • 1425 Gaupp,SchlesLR. 205
  • [verbriefte Rechte] mit allen iren puncten, artickeln, meinung, synn v. deutung
    1434 Indersdorf I 239
  • 1441 GraubdnRQ. II 251
  • das wir ihnen denselben brieff in allen seinen worten, clausslen, puncten, articulen, inhaltungen, mainungen und begreiffungen als romischer kuning zu erneuen ... geruheten
    1495 OstfriesUB. II 446
  • bekennet sich aber der geladene zu der gewehre, so mag der vorspreche des hern dye meynung der clage vornewenn
    um 1500 ZRG. 4 (1864) 199
VII Ursache, Beweggrund
  • áber dóh tû neuuízîst uuáz tíu méinunga sî [lat.: sed tu quamuis ignores causam]
    um 1000 Notker I 269
VIII Auffassung, Ansicht, Einstellung zu einer Sache; in gesteigerter Form als Überzeugung; in Rechtsgremien als Votum, Urteil
  • da sy der gerichtsherren meynunge, daz er des nit getan habe
    1429 Erler,Ingelh. III 225
  • were ein recht, dat capittell, manschup vnnd stede nicht findenn konden, dat dar de meiste meinung nicht inne auer ein drogenn, dat recht schall de ertzbißchup vindenn
    2. Hälfte 15. Jh. BremLGProt. 12
  • euern gnaden geben wir hiemit dienstlicher meynung zu erkennen
    1567 Moser,KreisAbsch. I 485
  • die gerichtzheimligkeiten aber, alß meinungen und vota des richters, borchmänner und geschwornen
    1578 Engelke,GogerichtDesum 71
  • wenn man zweyich ist in einer meinung, das man stimmet, gelten allen stimmen gleich
    1613 Stieda-Mettig 337
  • NÖLGO. 1656(CAustr.) Art. 41 § 4
  • gutachtliche meynung 
    1707 SudetenHGO. S. 41
  • die possessio oder besitzung ist ein recht eine sach innzuhaben mit solchem gemuͤth und meinung, daß sie ihme zu stehe
    1709 Mutach 87
  • wenn einige der gegenwärtigen ihre meinung nicht äußern wollen, so wird die mehrheit nach der zahl der übrigen gegenwärtigen gerechnet
    1772 Pufendorf,HannovLREntw. Tit. 52 § 8
  • auf meinungen der rechtslehrer, oder ältere aussprüche der richter, soll, bey künftigen entscheidungen, keine rücksicht genommen werden
    1794 PreußALR. Einl. § 6
  • zum gewohnheitsrechte [wird] erfordert die öffentliche meinung, dass jenes princip, wornach die handlungen eingerichtet werden, allgemeine norm sei
    1804 Gönner,StaatsR. 459
IX
Art und Weise
  • ein großvater, so vatermag ist, der erbt sine kindtskind vff die meynung: ist es sach das
    1489 WillisauAmtR. 93
  • soll der richter diese mainung reden [es folgt die formulierte Frage nach dem Urteil]
    1526 NürnbHGO. 549
  • verrichten uf nachbeschriben weise form und meinung 
    1560 JbOldenb. 15 (1906) 206
  • 1592 Schmeller2 I 1611
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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