Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Pfahl

Pfahl

, m.

im Mnl. auch palle 

I runder oder kantiger Stecken, Stab aus Holz (auch aus Stein) mit zugespitztem Ende

I 1 als Strafwerkzeug bei Ehebruch, Kindstötung und anderen Verbrechen; bei der Schiffszerstörung wegen Mißachtung des Stapelrechts; auch übertragen auf die Strafe der Pfählung (II) 
  • swer den anderen beraubit sîner êren an sîner hausvrouwen, begrîft man si beide mit der wâren tât, und begert man gerichtes dar uber, sô ist recht, daz man si beide lebendic begrab, und sol zwû burde dorne haben, ein legen under si und ein uber si, und einen phâle durche si slahen, und denne daz grap zû werfen
    1348/58 ZwickauRb. III 2, 29
  • das guyt was deme koufmanne [der das Kölner Stapelrecht mißachtet hatte] verloren und daz schyff furten sy bij die stat uf eynen santwerd, da galge und gerichte ufstunde und slogen eynen groissen phaill dairdurch, der in den vurgangnen 20 jaeren nechst vill durchslagen worden syn
    1472 QKölnHandel II 284
  • welhe fraw ain kind verthut, die sol lebendig in das erdtrich begraben vnd ain phal durch sy geschlagen werden
    1499 TirolHGO.(Schmidt) 134
  • dem H. D. für die zwo zangen zum prennen vnd fur das spitze an den pfal geben 32 kr
    1534 Schuhmann,Scharfrichter 246
  • wan man den teich wieder machet, so man ihn überkommen kan, so schall man een den ersten pahl durch das leib schlan nha diekes recht
    1537 Gierke,DeichR. II 685
  • ob nicht in dem urthel einer straff gedacht wird, welche auch an den todten leichnam (zum exempel feuer, pfahl, vierteln ...) sollte ausgeuͤbet werden
    1707 SudetenHGO. Art. 21 § 6
I 2 Pfahl, an den jmd. zum Strafvollzug gebunden wird, bei Schandstrafen, aber auch bei Todesstrafen auf dem Scheiterhaufen
  • alda vfn scheiterhaufen setzen, zuvor an einen pfahl binden und daran der körper zu bulver und aschen verbrennen solle
    1668 Schuhmann,Scharfrichter 246
  • gerechtsame, als die setzung eines pfahls und halseisens auf den kirchhoͤfen und bestrafung derer, die unter dem gottesdienste sich ungebuͤhrlich bezeigen
    1702 StaatsbMag. VI 35
  • der auff den tag da seine wacht seyn wirdt truncken ist, soll zum erstenmahle in offener parade, so lange an den pahl gestellet werden bis er nüchtern ist
    1708 ZHambG. 8 (1889) 524
  • pfahl eine soldaten-strafe ... daß N. ... eine stunde lang an den pfahl zu schließen
    1800 Hommel,TFlav. II 603
I 3 Pfahl, auf den nach vollzogener Strafe ein abgetrennter Körperteil gesteckt oder gebunden und ausgestellt wird
  • [es sei] nehmlich der kopf und die rechte hand abgehauen, so daselbst oben auff das rahthaus gestecket worden, der leib aber in 4 theil zerhauen, [die man auf den vier ecken der stadt] noch ... an einem pfahl mitt ketten angebunten stuckweis [sehen könne]
    1672 Ayrmann,Livl. 9
  • welcher die leute ... gewaltig anfaͤllet und beraubet, derselbe soll ... mit dem schwerdt gerichtet und dessen kopff auf den pfahl gesteckt ... werden
    1672 Lünig,CJMilit. 118
  • [Nachrichtergebühr 5 ß bei:] schwerdt, strang, radt, feuer, wasser, viertheilen, vor gericht zu führen, da die execution nicht fort gehet, kopf auf den phalf zu stecken, auf das rad zu legen
    1692 Nordhoff-Behne,StrafRSchwäbHall 123
  • ist mit dem schwerd vom leben zum tod hingerichtet, der körper auf ein rad geflochten, der kopf auf einen pfall gestecket und hierüber ein galgen errichtet worden
    1733 Strnadt,Mat. 355
  • [Scharfrichterlohn:] den kopf oder eine hand auf den pfahl zu stecken, 5 [fl.]
    1743 NArchHeidelb. 1 (1890) 267
  • [härtere Todesstrafe:] durch handabschlagung mit- oder ohne aufsteckung des kopfs, oder kopf, und hand, oder der hand allein auf ein rad, oder pfahl, oder anheftung der hand an den pranger
    1769 CCTher. 5 § 4
I 4 als Weinbergpfahl Gegenstand besonderer rechtl. Regelungen
  • die wingarthen sollin bereit sin vor sand Johans dage, iglichem stocke sinen pahil, obe iz noit dut
    1400 Erler,Ingelh. I 140
  • vom pfaͤlkauff ... daß die pfaͤl, so in vnser hertzogthumb ... zuverkauffen gefuͤhrt werden, gute wehrschafft sein, vnd soll benanntlich der pfal an der lengin halten vngefahrlich siben werckschuch
    WürtLO. 1621 S. 826
I 5 Pfahl als Symbol der Bannung oder Privilegierung eines Ortes
vgl. Friedpfahl
Sachhinweis: K.-O. Müller, Der Rechtsbrauch des Verpfählens/ZRG.2 Germ. 42 (1921) 110ff.
  • sy halten denen, so noch nit gefallen sin, fur, sy seyen in ban und acht, sy schlahen inen pfall fur die huser, der maynung nit aus den heuser zu gon
    1525 Franz,BauernkrAkt. 174
  • die gemeinde macht haben, ihm einen pfahl für die tur zu schlagen und die gemeinnutzung, wunn und waid so lang zu sperren bis er die verfallene straf ... bezale
    um 1525? JbMittelfrk. 56 (1909) 75
  • altem gebrauch nach einen pfaal fürs hauß zue schlagen, wun und waid zu verbieten, biß sie zum gehorsamb gebracht werden
    1615 WürtLändlRQ. II 448
  • daß die boͤrse ein privilegierter ort sey und zu jedermanns warnung bey derselben allhier einen pfahl mit einem brett, worauf eine hand und beil bemahlet zu setzen befohlen
    1681 CCPrut. III 418
I 6 Pfahl zur Markierung zB. der Wasserhöhe und von Grenzen, im Pl. von Pfahl (II) kaum zu unterscheiden
  • die pael ochte meer uutdoet, hi es om iii pont
    1284 MnlWB. IV 1291
  • twelke ghoet gheleghen es binnen desen marken ende palen 
    1294 CronDunis III 621
  • and thi redia alsa rede, ther vr sveren is, sa halde ma se mith ethum, and hit mith holte and mith pelem biset se [und wenn der Redjeve, der dafür vereidigt ist, dies bestätigt und das mit Holz und mit Pfählen abgemarkt ist, das (alles) soll man (im Streitfall) mit Eiden behalten.] 
    Ende 13. Jh. BrokmerR. 94
  • dair men bosch noch rivire noch grave en liep, dair men rechte landmerke bi nemen mochte of weten mach, zoe zoude mi denken, dat men van den enen pale up den anderen voers. rechte rewiis trecken ende dat dair die landmerken ende die palen onderlinghe sceyden souden mit den besten rechte
    1326 BredaHeerlRbr. I 128f.
  • wer dem andern schaden tůt in sinen garten oder im sin margstein oder sin pfele oder sin zeichen an sinem gůte abe tůt ... ane geriht und urteil, der bessert i ℔
    1374/1401 SchlettstStR. 280
  • als ein ondersaet der banck van B. begert einen palle gerichtelike gesat te hebben, soo haen die gerichten dry alde groot van den palle 
    1388 MnlWB. VI 66
  • taswerc nemers misdoen vake zwaerlike ... als dusdaene nemen taswerc, wo wal dat ment weent [waant] bespreken, die sullen boven den pale steken und versubtilen ere maten ter lude cost und to ere baten
    14. Jh. MnlWB. IV 2326
  • dat de rad scholet vormoghen den nedern molner, dat de helpe den heren den utfall maken ... unde alse de rad unde heren des rede een gheworden sind unde dat rede in de pale ghetekent is
    1412 HamelnUB. II 19
  • [aus einer Fischereinung:] nymant sal ... synen phol slan vor sente Peters tage cathedra den man nennet in der lentze
    1445 WitzenhQ. 51
  • londcap, met skefte bimeten an mith pale bisleten [Kauf von Land, das mit der Rute vermessen und mit Pfählen abgegrenzt ist] 
    1. Hälfte 15. Jh. FivelgoR. 156
  • een geschil ... waarin eerstgenoemde partij een paal heeft doen zetten die door de andere partij weder werd verwijderd
    1472 BronnGZeist I 295
  • ter stecke ende ter palen vinden
    1485 MnlWB. VI 18
  • soe wanneer die schout op die landtdeelinge, tot versoucke van partyen, palen slaen moet, soe sal hy die vryen seggende: ick slae deesen pael hier int gescheyt van partyen
    15. Jh. (Hs.) Fruin,Dordrecht II 262
  • so sollendt die von S. drei zu solchem gepeu ... taugenliche maßpfäle dem alten gezeichneten pfohl gleich an der höhe geschlagen werden, von denen alle andere pfäle ir maß empfahen ... sollendt
    1531 SchlettstStR. 200
  • marckh ist in teutscher sprach, so vill als pfäll gesagt, umb willen das es daselbst der eußerster pfäll wahr
    1573 BlNÖLk. 2 (1866) 154
  • von maelsteinen pfhelen vnd andern grentze zeichen
    1597 PeineStat. 256
  • von den geschworenen markern gesetzte pfäl oder lochen
    1616 Schindler,VerbrFreib. 326
  • so sol der ungehorsame fuͤr ... jeden teichpfahl, so ermangelt dem teich-graͤfen i. marck bruͤche erlegen und daneben schuldig seyn ... seinen pfal zu setzen
    1643 Hackmann Mantissa 47
  • damit ... die unordnung vermieden werde, sind die wiesen ordentlich zu numeriren, juxta longitudinem et latitudinem zu beschreiben, und die numern auf die pfähle einzubrennen, wozu aber jeder eigenthümer die kosten hergeben muß
    1724 MittKönigsberg 2 (1910) 197
I 7
wie Pfahlgeld (I) 
  • nymandt sal seyn schiff hinderr seynn haus legen, sunder ehr gebe seynn phael auff das rathaus
    1. Hälfte 15. Jh. DanzigWillk.(Günther) 18
II Grenze, im Pl.: Bereich, der von Pfählen (I 6) abgesteckt wird, eingegrenztes Gebiet
Sachhinweis: Bader,Dorf. I 86f.
  • dat wy ... hebben gegeven ten zeeuschen rechte eenen [!] nieweland te dyckene binnen desen paelen 
    1315 Mieris II 151
  • so wat bynnen dieme S. ind bynnen synen pelen gescheit, id sy doitslach, swert of metz getogen ... dat sal der drosete van L. reichten
    1369 RhW. II 1 S. 95
  • selen deselve mesdadige ... gebannen werden uut den pale oft crijte des lants van Brabant
    1414 Stallaert II 111
  • niemant moet op ghenen dach in der weeck buten onse palen varen om saet ... om visch
    1456 SneekStB. Art. 196
  • in de palen van Vrancrike
    um 1470 Willems,Brab. I 558
  • de palen van zinen lande van V.
    15. Jh.? AardenburgRbr. 303
  • insghelicx dicendaechs naer baefmisse gaen sy ronts omme der heerelichede, vryende die uuytterste paele, ende limiten van dien, jeghens die van G.
    15./16. Jh. CoutSPierreGand 110
  • dese vrye richßgudere binnen desen vryen paelen met des keyser edict vordedigen
    16. Jh.? Steinen,WestfGesch. I2 1568
  • ein besonder territorium mit seinen besonderen pfälen des lands van G.
    vor 1625 TurckChr. 165
  • sie sollen innerhalb 24 stunden, nach ankunft eines schiffes, vor den pfählen der stadt, dem dispascheur die havarie andienen
    1828 Pöhls,HR. I 140
III die Wendung in den vier Pfählen bezeichnet den Bereich der Engstimmunität (Haus)
  • in wes vier pfaelen der hauszfrede gebrochen wirt, dem gebürt die helffte des hausfriedes
    1340 JurPrut.(Mat.) Kap. 87
  • daz man valsch vnd valsche pfennynge vor der stat in synym vorwerken vnd synyn vir pfelin vant
    1359/89 MagdebBresl. III 2 Kap. 15
  • eynen dip habe ich begriffen yn mynen vier phelen, by dem ich myn gut gefunden habe
    Ende 14. Jh. GlWeichb. 340
  • quod sibi dampnum illatum est in domo sua, alias yn seynen fir pfelen 
    1457 SPPolsk. XI 234
  • mith tha onscepena wede, as hit an tha tolnada merkede tuisca ta fiower palum fan kapliudum set wort
    1477 (Hs. Unia) His,FriesStrR. 366
  • alß demm eynem ichliken in synen vyr palen stede to hebben frede gewerkt is vnd das nicht geachtet [worden ist]
    1493 ZerbstFemb. 43
  • alle de jennen, de in synen veer palen uppe de tidt syn gewesen
    1498 HolstVierstUrt. 9
  • wath overst buthenn denn veher palenn is, dat schall by denn ervenn blivenn
    1540 Transehe,LivlMannl. 294
  • to deme gogerichte B. gehoeren de ingesetten der kerspele B. und S., uthbescheiden de ime dorpe und den veer pelen der fryheit B. wonnen
    1571 WestfLR. 169
  • hausfridbrechen, als da einer dem andern mit gewalt in seine vier pfähl lauft und den hausman beschädigt ... vierzig pfund
    1663 WürzbZ. I 1 S. 473
  • vermoͤge des hausfriedens wird ein jeder, der den andern in seinen vier pfaͤhlen beleidigt, strenge bestraft
    1785 Fischer,KamPolR. II 156
IV festgesetzte Regel, Verordnung
  • item, ghij heeren, zo hebben de broedere ende de zustre ghecort, ende oec curten alle daghen den zieken hare palen, twelke gaet ieghen alle porters ... in G.
    1349 BelgMus. 7 (1843) 94
unter Ausschluss der Schreibform(en):
unter Ausschluss der Schreibform(en):