Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): schieben

schieben

, v.


I (insb. von Gerichtsverfahren:) verlegen, weiterleiten, weiterbefördern, an eine höhere Instanz weitergeben
  • jch Albreht von Strvbing der vitztvm vergich offenlich an disem brief, daz von ... herren ... abbt K. ... ein chriech der was zwischem der pawerschaft der gemain von M. vnd maier E. ... vuͤr mich geschoben wart
    1295 München/CorpAltdtOrUrk. III 317
  • wellen wir auch, das di burgere ... als vf ein hoer recht vor den burgermeister vnd rat ... vnser hoeptstat zu Prage in ortlweis schiben vnd sich berufen schullen
    1347 CJMunBohem. 75
  • dor um wollen wir nimant nicht beweisen, es werde dan aus rechtem teiding mit urteilen an uns geschoben 
    1347/60 Zycha,BöhmBgr. II 302
  • waz von ainem rehten hintz dem andern geschoben wirt, daz sol man schreyben und sol nach des puchs sag geschehen, waz recht ist
    1360? AmbergStR. I 111
  • wenn ain urtayl wirt auf daz haws geschoben vor der stat rehten, daz sol geschriben werden in daz recht puͤch
    1373? AmbergStR. I 114
  • wer umb sein chlag fur gericht chumpt und rechtens darumb begert, dem schol der richter richten. so sich aber zwen tail umb ir sach willecleich schieben an den vitztumb, daz schol also besten untz auf sein chunft
    1376 PettauStR. Art. 50
  • was hie für recht kumpt das sol nit fürpas gezogen noch geschoben werden
    4. Viertel 14. Jh. SchongauStR. 68
  • scheppen haben auch gewalt, vrteil in dem gerichte yn die morgensprache czu cziehen ... vnde die selben vrteil, die die scheppen also aws dem gerichte yn die morgensprach schieben, die sollen sie offenleich, das beider sachwalden fursprechen zu horen, lassen beschreiben, vnde nach derselben schrift in der morgensprach ein recht teilen ... sie haben auch gewalt, dieselben vrteil in der morgensprache oder in dem nechsten gerichte nach der morgensprache den weltsachen zu sagen
    2. Hälfte 14. Jh. IglauOberhof 358
  • em hovegerichte sizit eyn hoverichter; wirt do orteil geschobin, daz geschobene orteil volget nicht in daz statgerichte, sunder man zuhit sich an eynen anderen herren
    Ende 14. Jh. GlWeichb. 232
  • wolt ir mir des nicht gelauben, so wil ich das mit euch dahin schieben do man recht gibt vnd nympt
    um 1400 IglauOberhof 188
  • obe ein understul rechtes versaget hette, ... so wurde die sache an den nehsten oberstul one beruffunge geschoben 
    1438 RAbsch. I 162
  • was man in der W. nicht gerichten und zu end pringen mag, das soll man schieben gen R.. item was man zu R. nicht gerichten mag, das scheubt sich gen A.
    um 1440 Tirol/ÖW. II 134
  • all stift ... die meiner frawen und irem gotshaus ledig wurden von toten oder anders ... die soll man schieben mit der stift an mein frawen, und von der hand soll man si raichen und empfahen, als man stat an ir vindet
    1462 (Hs.) Tirol/ÖW. II 88
  • wenn ain statthalter ain pfenden will in der vogty umb gichtige schuld etc., was nit gichtig ist sol man für gericht schiben, und sol zeerst nemen farende pfand, ist so vil da
    1466 SGallenOffn. I 430f.
  • so ein nachpawr ainer mit dem andern etwas zu schiken hat, ... das sollen richter und vierer richten ..., es wär dan das si es nit richten kunten, so mugen si es schieben fur den purkgraven
    1477/94 NÖsterr./ÖW. XI 58
  • wer dieser ehrbaren bergckstete rhäte zween oder draÿ begeret, im recht zu siczen, undt dornoch von ihnen appelliret, das ist ob er sein sach in höhere oder andere recht schiebe, oder zihe, so ist ehr verfallen den selbigen rechten aÿnen ieglichen besunder marck. 9. bues
    1487 MHungJurHist. IV 2 S. 43
  • als das recht nun geschoben ward für den kaiserlichen hof
    2. Hälfte 15. Jh. AugsbChr. II 206
  • hat das hofgericht vor iaren die urtail geschoben in den raut, dem hofgericht ain lüterung ze geben, wie das hofgericht daruff sprechen sölle
    um 1500 RottweilStR. Art. 143 (S. 153)
  • söllen dennocht vnnsere stat richter, burgermaister vnd rate, wo die in der merern anzall vorhannden sein, nichts weniger fur, vnd fur die sachen, vnd hänndl der stat, hindan richten, es wären dann treffenlich groß sachen, die söllen sy schieben 
    1524 SalzbStPolO. 23
  • die richter sollen ouch bi iren aiden, so sie gerichtshalben geschworen haben, kain urthel liederlich schieben, sie wissen den uff ir aide nit ze urtailen
    1532 WürtLändlRQ. II 780
  • ob er [richter] aber in im selbsten kein recht fünden mechte, urtheil zue geben, so mag er oder sie all die urtheil schieben an das end, da man die urtheil hollet
    1540 WürtLändlRQ. I 426
  • achtenn wir fur radtsam ... das ihr euch sollicher appellation entschlahet ... vnnd denn handell auff kunfftig concilium oder disenn reichstag schiebet 
    1545 NrhAnn. 149/150 (1950/51) 59
  • ob sich begäbe, das umb grundt und poden in ainer hofmarch gelegen ain jrrung wäre die gerechtvertigt werden, so soll es wo annderst derselb hofmarchherr umb grundt und poden selbs nit ze richtn hat anfangs in der hofmarch angefangen, und mit der ersten urtail durch den hofmarchrichter in unser landgericht derselben ennde geschoben werden
    1553 BairFreibf. 231
  • das khein vßmann ... khein hanndtwerckhs gewerb in legersweyße hie haben noch alher schieben soll
    16. Jh.? Fischer,Erbf. II 215
  • dieselben recht ... sollen weder ersteckt, eingestelt, erhebt, geschoben, gewaigert noch geappellirt werden
    1625 Salzburg/ÖW. I 44
II etw. auf jn. schieben jn. für etw. verantwortlich machen, jn. überführen, auch: einem anderen als sich selbst die Verantwortung für eine bestimmte Handlung zusprechen, jm. etw. in sein Gewissen schieben (mangels objektiven Beweises) jm. einen (Unschulds)eid auferlegen
vgl. Schieber
  • man sol auch einen toten man der an deuphait oder an raub erslagen ist. daz sol man richten als vmb die notwer. ez ensei also ob man den raup oder dev deuphait bei im begreif. vnd hat man den man geschoben auf in toten als ob er lebte
    um 1275 Dsp.(Eckh.1971) LR. Art. 89 § 3
  • kvmpt ienr fvr vnd schivbet ez vf in er mvͦz ez enphahen
    um 1275 Schwsp.(Langform Z) LR. Art. (L.) 220
  • swaer dem andern ein ros stilt, begriffet er in daran, so sol er ez uf in schieben unde sol uf dem rosse bereden, daz ez sin waere unz an die zit daz ez im diuplich verstoln wurde
    1276 AugsbStR. Art. 34 § 3
  • wirt der selbe benoetet, der den brant getan hat und wirt gevangen und gebunden fuͤrbraht, laugnet der selbe dez brandes, mag in der clager denne beziugen selbe dritte unversprochener manne unde mag ainen brant der dez selben gůtez ist daz er verbrennet hat uf in schieben, so sol man vͤber in rihten mit dem brande
    1276/1370 AugsbStR. Art. 33 Nachtr.
  • dacz swem diufigez gůt funden wirt, der scheub daz als reht ist und volfuͤr den schub als reht ist
    1281 MGConst. III 271
  • sogetan laeut werdent oft gevangen, daz man si an der hantgetat niht begreiffet und daz man uf si niht ze schieben hat
    um 1315 MünchenStR.(Dirr) 283
  • væcht er [Bestohlener] in [Dieb], er sol diu diuf auf in schieben in allem dem rechten, als er deu diuf pei in funden hiet
    vor 1328 Ruprecht(Claußen) Art. 93
  • si autem ille dicit se equum apud alium emisse et ad illum wlt deducere, quod dicitur in wlgari schvben 
    um 1400 IglauStR. 257
  • da aber der klaͤger, in mangel des beweises, dem beklagten seine klage in sein gewissen schieben wuͤrde, so mag der beklagter sich mit seinem eyde gegen ihme erwehren
    1583 HadelnLR.(Spangenb.) 64
  • auff den fall aber, das einer der klagete kein beweiß hätte und dem beklagten seine klage zur eides handt legen wolte, so mag sich das beklagende theill mit seinem eide erwehren. wolte er auch dem kläger den eydt wiederumb schieben und in seinen gewißen stellen, das steth ihm frey
    Ende 16. Jh. NeumünsterKirchsp. 159
  • wann der klaͤger zu anfange seiner klage vor der kriegsbefestigung sich keines beweises beruͤhmet, sondern dem beklagten das jenige darumb er jhn beschuͤldiget, in sein gewissen schiebet: so ist der beklagter den eydt zum negsten gerichtstage zu leisten schuͤldig
    1603/05 HambGO. I 34 Art. 1
  • so der klaͤger dem beklagten die klage ins gewissen schieben, und den eyd derowegen deferiren wolte, soll ihme solches, wann er gleich keinen schein noch beweiß vor sich hat, nachgelassen seyn
    1622 SächsGO. 1082
  • die entlichen einreden seindt dise ... diuisionis, wann ein mit erb, oder mitbirg sich von der völligen bezahlung entschuldigt, vnd das vbrige auf die andern erben, vnd bürgen schiebet 
    1654 NÖLO. I 18 § 1
  • referiren (den eyd) ... heißt in denen rechten, den einem deferirten eyd zuruͤcke, oder dem andern wieder ins gewissen schieben 
    1741 Zedler 30 Sp. 1669
III
aufschieben, vertagen, (einen Termin) verschieben
  • ez ist erfunden umb den ..., der sich hat haizzen schreiben "juravit", daz man daz geschoben hat biz daz man in verhöret
    1377 MünchenStR.(Dirr) 601
  • was auch geschoben wirt an offner schrann auf acht tag oder hin uͤber, daz sol man tuͤn mit dem urtail zu einer chuͤndung wider fuͤr recht
    14. Jh.? RegensbStat. 36
  • was rechts die in den walt haben, die forsthabern geben, das wolten sie schiben biz an daz nechst grabengericht
    1410 HohenloheRB. 332
  • mag frau R. mit richter und scheppen beweysen und volkomen das die scheppen die beweysunge geschobin und vorleget habin
    1444 RechterWeg I 130
  • haben wir solch recht und gerichte ... geschoben und erstreckt bis auf den naͤchsten gerichts-tag
    1448 Lünig,CJFeud. I 195
  • F. ist komen vor unsers closters gericht und hat geschuldigt unser closters man H. umb bezicht dreier clage. da hat er ime nein zu gesprochen und ime das recht daruber entheißen. das recht wart geschoben uber [drei] xiv tag, so solt er es ime verziehen
    vor 1524 LeipzigSchSpr. 468
  • weret das recht biß umb 11 uhr, ward das recht aber geschoben auf morgen
    1552 BayrStChr. 217
IV ablehnen, von sich weisen
  • solle kein advocat, so einmahl eine parthey annimmet, oder ihme ex officio assignirt wird, selbe ... von sich schieben 
    1655 CAustr. I 434
V fördern, Vorschub leisten, bevorzugen; auch: (vor Strafe) schützen
  • wer ain ee macht, fůgt oder schuͤb ân wissen oder willen der naͤhsten friuͤnd, ... der git der stat X ℔ den.
    1382 LeutkirchStR. 69
  • [des underrichter aid:] ich swer ... das ich niemant ... im rechten hindern noch ainen für den andern nicht fürdern oder schieben sull
    Ende 15. Jh. StraubingStR. 314
  • das sy [schergen] ... khainen ... für den anndern beschwärn oder ... umb ainicherlay müet, abkhauffen, gunst und gab noch sonst ... schieben oder der scharwerch freyen
    1553 BairFreibf. 243
  • dieweil die thaͤter gemeiniglich in die befreyte, und herrn-haͤuser, und sonderlich in die cloͤster ihre zuflucht suchen, und dardurch ihrer viel, so straffmaͤßig waͤren, geschoben werden, und der straff entfliehen
    1553 CAustr. I 381
  • wo dann dergleichen schedliche personnen verhanden, solle ain ieder nachtber bei welchem solche böse personnen zu betreten, solche nit schieben oder aufhalten bei grosser straff
    1581 NÖsterr./ÖW. IX 11
  • ob aber ainer oder mer ... das geschrai woll hörtn und kämen aber dem nicht nach und schuben deshalb den dieb das er entrun, den oder dieselben soll dan die herrschaft ... straffen
    16. Jh. NÖsterr./ÖW. IX 683
VI abordnen, schicken, beauftragen
  • wir ... alle botten, als wir von vnsern herren vnd obern von stetten vnd lendern ze disen nachbenempten sachen vnd stössen, si ze entscheiden, geschiben worden sint
    1440 EidgAbsch. II 773
  • mit unsern botten, so wir darzů schiben und schigken, einen meytag ... ze hand
    1445 SaanenLschStat. 62
  • darumb hant sich ... vnser ... getruͥwen von A. durch hilff vnd vnderwisunge ettlicher wiser luͥten von Z. vnd O., iren nachgeburen, darzů geschiben, einer merklichen ordnungen soͤlicher stuͥcken halb gegen einander vereinet vnd begeben zu halten
    1461 ArgauLsch. I 23
  • von der meß wegen, es sigen mässen, viertail, elnstab, wägen ... die sol menglich gerecht haben und bruchen und wil min her lüt darzü schiben, die zů besechen und rechtvertigen
    1468 SGallenRQ. II 1, 1 S. 8
VII entfernen, abschieben
  • emphelhen wie eüch ... das jr kain petler oder petlerin über drey tag in ewern gebieten vnnd gegenden petlen lasset, sonder nach der selben zeit daraus vnd für vnd für aus dem land schiebet 
    1491 TirolHGO.(Schmidt) 120
  • wer nit diennst noch arbait oder ainen versprecher hat der soll geschoben unnd im lanndt nit ennthalden werdennt
    SalzbLO. 1526 Bl. 10r
  • wo e. churfl. g. alßo auß irem ambt der election solten geschoben werden
    1530 RTAugsbUB. II 772
  • sollen die frommen und guten, die gern zur arbeit gehen, und derselben getreulich warten, fuͤr andere gefuͤrdert, und das ungehorsamb, unzuͤchtig, leichfertig, rollig, so viel moͤglich ist, geschoben werden
    1553 FerdBO. Art. 70
  • welcher underthon aber ... seine khinder oder dienstbothen unnotwendigerweis bei sich enthalten, am taglohn oder müeßiggang umblauffen, oder dieselbigen von solcher dienst wegen gar außer landts schieben oder verlauffen lassen
    1616/29 OÖLTfl.(Strätz) III 6 § 10
VIII hinschieben zu etw., unter Zwang hinbefördern
  • das ... zwúschend ir schmiden zunft, oͧch scherern und badern, sich ein span gehalten gehept hette ... der zunft halb, als sy dann in ein zunft geschyben und gefuͤgt weͣren, und doch zwo geselschaften sin soͤlten
    1491 ZürichZftG. I 148
  • so ainer ainen marchstain ... ausgrebt ... ist es ... ein marchpaum oder stain außzaigund die herrschaft oder zwaier herrn güeter, soll man ine mit dem haupt in das loch des marchstain schieben und also verschütten
    vor 1524 NÖsterr./ÖW. XI 177
IX
stoßen, tätlich angreifen
  • orslage vnde har tent vnde schuuent. beteret men mit twelef schillingen
    Ende 13. Jh. LübMndStR. 131
  • enich man of vrouwe, die ghescauen worde op enen anderen sijns ondankes, daer claghe van queme uoer scepene
    1399 ZwolleStB. 113
  • vortmer efft en man mit unmynnen in dat water schoven worde, alzo dat eme dat water over dat hovet ghinge, de dat deit, de schal beteren deme sakewolden xc schillinghe unde deme richte xc schillinghe
    DithmLR. 1447(Eckh.) § 101
  • so wye dat enich van den schout ende scepen off horen dienren ute huyse stieten of scoven, die soude verboren XM. steens
    1456 UtrechtRBr. II 241
X in unredlicher Absicht in den Besitz anderer Personen bringen
  • er solle es [auswärts eingekauftes Edelmetall] aber allezeit die geschwornen goldschmid oder den wardein zuvor besichtigen und bestreichen lassen, ihnen dasselbige anbieten und das geringste nicht darzu verschmelzen oder under die juden, die es hernacher in wincklmünzen verbrauchen, schieben oder verkaufen
    1617 NürnbRatsverl. II 506
XI kegeln?
  • on wissen eins ... raths sol niemant in der stadt kein kleinot aufstecken, darumb zu schiben, wan groß unrathe davon bekumpt
    1492 Walldürn 268
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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