Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): 1Sippe

1Sippe

, f., Sippt, f.

as. sibba, sibbia glossiert foedus, affinitas, propinquitas AhdGlWB. 520

I (Groß-)Familie, Verwandtenkreis, Gesamtheit der (ehelich gezeugten, lebenden, erbschaftsberechtigten) (Bluts-)Verwandten einer Person
  • gechórner ze déro síppo dero hêrôstôn ze Romo
    um 1000 Notker I 73
  • stirbet ein man, der weder wip noch kint hat, unde lezet gut ... hat he nicht andere sippe biz an di nagilmage, derselben ist iz zu rechte
    um 1300 FreibergStR. V § 34
  • [wir] haben erlaubet ... ihm und seiner sippe zu stiften ... einen altar
    1351 (jüngere Abschr.) WürtVjh.2 18 (1909) 197
  • eyne sibbe ist eine mogeschaft dy uon naturlichim stamme von einem elichin manne vnd von seime elichin weibe kumt, vnd heysin erbelinge
    um 1390 BlumeMagdeb. 86
  • van zijnre zibben bem ic comen
    15. Jh. MnlWB. VII 1042
  • du solt ... meiden zu der ehe, alle die menschen, die dem gesippet sint, bey dem du nun einmahl gelegen bist, zu der ehe oder zu der unehe, und das heisset schwaͤgerlich sippe 
    1759 Eisenhart 164
II
Personengruppe der nächsten Verwandtschaft
  • de sek naer to der sibbe gestoppen mach, de nimt dat erve to voren
    1224/35 Ssp.(Eckh.2)LR. I 3 § 3
  • habend die andern nechsten erben nach der sipp daran kein gerechtigkeit noch vorderung gehapt
    1388/1493 TübStR.(Rau/Sydow) 40
  • so wir vns glich nohe zcu der sippe mogen gesippen
    1460 Bocksdorf,GForm. 426
  • welche personen sich von der schwert-seiten zu der sippe nechst berechnen und ziehen moͤgen, die nehmen das stamm-erb-gut
    1577 BremRitterR. 10
  • wann in aufsteigender und niedersteigender linea keine person im leben ... so faͤllt das erbe an die nehesten blutfreunde ... und alle die sich gleich nahe zu der siep ziehen koͤnnen, nehmen auch gleich theil
    1583 HadelnPriv. 88
  • das denn der, so sich neher zur sippe zeuget, das erbe auch fuͤr andern seitlingen nemmen solle
    1597 Schubeus,Erbsch. M ijv
III wie Sippschaft (I); halbe Sippe Halbsippe, halbbürtige Verwandtschaft; Baum der Sippe wie Sippbaum; geistliche Sippe Angehörigkeitsverhältnis zwischen Pate (I) und Patenkind
  • an deme sevenden [lede des middelsten vingeres] steit en nagel unde nicht en let, dar umme lendet dar de sibbe unde hetet nagelmage
    1224/35 Ssp.(Eckh.2)LR. I 3 § 3
  • sve so ime erve to seget nicht von sibbe halven, denne von gelovedes halven, dat hebbe man vor unrecht
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. II 30
  • nimt en en wif oder iuncfrowen, der he nicht hebben ne mot van sibbe oder van vadderscap
    1. Hälfte 14. Jh. GoslarStR. I 1 § 109
  • [Auflistung] das man dy sippe erkenne, wo sy beginne und wo sy ende
    1357/87 MeißenRB.(Oppitz) I 4
  • von wip halben en mag keyn man vormunde gesin, ab wol dy sippe sich neher underwillen entczu zcuth
    nach 1358 Rb.n.Dist. I 49 Dist. 5
  • käme aber die sipp von dem vater ... vntz ze dem vierden oder ze dem fünften, vnd dann muotermag kämin, die dem totten mentschen nächer sipp wärin, ... die süllent ... erben
    1387 GlarusUrkS. I 308
  • außlegung des bawmes ... von der mageschafft aller menschen, wie nahe eins dem andern zu gehoͤrt in der sippe 
    1408 (ed. 1574) Ekhardi,MagdebR. Br
  • [G.] scholde syne sibbe beleden, bewisen und tobringhen na rechte, dat he de negeste erve were
    1412 HamelnUB. II 17
  • weren oeck de oem ende de moye van haluer zibbe, soe weren de oldevader ende oldemoder rechte eruende
    1425 GroningenStB. 11
  • schel ma naet mey recknia in da baem des sibbes 
    1480/81 JurFris. II 92
  • gastlick sib compt fan da helliga sacrament, als dij prester deept een kynd, ende dij deer't heuet fan da font, beyde sin ze gastlicke feders to dat kyndt
    1480/81 JurFris. II 98
  • weder mit früntschaft, sippe noch in anderweg ganz nüntzit verwandt
    1506 RadolfzellHGO. 162
  • vngezweyter bruͤder kinder stehen an dem gliede, dar die schultern vnd arme zusammen kommen ... im ellbogen stehen die andern, im glied der handt die dritten, im ersten glied des mittelfingers die vierten ... im siebenden, dz ist kein glied, sondern der nagel, darumb endet sich auch aldar die sipp vnd werden nagelfreunde geheissen
    1597 Schubeus,Erbsch. D iiir
  • ziehen sich zu dem gut von siep halb des toden manes vater bruder sone
    16. Jh. Wasserschleben,SuccO. 174
  • [daß] sippe, sipschaft gewoͤhnlich sowohl auf blutsfreunde als [auch auf] schwiegerliche anverwandte eine beziehung haben
    1783 Quistorp,GrundsPeinlR. 544
IV Verwandtschaftsgrad; Stufe, Abstand innerhalb der (Bluts-)Verwandtschaft; ua. im Erbrecht und in Eheverboten
  • ief di eedswara enigen man wroeght omme sibbe ende hi dat sib naet birecknia ne can, so is hi banschyldich [wenn der Sendgeschworene irgendeinen Mann wegen (Ehe in zu naher) Verwandtschaft rügt und er die Verwandtschaft nicht nachweisen kann, so ist er bruchfällig] 
    10. Jh.? (Hs. 1464) WesterlauwersR. I 170
  • hat der pabest erlovbet wip zenemenne an der fivnften sippe 
    um 1275 Schwsp.(L.) LR. Art. 3 b
  • ob die mage mit anander gerechenen mugent, das si ze der fünften sippe ainander mage sint
    um 1275 (Hs. 14. Jh.) Schwsp.(W.) Art. 350
  • ez enmag auch kein wibes friunt vint gesin umbe den totslach, wan mannes friunt unze an die sibenden sippe 
    1276 AugsbStR. Art. 28 § 7
  • diu sippe diu ist ûz gezelt zwischen mir und mînem neven
    Ende 13. Jh. DietrFlucht V. 3853
  • daz hant lit bezeichint die dritten sippe, daz erste lit des vingers bezeichint die vierdin sippe 
    Anf. 14. Jh. GörlitzLR. 45 § 10
  • deu ander sippe ist an dem ellenpogen, daz sint geswistreit chint; deu dritt sippe heft sich an dem riste, daz an den armen stœzzet, das sint geswistreit chindes chint und haizzent alder eninchel
    vor 1328 Ruprecht(Claußen) Art. 153
  • [clagher] E. en ware maech ten derden jof naerre van rechten zibben ende van ghetrouweden bedden
    1. Hälfte 14. Jh. AardenburgRbr. 254
  • also erbet man alleweg vor sich uff den nesten ... doch haben dy Swoben von keiser kur und volbort behalden, das sy erben uber dy sybende sippe also verre, als sy ymer (ge)reichen mugen ire sippe 
    1357/87 MeißenRB.(Oppitz) I 4
  • ez sont och vatermag und můtermag, die in gelicher sipp stand, es sigint frowen und man, gemainlich ... erben
    1381 KonstanzRbfRotB. 18
  • der kayser ist der swagerschaft nach an der dritten, vnd der gepurt nach an der vierdten sypp mit jm
    1485 AlbrAchillesKaisB. Forts. 67
  • so mus ... B. seyne mogeschaft und sippe, wie nahe er Barbara B. angeborn und gesippet gewest sey, vor euch yn gerichte aussagen
    um 1490 RechterWeg I 209
  • die sond auch glych ze erbe gaͧn zů des kindes gůt, und also us und us, die glych sind an der sipp und an dem glid
    um 1500 RottweilStR. Art. 150
  • sechs sein sypp der erbunge in besytzungen der gueter [sex sunt gradus successionis in possessionibus bonorum] 
    um 1500 Summa legum 379
  • sipschaft ist ain ... verainigung des geblüts etlicher personen, die aus ainem leiplichen stamen und ye ain sipt von der andern entspringt
    1521 WindsheimRef. 168
  • wo mer person in gleicher sipt ain erbschaft zuesteet und derselben etlich nemen die erbschaft an und etlich nicht, so fellt ... [alles] denen haimb, so die erbschaft angenumen haben
    1528 ZeigerLRb. 401
  • sippe oder im latein gradus genant ... dardurch man erkent wie ferne oder nahe eine der andern verwant sey
    1541 BaumMagschaft 321v
  • wann ... in der seitenlini kein blutsfreund innerhalb des zehenten grats oder sipts verhanden
    1573 NÖLTfl. III 80 § 6
  • die freunde, so den nechsten gradum oder sippe des verstorbenen erreicht, haben den besten anfall oder erbrecht zu seiner verlassenschafft
    BöhmStR. 1614 F 14
V verwandtschaftliche Verbundenheit, Zugehörigkeit, Beziehung; familiäre Abkunft
  • tha federia alsadene minna te retzia bi asega wisdome, thet hira sibbe vnslitande se [dem Vatersbruder hat das Kind nach dem Spruch des Asega eine solche Abfindungssumme zu geben, dass ihr Verwandtschaftsband keinen Schaden nehme] 
    um 1300 HunsingoR. 34
  • [Bündnisbrief:] daß wir betrachtet haben angebohrne sipp, besondere treue
    1408 Lünig,CJFeud. I 192
  • daz wir von alter her und angeborner sippe ... der herrschaft zu A. eigen gewesen
    1436 Abensberg/Rockinger 28
  • [die vorsprechen sollent globen, getruwe zu sin] und des nit zu lassen umb sippe ader mageschafft
    1444 MainzKämmW. 157
VI
Verwandtschaftsnachweis
bdv.: Sippung
vgl. Sippebrief
  • want úns och duͤchte nach der selben sippet und zúgsami, das C. tochter me rechtes ze dem gůte und erbe hetti denne die andern teile
    1350 FRBern. VII 496
  • wey eyn sibbe voren wil, sal bringen veer fromme lude, den dat witlick und kundich is
    Mitte 15. Jh. SoesterR. 374
  • [er] beweise, wie recht seine naheschafft mit einbringung der sibbe 
    1599 DirschauWillk. 37 [hierher?]
VII Frieden, Friedensruhe
  • chimanacfaldit uuirdhit siin chibot endi sinera sipbea ni uuirdit endi
    um 800 AhdIsidor 22, 15
  • [Krönungseid:] þæt godes cyrice ⁊ eall cristen folc minra gewealda soðe sibbe healde [dass Gottes Kirche und das ganze Christenvolk meines Gebietes wahre Friedensruhe halte] 
    975/78 Liebermann,AgsG. 216
  • beo ðam halgum tidan, ealswa hit riht is, eallum cristenum mannum sib ⁊ som gemæne [an den heiligen Festen sei, wie es Recht ist, allen christlichen Menschen Friede und Eintracht gemeinsam] 
    1008 (Hs. um 1060) Liebermann,AgsG. 242
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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