Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Rodel

Rodel

, m., n.

aus lat. rotulus, m., rotula, f.; auch Rodal n. und dim. Rödelein; eine jüngere Entlehnung s. unter 1Rotulus 

I urspr. Schriftrolle; meton. dazu: amtliche, oft öffentlich verlesene Rechtsaufzeichnung, Register; auch der Inhalt des Rodels 
  • vͥber dise gesezte so nemen wir kain reht abe der alten reht, die vͥnser hantvestina vnde vͥnser roͤdel habent
    1296 FürstenbUB. V 238
  • wer ieman, der da thein gebresten wuss im rodel, der sölt daz fürbringen
    1300 BremgartenStR. 34
  • man sol weg phening nemen in dem ampt ... als es an dem rodel stat
    1300/1402 LuzernRatsbüchlein 48
  • [Verleihung eines Hauses:] umb einen jerlichen zins, als an uͥnsren zinsbůchen und roͤdelen geschriben stat
    1334 ZürichUB. XI 456
  • alle du guͤter, die hinnanhin an den selben altar und frůgen messe zů der phrůnde geben und geordent werdent, die och an den rodel, der oͧch denne zů der frůgen messe von der selben gůter wegen gemachet wirt, geschriben werdent
    1346 BadenArgUrk. I 14
  • wer ieman, der da thein gebressten wúss im rodel, der soͤlt daz fúrbringen
    1. Hälfte 14. Jh. BremgartenStR. 34
  • als derselb rodel vff papyr gesetzt ... vnd von syner elty wegen vast bresthafftig worden was, so ist diser permenter rodel ze lenger werung ... gemachet
    1358/80 ArgauLsch. I 727
  • man soll auch einen probst ausrichten von jahrzeiten, was sein jahrzeitbuch und sein rodel seit und urkundet
    1377 Vorarlberg/ÖW. XVIII 409
  • der ain rodel der lutberet vnd sait dü recht vnd die gewönhait die daz gotzhus in der statte ze S. hât
    1385 SchrBodensee 13 (1884) 99
  • alt rödel vnd brief
    1394/1420 Foffa 65
  • [er] tet ime da offenlich mit luter stimme lesen einen alten rodel an dem eines herren von Kilchzarten recht von stucke ze stuck geschriben stundent
    1395 GrW. I 332
  • als uͥwer rodel und friburger rodel sagent, da uͥwer und friburger recht an stand [lat. Vorlage von 1218: in rodali, qui iura vestra ... continet] 
    1398 BernStR. III 4
  • anno domini milesimo trecentesimo nonagesimo octavo ist geschriben diser rodel und seit die zins und rechtungen von der vogty
    1398 SGallenOffn. II 145 [Beschreibung der Hs.: langer Pergamentstreifen]
  • [Gerichtseingesessene über 14 Jahren] sollent ainem herren und abbte ... schweren ainen ayde mit uffgereckten vingern ze gott und heiligen disen rodel ze halten
    14. Jh. SchwyzRQ. 45
  • wir Herman von gottes gnaden bischoff zu Costantz, bekhennen offentlich mit disem brieff oder rodel 
    1403 Schauberg,Z. 2 (1847) 68
  • das wir farenden lút all pfifer und gyger die mit ir namen in dem rodel verschriben stânt den wir dar zů geordnet ... hânt ein brůderschaft gemacht hant
    1407 Geschfrd. der 5 Orte 34 (1879) 225
  • dz ichs [Rechte an einem Haus] ouch in allen minen roͤdeln und lehen buͤcher nienart funden hab verschriben
    1414 BadenArgUrk. I 279
  • dar nach ist diss rodel von einer gantzen gemeinde in dem twinghof ... gelessen vnd mit guter kraft bestatet
    1417 Zürich (Kt.)/GrW. I 87
  • wer es, dz ein probst sin rodel oder bücher verlorn het, so sollent sy by eyd vnd eren oigen vnd zeigen
    1420 Elsass/GrW. IV 48
  • lüt und brief, rödel und kuntschafft
    1432 VorarlbWB. II 745
  • zinsbuͤcher, register und roͤdel 
    1445 InterlakenR. 194
  • dagegen her Hanns Bannwart reden liess: man hette in sinem [vorgelesenen] rodel wol gehört, das daz gut ouch zehenden geben solt
    1450 FreiburgHlGeistUrk. II 159
  • [der Dieb soll behandelt werden] nach eins rodels wisung
    1452 BernStR. IV 1 S. 398
  • allen denen, so disen gegenwürtigen rodel ansehen oder hörent, denen sige zuo wüssen die gerechtigkeit, fryheit und offnung dess gerichts vnder der Thürlinden
    1458 Thurgau/GrW. I 257
  • ob echein zinser mit dem anderen stössig wurde vnd mishellig von der maal wegen, vnd si der rodel oder miner frowen der eptissin rat oder hilf bederftind, sol denn min frow die eptissin vnd ir gotzhus hand mit iren rodell vnd rat beholffen sin
    1461 Zürich (Kt.)/GrW. I 53
  • alle gerechtikait brief vrbarpücher register rodeln 
    1468 FRAustr. II 149
  • were ouch ... dass deheiner rechtung vergessen were, die an dissen rodel nit geschriben were, die aber der vogt gegen den lüten [hette], ... das sol dem vogt ... vnschedlich sin
    1468 Zürich/GrW. I 42
  • das derselb rodel von mißhůt waͤgen am anfang ... breschaft worden
    1470 ArgauLsch. I 657
  • es sullen ouch von der eydgnosschafft vbergeben werden alle brief, rodel, bücher, schrifften vnd vrkund, so sy in innemung des sloss zu Baden ... zu irn hannden gebracht haben, vsgeschaiden die brief rodel vnd schrifften, so die verzigen lannd, stett vnd sloss besagent
    1471 FRAustr. II 406
  • mich angeruͤft und ernstlich gebetten einen bapirin rodel, so denn sy vor mir erzoigten, zu verhoͤren
    1475 ZürichOffn. I 358
  • [Eid der Fürsprechen] dem richter ghorsam ze syn und den rodel halten wie von alter har kon ist
    1484 LuzernRQ. I 377
  • [Übergabe aller Dokumente an den Käufer,] es were denn, das etlich stuck zins und gült in ünsren rödeln geschriben werent by andren ünsres gotzhus zinsen und gült ... dieselben rödel sint wir innen nit gebunden hinußzegeben, sunder die stuck, so sy berüerent, in ünseren rödeln dar- und abzetun
    1486 SchweizId. XIII 359
  • ein bekanntnuß den wissen swestern, das si by irem eigneen gut, wie si darumb rodell, brieff und sigell haben, söllen beliben
    1493 BernRatsman. I 205
  • ouch behaben wir uor andre gebott, die in dem rodel verschriben stand, dz ouch die in kraft bestan sollent, nach sag vnsers rodels 
    15. Jh. (Hs.) BernStR. I 45
  • der sol darumb ... gebuͤsset werden als ein trostung brecher ... als der rodol vmb die trostung brechen wiset
    15. Jh. (Hs.) BernStR. I 47
  • die veldaininger und die aininger vom veldgericht uff der kürsinloben im rodel uffgezaichnet lasst man by irer uffsatzung belyben
    um 1500 RottweilStR. Art. 350
  • was schrifften, brieffen, gewarsammen, roͤdell oder recognistantzbuͤcher wir obbemeldter sachen halb hinder uns haben ... dieselben all soͤllen ... wir den von Bern zů iren handen geben
    1501 LaupenAmtsbez. 123
  • sollen ... bezallt werden ... [an vierter Stelle] die zinß inn geschwornnen roͤdeln 
    1507 Reyscher,Stat. 161
  • die frihait und recht, als das von alter härkomen und us den alten briefen, rödeln und registern gezogen ernüert worden
    1514 Vorarlberg/ÖW. XVIII 412
  • rodel vnd vrbar thůnd bewysung. alt roͤdel, es syent dingroͤdel, zinßroͤdel, vrbar, vnd andre alt schrifften, die in beschloßnen gemeinen behalten, vnd mit gemeinen schlüsseln in vnsern, ouch der gotßhüser vnd anderer stetten gewelben vnd kaͤsten verwart sind, geben gůt kuntschafften
    1520 FreiburgStR. I 9, 32
  • dis alles, so hye vor in disem rodil geschriben ... ist oder noch fürohin geordnet ... wurde, sol one mittel und abprächen von yeder person ... gehalten wärden
    1530 GraubdnRQ. III 174
  • es sollen ... die ... zinßherren ... jren ... zinßleüten, nit nach roͤdlen oder jnstrumenten ... sunder ... auf gebuͤrlich verleichbrief, und revers, leihen
    TirolLO. 1532 V 5
  • [Abfassung eines Gesetzbuchs:] zum theyl vs vnnser handueste vnnd alten gsatzbücheren vnd roͤdelen, vnnd zum theyl von altharbrachten gewonntten
    1539 BernStR. I 263
  • [Übschr.:] von nichtigkeit der rottel und kundschafften
    1539 HennebLO.(1720) II 5, 12
  • friheiten, brief, verträg, urteilen, urbarn, rödeln und gewahrsaminen
    1559 SGallenAbteiRQ. II 1 S. 305
  • das hand die genossen vf iren eyd genomen, was an disem rodell stät geschriben vmb die vogty twing vnd benn, das sy das habint vernomen von iren fordren vnd nie anders
    1572 Zürich (Kt.)/GrW. I 56
  • soll sein hand vnd signet an das cammergericht schicken, damit in das rottel, darinn alle notarien ... geschriben vnd gezaichnet werden
    1576 Lettscher 6
  • diewyl aber der mönschen tägliche verenderung beschicht, söllend die rödel mit einer söllichen visitation und hußsůche järlich ernüwert, die so abgestorben oder sich verendert und entsetzt hätten, ... [ausgetragen] werden
    1579 BernStR. VI 1 S. 431
  • ein inventarium oder rodell zů den [unmündigen] kinden handen zebehalten
    1583 BernStR. VII 1 S. 159
  • das ein yeder in sonderbare darzů verordnete roͤdel flyssig uffschrybe die namen der kinden, so er touft, und der eelütten, so er ynsegnet
    1587 BernStR. VI 1 S. 575
  • [die zupotten haben] alle ankuͤndungen, uff wellichem tag und an wellichem ort sy verrichtet, in ein sunderbar roͤdeli zeverzeichnen
    1612 BernStR. VII 1 S. 312
  • uff das ire und der amptlüthen in der statt und uffem land habende rödell gägen einandern gehalltten werden mögindt
    1614 AbhSchweizR. XVI 139
  • [die Forstmeister sollen] die lägerbücher, rodel ... und was zum amt gehörig ... in guter ordnung hinter sich ... lassen
    1614 CJVenatorio-Forest. III 139
  • das soͤlchen armen ... ein wortzeychen gegeben, und unordnungen zuvermyden, dieselben in ein roͤdelin mit nam- und zůnammen, auch in welcher gmeind sy gesessen, uff verzeichnet werden soͤllind
    1628 BernStR. VI 2 S. 909
  • [der Gefängnisaufseher] soll in einem rodel ... verzeichnen, ... wann einer persohn bestimte zeit der looßlaßung verhanden
    1701 BernStR. VII 1 S. 476
  • daß wann ie ein candidatus ministerii sich mit hurerey besudlen wurde, selbiger auß dem rodel der candidaten für immer außgestrichen ... werden solte
    1738 BaselRQ. I 2 S. 958
  • der gant-meister soll uͤber die gehaltene steigerung nach gewohnter form einen rodel fuͤhren
    1762 BernStR. VII 2 S. 928
  • rotel ... ist diejenige schrift, worinnen der zeugen verhoͤr und aussage ordentlich aufgeschrieben ist. es wird sonsten dieses wort auch bisweilen fuͤr ein buch genommen, welches man zusammen rollen kan
    1762 Wiesand 916
  • [bei der Ratswahl: die Wahlmänner] schneiden aus denen daselbst liegenden gedruckten roͤdeln, auf welchen die namen und geschlechter der raths-faͤhigen glieder geschrieben sind, den namen dessen, welchen sie in den vorschlag geben wollen
    1768 Fäsi I 557
  • die gegenwärtig existirenden wiedertäufer ... werden des schutzes der gesetze geniessen, ... unter dem vorbehalt: daß sie ... ihre ehen und die geburt ihrer kinder in die öffentlichen rödel einschreiben lassen
    1815 HdbSchweizStaatsR. 70
  • denjennen, de dat rodal tho Mandeslo des yares vorwaren, achte witte
    oJ. Schiller-Lübben III 494
II
in lateinischen wie in deutschen Quellen meist rodal 
die Thorarolle als heiliges Buch, auf das ein im Prozeß mit einem Christen schwörender Jude seinen Eid ablegt; in vereinzelten Traditionen wohl auch der Talmud
  • er gab uns e daz virne leben / und hiez uns sit vermiden ez. / er hat der alten schrifte mez / erkennet und ir niuwez model: / hievor lobt er der jüden rodel, / nu priset er der cristen buoch
    1275/77 Konr.v.Würzburg, Die goldene Schmiede, hrsg. E. Schröder (Göttingen 1926) 1414
  • nimmer chain jude auf daz rodal schol swern, er wert dan vur uns geladen
    um 1330 BrünnRQ. 370
  • der iude schol sweren umme alle sachen uff Moyses buche, dy under funfczic lotigen marken sint, desen slechten eyt ... ist aber dy sache uber funfczic lotige marc, so schol er sweren uff dem rodal und schol einen grawen rock anhaben ane hemde an bloszer hut und zwo grawe hosen ane furfusze
    1357/87 MeißenRB.(Oppitz) III 17 Dist. 42
  • [Übschr.:] der juden eyd. der jude sol steen auf einer sewhewt parfuß oder einer hewt, die mit lammes blut gefeucht ist, und sol legen sein rechte hand in Moyses puche, oder sol sweren auf dem radöl, und sol sein hand auf das radöl legen
    1464? BayreuthStB.2 64
  • dan sal he [der schwörende Jude] de hant op dat rodael leggen und sal eynen guden rock anehebben sunder hemt sunder blotes hovedes
    2. Hälfte 15. Jh. SoesterR. 375
  • ist auch, daz kein jud sweren sol auf seinen rodal ez sei dann vor dem obristen herren des landes
    oJ. Carinthia I 149 (1959) 509
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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