Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): schießen

schießen

, v.


I Geschosse schleudern, Gewehre abschießen

I 1 im Zsh. mit Verletzung, Tötung, Friedbruch, mutwilligem Schießen; auch: in feuer- und sicherheitspolizeilichen Bestimmungen
  • hweer so thi man scethen werth truch sine machten thruch dat fel, thio bote en pund, hit ne se thet hi ferrawolle spreka [wenn ein Mann durch seine Geschlechtsteile durch die Haut (des Unterleibes) hindurch geschossen wird, so beträgt die Buße ein Pfund, es sei denn, dass er weiter klagen wolle] 
    13./14. Jh. (Hs. 1464) WesterlauwersR. I 554
  • swer mit dem steinbogen oder mit dem arbruste schu̍sset mit pfiln, der git X ℔; tůt der schiessend schaden, daz soll man richten als ob er das mit der hand tête
    1314 ZürichStB. I 4
  • man soll unß auch umb unser herberg nicht nachlüßen weder an thier noch an fenstern ... möcht aber denselbing, der da nachlüsent, der wirt oder sein anwalt erlangen mit schiessen, schlegen oder wirfen und in darumb bessern, darumb ist er niemant nichts pflichtig
    1445 OÖsterr./ÖW. XV 217
  • das keyne hoe gewalt also mit stormen, schießen, werffen unnd der gleich an nymants wonunge, heusern, collegien ader burßen getriben ... werde
    1468 LeipzUnivUB. 181
  • welcher zů dem andern fräfenlich wirfft oder schüßt, vnd felt er so ist die bůß zehen pfund pfening von jedem ... schutz
    1469 Schauberg,Z. 2 (1847) 65
  • daz er yn hette wollen morden addir schissen 
    1474 PössneckSchSpr. I 187
  • um eine kampir wunde di geschossen wirt [und nicht gehouwen adir gesneten] mit eime messere adir mit eime mortwafen, sal der vredebrecher antworten vor den hals
    15. Jh. AnzGMus. 1 (1832) 210
  • ist auch, das dehainer nachtes zů dem andern wirffet oder schüsst usser ainer gassen oder usser ainem huse oder sin gerämet hat zů ainem venster in, wenn er des argkwenig hat, der sol sich des entschlahen selb siben als ains mordes
    um 1500 RottweilStR. Art. 207
  • auf was herschaft das ist, auf freier strassn, als weit zwen wägen weit nebenainander gen und als weit auf ieder seitn der wagenknecht mit der gaisel raicht, sie schlagen, raufn, werfn oder schiessn, gehort die freihait gen C.
    Anf. 16. Jh. NÖsterr./ÖW. VII 42
  • des sontags solle kein zechen, spielen, rasseln, schiessen, rennen, fechten noch tanzen gelidten werden
    1562 Magdeburg/Sehling,EvKO. I 2 S. 412
  • wir wollen vns ... keines jagens, schiessens oder fischens mehr annehmen vnd anmassen, dan wir ane das vermöge der vortrege vnd reuers, ehe vns die eptey eingereumet, befugt [gewesenn]
    1572 IlsenburgUB. II 319
  • keiner sol schiessen ohn befehl des schiffers, thet einer daruͤber, er soll kraut vnd loth doppelt bezahlen
    1614 HansSeeR. IV 10
  • es soll auch verboten sein ... mit blasserohren, armbrusten undt vallestern, oder schlüssel-büchsen schiessen, stein werffen ... undt andere leichtfertige händel treiben
    1670 Weimar/MittSchulg. 8 (1898) 351
  • solle das schießen im dorf sowohl uf der gaßen, in denen haüßer, würthshaüßer und gärten bey straff eines guldens ... verbotten seyn
    um 1710 WürtLändlRQ. I 534
  • das unbefugte schießen in den staͤdten und doͤrfern, welches ... wohl gar menschenmord verursacht hat
    1775 v.Berg,PolR. V 127
  • das schießen, ingleichen das raqueten- und schwärmerwerfen wird in denen dörfern in gehöften und bey denen scheunen gänzlich untersaget
    1775 CSax. I 1023
  • [soll] das schießen in markte an den rauhnachten ... verbothen werden
    1780 NÖsterr./ÖW. IX 533
  • des schießens mit feuergewehr, des raketenwerfens und andrer feuerwerke, in der nähe von häusern, gebäuden, oder andern leicht entzündbaren sachen, soll sich ein jeder enthalten
    1794 PreußALR. II 20 § 1554
  • wird alles ... muthwillige schießen ... nachdruͤklichst verboten
    1800 HeidelbPolGes. 5
I 2
im Zsh. mit Jagd und herrschaftlichen Vorrechten
  • niement en sel sciete na odeuare op wairt, noch na enigherhande voghel ... binnen der vrihede van Leyden
    1392 Reintges,Schützengilden 353
  • armbrost spannen vnnd schiesßnn ist ainem vogt sein recht
    1417 Schauberg,Z. 2 (1847) 91
  • ob ainer mit haimblichen jagen, gewichtl aufhenken, stellpäumb zu machen oder sonst haimblich schiessen mit demselben begriffen wurde, soll nach ungnaden gestrafft ... werden
    1468 NÖsterr./ÖW. IX 449
  • ir soͤllend ouch gewalt haben ... das gewild, so den boum stigt und ertrich bericht, jagen, schiessen und umbringen
    1525 BernStR. VI 1 S. 328
  • es solen auch die vörster, die also die reisgejaidsrecht besteen, das fliegendt wildpret zu der zeit des pruets ... nit schiessen 
    1526 MittSalzbLk. 27 (1887) 379
  • ob du wol ein wildt thier scheussest ... das das thier gefangen můß werden, so ist es doch dein nit, du vahest es dan
    1536 Gobler,GerProz. 79v
  • daß die unterthanen sich des kleinen waidwerks mit hetzen, schießen ... nicht unternehmen sollen
    1569 Machwart,JagdAnsbach 18
  • daß etliche unßere ... eydtsvergeßene unterthanen ... sich ... unterstehen, in unßern heyden und hölzern heimblicher und diebischer weise wildtpreth zu schießen 
    1574 BrandenbSchSt. IV 133
  • das ungebüerlich haimblich unerlaubt vischen und schießen in dem gehülzen und förschten
    1589 NÖsterr./ÖW. IX 797
  • es wäre ihren gn. herrn das rechte aug und die rechte hand verfallen, damit er [Wilderer] nicht mehr schießen könne
    1598 Scharff,Dreieich 326
  • solches jagen und schießen denen im lande unangeseßenen zu keiner zeit ... erlaubet ist
    1719 HadelnPriv. 342
  • es soll niemanden ... zugelassen seyn ... sich einer gerechtigkeit mit jagen, schießen, hetzen ... anzumaßen
    1743 HalberstProvR. 219
  • hirsche, rehböcke, hauende schweine oder keiler, erpel oder entriche zu schießen, ist das ganze jahr hindurch erlaubt
    1794 PreußALR. II 16 § 51
I 3 im Zsh. mit Schützengesellschaften, Schützenfesten, Schießübungen und anderen Schießveranstaltungen; subst. metonym. auch: Schützenfest (Beleg um 1600)
  • nieman soll in dem kilchhof ... keiglon, ... noch stechen, noch turnieren, noch schießen, noch den stein stoßen bi I march silbers
    um 1300 Wackernagel,VolkstSchweiz 157 Anm. 1
  • das wir [schuczenmaister vnd schiesgesellen] in gueter gesellschafft schiessen wellen
    um 1460 SteirGBl. 4 (1883) 197
  • wer ... nyt en scheist op den dach, as eme zu scheißen gebuirt ... sall gelden eyne scheyßboiß
    um 1490 Ewald,RheinSchützenges. 190
  • op den scheessoindagen, as man is verbunden zo scheißen, in die gesellen, den dan scheesen gebuert, die sullen zo tzwelff uyren nae myßtzyt myt yren scheesgetzuyge by den Kleveren syn
    um 1490 Ewald,RheinSchützenges. 190
  • welicher umb die hosen schiessen wyll, der soll IIII doppelpfening geben in den doppel
    1500 SchlettstStR. 424
  • so eyn schütz inn eyner gewonlichen zilstatt ... scheust vnd es laufft jm eyner vnder den schuß, oder jm lest vngeuerlicher weiß ... sein büchs oder armbrust ehe vnd er recht anschlecht vnd abkompt, vnnd scheust also jemandt zů todt, dise beyde seind entschuldigt
    1532 CCC.(Schöffer) Art. 146
  • when mhan umb des erbarn raides cleynodia scheytet 
    1543 Halberstadt/Reintges,Schützengilden 365
  • zu allen vierzehn dagen, so man umb die hoessen schießen sall, sall sulch schiesspiel durch einen angeschlagen brieff an dem dhoem angezeigt werden von dem schutzenmeister
    1549 Ewald,RheinSchützenges. 194
  • wan ... ein rock ader schutzendienst fellich ist, dass alßdan die jenigen, die des dienstes ader rocks begeren sindt ... umb denselbigen dienst ader rock schießen sollen
    1549 Ewald,RheinSchützenges. 196
  • ist uferlegt worden, das er mit der büxen seiner gebotnen hauswher ... zu gewohnlicher zilstatt schiessen ... soll
    1588 Ellwangen/ZRG.2 Germ. 42 (1921) 127
  • fürterhin sollen die kürchweihinen, gastereien, schießen ... nit ufgethon werden one erlaubnus und vergundung der oberkeit bei straff drei pfund heller
    um 1600 WürtLändlRQ. II 351
  • die juden maßen sich an, nach der scheibe zu schiessen 
    1750 Kracauer,GJudFrankf. II 244 Anm. 5
I 4 im Zsh. mit der Bestimmung von Entfernungen; auch beim Publizitätsakt zum Erwerb von Territorien
  • der keiser vuor dannen unde reit mit gewalte durch diu lant unz an Ortrente, daz lît an dem mer; dar schoz er sinen schaft in daz mer; er sprach also: "disiu lant hân ich betwungen keiser Liuther mit der tiutschen helfe"
    nach 1275 ProsaKaiserchr. 221
  • es sol ouch niemant by dem waldweg holtz howen, so wytt vnd einer mitt einem gemäß armmbrost schiessen möcht
    15. Jh. Kothing,RQ. 160
I 5 als Teil des Zeremoniells bei feierlichen Anlässen
  • wiert durch den ambtman ... die freiung und das zaichen offentlich im beisein der nachbarschaft solemniter mit drumel, pfeifen und schießen aufgesözt
    1638 Steiermark/ÖW. X 243
II im Bergbau: sprengen
  • [Anordnung] wie kuͤnfftig die ober- und unter-steiger bey denen clausthalischen ... bergwercken das neu inventirte schiessen ohne schieß-pfloͤcke sollen anstellen und damit die ertzfoderung verrichten
    1687 R.L. Honemann, Alterthümer des Harzes I (Clausthal 1754) 156
III werfen, schütten; bei der Auflassung: den Halm von sich schießen sich entäußern
  • mit gichtingh des montz ind verschietung des halms. so duet see den halm oeren gekaren momber, ind die schiet den halm van sich
    15. Jh. ZRG. 10 (1872) 191
  • soll sich niemand vordriesten, uth schepen ... in der Traven tho kopende korn, es sey den vorerst uth den schepen ... in den pram geschaten 
    Ende 16. Jh. Rigafahrer 230
  • man soll keinen sand noch ballast aus den schiffen an andern, als den angewiesenen stellen ... auswerfen, wer aber den ballast in den strom schiesset, soll 100 rthlr. strafe erlegen
    1798 RigaWillk. 153
IV an etw. grenzen
  • vif morghene de schetet uppe de garden twischen sinte Peters dore unde dem hoen dore
    1316 BrschwUB. II 437
  • gheue yk alle mynen acker ... bohaluen dre verdendel landes de scheten vppe de Bvlten, tu der beteringe des hilghen ghestes tu G.
    1406 Lasch,NdStB. 30
  • garten, an des cloester kampff schiessendt 
    1631 CTradWestf. V 13
  • ist zu beobachten, daß die, so mit ihre acker gegen dem ende schiessen, vorgraben sollen
    1770 SchleswDorfO. 13
  • soll ein jeder eingesessene verpflichtet seyn, den weg, worauf sein land stößet oder wogegen sein land schießet ... in einem untadelhaften stande zu halten
    1801 SchleswDorfO. 854
V
geben, zahlen, beisteuern; Steuern, Abgaben entrichten; in eine Hand schießen jm. übertragen
  • and sceote man æt æghwilcre hide pænig oððe pæniges weorð
    1. Hälfte 11. Jh. Wulfstan,Hom.(Napier) 181
  • we so wintervare comet in dhe Nu mit coggen, dhe sal scheten sante Petere van C marc I verdhinc
    um 1270 Nowgorod(7 Fassungen) 64
  • van alden gescoeten die men scieten zal van ghelde
    1282 CoutFrancBruges II 65
  • dat si witlic dat en iewelic borgere van L. schal scheten vor sin gut vnde sines wiues vnde siner kindere
    Ende 13. Jh. LübMndStR. Art. 108
  • were dat vnser borghere efte borghere kint weylick vure vmme sine kopenscap, bereyde den god, dat dey ghuyt wunne, dey mochte ghuyt luttich efte vyle bestaden in vnser stat, efte in vnser velt marke, ende scheyten, ande deynen dar van
    1350 SoesterSchrae 400
  • wat dar en boven ef benyden is, dat sal scheyten pennyncgschoit
    1361 DortmUB. I 554
  • deme copmanne van London alle tyt soghedaen shoet to scheitenne, als dey copman van London unde andere haventon scheiten 
    1383 London/NGL.2 I 1/2 S. 635
  • Johan wer ein grebe zu Ditze worden, hette he gelebet; unde [die Grafschaft] wart in ein ander hant geschoßen 
    um 1400 LimbChr. 56
  • sollen dye ... buyren schieten vor teynhondert grase
    1408 MnlWB. XI 465
  • synt dey sittende rad myt dem alden rade und myt der gemeynheit eendrechtliken geworden eyns schottes, dat men scheiten sal na der wyse, als hirna gescreven steit
    1419 UnnaStR. 44
  • dyt is ... dat ghemene land unde erve van Mydelsummer hammerke, als dat nu scheten schal to den zyle to Emeden van Osterhuser zylacht weghen
    1437 OstfriesUB. I 425
  • dat nyemant binnen onsser stadt enich goit te pande sceten ofte nemen sell dan by den raet van der stad
    1471 Amersfoort 80
  • mögend die kürssner ... ir lerknaben gelt, so sie von iren lerknaben gebent, in gmein zunft schiessen oder für sich selbs behalten
    1541 FreiburgZftO. 42
  • daß zu gaͤntzlicher abzahlung des ... kriegs und acht execution-kostens, ein jeder churfuͤrst, fuͤrst und stand ... seine reichshuͤlff zu roß und fuß, so viel dieselbig auf sechs monat lang einfach am gelt, nach eines jeden stands anschlaͤgen ertraͤgt, zu schiessen ... schuldig seyn
    1567 RAbsch. III 270
  • pfachtguth ... mit 200 rthlr. zu aggraviren, welches gelt herr burgermeister de G. nahmens herrn O.s geschossen 
    1684 SPantaleonUrb. 584
  • solche ... verpflegungs-gelder saͤmtlich ... denen commissariis aus der cassa schon baar geschossen und uͤberwechselt worden
    1685 Moser,StaatsR. 30 S. 96
VI (Abgabenlast) verteilen, aufteilen
  • ghescoten te schietene, taxaciën ende smaeldeelinghen daer af te doene
    1438 MnlWB. VII 519
VII (Abgaben) zusammenzählen
  • wann man ... daß gewerff scheüsset oder summiert, gibt man jedem herren ... 2 ß. 1 ₰.
    1594 SchlettstStR. 681
VIII etw. auf jn. schieben; eine Rechtsache weiterleiten, zu einer höheren Instanz schieben, sich an jn. schießen sich an eine Rechtsinstanz wenden
  • alle twyuell vnd twyuelsake, de in dessen boke nicht beschreuen syn, sal men soken vnd scheten an den radt vnd radtlude
    1294 RigaStR. 48
  • de bede hebbe wy geschoten an de stede, de nuͤ uppe den dach komen
    1395 HanseRez. IV 293
  • wi ... scoten dat recht vor mynen heren van Munster, de uns tovand an dem rechte 6 weken
    1409 HanseRez. V 460
  • dat so wanneer een coepman een valsch recht int ammeraels recht affgesproken word, dat de coepman dan dat recht schietet vor den koning
    1434 HanseRez.2 I 237
  • waz H. forder zcu thun hette mit des heyligen cruczes mennern czu H., sal her dij fordern an dem gerichte daselbes. widerfore im da nicht recht, mag her schiesßen an dij eptischen czu K., em czu helffen czu syme rechten
    1441 KaufungenUB. I 460
  • were ok nene entschuldinghe, dat men sulk en wolde upp de menheid scheten, der de raed billick mechtich scholde sin
    1487 HanseRez.3 II 76
  • dan so schuyt die richter dat ordel an enen man die in den gerichte steyt
    15. Jh. DortmStat. 305
  • desse sake sind geschaten vͤt E. vor drier lande rad
    15./16. Jh. Panten,RQNordfriesl. 76
  • so dan dar in jemanth beswering halven appelleren will, de appellert und beropt sick to hovede vor den louwen to Ossenbrügk, so dan ock gerichtlich ein ordel gefelth, welch men nicht wisenn kann, dathsülffte werth ock darhen geschaten 
    1564 Engelke,GogerichtDesum 62
  • wer idt ock sacke, dath ein partie aver sin flitiges ansokent thor ungebör ihm rechten vortögert edder deren sust recht geweigert worde, desulvige mach sick derentwegen ahn unß de overicheit beropen und scheten 
    1572 NordstrandLR.(nd.) I 31
  • oeck moegen die burgemeijstern in de [Zeit] ende die oer plaetse bewaeren die saecken, die sie swaer ende wichtich vijnden, an den gemenen raedt schieten ende wijsen
    3. Viertel 16. Jh. KampenStROntw. 2
IX bei den Bäckern: (Teig in den Ofen) schieben
  • ensal kein beckir dem andern sinen teyg schießen ... wer ez dapebin tede, der sulde ez verbußen mit eyme phunde phennynge
    1403 WitzenhQ. 43
X in der Studentensprache: stehlen
bdv.: gestehlen
  • schießen heißt sehen, acht geben, ferner etwas entwenden
    1795 Meier,Stud. 96
unter Ausschluss der Schreibform(en):
unter Ausschluss der Schreibform(en):