Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): rein

rein

, adj. u. adv.


I von einem 1Eid: wahr, aufrichtig, formelhaft im Ggs. zu 2gemein, 1mein; von der Wahrheit: vollständig, lauter, reinen Mund halten die Wahrheit sagen (Beleg 1738), rein entledigt werden durch einen Eid von einer Anschuldigung freigemacht werden (Beleg um 1400)
  • sven aver die man gesat wert, so mut die klegere aller erst up ine sveren, dat he der dat scüldich si dar he umme vervestet si, dat ime got so helpe unde die hilgen. dar na sal sveren sin getüch, dat sin eid si reine unde unmeine
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. III 88 § 3
  • den eit, den H. gesworen hat, der ist reine unde unmeine, daz in got so helfe unde alle heiligen
    um 1300 FreibergStR. IX § 3
  • so muzen denne di sechse nach sweren mit einander also: den eit, den H. gesworn hat, der ist reine unde unmeine
    um 1300 FreibergStR. IX § 3
  • so suͤllent sechse dar gen und suͤllent ire hende legen auf des ersten arm, und suͤllent sweren, daz der ait reine sei
    1312 MGConst. IV 1236
  • den ait den ... der clager ... gesworen hat ... daz der ist raine vnd niht maine
    1314 NürnbHGO. 250
  • swer demselben seiner unschuld mit helfen berichten, der sol swern, daz er ân zweivel vestichlichen gelaub, daz der ait sein rain und niht main
    vor 1347 MünchenStR.(Auer) 271
  • scolen twene bederve man sweren, dat de edh reyne si unde ummenedich
    1. Hälfte 14. Jh. GoslarStR. IV 2 § 3
  • de eed, den disse man nu swor op dissen deyf efte rovere, de is reyne unde nicht meyne
    1355 DortmStat. 83
  • den eyd, den N. gesworn had umbe den mort ... der ist reyn unde nicht meyneyde
    nach 1358 Rb.n.Dist. IV 6 Dist. 7
  • daz dez klagers ayd rain sie vnd nit main
    1396 MemmingenStR. 251
  • den eyd, den P. umme dy gabe getan hat, der ist reyne und unmeyne
    Ende 14. Jh. GlWeichb. 411
  • sullen syne geczuge sweren das seyn eyd sy reyne unde nicht unreyne
    um 1400 MagdebFr. I 15, 5
  • eyn vroüwe van oreme manne vorclaget also eyn eebrekersche, vorsaket zee, de scal zick entledigen myt twelff eeden vthe deme hogesten gilde laghe ... wert zee reyne entledighet, men holde zee der zake vnschüldich
    um 1400 SchleswStR. 27
  • der kleger ... sol ... sechs eide sweren uber den schadbarn man ... u. sol darnach den sibenden eid sweren, das er sechs eide sein reine u. nit meine
    Anf. 15. Jh. WürzbZ. I 1 S. 657
  • das ... der ... von R. ... zwen erber vnuersprochen man haben sol, die ouch liplich ze got vnd den heilgen swerren, das sin eid rein sye vnd nicht mein
    1419 GlarusUrkS. I 514
  • sechs mann auch also swern gelerte eide, das ... sin eid also rein si und nicht meine
    1426 Mergentheim 155
  • so swere her eynen eyd, das dy eide, dy her gesworen hat, dy synt reyne und unmeyne
    1435/54 DanzigSchB. 8
  • mussen dy geczugen sweren, daz uwer eyd reyne unde nicht meyneyde sy
    1474 PössneckSchSpr. I 174
  • hie kumbt ein kunik ... und wil ein gericht besitzen do und urteil von sein reten erfragen, im ieder bei seim eid zu sagen rein warheit hin
    15. Jh. Keller,Fastnsp. I 75
  • dasz seyn eyd, den er gethan hat, reyne unde nicht gemeyne sey
    um 1500 MagdebSchSpr.(Friese) 198
  • weret dat de beclagede dar beforen einen openbaren eidt gedan hedde, de nicht reine were, dat de cleger so mith rechte bi bringen mochte, dar mede mochte de kleger dem beclageden, der entlegghinge der ansprake mith rechte entweren
    1517 HannovStR. 440
  • der boten eid ... ich schwere, dass ich auf alles das, so mir fürgehalten und ich befraget werde, die reine, lautere, einfeltige und ganze wahrheit sagen ... wolle
    1570 Mecklenburg/Sehling,EvKO. V 233
  • eyd der gezeugen: ich schwere, dass ich in dieser sachen ... die rechte, reine, lautere wahrheit ... aussagen will
    1577/83 LünebRef. 632
  • ich lobe und schwere ... einen reinen eid, daß ich den vom erb. raht jederzeit verordneten gewettherren schuldigen gehorsam erweisen, was ich auf der Warnow und in der daselbstigen hege ... gemeiner stad Rostock zum schaden anmerke, den wetteherren ... vermelden
    1622 BeitrRostock 3, 2 (1903) 44
  • habe ich ... denenselben [zeugen] obberuhrte ... puncta deutlich vorgehalten, demnegst darüber ihres wissens nach auf ihr gewissen die reine wahrheit anstatt aid herauszusagen begehrt
    1706 JbOldenb. 17 (1909) 218
  • den eyd, welchen N.H. ... gethan, der ist rein und nicht meen oder ist recht und nicht unrecht
    1717 Blüting,Gl. I I 7
  • uf den eyd ... waͤre handtreu genommen worden, reinen mund zu halten
    1738 Moser,StaatsR. II 365
  • ich ... schwöre ... einen cörperlichen eyd daß ich über alles worüber ich werde befraget werden die reine und lautere wahrheit bekennen ... will
    1785 Krüger,PreußManufakt. 662
  • dar na so möten sweren dre tüghe ... dat de eyd reyne unde ummeyne sy
    oJ. HannovStR. 398
  • gemein war nie rein 
    oJ. SchwäbWB. III 322
II
frei, unbeeinträchtigt, unverdorben, unverändert

II 1 sauber, frei von Schmutz, unvermischt (von Korn)
  • wirt einer einem mit urteilen geantwort, man sol ime teilen, er [Gläubiger] sol in mit ime vûren und ... setzin in ein rein gemach, daz er zu sime libe kein unlust habe, sô daz er ouch nicht ervriese, und setze in uffe einen stûl ... und sol einen creizze umme den stûle criezzen, dâ er sich inne di twere und di lenge gestreken muge
    1348 ZwickauRb. 192
  • an gutem, reynen, koufgeben korne
    1491 KaufungenUB. II 174
  • yeder wan korne sall ynnehaeven eyn veirdel reyns korns
    1496 SPantaleonUrb. 476
  • sie [huͤtten-schreiber] sollen darob seyn, daß die wage und gewichte in huͤtten ... rechtschaffen und sauber und rein seynd
    1548 JoachimsthalBO. 1548 III 2
  • es sollen auch die superattendenten vleis vorwenden, damit den armen priestern der pfaffenscheffel rein und tüchtig ... gegeben werde
    1552 Thüringen/Sehling,EvKO. I 2 S. 157
  • der metzger aid ... [der Metzger soll schwören] die metzel vnd das handtwerck rein, sauber, auffrecht vnd redlich zuhalten vnd zutreiben, vnd besunder auch, sich der gemeinen metzger ordnung ... gemeß zuhalten
    1554 Reyscher,Ges. XII 270
  • geben sie jhme [pfarrer] ... kornpachte, miß oder scheffel korn, so sollen sie jme gut vnd reine korn lieffern vnd in deme jren pfarrer vnd seelsorger nicht betriegen
    1558 CCMarch. I 1 Sp. 267
  • ein rhad will ock dat ein ider vör siner döhre de straten rein holde
    1563 Kiel/Westphalen,Mon. IV 3255
  • soll auf anrufung des käufers ein jeder von den schulzen des kirchspiels dahin gehalten werden, daß er rein gut liefere
    1583 HadelnLR.(Pufendorf) 28
  • unsern müllern befehlen wir hiemit ernstlich, daß sie den leuten ihr korn getreulich rein und wohl malen, mehr nicht als die bisher gewöhnliche matte nach der maße, die ihnen, von unserm kornschreiber geeichet und gezeichnet, soll zugestellet werden, nehmen
    1623 Schleswig/QNPrivatR. II 1 S. 564
  • daß sie [Müller] ... an jährlicher mühlpfacht 2 1/2 achtel sauber und rein korn im friedberger maß entrichten sollen
    17./18. Jh. FriedbergGBl. 4 (1921) 63
  • ob gleich die handwercks-leuthe von ihren zuͤnfften sich dieser prahlerischen worte bedienen: ihre aemter und zuͤnffte muͤsten so reine seyn, als wenn sie eine taube gelesen haͤtte
    1725 Pegius,JurErgötzl. 25
  • der gemeind-brunn solle durch die gemeind gesäuberet, und von jedermann rein gehalten werden
    1730 MainfrJb. 14 (1962) 276
  • kornpacht ... alles an gutem, reinem, marktgängigem und trockenem korn
    1779 Weimann,ChrBorgeln 142
  • die hoffsgült soll sein weiss, gut vnd rein mit zweyen endten
    oJ. Eifel/GrW. II 542
II 2 frei von einer Gefahr, hier: der Straßenräuberei
  • damit man die landtstrassen reyn halten, yderman mit hab vnd guͤtern sicher wandern, vnd die thetter zu gebuͤrlichem rechten vnd straf bringen muͤge
    1540 HessSamml. I 221
  • das man menigclich vnnser gegebn glait frey vnnd strags, auch die straßen vermög des lanndfridens rain hallte
    1559 ZweibrückenKanzlO. 165
  • die straßen, leinpfädt, wege und stege [sollen] ... von plackereyen, raub, nahme, und andern gefahren, rein und sicher gehalten [werden]
    1678 Karst,Neustadt/H. 243
II 3 bezogen auf eine religiöse Lehre: unverfälscht; bezogen auf die gläubige Person: der rechten Lehre anhängend
  • soll der pfarrer ... für gnedige erhaltung des gotlichen reinen worts, auch frid und einickeit zu forderst unsern landesfürsten auf der canzel bitten
    1533 Prettin in Sachsen/Sehling,EvKO. I 1 S. 650
  • christliche kirche, in diesem leben, ist ein sichtbare versamlung aller menschen, die reine lere des evangelii annemen und rechten brauch der sacrament haben
    1552 Mecklenburg/Sehling,EvKO. V 176
  • ob sy bey ... irer gemain nit widertaufer, schwenckfelder und dergleichen irrigen leut und sectierer haben, die dem kirchendienst und der rainen leer des heyligen evangelii zuwider sey
    1556 Kurpfalz/Sehling,EvKO. XIV 248
  • wir nun wissen, wo und welche die rechte kirche gottes ist [von der ausgeschlossen sind: heiden, ... juden, ketzer ... und alle verfolger reiner leer des evangelii, bapst, bischove und ire anhenger]
    1556 Kurpfalz/Sehling,EvKO. XIV 203
  • so er [schulmeister] nu also in der pietet der augßpürgischen confession nach rein, gottselig und zu solcher administration tauglich erkennt [wurde]
    WolfenbüttelKO.(1569) 239
  • [Frage bei d. Kirchenvisitation] ob sie ... dieselbe lehre der augspurgischen confession auf der cantzel und sonsten in der schule rein und unverfälscht gehandelt
    1600 CCMarch. I 1 Sp. 351
II 4 sittlich lauter, enthaltsam
  • vil reiner, sælden richer man
    nach 1243 Ulr.v.Türheim,Rennewart V. 2579
  • desglichen ein priester, der offennlich by siner dirn wonet, der soll kein meß lesen ... ursach, der priester soll kusch und rein sein
    um 1500 Der Oberrheinische Revolutionär/A. Angenendt, Gesch. d. Religiosität im MA. (Darmstadt 1997) 461
II 5 von Schweinen: durch Kastration frei von den durch die Geschlechtsreife bewirkten geschmacklichen Veränderungen des Fleisches
vgl. Gelze
  • daß die huebener geben sollen ein schwein, das wird genannt das goltferch, solches schwein soll rein sein, vnd also rein, daß es bei der milch vergelzet sey
    1589 Hessen/GrW. III 369
II 6 von Metall, Münzen und Geld: nicht mit anderem vermengt, pur
  • setze wer daz di eine colmesche munze si ower al dis lant vnd daz man die phenninge von luterme vn reinem silbere smede
    nach 1251 CorpAltdtOrUrk. I 40
  • alhier ist zu merken die werde der münzen, so in den lieflandschen rechten zuer straf benent und nach dieser itzigen münze zue schetzen sei: 1 libra ist reines silbers 32 loth. 1 mark landguets ist reines silbers 2 [loth]
    14. Jh. Arbusow,LivlBR. 51
  • im ganzen lande Preussen soll vermoͤge culmischer handfeste einerley culmische muͤnze seyn, von klarem und reinem silber, dergestalt, das 60 schillinge 1 mark waͤgen sollen
    1594 JCulm. I 5 Kap. 1
  • damit der cämmerey rein geld und nicht statt deßen rechnungen von denen arrendaribus eingeliefert werden
    1724 MittKönigsberg 2 (1910) 197
III von amtlichen Dokumenten und ihrer Erstellung: genau, korrekt, fehlerfrei
  • wy ... keyserlicke notarii ... betuigen ... dat wy ... einen patenten pergamenen brieff heell, vullenkamen, reyn, geeff, ungeraderet unde ungecancellieret gesehen ... hebben
    1597 OstfriesUB. II 410 Anm.
  • die rath-schluͤsse oder decreta ... in reiner teutscher sprache, nach uͤblichem cantzley-stylo und hergebrachter titulatur, abgefasset ... werden
    Seckendorff,Fürstenstaat (1754) 689
  • mundiren, von mundus, rein, heißt bey den juristen ins reine schreiben
    1741 Frisch I 674
  • die 5 cantzellisten muͤssen ... alle befehle, citationes und alles, was unter dem siegel ausgefertiget wird, ... rein und correct mundiren
    1765 NCCPruss. III 810
IV
in unterschiedlichen rechtlichen Zusammenhängen: vollständig, endgültig, ohne etwas Zusätzliches
  • schal de kopman nene upwichte nemen van reynem gude und dat tor wicht gan mach myth natem gude
    1512 HanseRez.3 VI 323
  • de negeste twee vinger, wan se reine af offte gras vallende sint, ein dorde part der hant [als Buße]
    um 1518 OstfriesLR.(Wicht) 759
  • da ... diese revision [der musterrollen], die erhebung des jedesmaligen reinen standes der zur wirklichen aushebung verbleibenden kantonspflichtigen eines landgerichts, oder stadt zum zwecke hat
    KurpfBairRegbl. 1805 Sp. 432
  • der fruchtnießer hat ein recht auf den vollen ... ertrag ... als ein reiner ertrag kann aber nur das angesehen werden, was nach abzug aller noͤthigen auslagen uͤbrig bleibt
    1811 ÖstABGB. § 512
V unverdächtig
  • ist aber daz der richter dez nicht gelauben wil, daz der antwurter den rok ... pei schönem tag auf freiem marcht fur raines guet gechauft hab
    um 1300 WienStRb. Art. 78
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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