Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): stehlen

stehlen

, v.


I einen Diebstahl (I) begehen; jm. etw. unerlaubt und auf Dauer zum eigenen Vorteil wegnehmen, etw. entwenden (I); auch unspezifisch: ein Vermögensdelikt begehen
  • gif frigman cyninge stele, nigongylde forgylde [wenn ein Freier dem Könige (etwas) stiehlt, vergelte er (es ihm) neunfach] 
    602/03 (Hs. um 1125) Liebermann,AgsG. Abt 4
  • gif þeo steleþ, ii gelde gebete [wenn ein Sklave stiehlt, büße er (das Entwendete) doppelt] 
    602/03 (Hs. um 1125) Liebermann,AgsG. Abt 90
  • gif hwa stalige, swa his wif nyte ⁊ his bearn, geselle syxsti scillinga to wite [wenn einer stiehlt, vorausgesetzt sein Weib und seine Nachkommenschaft wissen (es) nicht, so gebe er 60 Schillinge zu Strafe] 
    688/94 (Hs. um 1100) Liebermann,AgsG. Ine 7
  • léitun sie ouh tho tháre / scachara úrmare / zuéne zi themo wíze / thie stálun êr zi flize
    um 868 Otfrid5 IV 27, 4
  • gif hwa oðfæste his friend fioh, gif he hit self stæle, forgylde be twyfealdum [wenn einer seinem Freund Fahrnis anvertraut: wenn er sie selbst gestohlen hat, vergelte er sie zweifach] 
    892/93? (Hs. um 1100) Liebermann,AgsG. Af El 28
  • ik stal, ik farstolan fehôda
    10. Jh. Sächs. Beichte/MSD. 237
  • fan seeknese dis stellena guedis [von der Haussuchung nach gestohlenem Gute] 
    2. Hälfte 11. Jh. (Hs. 1464) WesterlauwersR. I 116
  • also mich der R. hie gagenwartic stat ane gesprochen hat umbe sin ros, daz ich ime daz stale 
    12. Jh. Form. 628
  • sve nachtes gehouwen gras oder gehouwen holt stelet, dat sal man richten mit der weden. stelt he't des dages, it gat to hut unde to hare
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. II 28 § 3
  • gibit och ein man duibi widir wizzintlichi edir virgildit su vor me richteri, die he selbin gistolin heit, die is givrat
    um 1230 MühlhsnRb.2 115
  • welk broder uthe der gilde enen beker stelt, de sal den beker gelden unde der broderschop ewichliken enberen
    1252 Stieda-Mettig 375
  • nimt en man, de nicht anruchtich ne is, en pant vor sine schult, ... vnde kvmt en ander de spreke dat it eme stolen oder aue rouet si, he mach sic dere ticht vppen hilegen mit sines enes hant vt nemen
    um 1275 LübMndStR. Art. 156
  • swer nahtes korn stilt der ist des galgen schvldic
    um 1275 Schwsp.(Langform Z) LR. Art. (L.) 202
  • durch bresten, den iemen hat, sol er niht stelin iemins gvͦt noch rovben, vnde swer daz tůt, daz ist der sele uerlust. ez mvͦz werden in gvͦter chvst vergolten da niemen mag wenchen daz ist der svͦntag
    13. Jh. AltdBl. 1 (1836) 369
  • noch schuldiger ist jener der dâ hilt / denne jener der mit sorgen stilt 
    1300 Hugo v.Trimberg(Ehrismann) I Vers 3967
  • stelet en up ene halve marc sulvers edder mer, de hevet sin lif vorboret; stelet oc en in der kerken edder in der herberghe, dar he inne wonet, up enen verdinc, de hevet des ghelikes sin lif vorboret
    um 1325 Nowgorod(7 Fassungen) 112
  • wer gotes leichnam stilt, den schol man prennen als ein chetzer
    um 1330 BrünnRQ. 396
  • so wirt ein ding deubig, doran man dach einen keiner deuberei gezeien mag; alzo ab ein kind seime vater icht stele 
    1400 Böhlau,NC. 37
  • stilt aber ein jungs, das nit vogpar ist ..., das soll man schlachen mit gärten
    1406 ÖW. IX 578
  • wers, das dyebe stelen, vnd wurden die begriffen in dem ehegnanten gerichte, die sulde man sezen in der ... herren von Z. fryeheit vnd hafftenunge
    1419 Hessen/GrW. III 333
  • so welk man ankumpt swyn edder andere quick dat eme stolen edder afrovet si, dat mach he holden mit synes sulves hand, id en si dat he des enen warend hebbe, de it under eme heft
    1428 BremRQ. 179
  • wer auch einen deup begreifft, der pey der prunst stul, vnd den zu venkchnus prëcht, dem wil man von der stat geben zehen guldein
    1454 WienCopeyBuch 7
  • leytern vnde eymere, die zcum fuer gebracht werden, sal nymand stelen adir wecktragen
    1455 DanzigWillk.(Simson) 40
  • heft he selschop ghehat myt den, de dat lowent von der bleke stelen unde heft dar af ghenaten allent, wes he heft ghestalen. des heft he bekant, dat hir af heft ghenaten H. unde butendorpesche
    1465 KielVarb. 54
  • de dar stelt in deme scepe, de scipmanne scolen eme setten vppe eyn vnbebüwet ölant
    1492 FlensburgStR. Art. 91
  • ob auch ainem gestollen wurt in seinem haus und begrif der wirt den diep mit dem guet dennoch in dem haus, nimpt er dem dieb das guet, so ist er dem richter nichts phlichtig
    15. Jh. NÖsterr./ÖW. VIII 247
  • simpel diefte, es stelen bedectelick dinghen van cleender weerden uut noode, uut aermoede ... niet simpel diefte, es stelen bedectelick uuyt avaritien, ende eenich ander crime daertoe te doene
    1510 Wielant,InstrCrim. 96
  • stelt ein bade sinem brotheren so vele, als eme de here vor den dienst schal to lonende geven, men henget den deef baven alle andere deeffe. stöle he averst ringer, he löset den hals
    vor 1531 RügenLR. Kap. 120 § 10
  • so einer dir dein habe stilet, so hastu wider den selben vil clage mit penen als offentlich diebstal vierfach, heymlich diebstal zwyfach wider gebung
    1536 Gobler,GerProz. 81r
  • ob ain kützeldiep oder diepin einem stull in seinem hauß ..., der mag innen dasselb woll nemen und si pessern mit knütteln und scheüder
    1563 NÖsterr./ÖW. VIII 1059
  • wat vor wahre vnde vor guͤdere in ein schip gebracht, vnde dem schipper angetoͤget worden, so dar van etwes gestalen effte affhendich gemaket wuͤrde, so sint de werdt vnde de schipper ... plichtich dar van tho antwordende
    EiderstLR. 1572 Art. 53
  • wer vber fuͤnff luͤbische guͤlden an goltwehrung stielet, der sol mit dem strange gerichtet werden
    1586 LübStR. IV 1 § 4
  • hefft de deeff so vele gestalen alse einer haluen marck werdt js, edder mehr, so mach en de vaget ane ordel vnde recht hengen
    JütLow. 1590 II 88 § 1
  • da hancket man der schneider zunftmaister mit namen M.H., der hett der zunft bey 400 fl. gestollen und abtragen
    16. Jh. AugsbChr. I 13
  • umbschweiffende böese bueben, ... so von einem orth zum anderen stehlen 
    1620 Heitersheim(Barz) 54
  • wer des nachts korn stielet den hengett man, stielt ers des tages, man endhauptett ihn
    1628 Apel,Collect. 41
  • [gott will] under dem wort stälen alle böse tücke, ränke, griff und anschläge, mit welchen man seines nächsten gut ... an sich zu bringen understehet, verstanden haben
    1637 BaselRQ. I 1 S. 519
  • wer auß einer kirchen, oder andern geweyhten orthen, geweyhte sachen stihlt, ist hoͤher als ein gemeiner dieb zubestraffen
    NÖLGO. 1656(CAustr.) II 85
  • wer stihlt bei dem feuer, das 3 ₰ werth ist, dem soll man antworten dahin alß einem schädlichen mann
    1666 NÖsterr./ÖW. VII 644
  • der diebstahl in hungers-noth, da jemand ... etwas von essenden dingen zu staͤhlen geursachet wurde, soll nach deß rechts-verstaͤndigen richters discretion geurtheilet werden
    1709 Mutach 136
  • stehlen ist bey hencken verboten
    1715 Pistorius,Thes. II/III 305
  • ein allgemein sprüchwort ist: so die dieben ettlich nit wüstent, wohin sie mit dem diebstahl sölten, ließen sie das stehlen zu zeiten underwegen
    1739 LuzernSTQ. IV 117
  • unterstehet sich aber jemand, aus eines andern wiese graß zu stehlen, der soll, wenn er darüber betroffen, zu 1 rtl brüche angesetzet werden
    1748 SchleswDorfO. 359
  • die strafe des gewaltsamen diebstahls ist verwirkt, sobald das gefährliche einsteigen oder erbrechen mit der absicht zu stehlen wirklich geschehen ist
    1794 PreußALR. II 20 § 1171
II
jn. entführen; Menschenraub (I) begehen
  • da ein mensh daz ander stilt: swer einen menshen stilt, daz ist auch diepheit
    nach 1280 Schwsp.(Langform M) LR. Art. 209
  • wer einen menschen stilet vnd verkeufft ... sol des tods sterben
    Lutherbibel(1545) 2. Mose 21, 16
  • [menschenraub:] bettler und bettlerinnen, welche kinder stehlen, um sich deren zum betteln zu bedienen ... machen sich dieses verbrechens schuldig
    1794 PreußALR. II 20 § 1088
III sich (dannen) stehlen sich heimlich entfernen, entfliehen
  • wil einer ziehen von H., ein vogt sol in geleiten ... war er wil, stel er sich nachts dannen oder by nebel, was dem vogte würde das were. sin ligend güter sol niemant entphrömden ... ane wissende eines tumbrobstes
    1450 Burckhardt,Hofr. 70
  • als sie an behaltung der statt verzweyfleten, stalen sie sich heimlich darauß
    1606 Stumpf,SchweizChr. 649v
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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