Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Siegel

Siegel

, n., auch m.

Sachhinweis: LexMA. VII 1848, ResMediiAevi 232

I (oft rundlicher, abgeflachter) Gegenstand zumeist aus Siegelwachs, Siegellack oder Metall (Gold, Blei) mit dem Abdruck eines Siegels (II), auch der Abdruck selbst; das Siegel beweist eine Beglaubigung oder Vollziehung durch den jeweiligen Siegler (I), dem es eindeutig zuordenbar ist, dient daher an/auf Urkunden befestigt dem Nachweis der Echtheit und Rechtskraft, an Sachen der Bestätigung von Güte oder Unversehrtheit, daneben fungiert es als Verschluss zum Schutz vor unbefugtem Zugriff, Kenntnisnahme oder Fälschung; Missbräuche werden mit Todes- oder Leibesstrafe geahndet

I 1 schriftlichen Dokumenten zur Beglaubigung an- bzw. eingehängt oder aufgedrückt
  • bulla sigl 
    um 800 CorpusGl. 28
  • so heb ic gebeden den graue van Hollant desen brief tesegeln, ende hebber mins selues segel alse wel ane gehangen
    1275 CorpAltdtOrUrk. I 240
  • dat si mit vnser beyder sigele vr segele hangin an disen brif vmbe dat te vastere jnde stediger si
    1298 Kleve/CorpAltdtOrUrk. IV 322
  • jn eyn tiuch der warheit sa hebbe wy, her E. ende M., prouesten der prouestey foernoemd, onse sigille ... on dyt breeff hwengen [zum Zeugnis der Wahrheit haben wir, Herr E. und M., Pröpste der vorgenannten Propstei, unsere Siegel ... diesem Rechtsbrief angehängt] 
    um 1300 HunsingoR. 134
  • in een orconde ende een stedigheit deser dinge is onse segel an desen brief gehangen
    1303 Grafenthal UB. 83
  • [die Urkunde] ghegeven onder zeghel onser liever vrouwen ende ghesellinnen ... in hant ons raedts ende stede
    1350 XantenUB. 536
  • vnsers schreybers sach worczu her recht hat hantvest czu schreyben, es sey vm vil oder vmme wenink, do her des perges sigel anhengen schol, was dorvm eyn recht sey
    vor 1368 IglauOberhof 150
  • welger unser gesellen neit in queme ... den sal unser houftman manen myt brieven und unserm gemeynem segel, myt syns selfs lijve in eyne stat zo ryden bynnen echt dagen na der manungen
    1375 Storn,Schwureinungen 23
  • der waerheit hebbe ... wi rechters ende meente van F. onses landes seghel ... an dessen breef ghehanghen
    1415 OstfriesUB. I 202
  • des zcu bekennteniß drugken wir unnser sigille zcurügke an dißen uffen briff
    1436/60 PössneckSchSpr. I 277
  • so hain wir ... burgermeistere ... unse segille vur uns ind unse raitzgesellen unden up dese zedelle gedruckt
    1441 SiegburgWQ. 86
  • hattet een epenbeer instrument, deer sigelt is myth des biscopes sighel jef sines capellanes ief oers myth een grata hera sigel [heißt (das) eine öffentliche Urkunde, was mit dem Siegel des Bischofs oder seines Vikars oder sonst mit dem Siegel eines großen Herrn besiegelt ist] 
    1457 (Hs.) EmsigerR. 256
  • das her nw becant hat, das das sigel an dezem brieffe, dorynne sulche schult berurt ist, sein ingesigil ist, so ist her jm rechte domit obirwunden
    1460 MagdebR. II 2 S. 122
  • zo sal man ... virbasz keÿnen brÿff awff nemen, der nyt das sygel hoͤt das yr awff dyszem bryff werd seheen do vnszersz hantwergs geczewge off steet
    1469 Müller,SiebbSprdm. 86
  • es ist noch under den cristen tzweyerley gloibe, der da vast ist. das ist einer hantschrifft ... das ander ist seygel. eins itzlichen seigel ist syn högste gloibe bußin syne hantschrifft
    1493 Schmincke II 756
  • söllent die sigler von aim uffgetruckten sigel und secret neͣmen ain schilling, und von der stat gemain anhangendem sigel dry schilling, wie dann das von alter ouch brucht ist worden
    1493 TübStR.(Rau/Sydow) 27
  • charters, bezegelt met zegelen van den prinche oft van heeren oft van steden
    1496 CoutBrab. II 2 S. 181
  • een man mach neen seggen voor een ghebeeden zeegell, mair den aenlegger des rechts mach dat den heer clagen voor een valsch zeegell 
    Anf. 16. Jh. UtrechtRBr. II 413
  • duth hus is vorlent ... vormeldet de bref, onn van deme ersamen rade gegeven unde myt des rades segele vorsegelt
    1503 RigaLibr.red. 127
  • welche falsche sigel, brieffe, jnstrument, vrberbuͤcher oder register machen, die soͤllen an leyb oder leben (nach dem die felschung vil oder wenig boßhafftig vnd schedlich geschiht) nach rate vnser rete peynlich gestrafft werden
    BambHGO.(1507) Art. 137
  • [ko. mat.] wolde ock ungerne, dat, wes dorch syne ko. mat. forstenzegel were vorsegelt, myn unde nicht so wol scholde geholden werden alsz dat, so dorch syner ko. mat. koninglike zegel were vorszegelt
    1530 HanseRez.3 IX 850
  • das sigel, des gemercke oder buchstaben verblichen sind, beweiset nicht
    1541 König,ProzAnh. Ff vv
  • [sie] hatten mit einer verborgner kunst heimlich vil breif laissen schriben und der stat seigel ... felsclich nachgedicht und dar angehangen
    1561 BuchWeinsberg II 66
  • wieder ... brieffliche vrkunden mag excipiert werden, das ... die siegel zerbrochen oder sonst argwenig [weren]
    BrschwWolfenbHofGO. 1571 Tit. 55
  • soll jhme der probst solcher seiner appellation einen schein mittheilen, vnter seinem siegel vnd handtzeichen, auff daß der appellant, damit die formalia seiner appellation fur dem ober consistorio zu justificiren, vnd seine sache anhengig zumachen habe
    1591 EiderstPolO. I 2 § 10
  • wenn die privilegia nicht taugen: ... ob es am sigel verfälscht wehr
    1628 Apel,Collect. 90
  • angezogener freyheitsbrieff [soll], ... ob die siegill noch daran henkten, in seinen kräfften verpleiben
    1646 ZweibrückenUB. 182
  • wie ... durch gewaltthätigen inbruch der soldaten ihnen etliche sigill von ihren original-freyheitsbriefen ... weren abgerissen worden
    1646 ZweibrückenUB. 182
  • zu deme die andere correi und der selbstverkaͤufer ihre siegel ebenfals dem instrumento aufgedruckt haben, welche 7 siegel alle suspicion gegen dasselbe aufheben
    1755 Cramer,Opuscula III 462
I 2
an Handwerkserzeugnissen, insb. an Tuch als (amtliches) Prüf- und Gütezeichen, an akzisepflichtigen Handelswaren als Steuermarke; offen zu I 3 
  • eyn itczlich laken sal seyn szegell haben, do man sy bey kennen mag, vnde worden die laken anders befunden denne van gutter wolle, die sal man nemen vnd vorbornen
    1455 DanzigWillk.(Simson) 51
  • nach dem die siegel von den barchen zu zeiten uf der bleich abfallen ... ist des rats ernstlich meynung, das ... die siegelmeister, so die zur wochen uff die bleich geen, sollen solich siegel widder ankencken
    1519 Fromm,FrkfTextilgew. 148
  • G. ... hat gemaine stat wider sein burgerlich plicht umb das ungelt betrogen und etliche vaß wein unverungeltet ausgeschenckt, dartzuͤ die sigil von alten vassen abgenomen, dieselben felschlich auf die neu erkauften gedruckt
    1550 AugsbChr. VII 230
  • [von umbgeltern:] die sollen schuldig sein, ... die faß zueversiglen ..., zue allen acht tagen ein mahl hierumb in die würthshäuser und keller zuegehn, die faß, und ob die sigell darauff noch unversehrt zuebeschauen
    1620 Heitersheim(Barz) 88
  • koͤnigl. cabinets-ordre, daß alle kanten und spitzen, welche nicht mit dem siegel der regie gezeichnet und gesiegelt sind, als contrebande betrachtet werden sollen
    1786 NCCPruss. VIII 66
I 3 zur Sicherung von Aktenmappen, Behältnissen und Räumlichkeiten gegen unberechtigtes Öffnen oder Entnahme; unter das Siegel bringen amtlich versiegeln
  • dieselbig commission mitsampt mim process sende ich hierinne euwern kayserlichen gnaden ... mit meinem sigel verslossen und versigelt
    1469 ProtBKammerger.(1465/80) 466
  • [so ferren aus der truhen etwas] verendert worden were vnd dann der kleger ... bewise ..., das solches stuͤck ... betrieglicher weyß eroͤffnet, vnd die sigel oder zeychen abgerissen oder verruckt, so mag er mit seinem ayd erhalten, was in der beheltnuß ... gewesen sey
    1554 AmbergGesatzB. 62v
  • so solche acta ime beschlossen zukommen, soll er dieselben, sobaldt ime die behendigt sein, also beschlossen bey seinen pflichten und eyden dem cammerrichter zutragen, die dann daruff durch eynen oder mehr verordneten in beysein eyns prothonotari oder notarien one verletzung der sigel eröffnet und ime, dem procurator, wider behendigt werden sollen
    1555 RKGO.(Laufs) III 31 § 8
  • wenner dat by einem geldt, dat vorsegelt were, tho getruͤwen handen hinderlecht wuͤrde, vnde de getruͤwe inhebber dat zegel oͤpende, vnde dat geldt jn sinen eigen saken vthgeue, de hefft darmede so vele vorbraken, alse [einen deeffstall]
    EiderstLR. 1572 Art. 55
  • so soll alsbald durch denselbigen [statthalter] ... die siegel von der verlassenschaft des obgemelten abgeleibten landt-commenthurs ... abgethan und eröffnet undt solche des maisters abgesandten ... gelifferet [werden]
    DOrdStat. (1606/1740) 126
  • wie sich die glaubiger nach eroͤffnung des siegels verhalten sollen, und wann ein inventation aller effecti geschehen ... kan
    1676 Savary,Kaufmann I 34
  • so soll der obmann des waͤysen-gerichts ... sogleich nach dem tod benachrichtigt werden, damit er ... des abgestorbenen verlassenschaft behoͤriger massen unter das siegel bringen lasse
    1762 BernStR. VII 2 S. 833
  • wird bey der zurückgabe das schloß oder siegel unverletzt gefunden: so haftet der verwahrer für den inhalt des behältnisses und die darin befindlichen stücke
    1794 PreußALR. I 14 § 27
II Siegelstempel (Typar), Instrument mit eingravierten individuellen Bild- und/oder Schriftzeichen zum Anfertigen eines Siegels (I); dem Siegelinhaber von Amts wegen oder persönlich zugeordnet; angeborenes Siegel Siegel, das aufgrund des Geburtsstands geführt werden darf
bdv.: 1Siegelstein
  • so han wir es bestediget mit disser gegenwertiger schrifft unter indruckunge unsers siegels 
    1237 Speyer/Böhmer-Ficker 269
  • want wi ... unsen segel nigth bi uns hebben, so beghe wi under heren D.s segel ... unses leven neven alledinc wair to sine, die vorsproken sin in desen breifve
    1300 DortmUB. I 185
  • der rad ist uberkommen und wollen das siegel, damyde die wober ir duche plegen zu besigeln, ... in ir hant nemen, und daz dem gemeinen lande, dem rade und der stad gemeinlich zu nutze ... zubestellen
    1393 FrankfZftUrk. II 183
  • [nuwe burgermeistere] sweren, mit der gemeynde gelde und sigele, abe sie daz hetten, getruwelichin umb zu geen
    1407 RheingauLändlRQ. 1
  • die scheffen plagen etliche zyt in dem jare zu siegeln ..., nu mogent sy nit by den siegel kommen ..., dann das gericht halte den siegel 
    1439/43 TrierWQ. 397
  • eyn iglicher [geselle] sal sine meisterschafft beweißen, als hirnach volget; ... er sal ein sigil snyden und schild und helm dorin
    um 1466 FreibergStR. Zus. 9 § 10
  • unnser groß sygl ... sôll man legen inn die ratstrûhen inn einn lâde neben dem, darinn die anderen zwey sygl unnd secret ligen
    1498 Seeliger,Erzkanzler 209
  • wir sollen auch hinfüran unsere gericht, cässtn, zöln und mautambt ... mit leuten besetzen, die edl oder erber ... sind und angeborne sigl haben
    1508 Leiser,Strafgerichtsb. 86
  • unser sigel ... in guter verwarung zu haben und dasselbig in keinen andern sachen, dann in denen durch das cammergericht erkantnuß geschehen, zu gebrauchen
    1555 RKGO.(Laufs) I 58
  • so er [ratsrichter] von der statt reisete, sol er dieselbigen schlüssel ouch einem andern deß nüwen rhats zu sampt dem sigel ... überantworten, bis das er wider jn die statt kompt, und zehuß melden, wo er oder das sigel zefinden, damitt nützitt versumpt werde
    um 1580/90 LuzernSTQ. IV 247
  • der geschwornen deß goldschmidhandtwercks suppliciren, darynn sie sich wider F.K., siglgrabern, unbefugten eingriffs halben in ir handtwerck mit schneiden und abgiessen der sigl in silber beschweren
    1585 NürnbRatsverl. II 143
  • so unsere eigene muͤntz nachdrucken, oder unser sigel faͤlschlich nachstechen, behalten wir uns selbsten zubestraffen bevor
    NÖLGO. 1656(CAustr.) 676
  • einm regirenden ehrenhaupt oder herren statthalter, so das siegehl hat
    1685 ArchBern 24 (1918) 84
  • es soll sich kein graveur ... unterfangen, irgend jemand ohne bestellung aus der koͤnigl. kanzley ... ein sigill mit dem koͤnigl. wappen zu fertigen
    1807 WirtRealIndex IV 92
III Brief und Siegel (uä.) gesiegeltes Schriftstück, Urkunde
  • umb die ander freihait sein brief und sidl [!] hie gewesen die verprunen sein
    1435 OÖsterr./ÖW. XII 159
  • ich ... wil das dirweizen mit czweyen volstendigen vnd vnuorsirten briefen vnd sigeln der erbern ratmanne der stete C. vnd L., der copien wir hiemite ... senden
    1457 MagdebR. II 2 S. 47
  • dairop antworden E., tegen die zegell ende brieve en sechte hy nyet, die liet hy in haeren machten mer die scepenkonde ende wat die scepenen getuycht hedden, dat en solde huem aen synre onscholt nyet hynderen
    1461 RoermondHoofdger. 5
  • W. ... in offner schrann zum vierdten mal ... beruefen lassen hat brief, sigel, betschadt und sein hantgeschrift ... da entkegen er brief und sigl gemeldet hab
    1490 Graz/ZRG. 12 (1876) 71
  • sy en sullen hoor mit rechte antwoorden ende segghen ja of neen totten segelen ende brieven
    15. Jh. (Hs.) UtrechtRBr. II 122
  • na luide unnser seigelle unnd breve, de wy enntffangenn hebbet
    1524 RietbergStB. nr. 33
  • ob sy brief und sigel hätten, etlich zins ewig erkouft sin, ist unser pitt, daß (die) ouch zuo lösen geben werden söllen
    1525 EidgAbsch. IV 1 a S. 654
  • wo dar nicht bref, segel edder knoden ... seind, so mach sik jedermanniglik mit sinem eide purgiren
    vor 1531 RügenLR. Kap. 59 § 2
  • die schepen wisen: J. sal al dat van syner weere bestellen, dat den kynde inhalt briff vnd segel gelaifft, vnd sal in bewairder hant gestalt werden bis ter tyt, dat kynt bestait wort
    1538 DuisbNotgerProt. 53
  • [B. schall] deen erven de ßeghele und breve ... mit ghenochßamen volghebreven ... vorandtwerden
    1561 HolstVierstUrt. 285
  • eine alte wassergewonheit vnd brauch ist mehr, dann sigel vnd brieff
    1570 Meurer,WasserR. 60
  • die inkohmeling ... sollen mit guden bewyß, midt breff undt seegel van ohren gebohren herren, ambptlüden oder pastoren inbrengen, dat sie ehelycken gelevet
    1574 OstfriesBauerR. 122
  • sol der ansprecher schuldig syn, soͤlche syn forderung ebenmeßiger wys mit brieff vnd siglen zůerwahren
    1616 WaadtStat. 282
  • durch mißbrauch wird falschheit begangen, wann man mit wissen und willen sich fuͤr gericht behuͤlfft mit falschen zeugnuͤssen, instrumenten, brieffen und siegeln 
    1657 CJMilit.(Hermsdorff) 86
  • [der rath hat zu exequiren,] wann die schuld gestaͤndig oder vff brieff und siegel beruhet
    1658 GeraStR. 155
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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