Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Oberacht

Oberacht

, f.

von Aberacht bis etwa 1650 lautlich oft nicht zu unterscheiden

I gesteigerte 1Acht bzw. Unteracht, die nach einer Frist von Jahr und Tag über einen geächteten Täter als stärkstes prozessuales Zwangsmittel (mit voller Friedlosigkeit als Folge) verhängt wird; häufig gebr. in der Formel Acht und Oberacht 
vgl. ober (III)
  • wer sich in iare unde in tage. nicht czuth usz usz [!] der achte, den brenget man in dy oberachte 
    nach 1358 Rb.n.Dist. IV 20 Dist. 9
  • wer sich usz der achte zcuth unde rechtes nicht en phleyth, wert he des oberwunden, man tud on in dy oberachte, also ab he ior unde tagk dorinne gewest wer
    nach 1358 Rb.n.Dist. IV 20 Dist. 10
  • dy jenne dy jn des reiches achte sint vnd freuelichn jar vnd tag dar jnn legen, das dy oberachte vff sie gheyt vnd kommet, den selbin mag men zcu leibe vnd gute gedengken
    um 1483 Neumann,MagdebW. 150
  • rathmanne, innungs-meister und gemeine der alten statt Magdeburg, als in der kayserl. majestaͤt und des heil. reichs acht und ober-acht erklaͤrte echter
    1549 Moser,StaatsR. 28 S. 54
  • als wir ... durch unser erzeigte ungehorsambe und widerspenigkeit ... in des heil. roͤm. reichs acht und ober-acht kommen ... seyn
    1549 Konstanz/Moser,StaatsR. 40 S. 151
  • ain jeder der im pann, in der acht oder oberacht und bekanntlich ist
    1556 WürtLändlRQ. II 751
  • [es sollen] solche acht und ober-acht durch oͤffentlichen anschlag ... offenbahr gemacht werden, welchem nach der obergeachtete ... von maͤnniglich ergriffen ... werden mag
    1670 GothaGO. III 10 § 18
  • als gebiethen ... wir von roͤmisch-kayserlichen amts wegen ... bey vermeidung unserer und des heil. reichs acht und ober-acht 
    1702 CCMarch. III 2 Sp. 142
  • daß hinfuͤhro niemand ... ohne rechtmaͤßig- und genugsame ursach, auch ungehoͤrt, und ohne vorwissen, rath und bewilligung des heil. reichs churfuͤrsten, fuͤrsten und staͤnden, in die acht oder ober-acht gethan [werden soll]
    1711 RAbsch. IV 251
  • ober-acht, ist eine harte straffe in saͤchsischen rechten, dadurch die fluͤchtigen und peinlichen verbrecher, nachdem sie vorhero durch einen anklaͤger, oder durch den fiscal angeklaget, und in 3. herren lande oͤffentlich citiret, aber wegen ihres ungehorsamlichen aussenbleibens in die unter-acht erklaͤret worden, nach verfliessung eines jahres wiederum etliche mahl citiret, im fall ihres fernern ungehorsames aber vor infam und in die ober-acht erklaͤhret, an leib, ehr und guth durchs gantze land gemein gemacht, ihrer guͤter beraubet, und von jederman, der sie ertappet, dem richter zur leib- und lebens-straffe koͤnnen uͤbergeben werden
    1717 Hübner,ZtgLex.8 1201
  • daß weil beyde gewesene churfuͤrsten zu Coͤlln und Bayern durch diese urtheile in die acht und ober-acht erklaͤret, aller ihrer lande, regalien und dignitaͤt entsetzet, mithin aus der zahl der getreuen churfuͤrsten und glieder des reichs ausgeschlossen und verstossen worden, ... auch die chur-lehn-briefe, von ihr. kayserl. maj. wuͤrden cassiret und zernichtet werden
    1720 Lünig,TheatrCerem. II 982
  • ober-acht est poena lege imp. publica stabilita, qua immediati aeque ac mediati, si hostilia contra imperatorem, imperium aut constatum exerceant, communi ciuitate exclusi, hostes, consensu omnium imperii ordinum iudicantur, et terris, iuribus, ac priuilegiis exuuntur. es ist das letzte decret, welches sogleich die strafen nach sich ziehet: und in so weit von der acht unterschieden; wiewohl doch beyde zusammen durch eine einzige handlung zu geschehen pflegen
    1751 Buder 835
  • es ist auch ein unterschied zwischen der ober- und unteracht. die erstere gab die freyheit den geaͤchteten umzubringen, nicht aber die letztere
    1762 Wiesand 23
  • auch sind die geaͤchteten unfaͤhig lehen zu erwerben. das gilt nicht allein von der reichs, sondern aus der landesacht, nemlich der saͤchsischen oberacht 
    1784 Schnaubert,ErläutLehnR. 267
  • ehemals war zwar bey eigentlichen capitalverbrechen der sogenannte bann- oder achtsproceß uͤblich, bey welchem ... der verbrecher erst in die unteracht, dann in die oberacht verdammt wurde, welche leztere Verlust des vermoͤgens, der ehre, aller buͤrgerlichen rechte und sicherheit wuͤrckte; heutzutage indessen ist dieser fast durchaus antiquitaͤt
    1798 Grolman,KrimRWiss. 487
II Reichsacht iU. zur 2Landacht, Unteracht 
  • zwar haben auch die staͤnde des reichs ihre lands- oder unteracht, welche besser proscriptiones oder relegationes genannt werden, sie erstrecken sich aber nur uͤber das territorium, nicht uͤber das gantze reich, wie die kayserl. ober-acht 
    1705 KlugeBeamte I2 98
  • dann ober-acht soviel, als die acht durch das gesammte reich bedeutet, die an sich keinem stand zukommet, obgleich Oesterreich und Sachsen das recht, in des reichs-ober-acht zu erklaͤren, sich ex privilegio anmassen
    1752 J.P.v. Ludewig, Erläuterung der Güldenen Bulle II (Frankfurt 21752) 94
unter Ausschluss der Schreibform(en):