Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Scham/scham

Scham

, f., Schäm, f.


I Schamhaftigkeit, Scham-, Ehrgefühl
bdv.: Schämde (I)
  • hversa ma ene femna ieftha ene wida werpth ur enne benc end thet liude ursiath, thet thiu blicth, sa is thiu bote thria sextahalue merk ieftha thria sex ethar. ist enre frowa den, ther mit hire monne is, sa ist tua end tuintech merka ieftha fiwer and tuintech etha, wande ther mei end enre wiue, ther mith hire monne is, alra meste scome blica [wenn man ein Mädchen oder eine Witwe über eine Bank wirft und Leute sehen, dass sie entblößt ist, so beträgt die Buße dreimal fünfeinhalb Mark oder (man schwöre) dreimal sechs Reinigungseide. Ist es einer verheirateten Frau angetan, so beträgt es zweiundzwanzig Mark oder (man schwöre) vierundzwanzig Reinigungseide, weil bei einer verheirateten Frau das Schamgefühl am meisten verletzt werden kann] 
    um 1300 HunsingoR. 80
  • ob ein iunkfraw, oder ein fraw [beim Eheversprechen] von scham wegen niht spraͤch die wort hin wider die si sprechen solt, vnd ir doch dar vͤber ein chlainot liezz geben, oder put ir hant willikleichen dar zů, daz sweigen mit gedult waͤr ein zaichen irez willen
    1390 (Hs.) BerthRechtssumme 592
  • man sol niemant haissen ain edelman, er hab dann forcht, zucht und scham 
    1411 Vintler V. 9643
  • umb der scham willen würt der frauwen verbotten das sie nit verclagen sol, sie mag auch nit wilkürt richter sein, auch nit ordenlicher richter, auch nit procurator, dann in casu, und darumm das die frauwen sich nit unerlich in die samnung der mann ... undermischen
    1436/1516 Klagsp.(Brant) 116r
II Beschämung, Schmach, Schande, als Affekt; Schaden und Scham abtragen hier: einem unschuldig Angeklagten Genugtuung geben
  • [bei der Kesselprobe:] þætte nængo woerding oððe yfelgiornisse in ða ilca hond ædeava, ðerh þæt bvtan synn sceoma uel oniorne [glossiert interlinear: ut nulla lesio uel malicia in eandem manum appareat, per quam sine culpa calumniam incurrat]
    9. Jh. Liebermann,AgsG. 410
  • thuet [der Landrichter dem zu Unrecht Angeklagten] ... unguetlich, so ist er meinem herrn für wandl 32 ℔ ₰ und dem unsern sein schaden und scham abzetragen
    1450 NÖsterr./ÖW. IX 155
  • hof ich ... ewr gnad werd sy straffen vnd darczu halden, daz mir vmb solh vnpilleich, strëflich schëm vnd ängstigung genug geschech
    1454/64 WienCopeyBuch 36
  • daß man auf den kirchhoͤfen stockbrechen oder pranger machen soll, ... darin die mishandelnden bettler zu der zeit und weile, als sich das, so das volk am meisten gen und von kirchen geht, gebuͤrt, damit sie dester mehr roͤthe, scham und ursach, ihre missethat zu lassen, empfahen
    1471 Gemeiner,RegensbChr. IV 490
  • ir wid[er]fur weder schem noch schant
    15./16. Jh.? AnzGMus.2 20 (1873) 229
  • welchem seine nasen gar abgehauen, und er dardurch zu scham und schmach gemacht wuͤrde. dieser fall ist auch der hohen obrigkeit zustaͤndig
    vor 1705 KlugeBeamte I2 803
III Geschlechtsteil, Schambereich, körperliche Blöße
  • selve dritte solen se daz sweren, dat se also alt waren. so hant se ire recht vorloren. hat man aůer nicht gezůge, so sal man den knapen mid dissen dingen vorzůgen; man sal ime grifen obene an den můnt vnder der nesen vnde oben siner schame; vindet man dar cleynez har, daz sint dre gezůge
    um 1410 Schwsp.(Kurzform/Gr.) Art. 27 (Kz2)
  • es würt das verclagen etlichem verbotten von seins alters oder iugent, als dem pupillo, das ist der der noch nit fiertzehen iar alt ist, vel impuberi, das ist der der noch nit har an seiner scham hat. unnd das ist die ursach, wann das selb alter weyßt nit was es thůt
    1436/1516 Klagsp.(Brant) 116v
  • [ein jeder solle bei seinen Kleidern und Röcken darauf achten,] das sie forderlich zwen zwerch finger über den latz und scham raychen ... sollen ..., damit es nyt unzüchtig erfunden werde
    vor 1480 Nürnberg/Eisenbart,KleidO. 95
  • [Vorschriften zur Kleidung:] daͧmit die schamm vor und hinden vollkommenlichen bedackt sy
    1481 BernStR. VI 1 S. 104
  • das ettlich mannespersonen ... unerbere schampere cleyder tragent, die oben tif uszgesnitten sind ... oder unden so kurtz das sie ime vornan und hinden sin schame nit bedecken
    1493 Straßburg/Eisenbart,KleidO. 96
  • alsbalde sie in das gefengnuß komet, [soll man der vermeintlichen Hexe] alle hare abscheren, es sy an der scheym, an den oren und an braen
    1494 Eschenröder,Hexproz. 25
  • er [Totschläger] soll nackend, alse er zur welt gebohren, zum schein [dh. zur Leiche] gehen, und nur mit einem unbenuͤtzten linnen seine schame bedecken
    1566 Pufendorf II 22
  • [Badordnung:] verbietten wir auch, das keiner sin schamm endtdeckhe oder andere der glichen vnschammhafftigkeitt erzeige, by der buoss 1 lib. d.
    1603 SchweizArchVk. 9 (1905) 152
  • Calefurnia ... ließ sich stets in rechts sachen brauchen. als es aber einsmals ihr nicht wolte nach jhrem willen gehen, hatt sie jhre scham vor großem zorn end deckett, vnnd vor dem rath sich geblößett. daher ist geordnett daz man kein weib mehr procuriren leßett
    1628 Apel,Collect. 91
  • der todt leichnamb ... ist es ... ein frembter so soll man im anlassen das er die schamb woll bedeggt und das ander ist des gotzhauß
    17. Jh. NÖsterr./ÖW. VIII 626
unter Ausschluss der Schreibform(en):
unter Ausschluss der Schreibform(en):

scham

, adj.

arm, bedürftig
bdv.: schamel (II)
  • dit [finanzielle Auflagen] werden de knakenhowers wol wethen an den boergers wedder tho soeken, am schamen manne
    1573 MLiv. IV 236
unter Ausschluss der Schreibform(en):
unter Ausschluss der Schreibform(en):