Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): seßhaft

seßhaft

, adj., adv.


I (an einem Ort) ansässig, wohnhaft, niedergelassen; offen zu II 

I 1 in einem Haus, auf einem Hof
  • mag aber er sines herren hulde nit gewinnen, so sol ... der herre daz hus allein besitzen, da er seshaft inne was
    um 1400 BernStR. III 8
  • wib oder man, der vf den schuopossen seszhaft ist, der vnfuog täte, so soll den ammann von G. ... nit ob den lüten richten
    1424 Argovia 4 (1864/65) 308
  • [das] sy in demselben huse sesshafft gewësen syent und eyn schilling, zwey hünre und sechs eiger davon zu herschafft rechte gegeben hettent
    1441 FreiburgHlGeistUrk. II 121
  • es sol ain keller vff dem kellehoff sesshaft alle jar ... ain fuoder höw ... geben
    1495 St. Gallen/GrW. I 212
  • wer mer dann ain haus innhat ... und der gruntherr oder richter mit dem selben verschuef soliche heuser mit sesshäften holden zu stiften auf ain benennte zeit, stift ers ... nicht, zu wandl zehen phunt phenning
    1541 NÖsterr./ÖW. VII 626
I 2 in der Stadt, im Dorf, auf dem Land
  • her G.v.H. hett vns geben ij schuopp noch dem tod sines vatters ... die hat in pfantz wis vm viij lib. ein sesshaffter ze S. aber die selben het vns gelediget einer von E., sesshafft zu B.
    1194/1226 (Hs. 15. Jh.) Urkundio II 2 S. 15
  • sô rîche liute niemer / in keiner stat gehûsent / dâ wâren zehen tûsent / burger inne sezhaft 
    nach 1281 Konr.v.Würzb.,Troj. V. 17421
  • niemen sol empfahen, die hie burger sint alde hie sessehaft, von den lantherron ze lehen
    1291 SchaffhRbf. 26
  • wer zů uns gen S. in unser stat kommet ... also daz er do wil wonunge haben und seshaft sin, daz der ... sich sol machen dar nach in dem nehisten manot zů burger oder ze seldener ze dienende oder gehorsam ze sinde nach unsrer stette reht
    1374/1401 SchlettstStR. 274
  • [die burger von L.] wellent ouch den schaft innemen von allermenglich, wer hie seshaft oder wonhaft ist, er sie burger oder gast
    1389 Segesser,LuzernRG. II 338
  • wer bi uns sesshaft ist und mit uͤns dienot, die wil der ... jaͤrlichs under den rat nit gesworen hât, an dem verschult niement kain ungriht
    14. Jh. LeutkirchStR. 34
  • ain ieglich man oder frow die ze G. sesshaft sint oder die dar kemen und zů bysaͤssen enpfangen wúrden, die súllen mit dem dorff heben und legen
    1405 WürtVjh.2 5 (1896) 369
  • ob es were das ein jungfröwe oder fröwe ir burgreht ufgebe ... und donoch ... in der clöster eins in diser stat ... gelegen keme, so sol es gehalten werden mit irem gůt, dem closter zů werden und den erben zů fallen ... glicher wise als obe sie hie in der stat burgerin oder seshaft gewesen were
    1471 StraßbZftO. 296
  • were oͮch, daz ein froͤmder man kem gen H. und sesßhaft da belibe, ein jar und tag unversprochen, ist er belehent, so sol er dienen recht als andere
    15. Jh. ZGO. 36 (1883) 268
  • [dem burgermaister söllen] die burger sind und ouch die hie sesshaft und nit burger sind [globen gehorsam ze sind]
    um 1500 RottweilStR. Art. 14
  • zum andern hat dise stat die freiheit, das ein icklicher burger, der hie seshafft ist, er sei herkommen oder kom her von vier enden der welt, jar und tag on nachvolgenden herren, den sol niemant beutten oder hauptrechten, und den sol man auch darbei schutzen und schirmen als ein andern burger
    1525 Philippsburg 975
  • sollen die im O. kainen becken, fleischhacker und cramer bei in seßhaft [haben]
    1533 NÖsterr./ÖW. VIII 233
  • das kein vßlendischer weder alp nach ander buwland möge nutzen nach bruchen, er sye dan säßhaft im thal vnd thalman
    um 1600 EngelbergThalr. 79
  • es soll auch ... niemand benommen sein ... ausserhalb der statt oder flecken, da er saͤßhafft, zu weben
    BadLO. 1622 Bl. 104r
  • unsern landsassen ... die allhier in unserer kaͤyserl. residentz-stadt W. ... seß- und wohnhafft seynd
    1700 CAustr. I 211
  • [es ist] zu besorgen, dass die häufig hier ankommenden fremden juden, welche nicht sesshaft sind, bei dergleichen ... privatzusammenkünften allerlei unordnung und zerrüttung anfangen könnten
    1741 Stern,PreußJuden III 2 S. 976
  • erhielten die in den teutschen landen wohn- und seßhafte juͤdische familien ihren schutz und schirm ... von dem kaiser
    1786 Kerner,RRittersch. I 206
I 3
in einem Gerichts-, Verwaltungs- oder Amtsbezirk, Kirchspiel uä.
  • swa min lúte in ir gerihte sezhaft werin, ... so sol si weder v̍ber min lúte rihten noch úber min gůt
    1316 FürstenbUB. II 55
  • [wir Ludvvig geben dem Kloster] darzu die laevvtt, von vvannen oder vves sie vveren, die in der gebiett saessen oder sesshafft vvurden, mit allen gerichten, die an dem todt gend, vnd auch andere gericht stoeckt vnd galgen
    1342 MBoica XI 290
  • wer hie inrent den gerihten sesshaft ald verschinen ist, iâr vnd tag ald darob ... das der die bůssan ... liden sol ... als ain burger
    14./15. Jh. SGallenRatsSatzg. 103
  • so ymant, der zu vnseren werentlichen gerichten seßhafft vnd den vnterworffen ist, vmb kuntschafft zugeben, angezogen wurde, ... [solle] solich kuntschaft ... geben
    1503 BambLGRef. [12]
  • sol jeder sich gegen dem andren rechtens beniegen, da jeders sesshaft ist
    1524 GraubdnRQ. I 273
  • sollen die pfarrer fursichtig sein, fremde unbekante leut ... nicht ehelich zusamen zu geben ... zuvoraus, so die in iren pfarren nicht sesshaft oder wonhaft sein
    1540 Brandenburg/Sehling,EvKO. III 84
  • deß ersten soll ... das gricht von personen, so in der fryen vogty seßhaft und lantlüt sind, besetzt [werden]
    1572 SGallenOffn. II 129
  • wer in der statt gricht seßhafft ist, der mag syn gůt verkauffen
    1615 BernStR. VII 2 S. 752
  • so mag ein jeder, so in der statt B. ... gerichten säßhaft ist, alles sein gut und hab ... vertauschen, vermärkten und sonsten ... damit umgahn, schalten und walten
    1659 Emmenthal 211
  • [der gerichtsdiener mueß] allen vnrechten händlen nachforschen ... bey der herrschaft vnterthanen, so auser des landtgericht seßhafft sein
    vor 1683 BeitrSteirG. 26 (1894) 139
  • es soll kein lay den andern, um eine geldschuld auf geistliche gerichte laden, sondern ein jedweder sein recht suchen und nehmen, in den staͤdten und bey den gerichten, wo der beklagte seßhaft ist und hingehoͤret
    1768 Balthasar 24
II im eigenen Haushalt wohnend; mit eigenem Grund und Boden ansässig
  • git den zol menlich ane thůmherren, phaffen ... vnd die burgere, die seshaft sint
    um 1270 BaselRQ. I 1 S. 9
  • mag ein ieglicher, der sessehaft ist ze H. in dem dorf, den win, der im gewachsen ist an sinen reban, zů der tabern [verkovfen]
    1338 Zürich/GrW. I 10
  • weler da nit sesshaft ist ... so soll er nicht hau und weid han, er sässe denn da husheblich
    1390 AbhSchweizR. II 119
  • das ... ainem ieglichen hie ze U. sesshaften, der buwet und ain gantze maͤnin haͧt, sechs gaisle swin und nicht mer zů haben erlöpt sind
    1420 UlmRotB. Art. 396
  • [es] soll ain iede statt ... nach gelegenhait und größ der weingartengebürg ... seeßhaft, der sachen verständig und unpartheiisch männer ... erwëllen und nach der anzall solcher weingarten einen anschlag machen
    1567 NÖsterr./ÖW. VIII 1118
  • zu wißen, daß ein jeglicher wohnhaft, aber seßhaft ist in A. ... der da hubgüter besitzt und inhat, gehet er von todß wegen ab, ... hat einer ein ganz hub, einen halben ochßen ... und solch gab ist geheißen hertrecht
    1602 SchriesheimW. 78
  • daß beklagtem herrn grafen ... uͤber die in der herrschafft H. sesshaffte, ... freye reichs-ritterschafftliche mitglieder und deren adeliche guͤter ... sich der jurisdiction und bottmaͤssigkeit anzumassen [nicht geziemet]
    1756 Cramer,Neb. II 60
  • seßhaft: ... wer liegende gruͤnde an einem orte hat ... ist ein seßhafter mann
    1785 Hennig,PreußWB. 254
  • burgerlich seshaft in einem ort ist: a) jeder burger, der im ort wohnt oder ausserhalb demselben wohnt ... b) ... die kirchen- und schuldiener und derselben witwen. hingegen c) keineswegs die beisizere, schuzverwandte, blose innwohnere und weltliche beamte
    1786 Schwarz,Losungen 37
III (an einem Ort) einen Amtssitz habend
  • dieser forster solle einer im erzstift C., ... der ander ... zu V. oder in den andern dorpfern sesshaft sein
    1624 SPantaleonUrb. 509
  • dass ein landschreiber und landweibel sollen ob dem wald sesshaft seyn an einem gelegnen ort
    1718 ChurBund. 295
IV hinter/unter jm. seßhaft sein js. Untertan, Lehnmann sein, unter js. 1Schutz (II) gestellt sein
  • wer aber, daz ieman, der hinder vͥns ze L. sessehaft wer, es wer burger oder seldener, vͥns den obgenanten grafen ... freuenlichen erzuͥrnti ... von dem oder von dien soͤllen wir enkein recht nemen
    1368 LaufenburgStR. 33
  • das der vnder vns, vnder dem der, der also angesprochen wurde, seczhaftig ist, czwen seiner rete, oder lantherren vnd der, vnder dem der chlager seczhaft ist auch czwen seiner rete oder lantherren darczu geben sullen
    1392 Kurz,Albr.III. Bd. II 286
  • einer der nüz hette, vnd hinder dem herren sësßhafft were, demselben sol man ein ku, vnd ein schwyn laßen gahn
    1475 Schauberg,Z. 1 (1844) 55
  • es gepewt die herschafft das sich khainer, so vnder inn seßhafft oder wonhafft ist, mit andern herschäfften mit gelüb oder annderen gehorsamen verphlichten soll, bey verließung seiner gerechtigkait, so er von dem herrn hat
    um 1500 BeitrSteirG. 22 (1887) 87
  • ob iemand under dem gebiet und obrigkait Z. säßhaft zu sollichem pantaidung ... nit erschine, solle er zu wandl verfallen sein
    um 1569 NÖsterr./ÖW. VII 429
  • welliche aber unter gemelter herschaft seßhaft muegen auf wolgefallen der herschaft nah gelegenheit der verwurchten handlung begnadt werden
    1579 Steiermark/ÖW. VI 91
V zur Belagerung zugänglich, geeignet
vgl. 1Seß (V)
  • e denne sie sich liezzen vertriben / wolten sie gefangen bliben / oder lazzen da daz leben / oder man mvste in die burc geben / oder sie gwunnen sie mit craft / da sie wart sezhaft / da wart sie wol besezzen
    um 1200 HerbortFritzlar,TrojKrieg V. 4622
unter Ausschluss der Schreibform(en):