Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Sessel

Sessel

, m.


I ein (ggf. gepolstertes, oft kunstvolles) Sitzmöbel für eine Person

I 1 als Amtsstuhl, Ehrenstuhl, Thron; zu Repräsentationszwecken; meton. das Amt selbst
vgl. Stuhl (II)
  • gif ceorl geþeah, þæt he hæfde v hida fullice agenes landes, ... setl ⁊ sundornote on cynges healle, þonne wæs he þanon forð þegenrihtes wyrðe [wenn ein Gemeinfreier (so) emporkam, dass er völlig 5 Hiden eigenen Landes hatte, ... Sitz und besonderes Amt in des Königs Halle, dann genoss er hinfort Thegnberechtigung] 
    1. Viertel 11. Jh. Liebermann,AgsG. Geþyncðo 2
  • dy schepfen schulln haben sunder sezzel da sy auff sizent, sy schulln auch urtail sizund vinden
    um 1300 (Hs.) Schannat,Samml. 235
  • saß der geistliche man her H. ... off eyme seßel und hatte eynen stab in siner hand ... und fragde die scheffen
    1360 ArchHessG.2 3 (1904) 143
  • zum jargedinge sollen da stehen drei benck vnd zwehn sessell, alle mit irem gedeck vnd zubehör
    1529 Saar/GrW. II 58
  • [ein Bürgermeister wird] vom sessel gestreift
    1548 SchwäbWB. VI Nachtr. 3108
  • do soll ein apt von M. jeglichem scheffen ein sessell in das haus stellen, das sie doruff sizen vnd gericht halten ... vnd hat er der sessel nit, so ist er ... buß schuldig
    um 1573 PfälzW. I 279
  • vor 9 jahren, als sy das erste mal uff der pratelemat gesin, sye ihr Hensli Lucifer als der oberste in einem sessel gesessen, deme sy versprechen müessen ze volgen
    1635 Schacher,HexenwLuzern 17
  • in abwesenheit i.h.gn. wiewohlen der sessl für dieselbe aufgesetzt war
    1684 Ott,BürgerPassau 16
  • [wann ich mich zu diser conferenz nicht einfuende, wird] mein sessel und alles dergestalt zu bereiten sein, als wan ich selbsten zugegen sässe
    1711 Fellner-Kretschmayr III 55
  • muß ein envoyé ... dem ambassadeur in dessen eigenen quartier allemahl die oberhand lassen, und zu frieden seyn, wenn ihm nur ein sessel ohne ruͤcken- und hand lehnen ... gesetzet [wird]
    1719 Lünig,TheatrCerem. I 369
  • daß die ministeriales ... in verbrechen, zum unterscheid anderer staͤnde und herren (als raͤth) mit tragung eines sessels bestraffet worden
    1747 Hoheneck III p. 4
  • so war des herrn cardinals sessel mit gold- und seidenen frangen und goldenen borten besezet, die armlehnen bekleidet, das holz am sessel mit bildhauer-arbeit ausgeschnitten und uͤberguͤldet: des gesandten sessel aber ware mit sammet- und seidenen frangen besezet, die arme nicht bekleidet und nichts daran verguͤldet
    1774 Moser,Reichstage I 92
  • der kammerrichter nimmt bey solchen besuchen anderer senate in dem fuͤr ihn bestimmten sessel den gebuͤhrenden platz ein, und der praͤsident muß waͤhrend dieser zeit neben ihm sitzen
    1791 Malblank,Kanzleiverf. I 344
  • der erbmarschall kann ... dem reichstage selber beiwohnen, wo ... für ihn ein besonderer sessel steht
    1804 Gönner,StaatsR. 245
I 2 symbolisch für den Rechtsanspruch an einer Immobilie bei Vererbung oder Versteigerung; im Sessel sitzen erbberechtigt sein
  • si [unterkeufel] sollen auch sitzen am markt auf ainem sessel offenlich und da warten, wer das maist darauf legt
    nach 1465 Koller,EidMünchen 104
  • so wie eerst wettelich zeker doet ende ghenachte van ghedeele verzouct van eenen starfhuyse, hy es possesseur ende zit inden zetele, tot anderstondt dat hem een ander uutsteken can met schoonren rechte ende met claerderen ende naerdren vermete
    Ende 15. Jh. CoutAlost 338
  • doch soll der gantknecht allemal, wann er zway stuck mit einander vergant, die zwen sessl fürsetzen, und bey ainem yeden sessl besonderbar ain stuck aufstecken und verganten; und den ersten und andern tag soll er denn ainen oder beede sessl ... umb 12 uhr bey der drinkstuben fürsetzen
    1571 MünchenStR.(Auer) 231
I 3 als Abgabe beim Abzug (II 1) 
  • wil der [keller] by lebendem lib ab dem hof varn, so sol er vf dem hof lân ein wagen vnd zwei joch vnnd ein ziehter, vnd sol ... er och dar vf lân ein sessel vnd ein küssi, ein han vnd ein hennen
    15. Jh.? Zürich/GrW. I 100
I 4 bei der Enthauptung
  • [der nachrichter soll den Verurteilten] ob er vor schwachheit nit knüwen möcht ... uf einen sässel setzen und im daselbs sin hopt mit einen schwërt von sinem cörpel schlachen
    1530 SchweizId. VII 1385
II
Tragsessel, Sänfte
  • derselb techan was lamm worden von gesicht und also truͤgen inn sine knecht in ainem sessel her ab in den hof
    1414 Ulr.v.Richental 24
  • dabey ist zůmercken, wo jemandts auff oder durch eines ander grund ainen steig hat, das er auff demselben geen, reiten, sich auch seins willens in einem sessel tragen lassen oder in einer senfften faren mag, aber kain vich soll er vor oder nach jme treiben
    1544 Perneder,Inst. 32v
  • aus bevelch des fürstlichen statthalters ... in ainem sessel durch zwen diener auf das rathaus getragen
    nach 1564 AugsbChr. VIII 234
  • wofern aber ein sessel auff den gantzen tag: nemblich auff 12 stund verlanget wurde, [ist] mehr nicht als 1 fl. 30 kr. ... zunehmen passirt
    1703 JbWien 8 (1949/50) 96
  • wofern aber ... ein sessel auf eine stunde gemiethet wuͤrde, obgleich der besteller sich in solcher an verschiedene oerter auch wieder zuruͤck tragen liesse, so soll dafuͤr nicht mehr als 24 kr. fuͤr 4 stunden ... bezahlet werden, welche belohnung ... jedesmal voraus, und so bald man sich in den sessel niedergesetzet, bezahlet werden soll
    1741 SammlVerordnFrankf. V 1117
III Arbeitsplatz eines Gesellen bei einem Handwerksmeister
  • welicher knecht oder knab by einem meister einen sessel besitzt, der soll dis ordnung ... halten
    1523 ZürichZftG. I 173
  • kein meister der 4 bei schneidern zünftigen handwerke soll mehr als 3 stühl oder sessel mit knechten besetzen
    1570 SchweizId. III 721
IV Sitzplatz in einer Synagoge; gleich einer Immobilie erwerb-, beleih-, verpfändbar und hierzu in speziellen Büchern verzeichnet
  • daß in zukunft kein einiger ... jud in unsere residentz statt M. in schutz auf- und angenohmen werden solle, er habe dann zuvorderist einen eigenen sessel in der synagog ... eigenthumlich ahn sich gebracht
    1726 Schaab,GJudMainz 307
  • auf die copia von attestatum ... ist derselbe schuldig diejenige sessel zu nehmen vermög gemeinschaftlicher observantz, die gewöhnliche wechselbrief aber darüber müßen von dritten mann ausgestellet werden, ehe und bevor das bemelte attestatum unterschrieben wird, von einnehmeren zu stellen, wan keine 200 fl. sessellen nicht mehr vorräthig wären, so stehet ihm frey ob er will eine höhere loß nehmen
    1741 Schaab,GJudMainz 331
  • wegen den sesslen in manns und weiberstühl soll jedem auf sein blatt behörig in ein apart buch eingetragen werden, ausser solche seßlen, welche in disputen oder in schulden stehen
    1741 Schaab,GJudMainz 346
V Folterstuhl, Hexenstuhl 
bdv.: Liesel
  • ist erkhandt, soll vff den seßl gesetzt werden. nota. von halb acht vor mittag biß mittag ist sie vff den seßl gesetzt, ist in der 4ten stund vffm seßl gestorben
    1640 DRWArch.
unter Ausschluss der Schreibform(en):