Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Mensch

Mensch

, m. u. n., auch f.

pl. auch Menscher; zur Etym. vgl. DWB. VI 2021 u. 2033, Kluge22 473
homo, menschliches Wesen

I als Subjekt oder Gegenstand rechtl. Bestimmungen und Handlungen auf den unterschiedlichsten Stufen der sozialen Hierarchie, beide Geschlechter (vgl. dagegen Mensch II) und alle Lebensalter umfassend

I 1 in unterschiedlichen rechtl. Zusammenhängen, durch Attribute wie arm, aussätzig, edel, ehelich, gewachsen, gut jeweils näher bestimmt
  • dc vor vns ein zwivelrede ... wart ob ein vzsezzeg mensche erben solde als ob er niht den grozen siehtagen hete
    1254 Zürich/CorpAltdtOrUrk. I 61
  • daz mensche, daz von sime gislehte iemer giborn wirt
    1272 Freiburg im Breisgau/CorpAltdtOrUrk. I 203
  • treit aber ein armez mensche vf sime rugge einen bolster oder chvssin, daz git niht [zol] da von
    1282 Augsburg/CorpAltdtOrUrk. I 486
  • swelk minsche sterft ane eruen, dat gud dat he erft scal me don an ene ghemene hand
    um 1300 BrschwUB. I 23
  • voert so wie enen minsche wondet, daer die wonde niet koerbar en is, als leeds lanc ende naghels diip, die betheringe sal wesen ghelijc den vuysten slaghe; mer daer die wonde koerbar is, daer af zoel wi hebben drie pont ende die mensche drie pont, die daer ghewont is, als leeds lanc ende naghels diip; ende waer die wonde meer dan koerbar is, daer af zoel wy hebben zes pont ende die mensche zes pont, of hiis hebben wil
    1327 Nijhoff,Ged. I 215
  • wan ainem jeglichen menschen nicht so wol zimbt, dan das die obrist mainung ires willens frei sei, geschaft und die lesten willen ze volfueren
    1331 ZBayrLG. 18 (1955) 307
  • welick mensche efte man
    um 1350 SoesterR. 58
  • Mitte 14. Jh. CoutScheldewindeke 274
  • wer einen gueten mensch, der doch nicht ein edel mensch ist, mit stekchen slecht, der geb dem richter zwai phunt [im lat. Wiener Stadtrecht von 1244: aliquem bonum hominem, qui non est nobilis homo] 
    14. Jh. BabbÖstUB. II 289
  • vnd ist ez danne ein mort, der gestochen oder geschlagen ist ..., so mügen die scheppffen wol sagen, das sie einen ermorten menschen da gesehen haben, das man dem clager billichen hillfft
    Ende 14. Jh. BambStR.(Parigger) § 230
  • alle schepe van Dennemarken gheven 2 schillingh to sturtolne ... en jewelich mynsche vor zich zulven gift 8 penninge
    Ende 14. Jh. BremUB. IV 557
  • der ... lich sol von ie dem husgesind der ... antwerken ein gewachsen moͤnsch nach volgen ze kilchen
    1401 MellingenStR. 294
  • sullen wir keinen menschen, her sie rittermesig knecht ader gebuwer ader welchirley kunnes ader wesens her sie, ane orlob des hoemeisters ... yn unsere lande nemen
    1402 CDPruss. V 169
  • das ain ieglich uͥbeltaͤter und schedlich mensch ... solle nach sinem verdienen gestraft ... werden
    1429 UlmRotB. Art. 180
  • ob ain armes mensch zue im [fleischhacker] kämb und begehrt ain pfenwert fleisch, so ist ers schuldig ime zue geben
    1430/1625 NÖsterr./ÖW. VIII 730
  • ist das ain mensch das ander von dem leben zu dem tod pringt
    1. Hälfte 15. Jh. NÖsterr./ÖW. IX 681
  • welches verstanden mensche, das uber sin zwolff jare ist
    Mitte 15. Jh. Waibstadt 111
  • ain sunderliche gerechtikait, die da ordnet den menschen in sünderlichen dingen; ausserlichen gegen den anderen menschen, das ist geleichait zu halten
    1466 Brinkhus,BayrFürstenspiegel. 156
  • so der mensch das edlist ist auf erden, so haisst die ainpildung der vernunfft in im das naturlich recht oder gesecz
    1466 Brinkhus,BayrFürstenspiegel. 156
  • wanne zcwey mensche in elichem lebin zcusammenekomen unde eekinder met eynander zcugen
    1474 PössneckSchSpr. I 93
  • vor eyn graf in wintertit to makende eynem vullenkomen minsschen iiii nige s.
    1477 HildeshUB. VII 565
  • een valsch mensche en is geen mensche in den rechten geacht
    1495 CoutBrab. II 2 S. 36
  • dat gheen ... doof mensche arbiter zijn en mach
    1495 CoutBrab. II 2 S. 49
  • staet gescreven dat een monick niet en sal gaen uuyt zijnen clooster, mair als een gestorven mensch dairin blijven
    1495 CoutBrab. II 2 S. 55
  • 15. Jh. NÖsterr./ÖW. XI 415
  • was ain mentsch vom andren erbt zů libding
    2. Hälfte 15. Jh. SGallenOffn. II 346
  • sol das ehemensch, das in dem leben ist, auch mit den kinden theilen und dasselbig mensch ein kindstheil nemen an den güettern
    15./16. Jh. Lauda 191
  • 1520 Murner,Inst. 100v
  • das vmb dryerley sach willen die menschen den richterstůl nit besitzen moͤgen ... nemlich auß der natur, auß dem gesatz, vnd auß menschlichen vngeberden
    1523 Köbel,GO. 12r
  • ein iedes mensch so da verhanden, mann weib knecht und diern
    um 1530 NÖsterr./ÖW. VII 607
  • wöliches möntsch zu seinen tagen komt, namlich ein knab 14 und ein tochter 12 jar, das mag testament machen
    1541 SchweizId. IV 336
  • [Übschr.:] von leut verkauffern. wer einen menschen, der nit sein leibeygen ist, einem andern verkauffet, der hat damit sein leben verwircket, vnnd soll mit dem schwerdt zum todt gericht werden
    1558 Gobler,Rsp. 138
  • daß er der menschen einen antheil gelts geben solte
    1583 Vilmar,Id. 268
  • 1602 MellingenStR. 366
  • [Todeskandidat:] armb mensch 
    1705 Schindler,VerbrFreib. 21
  • derjenige aber, so menschen boßhafftiger weise entfuͤhret und selbte anderwaͤrtig hin, absonderlich denen heyden und juden, verkauffet, respectu dieses mit dem feuer ... hingerichtet werden soll
    1707 SudetenHGO. Art. 19 § 29
  • die verpflegung der wittwe ... kann ... nicht ... von einem gute erhoben werden, das der ehemann ... als das geschenk eines gesunden menschen weggegeben hat
    1778 Mendelssohn,Ritualges. 221
  • 1811 ÖstABGB. § 285
I 2
als Ebenbild Gottes ist der Mensch durch seine (von der Rechtsordnung besonders geschützte) Würde und Freiheit aus der übrigen Schöpfung herausgehoben; daraus folgen Rechtsnormen zur Wahrung seiner Natur (Pervertierungs-, Sodomieverbot)
  • do got den menschen gescup, do gaf he eme (de) gewalt over vische unde vogele unde alle wilde dir
    1224/35 Ssp.(Eckh.2)LR. II 61 § 1
  • dar bi is uns kundich van goddes worden, dat de mensche, goddes bilde, goddes wesen scal
    1224/35 Ssp.(Eckh.2)LR. III 42 § 5
  • wan unser herre hât eime ieglîchen menschen ein amt verlihen, er hât nieman ze müezekeit geschaffen
    um 1275 Berth.v.Regensb. I 13
  • swa ein mensche ein ander mensche verstilt, daz ist ouch divpheit ... vnd swie ivng ez ist, oder swie arm ez ist, wen sol in drvmme henken, wan ein mensche ist vil tvͥrre, danne vil gůtes
    um 1275 Schwsp.(L.) LR. Art. 227 a
  • wann ain mensch sich anders macht dann in got gemacht hat, vnd tät daz got nicht ze schmaͤchait oder durch poͤz lust, daz wär nit ain todsund
    2. Hälfte 14. Jh.? BerthRechtssumme 1482
  • so ein mensch mit einem viehe, man mit man, weib mit weib vnkeusch treibenn, die habenn ... das lebenn verwurckt
    1532 CCC. Art. 116
I 3 die menschliche Veranlagung zum Bösen begründet die Strafbefugnis der Obrigkeit
  • weil der mensch nit allein durch leer vnd vnderweisung regiert wirt, sonder můß ... durch forcht der straffe vom boͤsen abgehalten ... werden, so hat gott dem menschlichen geschlecht den magistrat vnd oberkeyt geben ..., die laster vnd vbelthat zustraffen
    1558 Gobler,Rsp. 166v
I 4 bestimmte körperliche und geistige Eigenschaften machen die Rechtsqualität des Menschseins aus
  • alsa longe sa thi manska is elte and sund, sa se hi sines aijnes gudes weldech [solange der Mensch kräftig und gesund ist, soll er seines eigenen Gutes mächtig sein] 
    Mitte 15. Jh. EmsigerR. 160
  • der will des menschen ist fry biß in tod, vnnd mag in testamenten nit gebunden werden
    1520 FreiburgStR. III 5, 19
  • sintemal aines ieden ... menschen will biß an sein lesten athem unverbunden frei und ledig sein soll
    1616/29 OÖLTfl.(Strätz) IV 19 § 2
  • von natur haben alle menschen einerley rechte
    1754 Wolff,Grundsätze 47
  • der persönlichkeit kann der mensch sich nicht entäußern, so lange von pflichten die rede ist, folglich so lange er lebt
    1797 Kant,GesSchr. VI 422
  • gebiert ein frauenzimmer etwas, das keinen menschlichen koͤrper hat, so heißt es monstrum, eine mißgeburt, und hat die rechte der menschen, z.e. das erbrecht, nicht
    1802 RepRecht X 205
  • jeder mensch hat angeborne, schon durch die vernunft einleuchtende rechte, und ist daher als eine person zu betrachten
    1811 ÖstABGB. § 16
I 5
in Gegenüberstellung zum Staatsbürger oder zur (Rechts-)Person
  • der gegenstand desselben [staatsrecht] bestehet nur in solchen handlungen, welche die menschen nicht als menschen und in privatabsichten, sondern als mitglieder des staats in absicht auf den gemeinen nutzen verrichten
    1770 Kreittmayr,StaatsR. 1
  • der mensch wird, in so fern er gewisse rechte in der bürgerlichen gesellschaft genießt, eine person genannt
    1794 PreußALR. I 1 § 1
  • jede person ist ein mensch, nicht jeder mensch eine person. es giebt menschen, die der roͤmische jurist nicht fuͤr personen gelten laͤßt, die sklaven naͤmlich
    1803 RepRecht XI 219 Anm.
I 6 als Bez. einer von einem Herrn abhängigen, dienenden Person oder eines Leibeigenen
  • daz ich den frowen sant Claren ordens ... han geben ze einem rehten eigen vier menschen 
    1306 MBoica XVIII 50
  • han ich ... G. vnd seinen erben geben zwai menisch fur rehtez aigen
    1314 BrixenUrk. I 217
  • wir haben im och gegeben ze kvffende ... alle die aigenen lvte gemainlichen die wir han in dem ... dorfe ... mit namen drv mensche vnd der kint
    1314 Schmid,TübPfalzgrUB. Anh. 92
  • welches mensch von dem ... gottshaus belehent ist, es sey ir aygen oder zinser oder lehenman, es seye frow oder man, knab oder dochter
    1399 WürtVjh. 13 (1890) 139
  • ist daz, daz ein dienstman des ... gotshaus ainen irr diener verderbt, der ... schol dem gotshaus einen menschen widerchern
    14. Jh. OÖUB. II 430
  • eins burgers mensche oder der uf einem gůt sitzet
    1410 FreiburgÜÜbers. 94
  • 1449 NürnbChr. II 274 Anm. 3
  • das die burger vnd einwohner auß jedem hauß ein fronbar mensch des jors zween tag ... verodnen ... lassen
    1599 MittHohenzollern 16 (1882/83) 62
  • die aygenschaft des mayerhofs ... mit allen menschen vnd mit allen sinen gütern
    1659 SchwyzRQ. 19
  • es soll auch keiner seine roß ... nicht auf die waid treiben, er habe dan einen aignen menschen darbei, damit solches vüch nicht under die traider kommet
    1725 NÖsterr./ÖW. VII 423
II nur n.
in eingeschränkter Bed.: Frau, Mädchen

II 1 nicht abwertend
  • so ein weib oder lediges mentsch einander mit scheltworten oder schlägen tractiern wurde, solle iede den pokstain durch den ganzen markt tragen
    Ende 16. Jh. NÖsterr./ÖW. IX 69
  • weilen das baden der jungen menscher und bueben somerszeit sehr ärgerlich und vill schlimbes nach sich ziehet, als wil hiemit solches die gnädige grundobrigkeit ... abgeschafft haben
    1697 NÖsterr./ÖW. VIII 54
  • in leütgebhauß solle kein knecht oder mensch aus dem markt iber nacht bei ain thaller straff behalten werden
    1697 NÖsterr./ÖW. VIII 54
II 2 Frau (V) in pejorativer Bed., 1Hure (I 1) 
  • M.W. bekennt ... sie habe ... weibsbilder verkuppelt, selbsten zu solcher fleischlichen wollust menscher auf ihrer eignen streu gehalten
    1675 Abele,Unordn. II 97
  • wer aber loser bursch und menscher zu einigen muthwillen unterschleif gebete ... wird der herrschaft zu grösserer bestraffung angezeuget
    1747 NÖsterr./ÖW. VII 394
  • um 1760 NÖsterr./ÖW. VIII 294
II 3 Leibeigene, Dienstmagd, Landarbeiterin
unter Ausschluss der Schreibform(en):
unter Ausschluss der Schreibform(en):