Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): taub

taub

, adj.


I gehörlos; auch: (stark) schwerhörig; dadurch im rechtlichen Handeln eingeschränkt; taube Stummheit Taubstummheit; offen zu II 
  • gif mon sie dumb oððe deaf geboren, þæt he ne mæge synna onsecggan ne geandettan, bete se fæder his misdæda [wenn ein Mensch stumm oder taub geboren ist, sodass er Beschuldigungen weder abzuleugnen noch zu bekennen vermag, so büße der Vater dessen Missetaten] 
    892/93? (Hs. um 1100) Liebermann,AgsG. Af 14
  • bliuet danne en man van der wunden dof ofte vnsinnich so böteman deme cleghere xl marc
    1341/44 WisbyStR. 33
  • ejn icklich mensche de mag syn guit vorkeuffen ..., das syn ist, he sy lam, sy blint ader daub 
    um 1350 KlKaiserr.(Hs. Corvey) II 35
  • beicht vnd rew, die habent niht chraft vnd sind valsch in vil sachen, also ... ob der priester taub wer vnd dez menschen sprach niht verstuͤnd
    1390 (Hs.) BerthRechtssumme 470
  • soe hweer soe thi man wondath werth on sin haud, daweth hem sin are aldeerfan, soe is thio bote achtendehal pund, is hi daef [wenn ein Mann am Kopfe verletzt (und) ihm demzufolge das eine Ohr taub wird, so beträgt die Buße, falls er taub ist, 7 1/2 Pfund] 
    2. Hälfte 14. Jh. (Hs. 1464) WesterlauwersR. I 496
  • den man an den rat kysen sal, der sal ... ouch nicht toub noch blynt seyn
    um 1400 LiegnitzStRb. 47
  • [es] mag nymandes teydinge füren eyn naturlich toup man adir der von geschicht taub worden ist, eyner, der blynt an beiden owgen ist, dorumme das der blinde den richter noch seyne scheppin nicht geeren kan, der tobe, das her nicht rat yngenemen kan
    um 1400 LiegnitzStRb. 105
  • sleit eyn meister sin lerkintt, ... so daz iz toůp werde oder blent iz ..., her můz iz bůzen den vrůnden vnde deme gerichte
    um 1410 Schwsp.(Kurzform/Gr.) Art. 185 (Kz2)
  • stomme ind doeve luyde en moeghen geen witlike momber wesen
    1426/40 KleveStR. Art. 79
  • js thet are fon ther dede daf, sa is thio bote fiortenste thrimen merc [ist das Ohr infolge einer Verletzung taub, so beträgt die Buße 13 1/3 Mark] 
    1. Hälfte 15. Jh. FivelgoR. 78
  • det een daef mon jefte stum jef dertin mon mey neen ryuchter wesa [dass ein tauber oder stummer oder wahnsinniger Mann kein Richter sein kann] 
    1457 (Hs.) EmsigerR. 232
  • een richter wort geseet te wesen een richter incompetent bij gebreeke van jurisdictien uuyt veele saken. ierst, uuyt ... gebreeke gelegen in den richter ... dat hij waire stom, doof van der natueren, blijndt, uuytsinnich
    1496 CoutBrab. II 2 S. 39
  • so dem tutor zufile mergklich lybs kranckheit, als so er daup oder sust geprechlich würde, endt sich syn vormunderschafft [tutela genant]
    1498 WormsRef. IV 1, 14, 5
  • eyner der stumm, daub, blindt, lam, oder sunst brechafft, mag eyn vaͤtterlich lehen, auß der meynnung Oberti, Gerardi vnd vieler andern, behalten
    1530 LibriFeud.(Weidm./HAB) 25
  • wan ein lehen dardurch ledig wirdet, das der lehenman stum, tob, blinde oder sunst untuglich wirdet, so fallet das alt lehen uff seine lehenerben
    1565 Klammer,CompJuris 8 § 1
  • wo ... einer allein taub vnd nicht zu gleich stumm were, kan er wol testieren
    PfalzLR. 1582 III 3
  • auff gezwerge oder krippel vnnd dergleichen, stirbt weder lehn noch erbe (verstehe dabey auch vnsinnige, taube, blinde leuthe vnnd dergleichen, die jhnen selbst nicht verstehen können)
    1628 Apel,Collect. 67
  • die von nattur allerdings stum vnd taub zugleich seindt, können keinen lezten willen aufrichten; die aber nicht von nattur sondern auß anderwertigen zuefall gehör: vnd sprachloß, jedoch des schreibens kündtig seindt, können wohl ihren lezten willen schrifftlich verfassen
    1654 NÖLO. III 2 § 3
  • stumme und taube inquisiti sollen ihre antwort schreiben oder durch verlaͤßliche zeichen darthun
    1707 SudetenHGO. Register
  • es sollen stumme, blinde, lahme, taube oder mit der fallenden sucht behaftete leute von vorhabenden ehe-verloͤbnissen ... abgemahnet werden, ... [aber] ihnen solches nicht verwehrt werden
    1799 Basel/RepRecht IV 180
  • wenn der inquisit nicht reden will und sich taub oder stumm stellt, obschon er es in der tat nicht ist, so muss ihm der richter eine körperliche strafe ... geben lassen
    Ende 18. Jh. v.Erlach,FolterprozBern 36
II
geistig verwirrt; geistig behindert; geisteskrank, dumm; auch als bußwürdiges Schimpfwort; offen zu I 
  • doue lůte, de so tůmb sin gewest, daz in ire vrůnt ire gůt an gewinnen hant vor gerichte, do se ire plegere waren, vnde van ir tumpheit daz ist geschen, ... mogen nicht gezůg sin
    um 1410 Schwsp.(Kurzform/Gr.) Art. 13 (Kz2)
  • soe wie eyghen is of die doef of sijnneloys is of die een kijnt is of die toe banne is, dese en moeghen gheen voirspreken wesen
    1426/40 KleveStR. Art. 291
  • hüw einer von M. (was toub) sin wib ztod, man fieng in, fuͤrt in har in turn, da lag er lang, und im toubhüsli, bis sich fand, dass ers us töube tan hat
    1533 J. Bächtold (Hg.), Hans Salat (Basel 1876) 44
  • H.S., dem schärer zuo ... D., so die tauben und wansinnigen lüt [behandelt]
    um 1650 ArchBern 39, 2 (1948) 325
III betäubt, gefühllos; abgestumpft
  • toubez houbt und müediu gelider
    1300 Hugo v.Trimberg(Ehrismann) II Vers 9678
  • so der schade wurde außgegeben vnd bezahlet, fur lame gelieder oder fur taube, wurde es sich hernacher befinden, daß derselbe schade, keine lehmniß oder taubung gemacht hette, so soll der jenige, der den schaden hat, dem andern sein geldt wieder geben
    EiderstLR. 1591 IV 8 § 4
  • doof: ... betaͤubet
    1755 Richey,IdHamb. 37
IV von Tieren: wild, ungebändigt, scheuend, durchgehend; auch: aggressiv, tollwütig
  • so sy ungezämpt oder toub vych durch die statt trybent, söllent sy das ankämmen und versorgen, damitt niemandem kein schad beschäche
    Anf. 16. Jh. LuzernSTQ. IV 193
  • die hund fallend in ein kranckheit, indem das sy wüetend werdend, lauffend umher als unsinnig und t[aub] ... verletzend es [leüt, viech] als mit ihrem biß ... die menschen, so von sölchem thier geletzt, werdend gleych auch wüetend, unsinnig und t[aub] [Bed. II]
    1563 SchweizId. XII 74
V von Holz: morsch, dürr, abgestorben; minderwertig
vgl. Taubholz
  • so wat hultz dat dry voisse aff wer gekurt ind alle ander houltz douff, dat moigen sy heym voirren. vort so sulte de burger myt reichte haven eynen koilre, die en sall neit me dan douffhultz houwen
    1300 XantenHebeR. 53
  • hant die gemeindt zu E. recht vnd macht, daub vnd vnschedlich holtz ... ihn des kellers busch vnd ihn den eigen wäldchin zu hauen
    um 1480 PfälzW. I 446
  • holz, das windfällig oder daub ist
    1537 PfälzWB. II 142
  • daß sich die einwohner daselbst aus der herrschafft N. wälden von liegenden vndt tauben brenholtz zu beholtzen haben
    1669/70 PfälzWB. II 142
  • die anderen, die sitzent dar [hoff van G.] off ..., die solen van rechte haven douff houltz
    oJ. Düren/GrW. II 792
VI bergm.
ohne Vorkommen seiend, nicht erzhaltig
vgl. edel (III)
  • ereychtt er aber mitt seynem lehnn den tawbenn stein, so hatt der ligenntt schacht nitt weytter tzw pawenn
    vor 1513 (Hs.) SchemnitzStBR. 81
  • der saltzperg ist abtaylt ... / in sechß perg: ... / allerlay pirg das man nennen thuet / edls, kern, reysents, frisch, täbs, erpawn
    1558 TirolAlm. 1 (1836) 51
  • fuͤndiger gang: wenn ein gang nicht taub ist, sondern ertz fuͤhret
    1693 Schönberg,Berginformation Anh. 32
VII unbrauchbar, wirkungslos, unbenutzbar, nicht den Zweck erfüllend, zwecklos, ohne Inhalt, vergeblich
VIII trocken, getrocknet?
  • dat nyemandt egeenderhande doof visch ... en zal vercoopen zonder die keurmeesteren daer ierst toe gehaelt
    1550 Stallaert I 362
unter Ausschluss der Schreibform(en):
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