Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Stimme

Stimme

, f., mnd. auch m.


I menschliche Lautäußerung

I 1 beim Sprechen, insb. in Bezug auf Stimmlage, Tonfall und Lautstärke; meton.: Sprechweise; mit klagender Stimme rufen das Gerüfte erheben, mit Zetergeschrei (auf etw., jn.) aufmerksam machen
  • vindet ein man guot auf der strazze ... der sol dreistunt rueffen mit lauter stimme, ob ieman dô sei, der es floren hab
    vor 1328 Ruprecht(Claußen) Art. 119
  • ist das ein frawe wiertt benoettet ... sô sol si mit mit chlagenter stimme rueffen uber den nôtnufter, untz daz si næchst zuo den læuten chumt
    vor 1328 Ruprecht(Claußen) Art. 127
  • sol der richter den fronboten heizzen rùffen drey stunt mit lauter stimm, ob ieman wider diu inzicht icht ze reden hab
    1346 BairLR.(Schlosser/Schwab) Art. 30
  • alzo ich spreche von stymme: wer von eynir stad wegen ... icht reden sal, der sal senfftmuteclichin reden, nicht zu lawte ruffen noch auch nicht zu heymlich rawmen, sunder mittelmessig sal seyne rede seyn
    um 1400 LiegnitzStRb. 46
  • dat G.V. vor uns quaem ... daer wy sethen in des rychtes stoel, unde sprack mit luder stemme ... dat se overdreghen unde upghelaten hadde ... dat erve unde gued
    1438 OstfriesUB. I 438
  • die sesshaft sind innewendig etters ... die suchent wol und nement in nothdurft in holze und in almende also doch das sy mit lutter stimme ruffen tunt dem banwart zu ziten und nement des si bedörffent, und keme der banwart nüt, wa si denne zu offener strasse koment mit dem so si fürent umb das en hat si ein banwart nüt ze rügende
    1450 Burckhardt,Hofr. 68
  • de welke vorhogheder stempne repen uth enem munde
    1466 LübUB. XI 94
  • hat uch der ... J.B. vor daz halsgerichte geladen unde uch daselbist met zcoytergeschreye an dryen stetin unde an iglicher stat drymal in vorwandelunge der stymme beschriet unde darnach zcu uwerm libe unde lebin geclaget
    1474 PössneckSchSpr. I 177
  • sulle der lantamptman 3 stund mit lautter stimb v̈ber offenne lantschrannen růeffen, ob yemantt alhie sej, der wider die v̈bergab der güetter ... zu redenn hab
    1487 Indersdorf II 143
  • das einem verstendigen richter, der da sol subtil vnd fleissig erforschen vnd betrachten, mit was stimme, freye oder bloͤde, mit was angesichte vnd farbe, der jenige antwort, item was lebens er sey, item was er fur ein geruͤchte hat
    1541 König,Proz. 13v
  • wenn die vorladung ins haus geschicht, so soll sie mit heller stimme geschehen, das die nach bawren vnd vmb stehende, sie vernemen, vnd wo von noͤten, das gezeugen moͤgen
    1541 König,Proz. 68v
  • soo wat landen ... by voorgaende wettelycke ... rechtdaechs-gebodt, daermede een openbaer coopdach gehouden ende met luyder stemme voor die meeste ende hoochste daeromme biedende vercocht worden, die en moegen nyet genaest worden
    um 1570 PractHofHoll. 227
  • daß solliche unnderwaldtmaister ... dise unnser waldtordnung ... als offt das gemain lanndthätting ... gehalten wiert, ... auf offner schrannen furlögen, ... das soliche mit allen notturfftigen articln der gannzen gemain durchaus offentlichen unnd mit heller stimb verlösen werde, auf das sich niemandts der unwissenhait dises unnsers bevelchs ... zu entschuldigen habe
    1592 SalzbWaldO.(FRAustr.) 97
  • wan die ... ungeboten gedinge gehalten werden sollen, alsdann soll ... der officiant mit klarer und verstendiger stimmen ... roifen: ich tu heut zutage ban und friden
    1. Hälfte 17. Jh. (Hs.) RhW. II 1 S. 88
  • werden diejenige vor nachbaren gehalten, die in ihren behausungen des anderen stimme hoͤren koͤnnen
    1760 Hellfeld III 2148
  • das heimliche mehr, stimmensammlung mit geschriebenen zettelchen, ... offenes mehr, stimmensammlung mit lauter stimme, oder mit emporhebung der rechten hand
    1812 Stalder II 205
I 2 als unartikuliertes Schreien (von Säuglingen); das Schreien des Neugeborenen gilt nach sächs. Recht als notwendiges Anzeichen für eine Lebendgeburt, ist nach justinianischem Recht hingegen nicht erforderlich (C. 6,29,3)
  • svenne die sone na des vader dode levet also lange dat man sine stimne gehoren mach in vier wenden des huses, so is he beerft mit sines vader lene
    1224/35 (Hs. 1369) SspLehnr. Art. 20 § 1
  • wirt das kint lebendig geboren und ... vorlutbart is sine stymme yn den vir wenden, alle die is horten, sullen gezeug sien siner gebort
    Ende 14. Jh. GlWeichb. 408
  • das khind nach todt [des Vaters] geboren, so in seines vattern geschäft furgangen ist, so es lebendig geborn wierdet und ob es gleich khain stimb nicht lässt und zu stund ... stirbt, nichts minder wierdet das geschäft durch sein geburt vernicht
    1528 ZeigerLRb. 383
  • daß ein kind lebendig zur welt gekommen sey, ist in dieser beziehung schon für ausgemittelt anzunehmen, wenn unverdächtige, bey der geburt gegenwärtig gewesene zeugen, die stimme desselben deutlich vernommen haben
    1794 PreußALR. I 1 § 13
I 3 als Singstimme
  • weret ok dat desseme ... vicario de stemme vorginghe, eder des arbeydes nicht vermochte ... scholde de vicarius doch missen holden und to chore gan na siner moghelicheit
    1404 HildeshUB. III 68
  • das wir E. ... zu unserm senger vffgenommen und bestalt han, uns so lang er lebt und das an siner styme vermag, williglich zu chor und sust zu singen
    1472 Pietzsch,HeidelbMusik 666
  • daß die cappel jedesmal mit taugenlichen personen, welche ... perfekt sowohl mit stimmen als instrumenten zu musicieren wissen, bestellet seye
    1634 WürtVjh.2 21 (1912) 75
  • in die cantorej soll nicht ein ieder, der sich darzu angiebet, sondern solche, welche zur music taugliche stimmen haben ... eingenommen werden
    1712 Weimar/SchulO.(Vormbaum) III 197
I 4
mit lebender/lebendiger Stimme mündlich, auch: bei Leben; lebende/lebendige iU. zu tote Stimme mündliches iU. zu schriftliches Zeugnis
  • wellen dir offenunge und dir verjicht den herron von R. ein urkunde sin mit lebenden stimmen und mit unserem ingesigel
    1309 ZürichUB. VIII 272
  • desse gaue schal by vuller macht blyuen also lange wen yk se myt myner leuendighen stempne yo wedder-rope
    1397 Rügen/Lasch,NdStB. 30
  • alze he ok zik zuluen vor vns oldesten ... myt leuendigher stemmene darto vorbunden heft
    1421 LübUB. VI 349
  • man gleubt eyner lebindigen stymme mehr denne eyner todin, es were denne myt brifen befestint
    um 1490 RechterWeg II 1089
  • een persoen die men als suspect zoude mogen wederleggen metter levender stemmen te tuygen ... die mach wel getuyge zijn in een instrument ende doen hulpe der geloeven van den instrumente; ende, in desen, soe heeft die doode voix ende stemme meer machten dan die levende stemme 
    1496 CoutBrab. II 2 S. 115
  • mit lebender stimm geappelliert
    Hugen 1528 Bl. 78r
  • so der appellant von der endtvrtheil im fußstapffen mit lebendiger stimm appelliert, bedarff er keiner schrifftlichen appellation
    1534 MainzUGO.(Saur) 12r
  • es sollen auch die appellationen nach L. ... viva voce mit lebendiger stimme entweder alsbald oder in 10 tagen geschehen
    1601 HadelnPriv. 162
II Sprache (II) (einer Sprachgemeinschaft)
  • zu hören hie in teutscher stim 
    16. Jh. Hans Sachs/BiblLitV. 102 S. 88
  • bei aufnehmung und huldigung von denen ... gemainsleuten und undertonen jeder stimb 
    1696 SchweizId. XI 411
III 1 in Bezug auf Stimmabgabe, Gewicht und Zahl der Stimmen sowie Art des Stimmrechts, etwa als individuell abzugebende Einzelstimme (Virilstimme) oder Kollektivstimme (Kuriatstimme), auch als ausschlaggebende Stimme im Falle einer Stimmengleichheit (I) (Dezisionsstimme) und in Abgrenzung zur (bei der Abstimmung nicht zählenden) beratenden Stimme (votum consultativum)
  • [Eid der Kurfürsten vor der Königswahl:] so wil ich gebin mine stimme und willin und die vorgenant kůre důn ane alle gedinge, miede, lon
    um 1360 GoldBulle 117
  • ensol oͧch des ... meisters stimme [im Zunftgericht] nuͥt me gelten noch kraft han denne der ... sechser eines
    1361 BaselUB. IV 237
  • so wolde he [koning] ute syme rade dar to voghen enen taͤl vromer lude; unde wo vele der were, so scholden se doch nit meͤr hebben der stempnen in dat recht to sprekende, wen alse eͤn der stede
    1416 HanseRez. VI 180
  • dat eyn stat to der gemeynen dachvart kommende inde van tween off drien off meer steden gemechtigt, alle der stede, die gemechtigt hedn, stemme hebn sulde
    1462 HanseRez.2 V 129
  • der landmarschalch und undermarschalch, wo si bed in rat bei den urtlen sitzen, haben bed nur ain stimb, dann ir khainer ist ain beisitzer sonder ieder nach weil und zeit richter
    1528 ZeigerLRb. 45
  • darsuluest wurde men eyn koenynynck [sic] kesen, dar wy eynen stemmen myt tho hebben
    1572 MLiv. IV 226
  • der schultheys oder vogt soll ... kein ortel oder stim geben, auch keinen richter nit underweysen, sonder allein als stabhalter beysitzen
    1577 WürtLändlRQ. I 699
  • ob schon der bapst in dem concilio oben an sitze, so habe er doch nur ein stimm, gleich wie sonst ein jeder bischoff
    1624 Nigrinus 202r
  • diese freiherrliche deputirten haben insgesambt das jus votandi mit der fürstlichen stimme, dahero sie auch in complexu und zusammengesetzt die fürst-freyherrliche stimme genennet wird
    vor 1741 CDSiles. 27 S. 353
  • jedoch hat niemand uͤber fuͤnf stimmen, er mag so viel actien haben, als er will
    1765 PreußSeeR. Beil. S. 226
  • die stimmen der minderjaͤhrigen werden ... durch ihre vormuͤnder abgegeben
    1788 Kerner,RRittersch. II 209
  • der rektor [der Universität] hat darinn [konciliarversammlungen] den vortrag und eine entscheidende stimme im fall einer stimmengleichheit
    1788 Gadebusch,Staatskunde II 141
  • die grafen von Stolberg sind als mitglieder des obersaͤchsischen kreises und als theilhaber an der wetterauisch graͤflichen stimme auf dem reichstage unstreitige reichsstaͤnde
    1793 Pütter,ErörtStaatsR. I 180
  • dieser commission [für ehescheidungsbegehren] wohnt ein ... vom cantonsgericht zu ernennendes mitglied der cantonsgeistlichkeit mit berathender stimme bei
    1802 Zürich/AktSammlHelvet. VIII 1555
  • ist die entscheidende stimme des reichshofrathspräsidenten bei vorhandener stimmengleichheit noch nie bezweifelt worden
    1804 Gönner,StaatsR. 514
  • die stimme des directors entscheidet, wenn mit einrechnung derselben gleichheit der stimmen vorhanden ist
    1809 SammlBadStBl. I 162
  • der staatsrath hat in ausuͤbung seiner attribute eine berathende stimme 
    1810 Pölitz,Verf. I 1 S. 47
  • der staatsrath besteht aus achtundzwanzig gliedern, mit inbegriff ... der zwei staatssekretäre, welche berathende stimme haben
    1814 HdbSchweizStaatsR. 486
III 2 in Bezug auf das Abstimmungsverfahren, insb. die Reihenfolge der Stimmabgabe; erste Stimme Recht auf die Stimmabgabe als Erster
  • der bischof von Mênze ... hât die êrsten stimme an der kür. der bischolf von Triere ... hat die andern stimme an der kür
    um 1275 (Hs. 14. Jh.) Schwsp.(W.) Art. 110
  • [bei der Königswahl] sal der irtzbischoff von Mentze den irtzbischoff von Drere anfragin, dem die irste stimme zugehorit
    um 1360 GoldBulle 121
  • dieselbe umbfrag soll abgewechselt zwischen denen layischen und gelerten räthen ... gehalten, und mit frag der ersten stim in sachen der justitien im heyligen reich betreffendt an den gelerten, aber in statts- landts- und anderen sachen an den layen angefangen werden
    1559 RHROrdn. I 30
  • der hofemeister sall in allem die erste stimme haben
    1578 Nostitz,Haushaltb. 120
  • darnach ging der offerman als notarius mit 2 gezeugen van man zu manne und zeigneten eins jedern stim uff
    16. Jh. BuchWeinsberg II 72
  • den beeden geschwornen stattprocuratorn, welchen man [bei Gericht] wider ... verboth der ... bayr. gerichtsordnung den vorsiz und in der umbfrag die erste stim geben [hat]
    1610 OÖsterr./ÖW. XV 89
  • hat man ... darinnen [stahts-raht] dem obersten kriegsherrn als staͤhtigem vorsitzer, die erste stimme gegeben
    1677 Zesen,NlLeue 636
  • nachdem auf gewöhnliche art die stimmen versendet worden, so ist die mehrheit derselben auf herrn P. ... und W. ... gefallen
    1789 ElsMschr. 3 (1912) 188
  • der stimmende ... gibt ihm [inspector] die übrigen verschlossenen zettel mit den namen derjenigen wahl-subjecte, denen er seine stimme nicht gibt, in die hand
    1807 Göbell,RhWKO. II 19
III 3 in Bezug auf das Abstimmungsergebnis; mehrere/meiste Stimme(n) (uä.) wie Stimmenmehrheit; aus einer/mit gemeiner Stimme einstimmig, einhellig; halbe Stimme Hälfte aller Stimmen; jmd., auf den die Stimme gefallen Gewählter; mit der Stimme getroffen sein gewählt sein
  • daer nae die koepe the sullen gheschien of nyet te geschien, soe die meeste of ri(j)pste stemme sijn
    1426/40 KleveStR. Art. 106
  • sol jetweders dorff zwen erber man erwellen ... [und] sol ein vogt under denen, so mit der stimm getroffen sint, nemen, weliche er wil
    1429 ZürichOffn. I 276
  • das h. G. ... erwelt ist vnd uffgeworffen ist mit gemeiner stymme des gantzen landes zu eim kunig ... zu Behmen
    1458 UrkGeschBöhm. 136
  • bygrepen is 't eendrachtelika mittha steden ... en mey dae stemmen der delen ende landen fan Aestergo ende Westergo
    1482 Schwartzenberg I 716
  • darup de gemeynen hardeslüde uthgingen, sick besproken, eyndrachtigen wedder inquemen unde uth enen stemme tügeden und seden
    1495 Kock,Schwansen 77
  • etlich fürsten gaben ir stimwal dem ... hertzogen von Sachsen, vnd das warendt die minderen stimmen 
    RottweilHGO. 1523 A iiiir
  • van wegen Martinischer lere haben dy gemeynen stymmen [auf dem Hansetag] gegeben, das sich ein itzliche stadt myt guten predigers vorsorgen szal
    1525 VeröfflLübeck XVI 147
  • solle die gmain ainen richter durch ier maist oder merer waal und stimb ... erkiesen
    um 1530 NÖsterr./ÖW. VII 605
  • ein richter in B. soll mit einmutiger stimme, desgleichen ein ieder schöppe, zum gerichtsstande ... erwehlet werden
    1545 Sachsen/Haltaus 674
  • wie [bei der disputation] umbgefragt wart von man zu man, staichen sich die stimmen, das irer uff jeder seiden gliche vil waren
    1595 Weinsberg LibDecr. 416r
  • die meiste stimme in der wahl und chur soll schließen
    um 1600 (Hs. um 1790) GubenRB. 43
  • hofs- und landrecht ... [welches] mit mehrerer stimm und hand angenommen
    1611 SGallenOffn. II 294
  • seint sie [burgerschafft] aber zweistimmig, so stimmet man drumb, und geben alszdan die meiste stimme das rechtt
    1613 Stieda-Mettig 326
  • wir gerueheten ihnen solches ... durch gemeine mehrere stim ihrer gemeindsgenossen beschlossenen mittel von obrigkeitweg zue bestetigen
    1620 SGallenOffn. I 58
  • in creyß-handlungen sollen ... die mindere stimmen denen mehrern nachzugeben verbunden seyn
    1654 JRA. § 183
  • soll derselbe, auf den die stimm [in der Baumeisterwahl] gefallen, fuͤr das gemeine bau-geld vierhundert guͤlden verbuͤrgen
    1705 Schudt,JüdMerkw. III 183
  • [die Ansprüche der Gerichtsherren auf die] halbe st[imm]e [sollen als nichtig betrachtet werden]
    1712 SchweizId. XI 412
  • der aufgebender bergmeister [solle] einen bergsgnossen in die wahl ... thun ... darumb alsdann die versamblete gmeind der berggnossen ihre stimm werden mögen geben, wird also der mehrhabende stimmen zu dem bergmeisterampt erwölt vnd geordnet sein
    1727 ZSchweizR. 22 (1882) RQ. 130
  • in angelegenheiten, welche nur die ordentliche verwaltung [einer gemeinschaftlichen sache] ... betreffen, entscheidet die mehrheit der stimmen, welche nicht nach den personen, sondern nach verhaͤltniß der antheile der theilnehmer gezaͤhlet werden
    1811 ÖstABGB. § 833
  • [der große rath entscheidet] durch offenes mehr und relative mehrheit der stimmen 
    1814 HdbSchweizStaatsR. 340
IV
Abstimmung; Stimmabgabe
  • mit erwelung und gemainer stimb aller perksgenossen [werden] ain perkmaister, darzue seine vierer gesetzt
    vor 1499 (Hs. 1694) NÖsterr./ÖW. VII 693
  • wurden de sandt-menne stridich in erer stemme 
    1593 JütLow.3 II 7 § 1
  • sollen sich auch die gerichte [dh. die Schöffen] einer vor dem andern in der stimme nicht eintringen, sondern der ordenung, bis es an ein iden kompt, erwartten, vf daß es hierin kein vnordenung gebere
    1629 PfälzW. II 750
  • wann die stimm und curen der neuen viertelsmeistere vorbei
    1698 ErmreuthGemO. 92
  • was aber ... von gemeinen stadt-gebrechen dem gemeinen raht ist proponiret, dasselbe soll vor allen dingen durch ordentliche stimme ... verabscheidet werden
    oJ. RevalStR. I 243
V wie Stimmrecht; formelhaft ua. mit Session (I), Sitz (IV), Stelle (III) für die stimmberechtigte Mitgliedschaft in einem Gremium; Stimme führen Stimmrecht ausüben
  • [daz die] kurfursten rechte stimme und stat habin
    um 1360 GoldBulle 123
  • nachdeme daz dye selbin kurfursten und ir iegelichir dot ist, des recht stimme und crafft zů kiesin sal fallin an sinen irsten elichin geborin son, der ein leie ist
    um 1360 GoldBulle 123
  • dat men ghenen borger ontborgeren off siin stemme nemen en sel in sinen ghilde
    1378 UtrechtRBr. I 269
  • da irrt mich der bischoff an meiner vesten R. vnd an meinen leuten vnd gütern daselben, daz mir mein stim, dienst vnd zins verlegt ist worden
    1393 Foffa 58
  • wann auch der churfuͤrsten raͤht einer persoͤhnlich ... bey dem raht seyn sol, alsdann sol desselben churfuͤrsten raht, der in des reichs raht von ihm verordent ist, so lang derselbig churfuͤrst bey dem reichs-raht sein wird, keine stimm im reichs-raht haben
    1500 RAbsch. II 57
  • söllen wir ... von Strazburg jn diser aynung ein besonder stim haben, und mit unserm stand oder sitz bey andern stetten gehalten werden nach unserm alten herkommen
    1500 UrkSchwäbBund. I 407
  • als die [von stedten] ire session, stelle und stimme neben den landtstenden im rechten gehabt
    1570 CDSiles. 27 S. 217
  • indeme er bey den herren land-staͤnden auf offenen landtaͤgen als ein klostervoigt aufgenommen und von selbigem ihme session und stimme ertheilet wird
    1669 Weinart I 433
  • mögen die jenigen, so ... nit eigner haußhaltung seynd, kein meer machen oder stimb haben
    1687 KaiserstuhlStR. 214
  • der hoͤchste gewalt im land, bestehet also bey den land-leuthen selbsten, die sich in eine lands-gmeind versamblen, worbey alle manns-bilder, die 16 jahr alt seynd, sitz und stimm haben
    1721 Uri/Waldkirch,Einl. II Anh. 13
  • der cantor soll keine stelle und stimme zu capitul haben, es sei dan, daß capitulum ihm damit beguͤnstigen will
    1725 Staphorst,HambKG. I 2 S. 15
  • massen diser herr praͤlat [abt zu st. Emeran in Regensburg] zwar fuͤr seine person vor wenigen jahren den reichs-fuͤrsten-stand erhalten, eine eigene stimm in dem fuͤrstlichen collegio aber weder gesucht noch bekommen hat
    1748 Moser,StaatsR. 34 S. 250
  • ist ein reichs-stand eine person, die sitz und stimme auf dem reichs-tag hat
    1751 Buder 1101
  • daß das recht, stimme, amt und wuͤrde ... die an ihren chur-landen haften, keinem andern zu theil werden moͤgen als demjenigen, welcher dergleichen churfuͤrstenthum selbsten mit land, mannschaft, lehnschaft, herrschaft ... besetzet
    1755 Hempel,StaatsLex. IX 3
  • [weil reichsritter] weder auf reichs- noch creystaͤgen sitz und stimm haben
    1770 Kreittmayr,StaatsR. 111
  • landstaͤnde aber werden genannt, welche sitz und stimme auf dem landtag haben, und ein eigenes corpus unter dem namen der landschaft zusamm ausmachen
    1770 Kreittmayr,StaatsR. 114
  • daß churfuͤrstliche gesandte in dem reichs-fuͤrsten-rath ebenfalls ihrer eigenen herren, oder auch anderer, stimmen fuͤhren koͤnnen
    1774 Moser,Reichstage I 187
  • jeder immatrikulirte landstand, welcher 75 gulden kontribuzion entrichtet, hat das recht, dem landtage mit sitz und stimme beizuwohnen
    1787 HdbchÖstGes. XIII 223
  • wird ein land, worauf eine stimme haftet, einem neuen besitzer zu theil, so hört der vorige besitzer auf, reichsstand zu seyn
    1804 Gönner,StaatsR. 184
  • wer kantonsbürger ist und ein gemeindbürgerrecht im kanton besitzt, hat als aktivbürger zutritt und stimme in den gemeind- und kreisversammlungen, insofern er das alter der gesetzlichen majorennität erreicht hat und wenigstens zweihundert gulden vermögen versteuert
    1814 HdbSchweizStaatsR. 405
VI Aussage, Rede, Wortäußerung
  • daß B. ... hinnanhin mit siner stümme nieman nütz und schad sin sol, und sol ouch niemans gezüg me sin
    1389 SchweizId. XI 411
  • dy fursprechen und sachwalden der sachen dy treiben ritterschafft, wann sy getrawen yren ersamen stymmen und beschirmen der arbeyter hoffenunge und leben
    1407 BöhmBergR.(Gelnh.) 258
  • das vor vns [ratmanne] komen sein die goltsmede des ganczen hantwerkis alhie zu B. vnd haben vns vorgelegit vnd mit gemeiner styme erczalt, wie sie etliche gebrechen in ihrem hantwercke hetten
    1451 Hintze,BreslGoldschm. 185
  • welche deiner ordentlichen obrigkeit stimm in solchen fall [Eheschließung] fuͤr gottes stimm zu halten
    1727 Leu,EidgR. I 324
VII Leumund (I u. II), allgemeine Kenntnis
bdv.: Ruf (V)
  • das es also redlich webeist[!] wirt, daz er ein sun sey vnd daz sein vater todt sey durch den gemeinen rueff oder stim 
    1338/47 Tomaschek,Trient 195
  • das gemayner leumund und stymme überal auf V. ... gewesen ist ... das man sy hab gehabt für aigen leute
    1366 NeustiftUB. 296
VIII Macht, Einfluss
  • die stem, die hem doe was ghegheven, die is hem ie sint ghebleven
    1460/80 (Hs.) Reinaert 7661
  • elc pijnt den andren te steken of van sijnre eren ende stemmen 
    1460/80 (Hs.) Reinaert 7686
IX Befugnis, Entscheidungsbefugnis; Stimme in dem Recht Prozessführungsbefugnis
  • wurde ouch eyner umme ungerichte gefangen, und vor gerichte bracht, der hat keine stymme, orteil zu straffin
    Ende 14. Jh. GlWeichb. 235
  • hi ne mei mi naet onspreka, hwent hi is in da bonne, hi een heth neen stemma in da riuchte [er darf mich nicht verklagen, weil er in dem Banne ist, er hat keine Stimme im Gericht] 
    1457 (Hs.) EmsigerR. 242
  • nach dem roͤmischen rechte haben dieselben [vormünder] keine stimme bey verheyrathung ihrer mundel
    1736 EstRitterLR. 519
X Ansicht, Meinung, Auffassung
  • na mynem stemmen 
    1465 NdJb. 46 (1920) 4
  • denn ein geruͤchte von vnglaubwirdigen losen leuten, mag nicht ein geruͤchte, sondern ein eitel blosse stimme genant werden, disem geruͤchte sol ein richter nicht nachgehen
    1541 König,Proz. 14r
  • er hatte ... vergeblich ... abgerathen, seine stimme ward unterdrückt
    1797 Krüger,PreußManufakt. 707
  • in einer sache sollicitiren heißt, sie muͤndlich oder schriftlich dem richter, der daruͤber erkennen muß, empfehlen, heißt ihm die guͤnstigen gruͤnde vorstellen, die gegengruͤnde bestreiten, mit einem worte, die stimme des richters, bey dem man sich verwendet, zu gewinnen suchen
    1811 Krünitz,Enzykl. 118 S. 366
XI Stimmlage; Stimme in einem Tonsatz; auch: Schlagton (einer Glocke)
  • ik ... wolde juw ene klocke gheten, de juw beheghelik scholde wesen van lude vnde van formen, wo gy se van stemmen hebben wolden by de andere, ene note hogher ofte syder, dat se concorderden
    1464 JbMeckl. 42 (1877) 180
  • sollen die beiden geiger ... den discant vnd andere stimme ... vnweigerlich geigen
    um 1573 Ruhnke,Hofmusikkoll. 167
  • da einer mit ... erlaubnuß des rector chori ausbleiben thäte, soll er gehalten sein, an seine statt einen andern zu substituiren, damit die stimmen allezeit besetzt bleiben
    1725 Stein,MusikwHeidelb. 135
XII
Lautäußerung (eines Tiers)
  • tha stifne net nen manniska, buta god alena [niemand vernimmt den Laut (der Fische), außer Gott allein] 
    um 1300 RüstringerR. 92
  • weil die thier nit verstehn, ob etwas war oder gelogen sein, sonder nur mit jrem gang, stand, bewegung vnd stimmen, anzeygen, als ob sie etlich zeychen mercken vnd verstehn, so acht ... mans darfür, daß sie gar kein wollkommene vernunfft haben, vnd darumb thun sie auch ... nichts ... nach dem voͤlcker rechten
    1536 Gobler,GerProz. 220r
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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