Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Steckbrief

Steckbrief

, m.

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I gerichtliches oder amtl. (Rund-)Schreiben, das andere Gerichte und Behörden dazu auffordert, die Verhaftung eines flüchtigen Straftäters oder Schuldners vorzunehmen; später auch als öffentliche (zB. in Zeitungen publizierte) Aufforderung, den Gesuchten ausfindig zu machen; oft mit einer genauen Beschreibung des Flüchtigen; zT. hat der Steckbrief eine verfahrensrechtliche Beweisfunktion
  • bringet auch einer einen verfesten man fur gerichte vnd bittet satzunge vber jnen, vnd der man leugnet die verfestunge oder acht, die mus der cleger mit seinem acht vnd steckebrieue zu handt ehr der satzunge beweisen
    1541 König,ProzAnh. 358v
  • des nachtes vonn seynnem aigenenn diener ... ermordet, welcher tetter durch steck brieffe mit eynnem kuntschaffter zcu Lembergk ... ergriffen
    1551 PBB.(Halle) 97 (1976) 240
  • wuͤrde hingegen der schuldner ... die flucht zu ergreiffen, ... so wollen wir, daß derselbe sogleich ... mit steckbriefen von dem magistrat ... mit benennung seines nahmens, beschreibung seiner statur, ansehens [verfolget werde]
    1682 Siegel,CJCamb. I 108 f
  • die gerichte jedes orts, unter welchen der entlauffene banqueroutirer ... belanget werden koͤnte, [sollen] denen creditoribus ... offene patente und steck-briefe mittheilen
    1715 CCMarch. II 2 Sp. 53
  • soll der fluͤchtige missethaͤter durch offene steck-brieffe, worinnen dessen person, aͤusserliche gestalt und kleidung so viel moͤglich beschrieben, ... verfolget ... werden
    1717 BrandenbKrimO. VII § 2
  • wuͤrde aber dergleichen moͤrder fluͤchtig, so soll ... er mit steck-briefen verfolget ... auch sein mit dem namen gezeichnetes bildniß an galgen oͤffentlich gehencket ... werden
    1723 Lünig,CJMilit. 827
  • es soll aber der fluͤchtige missethaͤter durch offene steck-briefe, worinnen dessen person, aͤusserliche gestalt und kleidung, so viel moͤglich genau beschrieben, auch die veruͤbte that geldet werden mus, aufs schleunigste verfolget, und selbige an allen, an denen heer- und land-strassen gelegenen orten angezeiget [werden]
    1736 BrschwLO. II 834
  • [Formular des gwalts-patents:] zu faßung dieses NN ... krafft dieses unsers steckbrieffs ... alle amtliche hand zu biethen
    1742 BernStR. VII 1 S. 371
  • wenn bey remittirung des delinquenten ad forum delicti des judicis dieses fori steck-briefe und requisition ... vorher gegangen, [sind] die aufgewandte kosten ... zu erstatten
    1746 CCHolsat. I 213
  • [dass] unser justizrath ... gratis emanirende proclamata, edictalcitationen, steckbriefe u.s.w. gleichfalls ohne entgeld zu inseriren ... zu fordern hat
    1750 SystSammlSchleswH. II 2 S. 727
  • steckbriefe: dasienige schreiben, womit der peinliche richter den fluͤchtigen missethaͤter verfolget. es wird darinnen desselben person, die beschaffenheit seines coͤrpers, sein alter, stand, verrichtung und alle umstaͤnde, wodurch er kenntbar wird, umstaͤndlich beschrieben mit bitte, daß alle und iede gerichte, denen diese briefe zukommen, selbigen ausforschen, ihn anhalten und an den ordentlichen richter verabfolgen lassen wollen
    1762 Wiesand 1015
  • [niederlegung junggebohrner kinder auf den gassen:] die exponenten ... werden durch steck-briefe verfolget, wenn man argwohn und verdacht auf sie hat
    1768 HambGSamml. V 274
  • daß aus dem zucht- und arbeitshause zu T. ... züchtlinge zu entkommen gelegenheit gefunden und derer ihrenthalber erlassenen steckbriefe ohnerachtet nicht wieder zu erlangen gewesen
    1774 CSax. I 1015
  • wenn dem foro delicti der auffenthalt des angeschuldigten nicht bekannt seyn sollte, so werden besonders sodann offene steckbriefe an alle benachbarte gerichte erlassen, wenn der angeschuldigte sich vor ganz kurzer zeit auf die flucht begeben hat
    1783 Quistorp,GrundsPeinlR. 1569
  • die steckbriefe laͤßt man zuweilen in den oͤffentlichen zeitungen einruͤcken
    1783 Quistorp,GrundsPeinlR. 1570
  • die steckbriefe sind gerade wie die requisitorialschreiben eingerichtet, nur daß sie an keinen bestimmten richter gerichtet sind, sondern, wenn sie nicht in zeitungen eingeruͤckt werden (welches das beste ist), offen circuliren
    1798 Grolman,KrimRWiss. 419
  • [registratur:] steckbriefe unter dem namen des fluͤchtigen
    1803 WeistNassau II 401
  • daß fuͤr jeden, der als solcher in jaunerlisten, steckbriefen oder obrigkeitlichen signalements ausgeschrieben ... falls er ... todt oder sonst lebendig eingebracht wird, eine praͤmie ersten falls von zwanzig fuͤnf gulden, letztenfalls von fuͤnfzig gulden bezahlt werden soll
    1804 SammlBadStBl. I 1453
  • steckbriefe (litterae arrestoriae): öffentliche offene urkunden, worin der richter jede obrigkeit, in deren gerichtsbezirk sich der genau beschriebene flüchtige betreten lässt, zu dessen ergreifung und auslieferung auffordert
    1804 Hevelke,JurWB. I 609
  • wenn personen, die wegen eines kriminal-vergehens ... beschuldigt sind, aus dem kanton ... entweichen, so sollen solche ... durch förmliche steckbriefe oder signalements verfolgt werden
    1809 HdbSchweizStaatsR. 170
  • hat jeder gensd'arme ... die ... ihm mitgetheilten steckbriefe ... sich genau bekannt zu machen
    1810 GesAnhBernb. III 226
II
gerichtliche Vollstreckungsanordnung, die den Schuldner (I) verpflichtet, entweder zu zahlen oder sich in Haft zu begeben
bdv.: Steckzettel
Sachhinweis: J.v. Auersperg, Balbin's Liber curialis I (Prag 1810) 135
  • so aber sein vermoͤgen am geld vnd pahrschafft waͤre, kan angeregtes dritte theil mit einem steckbriff erhalten werden
    1627 BöhmLO. T IV
III im Zunfthandwerk: Sendschreiben, womit ein entflohener Handwerksgeselle ausfindig gemacht werden soll
  • [gesellen, die sich heimlich weg machen, sollen] durch steck-briefe und subsidiales ... aufgetrieben werden
    1692 SammlVerordnHannov. III 453
  • [zwangsmittel der gesellen-bruderschaft gegen fluͤchtige gesellen:] oft schickt man ihnen auch steckbriefe oder sogenannte fledermaͤuse nach
    1774 Wagner,Civilbeamte II 150
  • ein abwesender gescholtener zunft-genosse wird aufgetrieben ... ausser dem ort durch abschickung von steckbriefen an die zuͤnfte oder einruͤckung seines namens in die kundschaften der wandernden gesellen
    1815 WirtRealIndex II 226
IV in der katholischen Kirche: Rundbrief an alle Konvente, der über das Entlaufen eines Mönchs oder einer Nonne informiert
  • [dass] die geistlichkeit an die von ihren ordensgeneralen ihr zukommende steckbriefe ... sich zu halten gewohnet seye, hingegen einiger zwang oder koͤrperliche bestraffung derley anzuhaltenden personen ... keineswegs eingestanden werden mag
    1772 CJEcclAustr. 100
  • steckbriefe, welche von den auswaͤrtigen ordensgeneralen bisweilen wegen eines mitbruders in die kloͤster geschickt zu werden pflegten, sollen, wenn sie itzo in ein kloster kaͤmen, sogleich der landesstelle uͤbergeben werden
    1790 LexÖstVerordn. 282
unter Ausschluss der Schreibform(en):