Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Reichsgesetz

Reichsgesetz

, n.

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von einem Herrscher unter Mitwirkung der Mächtigen bzw. des Volkes erlassenes Gesetz, das die Grundlagen eines Gemeinwesens regelt; insb. durch Kaiser und Reich getroffene Vereinbarung mit Gesetzeskraft für das gesamte Reich (II) wie die Reichsfundamentalgesetze; auch das Reichsherkommen wird hierunter gezählt; die Reichsgesetze werden häufig in territoriale Verordnungen umgeformt
  • was aber vermittels richterlicher erkaͤntniß seine endschafft erreicht, das solle ohn unterscheid der staͤnden also vollzogen werden, wie es die reichsgesetz verordnen
    1648 TheatrPacis I 188
  • bey der peinlichen frage, als dem bißhero uͤblichen, und durch die reichs-gesetze festgesetzten mittel die wahrheit zu erforschen
    1717 BrandenbKrimO. IX § 1
  • sind ... die reichs-tags-policey- und tax-ordnungen ... auf reichs-zusammenkuͤnffte vor verbindliche reichs-gesetze und verordnungen billig angenommen worden
    1729 Moser,StaatsR. 45 S. 479
  • reichs-gesetze, reichs-fundamental- oder reichs-grund-gesetze ... heissen uͤberhaupt ... alle und jede gesetze in einem jedweden reiche oder staate, welche entweder von dem gesammten volcke, oder doch von denen vornehmsten staͤnden desselben zu besserm aufnehmen des gemeinen wesens, mit dessen fuͤrsten und regenten verabredet und errichtet werden. in ansehung des deutschen reichs ... sind die reichs- oder reichs-grund-gesetze nichts anders, als gewisse zwischen dem kayser und den staͤnden getroffene conventionen und vergleiche, wodurch der staat des roͤmischen reichs gantz oder zum theil formiret ... wird
    1742 Zedler 31 Sp. 83
  • ein unbeschriebenes und reichs-gesetze ist des reichs herkommen
    1742 Zedler 31 Sp. 84
  • weilen durch die crayse denen reichs-gesetzen nicht entgegen gehandelt werden kan
    1746 Moser,StaatsR. 28 S. 392
  • worzu sie [crays-staͤnde] theils die reichs-gesetze, theils das reichs-herkommen verbindet
    1746 Moser,StaatsR. 28 S. 197
  • die geschriebenen reichs-gesetze sind: die guͤldene bulle; die kayserlichen wahl-capitulationen; die reichs-abschiede; der land- und religions auch westphaͤlische friede; die deputations-tags und cammer-gerichts-visitations-abschiede. ein ungeschriebenes gesetz ist des reichs herkommen
    1751 Buder 1056
  • weil ... der allerhoͤchste kayserliche gewalt durch den wahl-vergleich und die reichsgesaͤtze in vielen stucken ... eingeschraͤnket
    1752 Greneck 78
  • alle diese reichsgesetze erhalten ihre gültigkeit und stärke weder von dem kaiser allein noch allein von den ständen, sondern von beiden zugleich ... eben daher sind der kaiser und die stände insgesamt zur festhaltung der reichsgesetze als legislatores nur paktweise verbunden, dahingegen einzelne stände und alle übrigen reichsuntertanen, ob sie schon nicht darein gewilligt haben, ex lege verpflichtet sind, selbigen gehorsam und folge zu leisten
    1757 RechtVerfMariaTher. 402
  • der kaiser und das gesamte reich haben allein das recht, die allgemeinen reichsgesetze authentice zu erklären, abzuändern oder gänzlich abzuschaffen, ohne daß ihnen irgendeine clausula derogatoria im wege steht
    1757 RechtVerfMariaTher. 403
  • reichsgesetze nennt man diejenigen verordnungen, welche die verfassung des reichs ... betreffen und mit gemeinschaftlicher genehmhaltung des kaisers und gesamter reichsstände errichtet und bekanntgemacht werden. geschieht dieses bei dem schluß eines reichstages, so heißen sie reichsabschiede
    1757 RechtVerfMariaTher. 402
  • gilt auch das reichsherkommen so viel als eine ausdrückliche satzung, so daß die reichsgesetze selbst dadurch können erläutert, abgeändert und aufgehoben werden
    1757 RechtVerfMariaTher. 415
  • reichsgesetze ... sind allgemeine vergleiche zwischen dem kayser und staͤnden, welche nicht nur allgemeine oͤffentliche staatsgeschaͤfte des ganzen reichs, sondern auch privatrechte einzeler personen enthalten
    1762 Wiesand 893
  • wir nehmen in gar vielen faͤllen unsere zuflucht zu den reichsgesetzen, so oft nehmlich die landesgesetze schweigen und sich auf selbige beziehen
    1762 Wiesand 894
  • bey den allgemeinen deutschen reichsgesetzen aber distinguirt man zwischen privat und anderen die reichsstaatsverfassung angehenden sachen
    1770 Kreittmayr,StaatsR. 151
  • wegen des herkommens sollen die künstler, professionisten und handwerker niemanden, als denen in den reichs- und landes-gesetzen ... namentlich ausgenommenen personen, eine anstellung machen
    1780 CSax. I 1078
  • einem deutschen reichsstande gebuͤhret nach der regel auch das recht, diejenigen reichsgesetze, welche die strafen gemeiner verbrechen bestimmen, in seinen laͤndern entweder ganz aufzuheben, oder doch in einigen stuͤcken abzuaͤndern
    1783 Quistorp,GrundsPeinlR. 4
  • den reichsgesezen, wenn sie privatrechtsmaterien zum gegenstand haben, vermag man durch statuten zu derogiren
    1785 Fischer,KamPolR. I 615
  • zu verhuͤthung aller wucherlichen kontrakte ... hat das polizeyrecht die zinse auf eine gewisse summe bestimmt, als nach den reichsgesezen ... auf 5. vom hundert
    1785 Fischer,KamPolR. III 387
  • eine vertrauliche verbindung ..., welche die konstitutionsmäßige erhaltung der deutschen reichsverfassung und derer reichsständischen gerechtsame nach denen reichsgesetzen und reichsfriedensschlüssen ... zur absicht hat
    1785 PolBrfwCarlAug. I 167
  • die uebung dieser landesherrlichen rechte aber ist ... nicht willkuͤhrlich, sondern ... der majestaͤt des kaisers und reichs untergeordnet und an die reichsgesetze gebunden
    1786 Gadebusch,Staatskunde I 340
  • [es] kann uͤberhaupt nicht bestritten werden, daß reichsgesetze fuͤr fuͤrsten auch in ihren familiensachen und privatgeschaͤfften allerdings verbindlich seyn koͤnnen
    1793 Pütter,ErörtStaatsR. I 165
  • in erteilung einiger privilegien sind die kaiser ... durch die reichsgesetze beschränkt worden: ... bei münz- ... gerechtigkeiten müssen die kurfürsten einwilligen
    um 1795 StaatsRHeilRömR. 50
  • die artikel aus dieser beständigen wahlkapitulation oder aus anderen reichsgesetzen und observanzen, oder was die kurfürsten rechtmäßig hinzusetzen mit einwilligung der stände, ist ein wahres reichsgrundgesetz
    um 1795 StaatsRHeilRömR. 41
  • daß durch die territorialgesetzgebung selbst den reichsgesetzen entgegenlaufende verfuͤgungen getroffen werden koͤnnen, wenn die reichsgesetze nur nicht absolut ge- oder verbietend sind
    1798 Grolman,KrimRWiss. 106
  • sollte jedoch ein solches reichsgesetz zum vortheil der landesherren, oder der landstaͤnde und unterthanen gemacht worden seyn, so kann es mit beyderseitiger einwilligung abgeaͤndert werden
    1798 RepRecht I 7
  • der schinder steht in einer solchen oͤffentlichen verachtung, daß vermoͤge ausdruͤcklicher reichsgesetze sogar seine nachkommen bis ins zweyte glied von innungen, zuͤnften und gewerben ausgeschlossen werden
    1798 RepRecht I 22
  • daß ein regent seine landesgesetze, in so fern sie keine landesvertraͤge sind, ... abaͤndern ... koͤnne, hierin sind die rechtsgelehrten ziemlich einig; hingegen wird aber uͤber die frage, ob ein reichsstand befugt sey, den reichsgesetzen durch landesgesetze zu derogiren, sehr gestritten
    1798 RepRecht I 6
  • verordnen ... die reichsgesetze, daß die banqueroutirer den dieben gleich geachtet werden
    1799 RepRecht IV 44
  • alle handlungen der reichsglieder müssen den staatsgesetzen conform sein, diesemnach erscheint jedes reichsglied bei allen durch absolut befehlende oder verbiethende reichsgesetze oder durch fundamentalgesetze bestimmten objekten nur als unterthan, nicht als gesetzgeber
    1804 Gönner,StaatsR. 97
  • verkündung und vollstreckung der reichsgesetze ... der kaiser in den theilen unseres teutschen staats durch die kreisdirektoren verrichtet
    1804 Gönner,StaatsR. 318
  • wenn gleich ... jeder landesherr gesetze für sein land ohne consens des reichs oder kaiserliche bestätigung vorschreiben kann, so bewährt dennoch ... der oberste grundsatz von der einheit des teutschen staats ... dass ... nichts gegen reichsfundamentalgesetze, und ... nichts gegen absolut gebiethende oder verbiethende reichsgesetze verordnet werden dürfe
    1804 Gönner,StaatsR. 456
  • die reichsgesetze sind theils reichsgrundgesetze, theils reichsprivatgesetze. jene werden vertragsweise festgesetzt und haben die ganze staatsverfassung des deutschen reichs uͤberhaupt ... zum gegenstande; diese aber betreffen lediglich privatsachen reichsstaͤndischer unterthanen
    1805 RepRecht XII 226
  • diese bestimmungen des reichsdeputationshauptschlusses ... erhielten ... im zweiten artikel des rheinischen bundesvertrags vom 12. jul. 1806, durch welchen sonst alle reichsgesetze fuͤr nichtig erklaͤrt wurden, die ausdruͤckliche ... bestaͤtigung
    1814? AktWienKongr. I 2 S. 23
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