Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): 1scheren

1scheren

, v.

automatisch generierte Links zu anderen historischen Wörterbüchern:
vgl. 1Schere

I (jm.) Haar- und Bartwuchs ganz oder teilweise abrasieren

I 1 als Zeichen der Zugehörigkeit zum Klerus und Mönchtum; geschorene Krone Tonsur (Beleg um 1500), jn. zur Pfaffheit scheren jm. eine Tonsur scheren (Beleg vor 1524); vereinzelt auch allgemein als Zeichen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, hier dem Judentum
  • papen unde jüden die wapen vüren unde nicht geschoren ne sin na irme rechte, dut man in gewalt, man sal in beteren als eme leien
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. III 2
  • die brûder phaffen ... sulen ouch die berte scheren 
    1264 DOrdStat. 40
  • man ne mach nemanne segen to enen papen, he ne si gelert, unde gewiet to enen papen, unde mit scerene getekenet to papen [Wortart?]
    um 1275 (Hs. 1369) SspLR. I 5 § 3
  • dese (paus) verboot den papen ... te voedene bart ende crooc, ende (schref voor dat zij) ronde crunen souden sceren 
    1330 MnlWB. VII suchen
  • man enmac nymant achte czu einem pfaffen, er ensy gelart und gewihet und mit pfefflichen scheren geczeichent
    1357/87 MeißenRB.(Oppitz) I 15 Dist. 4
  • de swen [Schweinehirt] wart to hant to monke koren, / eme wart eyn tribolt dar ghescharen. / de abbet dede em syne cappen an
    15. Jh. E. Schütz (Hrsg.), Joseps Sündenspiegel (1973) V. 1709
  • ein vngeweyhter, welcher verwest das ambt eines geweyhten vnd ein gescharne kron tregt, so er doch nit geweyht ist ... der begeet falsch
    um 1500 Summa legum 596
  • das er zu der pfaffheit geweichet und geschorn werde
    vor 1524 LeipzigSchSpr. 533
I 2 als stigmatisierendes Zeichen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, hier dem Judentum oder den Bettlern
  • papen unde jüden die wapen vüren unde nicht geschoren ne sin na irme rechte, dut man in gewalt, man sal in beteren als eme leien
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. III 2
  • den bettlern soll man mit dem schermesser ein zeichen scheren in der grösse von einem leuwen
    1598 SchweizId. III 950
I 3
bei der Tortur
  • dieselbige [Verhaftete] ausgezogen, geschoren, mit dem folterhemd angelegt
    1627 Soldan,Hexenproz. II 46
  • er [des Bundes mit dem Teufel Beschuldigter] ward kahl ... aller hahren beraubt, geschoren vnd mißsteldt vnd ... gepeiniget
    1647? Münstereifel II 182
  • [Jahreslohn des Henkers:] die unholden zu schären 30 schl.
    1651 HexprozObwalden 4
I 4 als Strafe; jm. trocken scheren jn. enthaupten (Beleg 1504)
vgl. fillen (I)
  • geistlîche rihter sullen sie [Gotteslästerer] villen und schern vor der kirchen gewalt
    3. Viertel 13. Jh. Berth.v.Regensb. I 267
  • is dat di duue benedene eme virdunge is, man scal den dief sceren 
    Ende 13. Jh. LübMndStR. Art. 177
  • swer ... daran [Nachlese nach der Ernte] erwischet wirt, der git 5 ß ₰. hat er der niht, so sol man in da fuͤr villen und scheren 
    vor 1350 WürzbPol. 73
  • hat er [stupfler] der [fünf schilling pfenning] nicht, so soll man in dafür villen und scheren 
    14. Jh. Franken/GrW. III 606
  • dat wi en to ener bekantnisse dribolde mochten scheren und se mit eime heten iseren mochten dorch de tene bernen, uppe dat me de guden bekande
    14. Jh. RichtstLehnr. Vorr. 85 - prüfen
  • wär er nit entrunnen, / man het im auch drucken gschorn 
    1504 HistVolksl.(Lilienc.) II 556
I 5 im absoluten Gebrauch: das Handwerk und Gewerbe des Scherens ausüben
  • das eyne persone ... eynen scherrer dingete, zu scheren umb jarlon
    1420 MWormat. 285
  • dat gheen barbier scherren zal zondaechs ... up xx schellen par
    1427 AnnFlandre 24 (1872) 422
  • auch sal keyne meister noch sine gesinde keynen ußsetzigen scheren ... bij einen halben fl. davon zu pene
    1463 FrankfZftUrk. I 67
  • von der bartschereren wegen setzen wir, dass arztnen, laussen und scheren ... ein antwerch heissen und sin sol
    1472 R. Tiegel, Entwicklung der Medizinalgesetzgebung von Luzern (Zürich 1945) 24
  • weder meister noch knecht sollen keinem ... scheren, der von der malazy verlumbdet ist
    1477 Nauck,FreibWundärzte 91
  • [der balbirer schragen:] weret sake, dat welcken nachtgengers desz spade scherendes geweigert wurde, dar se sick plegen laten tho scherende, unnd wurde denne ein anderwert geschoren, de sollen darvor beteren ein liszpundt wasses
    1494 Stieda-Mettig 250
  • als die scherer in iren beschwerden anzeugt, wie die bader in iren badstuben auch scheren, das doch an andern orten ... unzimlich syg
    1539 Nauck,FreibWundärzte 98
  • sollen sich auch alle bader alhie uf die sontäge ... deß schröpffens und scherens ... bey christen alß juden ... enthalten ... mit einem gülden zur straff
    1610 FrankfZftUrk. I 64
I 6 mehrere Personen über einen Kamm scheren mehrere Personen gleich behandeln
  • es pflegt die ... catholische kirch bey celebrirung des h. sehends neben dem messenbuch und kerzen auch eine scheher und kamb und ruth auf den tisch zu legen ... die scheher und kamb bedeuten nichts anders als dass diejenige, welche sträflich erfunden werden, alle uber einen kamb sollen geschoren werden ohne ansehung der person
    1687 Mosel/Koeniger,SendQ. 273
II (Schafe) scheren
  • ob sich begäb ... das ain frau der andern ihr schoff unwißentlich ... infieng und scheret das und wurd sein hinach innen, so soll dieselbig fraw dem schoff die wohl auf den rucken binten und dem schoff in welches hauß es lauft nachsehen [und es zurückgeben]
    1523 NÖsterr./ÖW. XI 217
  • das alle die, so schaffzinß schuldig, für ein schaff mit wullen ein pfund pfennig und für ein geschoren schaff vierzechen plaphart geͣbend
    1528 InterlakenR. 334
III bei Tuchen mit einer großen Schere über das Gewebe fahren und alle Wollfädenreste und überstehenden Fasern abschneiden; seine Meisterprobe scheren bei der Meisterprüfung ein Tuch fachgemäß scheren (Beleg 1547)
  • swer under uns an dekeinem gebannen abende, er si meister oder knecht, bi liecht oder morndes den virretag tůch schirt ... der git v ß in die búchse
    1336 ZürichZftG. I 33
  • engelsche laken ... salmen laten in haren voude ... waert dat mense verramen of ververwen woude, so en zoudmense niet scheren 
    1401 Fruin,Dordrecht I 67
  • schal ock keinem ... dath ampth to gebrukende und vor einen meister to beredende vergunnet werden, he hebbe denne thovorne sine meisterprove ... gescharen 
    1547 HambZftRolle 284
  • eth schall kein meister sulvest scheren edder syne gesellen scheren latenn jennigerhande laken, eth sy denne ... dagelicht
    1547 HambZftRolle 289
  • weren die [wüllen tücher] ... genetzt und geschorn und wider an die ramen gespannt ... befunden, dieselben tücher sollen verloren [sein] und ... die straff der obrigkeit ... zustehen
    1577 RPO.(Weber) 249
IV wie schälen 
  • sollen ... kein eichen oder haubtmeibüchen gehauen, geschoren oder gebraucht werden
    1558 JülBergPolO./QNPrivatR. II 1 S. 363
  • welche ... nutzbare baume und stäm scheren ... mit funf rader mark bestraft werden sollen
    1624 SPantaleonUrb. 509
V vernichten, verwüsten
  • wy zien hier cleene ghereetscepe van den deffencie, ende het esser ooc zo ghecrompen ende ghescoren by den oorloghe ende by den brande, datter lettle of niet bleven es van Ghend oostewaert
    1488 AnnFlandre 14 (1855/56) 48
VI beim Weben: Kettfäden in einer bestimmten Anordnung auf einen Scherrahmen spannen, um sie dann geordnet in gleicher Länge auf den Garnbaum des Webstuhls zu bringen
  • welck man efte frouwe, de mehr scherede als he bearbeiden mochte, unnd queme den warckmeistern dar klage aver, so scholde he datsulvige vorklagede werck rede maken binnen 14 dagen
    1375 HambZftRolle 161
  • we deme anderen sin scherde werk vntarbeydet, de scal dat wedden mit iii marc sulvers
    vor 1425 Wehrmann,Zftr. 322
  • sal ... de gildenrichter ... seggen: aldus wanner ji lacken macken vnnde scheren wilt, so sult ji opsetten vertin pipen
    1504 Crone,GildenCoesfeld 106
  • so soll sich ... kein meister unterstehen auff einen rahmen zu scheren oder scheren zu lassen, der nicht gebrandmercket ist bei straffe 2 ℔ lübsch jeder ketten
    1613 HambZftRolle 213
  • wenn eine frau bei einem meister oder ältermann ein werk scheren laßen, und es wird auf abgeredeter drill nicht aufgenommen und verfertiget, so magk die frau darüber klagen
    1683 Kolz,LütjenbHandw. 114
VII (Wiesen) abmähen
  • von solchen wiesen aber, welche nur einmal und zwar erst im herbstmonat geschoren werden, gehöret das pachtgeld dem lehnfolger
    um 1772 Pufendorf,HannovLREntw. Tit. 33 § 16
unter Ausschluss der Schreibform(en):
unter Ausschluss der Schreibform(en):