Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): 1Mutter

1Mutter

, f.

ahd./mhd. muoter, mnl. moeder, asächs. mōdar, afries. mōder, ae. mōdor 

I leibliche Mutter, Frau, die ein Kind oder mehrere Kinder geboren hat, in unterschiedlichen rechtlichen Kontexten
vgl. Trägerin (VI)
  • gif ceorl ⁊ his wif bearn hæbben gemæne, ⁊ fere se ceorl forð, hæbbe sio modor hire bearn ⁊ fede [wenn ein Freibauer und sein Weib ein Kind gemeinschaftlich haben, und der Mann stirbt, so behalte die Mutter ihr Kind und erziehe (es)] 
    vor 695 (Hs. um 925) Liebermann,AgsG. 104
  • men seget, dat nen kint siner muder keves kint ne si
    nach 1225 Ssp.(Eckh.2)LR. I 51 § 2
  • swelich maget ent veret weder ires vader vnde ire moder willen, se ne heuet an sin erue nicht to wardende
    1227 BrschwStR. § 34
  • stirbit abir uri andiri man unde heit su kint bi demi, unde sient di zu urin iarin cumin, die sulin abir dir mutir vormundi si
    um 1230 MühlhsnRb.2 178
  • starfft oek de moeder eer en de kinder na, de loue en arffenisse ontfange de vader half en de moedervrenden half
    1250? (Hs. 1532) Langewold 1250(R.) 368
  • dit selve recht hadden ok de denstman ... dat de sone behilt des vader recht unde de dochter der muder 
    vor 1270 Ssp.(Eckh.2)LR. III 73 § 2
  • halt ok de vader sine kindere in vormuntscap na er muder dode, swenne se sek van eme scedet, he scal en weder ... geven al er muder gut [ein Wort?]
    vor 1270 Ssp.(Eckh.2)LR. I 11
  • weder keiser noch pabest mugen in [unehelichen Kindern] dacz recht nimmer gegeben daz si erben ir mage als ob si in ir muter leibe ekint waren gewesen
    um 1280 (Hs. 14. Jh.) Schwsp.(Langform M) LR. Art. 44
  • swer got ... schildet oder vater und můter, dem sol man diu zunge an daz hackel legen
    1299 PassauStR. 174
  • londriuht ... sa god selua sette ... thet was thet fiarde bod: ... thu skalt eria thinne feder and thine moder [Landrecht ..., wie Gott selber es setzte ... das war das vierte Gebot: ... du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren] 
    um 1300 RüstringerR. 24
  • [Bezeichnung als] eyn sulfwassen verhyet heryenkynt, ane juwe moder [beleidigen zu wollen]
    1335 ZHambG. 49/50 (1964) 38
  • vater vnd der sun, een vnd geschwisterget kindt vnd des gleichen, die da sindt in der lynie von der muter vnd dem vater
    1338/47 Tomaschek,Trient 175
  • wer in des hantwergkes orten ... mit worten ubel handelte ... den andern sine mudere hiesse gefryhen ... der were ... zu pene virfallen
    1377/1480 FrankfZftUrk. I 27
  • ist dis [tode kint] eyn wibisname gewest, unde hat is eyn kindelin knechtelin gelassen, so behelt der toden frouwen muter die gerade
    Ende 14. Jh. GlWeichb. 379
  • alder thet bern is stocnaked iefta huslas and hit se thi calda winther ... sa mot thiu moder hire bernes erue setta [wenn das Kind splitternackt oder heimlos ist und der kalte Winter ... (herrscht), so darf die Mutter den Grundbesitz ihres Kindes verpfänden] 
    14. Jh. EmsigerR. 48
  • vormonderscap is een manlick ampt ind niet vrouwelick. dan doch dair geen monder in testament en is gegeven noch oec geen witlic voirmonder en is, soe mach die moeder des kints voirmonder wesen
    1430 KleveÄltStRHs. 21
  • doidet yemant siinen vader, siin moeder, siin suster off siin brueder ... des hii eygens erves off leens wardende is, alle siin wardingh hiieft hii verloeren
    1430 KleveÄltStRHs. 38
  • thiu moder thiu mey nime fon hire vnierige bern thes ieres fiff scillingar for lutherlan [eine Mutter darf von ihrem unmündigen Kinde jährlich fünf Schillinge als Windellohn nehmen] 
    Mitte 15. Jh. EmsigerR. 226
  • ther ne mey nen moder nene vnafte kinder tya to hir ayn god, huente thi feider faken vnwis is [es kann keine Mutter uneheliche Kinder (als Erben) zu ihrem eigenen Gut gewinnen, weil der Vater häufig unbekannt ist] 
    Mitte 15. Jh. EmsigerR. 228
  • vatter vnd můtter ... moͤgen iunge persone, die noch nit mündiger iare syn, vmb missetat straffen, doch ... messiglich nach gestalt der sach als vatterlicher liebe vnd früntschafft wol gepürt
    1499 WormsRef. VI 1, 24 § 1
  • ob aber das kindlein so kurczlich ertoͤdt worden ist, das der muter die mylch in den bruͤsten noch nit vergangen sein mag, so ist ein bestendige richtige erfarung derselben mysstat, das die meyde vnd dirnn, so man des verdenckt vnd junckfrawen sein wollen, an iren bruͤsten gemolcken werden; welicher dann in den prusten milch gefunden wirt, die muss von nodt wegen ein kindlein gehabt haben vnd sol peinlich gefragt werden
    1507 BambHGO. Art. 44
  • frawen sollen nicht gwalttragen, ausgenumen si haben armb und krankh vätter mueter een ändl oder hausswiert, die selb zu handlen noch ander gwalttrage(r) zu bestellen nit vermugen
    1528 ZeigerLRb. 93
  • das dieselbig mutter durch bosshafftigen fursatz vermeint, mit tödtung des vnschuldigen kindlins, daran sy vor, jnn oder nach der gepurt schuldig wirt, jr geubte leychtfertigkeitt verporgenn zu hallten
    1532 CCC. Art. 131
  • der knab soll nit zur ee ... nemmen: sin großmůtter, sin můtter, sin stieffmůter
    1533 BernStR. VI 1 S. 403
  • sollen die gemachten kinder ... den gemachten vatter oder mutter wie andere derselben natuͤrliche vnnd eheliche kinder erben
    1534 MainzUGO.(Saur) 15r
  • was vatter vnnd mutter, voͤgt, oder annder vonn irer kinden beuolchnen verwanndten oder annderer wegen ... in bezüchung vnd verpflichtung der ee zusagt oder glopt, dz soll genntzlich ... ghalten vnnd in der ee gar niemannts betrogenn werden
    1539 BernStR. I 288
  • die aigenleut sollen wir mit unsern prelätn, den vom adl und burgern füran tailn allso ..., das die sün den muetern und die töchter dem vattern nachvolgen söllen
    1553 BairFreibf. 249
  • weert dat yemant den anderen wiesede op sin moeder [ein unehrenhaftes Verhältnis zur Mutter vorwirft] off op een beest of desgelickes, die breke twee punt
    1558 VerslOudeR. 3 (1898) 359
  • sollen auch die soͤhne, ob ihre mutter wittbe bey ihnen verstuͤrbe, und keine tochter hinter sich ließe, ihrer verstorbenen mutter, nechsten nifftel ... die gerade geben
    Zeitz 1562 S. 282
  • zum andern gib ich ... zu vermercken das vatter vnd mutter zwüschen jren kinden vnd kindskinden testieren ... moͤgen
    1574 Frey,Pract. 613
  • die weiber sollen sich ... allerlei seuferei und trunkenheit und sonderlich die, so junge kinder haben, gar enthalten; denn die erfarung gibt es, daß die meisten kinder, wenn die mütter vol seind, erdruckt werden
    1577 Preußen/QNPrivatR. II 1 S. 381
  • stirbt aber das kind von solchem hinlegen [Aussetzen], soll die mutter nach gelegenheit des gefehrlichen hinlegens am lebendt gestrafet werden
    1583 HadelnLR.(Pufendorf) V 17
  • sol zwar ein predicant auch ein unehlich geboren kind nicht ungetauft lassen ..., doch sol er ... des kindes mutter bald nach der taufe ... öffentlich von der canzel vormelden und auch ... des kindleins ... strafen
    1592 Schlesien/Sehling,EvKO. III 476
  • vätter und mütter, pfleger, vormünder, welche die verführer ihrer kinder ... sind, sollen ... hingericht werden
    1625 FreibDiözArch. 27 (1899) 324
  • die ruthen-straff ist keines weegs nachzusehen, sondern zuschaͤrffen ... wann ein vatter oder mutter ihre tochter ... ein vormunder sein pfleg-tochter boßhafftig verkuppelt
    NÖLGO. 1656(CAustr.) 80 § 6
  • hat einer ein natuͤrlich kind, und nimmt seine mutter darnach zu der ehe. solches kind, ein oder mehr, werden ehelich gemacht durch die nachfolgende ehe
    1717 Blüting,Gl. I 101
  • mantel-kinder, liebes-kinder, werden unechte kinder genennet, welche durch erfolgte trauung sind geechtet worden. diese werden den echten gleich geachtet. die benennung kommt daher, weilen ... sitte ist, daß dergleichen kinder, wenn sich die mutter trauen laͤsset mit an den altar neben die mutter treten, und sich waͤhrender trauung an ihren mantel oder kleid halten, als wodurch sie legitimiret werden
    1739 Zedler XIX 1102
  • die mutter hat in Teutschland so wohl eine gewalt uͤber ihre kinder als der vater. sie fuͤhret auch nach des mannes todt die vormundschaft uͤber selbige
    1762 Wiesand 766
  • gesetzt aber auch, eine fuͤrstl. mutter, welche veniam aetatis erhalten, koͤnne nicht allein regieren
    1767 Pütter,JurPraxis II 278
  • sind die eltern ... uneins, so muß des leiblichen vaters meinung dem gutfinden der mutter jederzeit vorgehen
    um 1772 Pufendorf,HannovLREntw. Tit. 71 § 14
  • wenn eine mutter mit ihrem sohn blutschande getrieben haͤtte, muß ... dieselbe strafe statt finden [wie für einen Vater]
    1783 Quistorp,GrundsPeinlR. 969
  • im preußischen darf man saͤugende muͤtter nicht ins zuchthaus verurtheilen
    1785 Fischer,KamPolR. I 397
  • im mittelalter vererbte sich der geburtsstand und der adel der mutter mit ihrem vermoͤgen auf die natuͤrlichen kinder fort, ... kein weib traͤgt einen bastard; welches man den kunkeladel nannte
    1785 Fischer,KamPolR. I 80
  • [ohne Vereinbarung] folgen in ansehung der religion die soͤhne dem vater, die toͤchter der mutter 
    1788 Gadebusch,Staatskunde II 233
  • eine gesunde mutter ist ihr kind selbst zu säugen verpflichtet
    1794 PreußALR. II 2 § 67
  • die aus unehelichem beyschlafe erzeugten kinder erhalten in allen fällen, wo der mutter die rechte einer würklichen ehefrau des schwängerers beygelegt worden, die rechte der aus einer vollgültigen ehe erzeugten kinder
    1794 PreußALR. II 2 § 592
  • wird die frau des arrogators hierdurch nicht in das verhaͤltniß einer rechten mutter gesetzt, sondern das angenommene kind bleibt in der natuͤrlichen verbindung mit seiner leiblichen mutter 
    1798 RepRecht I 280
  • die toͤdtung eines neugebohrnen, unehlichen, lebensfaͤhigen kindes, von dessen existenz nur die mutter und ihre vertrauten wissen, durch jene ist das verbrechen, welches man unter dem ausdruck kindermord ... zu verstehen pflegt
    1798 Grolman,KrimRWiss. 272
  • es ist vorzuͤglich die pflicht des vaters, so lange fuͤr den unterhalt der kinder zu sorgen, bis sie sich selbst ernaͤhren koͤnnen, die pflege ihres koͤrpers und ihrer gesundheit ist hauptsaͤchlich die mutter auf sich zu nehmen verbunden
    1811 ÖstABGB. § 141
  • von der vormundschaft sind ausgeschlossen. alle weibspersonen; nur eine mutter oder großmutter nicht, wenn selbe das geschäft freywillig mit einem mitvormund uͤbernimmt; eine zweyte verehligung der mutter aber hebt die vormundschaft auf
    1813 Landadvokat 162
II
geistliche Mutter, Äbtissin, Priorin, Oberin
III Besitzerin, Leiterin von Gesellenunterkünften
  • dy gesellin sollin vater wnd mutter eren, heyssinde den vater vater wnde dy mutter mutter ... wnder der busse eynis halbin groschyn
    1486 Kaindl,Karpath. I 342
IV die Kirche als Mutter gedacht
  • dass ... die kirche zu W., als eine rechte vnd oberpfarr-kirche oder mutter, vnd die kirche zu R., als ein filial vnd tochter derselbigen ..., durch einen priester oder pfarrer, dem die herrschaft zu W. ... die rechte pfarre vnd mutter leyt, mit göttl. ambte ... versorget sollen werden
    1481 Görlitz/Haltaus 1438
  • denn die kirche ist ein mutter deß heiligen reichs, als die leges sprechen
    1577 Melchior Kling, Das gantze sechsisch Landrecht (Leipzig 1577) 10v
V
Urfassung, Original
  • die sach eygentlichen zu erfarn, ist eyn buch in der kemeryge, do seynt vaste rechenbrieffe zusamene gebunden, suche man in dem rechenbrieffe ... vnd auch in der mutter findet man inne clerlichen was das geschencke gewest ist
    1440 Erfurt/Michelsen,Rdm. 526
  • tompt aer ackers modher 
    oJ. Graf u.Dietherr2 122 Anm. 313
VI Oberhof
bdv.: Mutterhof
  • das recht ze sprechen noch des hofes recht vnd gewonheit zů S., denn derselbe hoff ein můter aller hofen ist
    1420 Elsass/GrW. IV 34
VII Muttertier
  • mag der chlager pringen selb dritt, daz es [gestohlenes Vieh] zuo der zeit sein ist gewesen, dô es im raupleich oder diupleich genomen ist, und hât auch des vichs muoter, dô di lebentich ist, des sol er geniezzen
    vor 1328 Ruprecht(Claußen) Art. 76
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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