Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): Tagwan

Tagwan

, m.

auch Tage-, entstellt Tagman, Tauwen uä.; wohl zu winnen 

I Arbeitsleistung eines Tages, insb. als Frondienst oder Bürgerpflicht; (in Tagen bemessener) Frondienst, Arbeitsdienst
bdv.: Tagwerk (I)
  • qui habet mansus sive scopozas facientes [op]era dierum, id est tagewane 
    1196 NGlMedLat. O Sp. 621
  • opera cottidiana, que vulgo tagewan appellantur
    1217 SchlettstStR. 4
  • daz gvͦt het her D. ... ze einem steten lehen verlivhen ... vnde hat den livten ze B. die tagewan abe gelan, die sie solten tvͦn vf daz selbe gvͦt, vnde hant im die livte da wider abe verlan, daz er in ze den drin gedingen solte gen ze enbissende, daz si da nach enkein vordervnge me svn han, vnde svn im ane daz elliv siniv reht sprechen vnde tvͦn, wan daz div zwei reht gegen ein ander abe svn sin, die tagewan vnde die inbisse, ze den gedingen
    1279 Kaiserstuhl/CorpAltdtOrUrk. I 355
  • das die von K. ... geben sol ... vier tagwan in dem jar
    1284 Blumer,RG. I 97
  • wer der ist, so den burgern werket an sin buͤsse, das man dem zwen schilling pfenning fuͥr einen tagwan abschlachen sol
    1341 ZürichStB. I 146
  • wellicher zu H. huslich vnd heblich sitzt vnd ein schüpposz buwt, der sol des jares dem vogtt zwen tagwen thün
    1396 Bodensee/GrW. I 122
  • wela aber bi dem tagwan verdienot, wil man in des nit ussrichten, so sol man im bi der ersten vordrung des gerichtes enes pfand antwuͤrten, duͤ mag er och denn unverzogenlich ... verkoͤffen
    1399 FeldkirchStR. 164
  • das ein jegklich gesessen man soll jm [abbt] thun seinen tagwen, mit der howen drey, mit der axt einen, mit dem pflueg einen, mit der segeschein zwen. wann man die tagwen will nemmen, so soll man sie gebietten mit solchen brott [vier weisze brott vnd ein viertel weins?], dauor geschriben alsz stehet
    1399 Elsass/GrW. IV 185
  • welichs iars ... die meyen geding vnd herpst geding nit also gehept wurden, so sonnd die genossen ... nit gebunden sin, weder húnr zu geben noch die tagwan zu thúnd
    1423 Aargau/GrW. I 171
  • wer es och sach, dass er [Schuldner] die schuld vertrösten mocht, das mag er wol tun, in einem solchen zit als er den die schuld mit tagwanen gewinnen möcht und mag lidig sin
    1451 JaunLR. 11
  • wer vich hät, der sol den tagwan mit sinem vich thuon
    1468 St. Gallen/GrW. V 157
  • ein bumeister sol schweren getrülichen zů der stat buw ... zů besaͤchen vnd die tawen anzeschniden vnd die einem seckelmeister an ze geben
    1480 KaiserstuhlStR. 47
  • si haben alzitt dem gotshus fuͥr den wachszins einen taͧwen getaͧn und si ouch erbetten, den selben in zimlichkeit abzůloͤsen
    1497 BernStR. VII 1 S. 44
  • der ligende guͤter zů C. hoͤtte ... mag ... das sin verkoufen, wa er mag, doch der statt ... an der stür, reysen vnd dagwan vnd allen dingen ane schaden
    um 1500 KlingnauStR. 294
  • ein yeder burger, des eelicher gemahel ein kindbetterin ist, sol ... tawens vnd schulduorderer halb fryg sin
    1512/13 BruggStR. 148
  • mer zinset diss gůt zweͣn tagwan, ain im sommer und ain im winter
    1514 JbGraubünden 40 (1910) 21
  • mit den frondiennsten und tagwan 
    1544 FreibDiözArch. 25 (1896) 319
  • daghwenne: vetus pensum
    1599 Kilian3 79
  • [arbeiten im gemeinwerk:] jeder gemeinder [hat] solche leuthe ... anzugeben, welche den tauwen versehen können. sollte einer kinder oder untaugliche hiezu stellen, so werden die viertleute sie heimschicken
    1676 Argovia 9 (1876) 158
  • die nicht alppen, megen ihren tagmann uff der allmend verrichten
    1709 UnterwaldenRQ. 89
  • es soll von jedem recht ein tagmann thun und ein jeder, der werchet, wenigstens vierzehen jahr und mehr alt sein, auch keine weibsbilder gedultet werden, die ausbleibenden der alp zum besten 6 bazen erstatten
    1790 Wagner,ObertoggbgAlpk. 446
II Lohn für einen Tag Arbeit; Tageseinkünfte; Taglohn 
  • wenn einer dem andern fürbütet vnd wedra nüt am rechten ist, der ist dem andren vervallen sin gewanlich kosten vnd sin tagwan vnd dem richter iij ß
    um 1455 Büron 115
  • sol dem, so kuntschafft gibt unnd sagt, von dem, so kuntschafft begert, der tagwen, so er versumpt, abgetragen vnnd zerung aussgericht werden
    1468 Zürich/GrW. I 42
  • [bei Nichterscheinen trage] der cleger ... dem antwurter sinen tagwen sampt zimlichen costen ab
    1489 WillisauAmtR. 103
  • ein jeder, der nit mit dem pflug buwet, sünders sich mit taugwen und sonst ernehrt, hat statt der maß wein, in bedenken, daß der wein in hohem wärt ist, all jar 2 ß ze bezalen
    16. Jh.? ArchBern 29 (1928) 205
III wie Tagwerk (IV) 
  • unum tagwan prati in loco dicto O.
    1290 BaselUB. II 385
  • in quo sita sunt tria jugera agri et unum diurnale prati vulgo dictum tagewan 
    1291 BaselUB. III 6
  • im bann des dorfes S. einen boumgarten und zwen tawen bezalende alle jor VIII ß. dn.
    1299 BaselUB. III 277
  • ein dagwon matte
    1382 FreibDiözArch. 2 (1866) 324
  • dartzue wir ime ... die vischwaiden, matten, wisen, paumgarten vnnd tagwon ... zuesteen
    1523 Urk4VorarlbH. II 66
  • es sollend auch fünf stöß einen tagman haben
    16. Jh. SGallenOffn. II 449
  • daß ... welcher einen oder zween tawen matten ... innenhaben und bawen, zwei haupt wol fürtreiben mögen
    1615 BaselRQ. I 2 S. 487
  • ohngefähr acht thauen gärten matten
    1681 BlMarkgr. 2 (1916) 57
  • der tauwen reben ... dass er fuͤr das zehende theil einer juchart gerechnet werden und viertzig gevierte schuh halten solle
    1728 Leu,EidgR. II 97
  • in abmessung der matten gibt man in die breite ruhten 7, in die länge ruhten 30 ... und dieses nennt man tauen, mannwerk, tagwerk
    1770 BaselRQ. I 2 S. 1050
IV in der Schweiz: Ortsgenossenschaft, (politische) Gemeinde, Verwaltungseinheit
  • der t[agwan] ze B. hat gegeben ... ze stüre 28 ℔
    1303/07 SchweizId. XVI 30
  • dz wir ellü jar ... funfzechen erber man von vnsern lantlüten, von jeklichem tagwen einen, kiesen ... süllent, für die man all die sachen, die für vnser [amman] gericht koment, ziehen sol
    1387 GlarusUrkS. I 307
  • so vordert dann der fürspräch vss jedem tagman ... ein man ... diesälben heist der richter angäntz vffstohn vnd mit dem fürsprächen vnd landweilbel zerath gohn
    1. Hälfte 15. Jh. (Hs. 1636) GlarusGO. 126
  • das selb [Veränderungen am Landbuch] sol auch jeglichem tagwän vnd jeglicher genoßammy in vnserm land vorbehaltten sin
    1465/81 GlarusLB. I 130
  • dann die raths-herren in selbigem tagwen, allwo der gespan [wegen schaͤdigung des trauffs] ist, dahin selbigen zubesichtigen gefuͤhrt werden
    1728 Leu,EidgR. II 642
  • jeder tagwen ernennt vier rathsherren, welche mitglieder des landraths sind
    1814 HdbSchweizStaatsR. 278
V
Gemeindeversammlung eines Tagwans (IV) 
  • das man ein gemeinen tagwen umb die ding versamlen soͤlt, und was vor gemeinem tagwen zů mer werde, das dann dem selben gestracktz nachgevolgt und nachgangen werde
    1488 GlarusRQ. I 240
VI eine Mengenangabe: so viel, wie an einem Tag (in die Reben) verbracht werden kann
bdv.: Tagwerk (V)
  • uff daz ... blecz reben sol ir ieglicher uff sinen anteil jerlichen tůn ... einen tagewon mistes, nu̍t under sechczehen karrichen
    1393 ZGO. 7 (1856) 187
VII wie Tagwangeld 
  • in eandem curiam ad pascha tres denarios, qui vocantur dagewanne 
    13. Jh. Schöpflin,AlsDipl. I 424
unter Ausschluss der Schreibform(en):