Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): naß

naß

, adj., adv.


I flüssig

I 1 konkret gebr.:
  • uff alle ... drucken und naße gewar ... soll man ie von eins gulden wert ein pfenning verungelten
    1489 Weinheim 397
  • zumahlen ... das bier und andere aus anderen fruͤchten als trauben oder wein verfertigte getraͤnck ... unter dem in der eydgenosschafft auch uͤblichen nammen der nassen fruͤchten auch eingeschlossen werden
    1728 Leu,EidgR. II 98
  • zur wroge gehören ... alle zu drogen und nassen wahren (gehorigen) maßen
    1730 JbOldenb. 17 (1909) 219
I 2 in stehenden Wendungen: nasses Maß Maßeinheit und Meßgefäß für Flüssigkeiten, nasse Fächt Eichung der Flüssigkeitsmaße, nasser Kür, nasser Zehnt Abgabe in Form von Flüssigkeiten, nasse Leistung Einlager mit Anspruch auf Getränke, nasser Dinghof (I 4) Dinghof mit Verpflegungsleistung an Gerichtstagen durch den Gerichtsherrn?, nasses Haus öffentliches Bad?
  • der gronthere sal hauen den koer bynnen dem lande, nass in drüge, doit ind leuendich
    1413 Niederrhein/GrW. II 782
  • ain ieder ... soll sein eln, wag, alles gbicht und maß trucken und nasse pei der straf schuldig sein zu dem lezten ehehaft z bringen
    1435 OÖsterr./ÖW. XII 162
  • vanden houten natten maten, van stoep, van mingelen ende van pinten, die nye geijckt en hebben gheweest
    1450 Fruin,Dordrecht I 296
  • wurben von zcunfften und gemeynden, umbe drogken und nasse maße zu rechtfertigen
    1451 MarburgRQ. II 4
  • man verpeut auch alle laistung trukchne und nasse bei 60 und 5 ℔ ₰
    1465 OÖsterr./ÖW. XII 664
  • es sol auch chainer an willn und erlaubnus der herschaft füer ander herrn leüt ... nit parg werdn, desgleichs nass noch truken laistung an erlaubnüs nicht halten pei dem wandel
    1485 OÖsterr./ÖW. XII 195
  • [Übschr.:] ordnung der nassen facht
    1520/48 KonstanzWirtschR. 48
  • ordonnantien ... op alderhande ghewichten ende maten, nat ende drooghe
    1582 CoutAnvers II 86
  • sollen nach gehaltner frue maltzeit die meister vnd meisterin mit einander inn das nasse hauß gehen, darinnen den meistern sowol als den weibern ein wannen eingegoßen ... werden
    1584 EgerZftO. 121
  • in Ober-Hessen bestehet sie [die lehnware] im gelte und korbe. in disem wird der nasse oder der trockene weinkauf uͤberbracht. der nasse enthaͤlt eine oder mehrere maßen weines. der trockene bestehet in kuchen und koͤppel kaͤsen
    1757 Estor,RGel. I 195
  • zu K. gehört der zehenden dem gottshause, sowohl der große als kleine, trockene als nasse 
    1773 GasterLsch. 602
  • les deux autres collonges dependent de la seigneurie (de R.), scavoir: 1. la collonge seigneuriale ditte R. dinckhoff, ou der trockener, parceque l'on donne ni a boire ni a manger aux hueber ... la 2. collonge dite le S. D.s dinckoff ou le nasse dinckhoff
    18. Jh. Elsass/GrW. IV 243
II feucht oder mit Flüssigkeit getränkt

II 1 konkret gebr.; nasse Gegenstände, die sonst handelsüblich in trockenem Zustand angeboten werden, lassen eine Straftat vermuten
  • sô getâneu recht sol haben alles nazzes gwant, daz aus der wesche verstolen wirtt, und auch alle nazz loden, ê das si ertruchen
    vor 1328 Ruprecht(Claußen) Art. 99
  • uere dat also dat eyn man queme. vt vnser kumpanie den god gheplaghet hadde dat sin ghut nat were worden deme schalmen vnt wiken also lange went hee dat sine berichtet heuet. vnde schal hee den hof rumen
    1354 MLiv. IV p. 187
  • were ok, dat en an dissen breve jenich brake were ..., dat were an scrift ... of dat dey breyf nat, holden of verloren worden, noch tan zold ik en holden, als of hey an ziner vollenkomener macht were
    1368 InvNichtstaatlArchWestf. III 66
  • waͤr oͮch dazu [!] irre brief gemaͮsget oder naß wurde ..., daz sol ... kainen schaden bringen
    1377 MHohenberg 620
  • wie diser brieff vngefaͤrlich gebresthaft waͤr, an bermit nass, maͮsoht oder loͤchrot, ... daz sol ... disem brieff an sinen kreften kainen schaden bringen
    1385 MZoll. I 265
  • wie oͮch diser brief ... bresthaft ... wurde an bermit, an geschrift nass, loͤchrot oder maͮsot
    1393 FürstenbUB. VI 25
  • die juden hând ôch die fryghait, das su̍ uff aͤllu̍ pfand lyhen mugent, si sygint du̍big ald roͤbig, ussgenomen dryger layg pfand, das sind zerbrochen kelch, blůtig gewand, und nass hu̍t
    1399 FeldkirchStR. 165
  • es sol ouch ein jeglicher wirt ... win geben ... umb pfenig und uff pfand ... ăn blůtige pfand und ăn nasse pfand
    Anf. 15. Jh. ZürichOffn. I 390
  • in soll auch nicht schaden, ob er myßschriben wer an wortten, sylben, puchstaben, zu kurcz oder zu lanck, locherig, maylig oder naß wuͤrde in dhein weise
    1443 Nürnberg/DRWArch.
  • das recht ..., das ain ieglicher leitgeb ain fueder wein und ein fueder pier sol schenken ân leitrecht. begreift män in aber mit nässem zaphen an sand Merten abent, ... der muess gebm zweliff phenning zu leitrecht
    15. Jh. NÖsterr./ÖW. XI 418
  • sie sollen auch macht haben ... zuekhauffen, wass inen zuegetragen würdet, ausserhalb schwaissigen khlaydern, nassen heutten und nassen tüechern ... und allen andern was wissentlich gestohlen gueth ist
    1617 Tänzer,GJudVorarlb. 22
II 2 in stehenden Wendungen: nasse Wunde blutende Wunde; nasser Streich Hieb mit einer Waffe, eine blutende Wunde verursachend; naß freveln jm. eine offene Wunde beibringen; Tod mit nasser Hand Enthauptung; in Pertinenzformeln: nasser und trockener Grund Gewässer und Ländereien, vgl. Nasse; nasser Bannwein angezapfter, zum Verkauf freigegebener herrschaftlicher Wein?, nasses Schiff im Wasser liegendes, fahrbereites Schiff?
  • [Verkauf eines Besitzes] alze dyt vorbenomede gued myt der grund, druge vnde naat, in syner veltmarke ... beleghen is
    1389 MecklUB. 21 S. 282
  • van minem dele ghudes ..., alse dat ... hoch und syd, dröghe unde nath, ... unde mid alle synen tobehöringhen is beleghen
    1448 Bordesholm/Westphalen,Mon. II 426
  • H.K. settede syn natte schyp in de hende [von 6 Gläubigern] met allre tobohorynghe, und is sus ere handsettende gut
    1487 PommMbl. 29 (1915) 13
  • wäre esz, dasz ein herr zu R. einen nassen banwein gen N. legte, so solten die männer die uf den sieben gütern den helfen trinken
    1494 Franken/GrW. VI 51
  • [Verkauf eines Besitzes mit Zubehör] bewechlich vnde vnbewechlich, ... broͤken, wisschen, weyden, wateren, ... ackern, in vnde mit aller grundt, droge vnde natt 
    Anf. 16. Jh. StaatsbMag. VII 440
  • weisen angezeigte scheffen ... einem ... abt ... in dem dorff undt hoff F. zu bann und mann, grund und erb, naß undt trücken, dührr und grün, auff der erden und under der erden, den fluck in der lufft, büsch und wälde, wege, wippel und strünck, wasser und waydt, nichß außgenommen, allein für ein recht undt niemandts gemein
    1541 LuxembW.(Majerus) IV 250
  • welcher am fahr, in der mulin und ... auch in der badstuben, es sei trucken oder naß frevelt, ist allweeg dreizehen pfund ... verfallen
    1578 WürtLändlRQ. II 256
  • wvrde aber ein solcher rumorer jemands eine nasse wunden ... an seinem leib zufuͤgen, so sol fernere vnd schaͤrffere straff bey der obrigkeit jeden orts erkaͤntnus stehen
    1599 OPfalzLO. 142
  • ["haben die Richter auf] tod mit nasser oder blutiger hand [erkannt"]
    16./17. Jh. Heinemann,Richter 97 [urk.?]
  • ein grosser, daß ist ein nasser bluottfreuel ist dreitzehen pfund
    1606 Reyscher,Stat. 545
  • wo aber einer frävenlich ein wer iber ain auszuckt, so ist er ... dem herrn 60 ₰. tuet er aber ein naßen streich, so ist er dem herrn verfallen 1 fl.
    17. Jh. Steiermark/ÖW. X 134
III
betrunken, trinkfreudig, verschlagen
  • das sindt myr freylich nasse knaben, / die fill verzeren vnd wenig haben, / in halben hossen eynher traben, / ... und von dem stegreiff sich erneren
    1512 Murner,Schelmenzunft 98
  • ein unnützer nasser vogel, als man dann solche gesellen pflegt zů ... nennen, welcher zů vielmalen umb kleine diebstal in der gefencknuß gelegen war
    1555 Wickram III 39
  • [über einen Dieb:] N.N. ein n[ass]er, leichtfertiger und verwegener vogel
    1586 SchweizId. IV 792
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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