Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Miete

Miete

, f., Müte, f.

Glosse zu pretium, merx, pignus 

I Gabe, Geschenk, Belohnung, Bezahlung

I 1 Gegenleistung für einen Gefallen oder für geleistete Dienste
  • [bereits westgotisch:] wairþs sa waurstwa mizdons is
    vor 384 (Hs. um 500) Ulfilas Tim. I 5, 18
  • hē mē mēde gehēt [er verhieß mir Lohn] 
    vor 750? (Hs. um 1000) Beowulf(Nickel) V. 2134
  • that sie at ênigumu manne mêde ne nâmin
    1. Hälfte 9. Jh. Heliand9 V. 1844
I 2 Löse- oder Schweigegeld
  • daz ich deheine miete vür minen lîp biete
    um 1180/85 Hartm.,Erec(Leitzmann)3 V. 976
  • het er die miete niht gegeben, so mvst er verlorn han daz leben
    2. Hälfte 12. Jh. HeinrGlichezare V. 2067
  • daz hiez er mich verswigen ... des gap er mir ze miete ein ganze grâfschaft
    um 1225 Wolfdietrich I B 207, 2
I 3 Leistung zur Erlangung eines unlauteren (Vermögens-)Vorteils, oft in formelhaften Wendungen mit Bitte (I 2), Freundschaft (III 5), Gabe (I), Geschenk (III), Gift (IV 2), Leid (II), Lieb (I 1), Liebtat (II), Liebung (I) 
  • niscolta sid manno nohhein miatûn intfahan
    2. Hälfte 9. Jh. Musp. V. 72
  • daz er umbe miêta niômanne nescádeta
    um 1000 Notker II 40
  • der rihter sol ... haben einen sunderlichen schriber ... der ... sol sweren ... daz er durh liebe noh durh leide noh durh miete noh durh deheiner hande dinch schribe ... wann daz reht ist
    1235 MainzRLFr.(Const.) 279
  • swer sinen kindern sallüt [Treuhänder] sezzit swie die sallüt dur miete den kinden übil tuont, werdent si des bezügot, so ist der lip der burger vnd das guot des herrin
    1275 Schreiber,UB. I 80
  • ist daz er [fürspreche] eines mannes wort sprichet, vnde von iemen gůt ... genomen hat, vnd disen versvmet dez wort er da sprichet durch miete wille, der hat ... gesvndet
    um 1275 Schwsp.(L.) LR. Art. 87 a
  • swelhe ... übersait wirt, das er von iemen miet habe enpfangen ... darvmbe das er iemen guot alde schade sî an dem râte ... der sol ain jâr von der stat sin
    1291 SchaffhRbf. 29
  • sprecma thene rediewa on vmbe tha lessa meyde [klagt man den Redjeven wegen (der Annahme) eines ... Geschenkes an] 
    Ende 13. Jh. BrokmerR. § 3
  • dat wy ... rechte richten den armen alze dem riken ... vnde laten des nicht dor leef noch dor leed, noch dor mede noch dor ghaue
    13. Jh. Hach,LübR. 171
  • das er [Flurschütz] nit verclagt, die durch der miet vnd lieb willen ... den schaden thunt
    vor 1307? Tomaschek,Trient 153
  • wort een man daertho gewonnen om vrienscepe of om miede, hi verbuerde lijf ende goet
    1330 MnlWB. IV 1574
  • [daß die Parteienvertreter vor Gericht] enkeine miete nemen ... suln, noch mietewan, durch das ieman des andern rede tů
    1335 ZürichStB. I 125
  • sollent ... dieselben ritter erwelt werden ane miede vnd miedes geheis
    1366 Schannat,Worm. II 182
  • wer ... in den rat gat ... das die weder von herren, noch von burgern noch von nieman dehain mieta nemen sond umb dehain sach, das den rat oder das geriht angat
    1371 VillingenStR. 38
  • sullen dyͤselben unterkeuffer ... kein gabe, schenke noch miͤte nemen ... dez haben sy alle zu den heyligen gesworn. wuͤrden sy daran meineydig, dorumb sol man syͤ straffen
    1387 WürzbPol. 96
  • zoelen die twelf manne ... zweren ... dat si dat [Nutzen der Stadt] niet laten en zoelen om maesscap noch om swagherscap noch om meede noch om lieue
    1399 ZwolleStB. 226
  • ez mag nyemant zewg sein ... dem man myet gelobt hat
    Ende 14. Jh. SteirLl. Art. 154
  • alsa thi asega nimith vnriuchte meyda, sa ne ach hi nenne doem ma te delane [wenn der Asega unrechte Geschenke annimmt, so darf er kein Urteil mehr fällen] 
    14. Jh. EmsigerR. 20
  • ist aver daz der selb nach der chundung der echt zů dem gericht chumt unbetwungenleich und ân geding aller miet und unerchauft aller gab von dem richter ... der richter sol in auz der echt lazzen [ohne Abrede irgendeines Vorteils]
    14. Jh. WienerNeustadtStR. Kap. 3
  • ab eynr benotegit were vnd muste yn dy iudin geen, vnd lege ym denne eyner czehen marg vm eyne -- ane allirley andir mytte vnd uorsacz -- vff genante czeyt, vnd seyn gelt wedir uorderte ane des schade ... dys mag der vorleyer von deme leyer wol nemen
    1400 Böhlau,NC. 24
  • ende so wie myede name of gave, om eenighen man over vrede of buten vrede te misdoen, die verbuerde zijn lijf
    1401 Fruin,Dordrecht I 4
  • musten alle erbforster vnd zeidler ... sweren iglichs herren vnd des forsts recht zu melden ... vnd das nicht zulassen weder durch ... gab noch durch myte 
    1410 HohenloheRB. 324
  • off eynich van onsen scouteten ende scepenen overtuijctet woirde mit ... getuijgen dat hie miede, have oft gelt genomen hedde om onrecht te steycken, ende dat recht te krencken, die soude dat beteren ende rechten
    1411 CartSTrond II 193
  • alle de gene, de ... nemen mede ... vmme rechtes willen, de schullen wesen vnsem lande ... erlos
    DithmLR. 1447 § 10
  • alle meyda en eth [jede Bestechung ein Eid] 
    Mitte 15. Jh. FivelgoHs.(Sjölin) I 358
  • sie [Aufseher] sollent ouch von den lantbrotbecken ... dehein miet noch mietlon nemen allewile sie an dem ... ampt sint
    1454 StraßbZftO. 126
  • [Diebe sind] de gelt lenen, dar se mede af nemen
    1484 Lübeck/Schiller-Lübben III 50
  • es sollent ouch die kneht sweren ... kein myete ... zu nemen ... und wer sich darjnne anders hielte, der sol darumb und umb den meyneit gestrofet werden
    15. Jh. StraßbZftO. 13
  • si haben die boeszen zu setzen und entsetzen, sonder nut und schank
    1551 Hunsrück/GrW. VI 449
  • ob sich aber auß der partheien fürbringen ... befinden, daß der urtheyler ... von geschenck, miedt, gab, bitt, freundtschaft, feindtschaft ... ungerechte urtheyl geben
    1555 RKGO.(Laufs) III 53 § 6
  • [sollen die Ordnungshüter] einen ieden halten alß den andern, keinen übersehen, weder auß sonder mieth noch gab
    1568 WürtLändlRQ. I 119
  • dorfrichter, ier sollt ... angeloben ... ainem ieden ... der göttlichen billichait verhelfen, nit ansehen müed gab geschenk freuntschaft
    1581 NÖsterr./ÖW. IX 19
I 4
Zahlung über den aus dem jeweiligen Rechtsverhältnis geschuldeten Betrag hinaus, Zins; offen zu I 3 
  • den rihtæren ist dehein miete gesetzet ze nemenne umbe rehtes gerihte, und vil minner umbe unrehtez gerihte guot ze nemenne
    1274/82 Königebuch 66
  • dem rihter ist dehein miete gesetzet weder vmbe reht noch vmbe vnreht. er sol nvͥt nemen wan sine bůzze
    um 1275 Schwsp.(L.) LR. Art. 363 b
  • ez sol ouch niemen deheime ... meistern oder iren knehten, deheyne myete uber den vorgenanten lon, ez sient hosen, rocke oder anders, ... geloben oder geben
    1342 SpeyerUB. 423
  • dat sij [zamencopers] van den copere noch van den vercopere ghelof noch miede heyschen en selen, anders dan haren rechten zamecoep
    Mitte 14. Jh. CoutAnvers I 12
I 5 nur nl. und kurze Zeit belegt: Botschaft, Nachricht (wohl übtr. vom Lohn für den Boten, so MnlWB. IV 1573)
  • mied ... tijdinghe. nuntium
    1632 Kilian X5v
  • d'andre twee ... braghten ... miede, dat die van binnen [der Belagerten] een' sterke halvemaan achter den muur gemaakt ... haden
    um 1645 NlWB. IX 694
  • miede ... zeitung, bothschaft auf der see
    1759 Kramer,WB. I 975
II auf Zeit vereinbartes Rechtsverhältnis

II 1 auf entgeltliche Gebrauchsüberlassung einer Sache gerichtete Vereinbarung, oft auch (wie heute nur bei der Pacht) mit dem Recht zum Fruchtgenuß
  • efft den [Garten] imande thor myede hebben wolde
    nach 1447 MagdebSchSpr.(Friese) 180
  • daz dy frouwe von yrem manne met syner volbort ... gewest sy, unde her yr auch dy mythe selbist bestalt hat [dh. sie außerhalb seines Hauses eingemietet hat]
    1474 PössneckSchSpr. I 74
  • hat eyn man sin hucz adir eigin vormit, vorkoift her daz, der kouf tued di mite abe
    Ende 14. Jh. EisenachRB.(Rondi) III 31 § 1
  • sol kein taglöner, so zur mite wonet, einen knecht mieten oder halten
    1577 Preußen/QNPrivatR. II 1 S. 396
  • wann einer auf gethanen kauff, pact, miethe oder dienst den gottes-pfennig ... gibt, so ist solches alles kraͤfftig
    1586 LübStR. III 6 § 6
  • alle miethe ... sollen durch den kauff gebrochen werden, jedoch, daß der miether, wo seine zeit noch nicht aus waͤre, noch ein halb jahr zu wohnen habe
    DanzigWillk. 1597 II 2 § 14
  • diejenigen so nicht eigene puchwerk haben, und ihre erzt, hallen, felsen und waͤschwerk zur miethe bey andern puchen und aufbereiten muͤssen, von denselbigen sollen die puchherrn ein billigen zinß nemen
    1619 Lori,BairBergr. 448
  • in allen ... verbrieften ... contracten, als käufen, mieten, tauschen, pfandschillingen [soll die Schuld in der jetzt gängigen Münze bezahlt werden]
    1623 Sachsen/QNPrivatR. II 2 S. 71
  • in denen fällen, wo kauff vor mieth gehet, [ist] der bestäntner das bestandene gut zu raumen schuldig
    1713 TrierLR. XIX § 5
  • was ... gelt-verwechßlung ... fuͤr ein contract seye ... ein mieth und bestand, weilen der, welcher das gelt gibt, dem, der es empfangt, desselben gebrauch bewilliget gegen einen gewissen lohn
    1741 Leu,EidgR. IV 166
  • miethe gehet vor kauf
    1746 OstfriesLR.(Wicht) 270
  • daß positive gesetze den grundsatz festsetzen koͤnnen, daß kauf miethe aufheben soll
    1792 Eisenhart 390
  • die miethe muß von den erben sowohl auf seiten des vermiethers, als des miethers, ausgehalten werden
    1793 Schwarz,LausWB. III 280
  • von den regeln, die der miethe und dem pacht zugleich gelten
    BadLR. 1809 S. 464
II 2 Dienstvertrag, Vereinbarung zur entgeltlichen Überlassung menschlicher Arbeitskraft
  • der furst mich hett in knechtes miet / ich ass sin brot vnd sang sin lied
    nach 1471 Beheim,RChr. V. 1485
  • da sich ... ein dienstbote unterstuͤnde, ehe die zeit seiner miethe aus waͤre, aus dem dienste zu gehen ... soll ihnen bey straf ... kein anderer annehmen
    1543 CAug. I 20
  • sollen sich die kinder one wissen und willen irer eltern niemands vermieten; so es aber geschehe, sol solche miete untüchtig ... sein
    1577 Preußen/QNPrivatR. II 1 S. 382
III die aus der Miete (II) geschuldete Leistung

III 1 für Sachen
  • rinder, ross vnd ander vich, das mag man wol versetzen oder ze aigen geben, daz ez ainer wider lyhe vmb ain miet 
    1396 MemmingenStR. 271
  • das wir denselben hof ... an alle myet und an alle steuer, sunder allein umb den göttleichen lon ... beschirmen wollen
    1409 MBoica XV 84
  • 18 m. ... czu myte von czwen schiffen
    1412 MarienburgKonvB. 287
  • wer es sach, daz ein burger hete uberige bett, da von er miede neme, die soll er auch versweren
    1447 Walldürn 243
  • wer zů dem andern kuͤg stelt, zücht der gemeinder von zwayen kuͤgen ain kalb des jars, so git er kain miett; und wenn er es zwen winter gehept, so ist es halb des, der das zücht
    1484 SGallenOffn. I 228
  • vormeidet ... einer ein perd ... umme gewinst ... keme it ... to dode edder schaden, de dat gemeidet heft, de gift de ... meide, de ander steit sein eventuir
    vor 1531 RügenLR. Kap. 89 § 2
  • woe de lantherren ... ore huerluede ... to hoch ... myt de meide beswerden
    1543 Swart,FriesAgr. 201
  • wollen wir ... niemandts ... huetung oder holtzung ... er hette die vmb die miette, gestadten
    1547 CCMarch. IV 1 Sp. 772
  • wellen wir all in der alp kein ander mieten, weder geben noch brauchen, dann allein pur lauter salz
    1618 Vorarlberg/ÖW. XVIII 399
  • bau kosten von der miethe abziehen
    1724 MittKönigsberg 2 (1910) 199
  • muͤßen sie [Kaufleute] ihre veraccordirte miethe vor buden ... richtig bezahlen
    1731 RevalStR. II 393 Anm. § 24
  • daß ... der kirche desfalls [Kirchenstuhl] miethe entrichtet werde
    1772 Pufendorf,HannovLREntw. Tit. 7 § 5
III 2
für Dienste
  • swer umb garnt miet bechlagt wirdet, der sol in dem ring gelten mit pfant und mit pfenning
    Anf. 14. Jh. Bayern/GrW. VI 117
  • dy veͤre an der stat, dy ist ... der stat rechte gut, alzo das sy uns unde unsir gesinde ... sullin obirfuͤren ane myͤte unde ane phenninge
    1335 NeuzelleUB. 29
  • waz dy bürger koyffen oder sust ymant zufürt ane myte vnd ane lone, do had der czolner keyns ane
    1404 RudolstadtStR. 213
III 3 spezielle Bezeichnung des Entgelts für Waldnutzungsrechte im Tübinger Schönbuch
  • so hant sie von disem jar ze miet geben zu G. vii ℔ h.
    1383 DarstWürtG. XIX 23 Anm
  • so er [jeder bürger und einsäß zu Tüwingen] des jars kein ander müeth und müethmas gibt, so gibt er zu solcher wegmüeth auch vom wagen ... 6 h. müethmaas
    1553 DarstWürtG. XIX 41 Anm. 44
IV als Ort
  • ain yeder ... inner und außerhalb der müeth gesessen, der vonn alter gerechtigkait hat, inn unserm Schonbuch zimerholz zehowen, so derselbig ... bauen wil, soll er ... [es] unserm waldvogt anzeigen
    1553 WürtVjh.2 8 (1899) 442
IV 1 Bezirk, in dem gegen Miete (III 3) ein Wald- bzw. Holznutzungsrecht in Anspruch genommen werden kann
  • in die miet fahren [um dürres Holz zu holen]
    1557 SchwäbWB. IV 1662
IV 2 Wohnung, die gegen Zahlung von Miete (III 1) genutzt werden kann
  • es stehen drey miethen in diesem hause leer
    1777 Adelung III 498
IV 3 Annahme- bzw. Abgabestelle?
  • wans mit salcz auf tmiet khumen, haben sy ain lohn darumben
    1595 Steiermark/ZKulturg. 5 (1898) 297
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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