Deutsches Rechtswörterbuch (DRW): 1Tier

1Tier

, n., (Tiert), n.

auch dim.; pl. auch -er 
Sachhinweis: A. Deutsch/P. König (Hg.), Das Tier in der Rechtsgeschichte (Heidelberg 2017)

I Wirbeltier, insb. Säugetier; selten auch in weiterer Bedeutung unter Einbeziehung der Insekten

I 1 als dem Menschen artverwandtes Lebewesen iU. zur Pflanze
  • do Got den menschen geschup, do gaf he ime gewalt over vische unde vogele unde alle wilde dier, dar umme hebbe wie is orkünde von Godde, dat nieman sinen lief noch sin gesunt an dissen dingen verwerken ne mach
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. II 61 § 1
  • wen das recht ist nit aigen des menschlichen geschlechtes sunder auch alle tier, welche auf der erd vnd in den wassern vnd im luft leben vnd gefutert werden
    um 1500 Summa legum 127
  • dusße artikell sprickt vann twyerleye derten: thom ersthenn vann denn de vann nathur tham vnnd vnschedelick ßynn ... vnnd vann den anderenn de vann nathur schedelick ßynn
    vor 1517 LangenbeckGl.(Eichler) L 16
  • diese verguͤnstigung [creaturen vermoͤge goͤttlichen willens zu seinen nutzen anwenden] erstrecket sich nicht allein uͤber die pflantzen und dergleichen unempfindliche gewaͤchse; sondern auch uͤber die sonst unschuldigen thiere, welche, ob sie schon von ihrer hinrichtung einige schmertzen empfinden, dennoch von den menschen ohne suͤnde getoͤdtet und zur leibes nahrung und nothdurfft verbrauchet werden koͤnnen
    1691 Pufendorf,Sittenlehre 276
  • so ist in der welt kein trotzigers und ungezaͤhmters thier und das zu mehrern lastern, auch zu beunruhigung der menschlichen gesellschafft mehr geschickt und geneigt waͤre, als eben der mensch
    1691 Pufendorf,Sittenlehre 448
  • gegen die unvernünftigen tiere und andere geschöpfe haben wir eigentlich keine pflichten zu beobachten, sondern wie wir uns gegen dieselben verhalten müssen, fließt schon aus demjenigen, was wir unserm und ihrem schöpfer schuldig sind
    1757 RechtVerfMariaTher. 155
  • die koͤrperlichen sachen theilen sich in die lebendigen und leblosen. die lebendigen sachen sind entweder zahme oder wilde thiere, und beide arten noͤthig, nuͤzlich oder schaͤdlich
    1785 Fischer,KamPolR. II 366
I 2 zahmes oder gezähmtes Tier, insb. Haus- oder Nutztier, auch: domestiziertes Wildtier; im Pl. auch: Vieh

I 2 a als Eigentum, Teil der Fahrhabe; insb. in Bezug auf Haltung und Nutzung, auch hinsichtlich Wergeld bzw. Schadensersatz für ein verletztes oder getötetes Tier
  • nu sul wir lernen und erkennen umme vogele und tyre wergelt
    1357/87 MeißenRB.(Oppitz) IV-33
  • alle czune, dy man czunet im wicpilde oder in velde umbe boumgarten oder umb ander crutgarten, da schol ein iczlich man dy sturczel uff sine gewer keren und nicht her uz; kert her sy her uz, das ein vihe sin ouge uzstech, das muste der, dez dy gewere ist, gelden mit des vihes gesacztem wergelde, wen ez ein unvornunftig tir ist und sich davor nicht gehuten kan als ein mensch
    1357/87 MeißenRB.(Oppitz) II-2 d.15
  • supplex heist hawsrat und ist zotan gerete, ... das zu der gerade gehoret, ... katczen und ander tyre die frawen, die ir lust willen seyn
    um 1400 LiegnitzStRb. 195
  • weer in ymants put ennich dier ghevallen ende verdorven, die moist dat dier oprichten nae sijn weerde
    1426/40 KleveStR. Art. 391
  • so yemant sich der tier mit der notwere zu frischer tat auf heldet mit beschedigung derselben, darumb ist er des tiers herren nichtzit schuldig
    NürnbRef.(1479/84) XXXI 3
  • musteyl ist alle gehofete speys ... aber die bachen, id est speckseyten, schopse, bocke, ochsen und alle menliche thier gehoren czu deme erbe
    um 1490 RechterWeg II 760
  • in bewglichen guetern, welche in zal, gewicht vnd maß besteend, vnd in guetern sich bewegenden, als in tiern 
    um 1500 Summa legum 425
  • beweglich [pfand] ... als alle essende tier, welche behalten werden zu einem pfand bis in den dritten tag völliglich
    um 1500 Summa legum 440
  • die nutzbarlich klag wirt gegeben, als ob einer ... ein arbetsams tier hot mued gemacht oder getriben, das es erbrech, oder hot gearbet souil, das es sich erfiel
    um 1500 Summa legum 635
  • die menlich tier [gehoren nicht] zu morgengab
    vor 1524 LeipzigSchSpr. 281
  • dass keiner ... uber drey tier nicht haben, noch sich derselben zum holzen gebrauchen soll
    1535 JbMittelfrk. 56 (1909) 144
  • notrecht wird gemeiniglich gebrauchet, wo verzehrende vnd vorterbliche haab vnnd guͤtter, als lebendige thier, pferde, schweine, ochsen, wein vnd dergleichen, so taͤgliche atzung vnd wartung haben wollen ... zu pfande gegeben oder arrestirt sein
    1591 BreslNGO. Art. 8
  • so aber ein viehe das ander beschädigte ... und daß thier, das beschädiget worden, hätte den krieg angefangen, so ist der herr des thiers, daß wiederwehr gethan, ... nicht schüldig
    Ende 16. Jh. NeumünsterKirchsp. 215
  • ist keinem auch in gejädern ein solch thier so ein ring glokhen oder anders zaichen dardurch es für ein erzogen thier zu erkhennen an ihme tragt zu föhlen gestattet
    1654 NÖLO. V 2, i § 3
  • wird christ und juden austrücklich verbotten, gestalt dieselbe tihr zu schlachten sich unterfangen sollten, es seye denn selbers zuvor von dem verpflichteten fleischbeschauer in augenschein genommen worden
    1758 SchriesheimW. 166
  • ein krankes thier, welches der bisherige besitzer von sich gestoßen, und hülflos sich selbst überlassen hat, wird das eigenthum desjenigen, welcher für dessen pflege und wiederherstellung sorgt
    1794 PreußALR. I 9 § 18
  • vergiftung der thiere kann nur als eine beschaͤdigung des vermoͤgens betrachtet werden
    1801 RepRecht VIII 131
  • zahme oder zahm gemachte thiere sind kein gegenstand des freyen thierfanges, vielmehr hat der eigenthuͤmer das recht, sie auf fremdem grunde zu verfolgen
    1811 ÖstABGB. § 384
  • der eigenthuͤmer eines thieres, welches durch das thier eines andern befruchtet wird, ist diesem keinen lohn schuldig, wenn er nicht bedungen worden ist
    1811 ÖstABGB. § 406
  • alle oͤffentlichen zwecklosen mißhandlungen und grausamkeiten gegen die thiere sind mit nachdruck abzustellen
    Königl.-Bair. Regbl. 1812 Sp. 1965
I 2 b in Bezug auf den Umgang mit schädlichen (II), gefährlichen oder herrenlosen Nutz- und Haustieren bzw. domestizierten Wildtieren, insb. die Halterhaftung
  • sleit en man enen hund dot oder beir oder en ander dier binnen des it ime scaden wil, he blift des ane wandel
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. II 62 § 2
  • von shedelichen tieren: ... welch hunt oder ... vihe einen man toͤtet, daz sol man mit steinen verrvͤnen
    nach 1280 Schwsp.(Langform M) LR. Art. 192
  • thes oxa and iouwelickes retherscettis bote and thes swines, thes hona, ther katta dolgh mith haelre bota schel math beta, jef hia then vnwilla and tha wanwitscipe ther scathhefticheid biswerra willath; ... mer dwaeth this binaemeda dier, hors and odera dyare, zoe scel math beta lich, ieftet thi man selua dwe [die für einen Ochsen und jedes Rindvieh (zu zahlende) Buße und die Verletzung durch ein Schwein, einen Hahn (oder) eine Katze soll man mit halber Buße büßen, wenn sie (die Eigentümer) die Absichtslosigkeit und die Unkenntnis der Schädlichkeit beschwören wollen; ... verursachen diese genannten Tiere, Rosse und andere Tiere, (sonst etwas), so soll man es büßen, wie wenn ein Mann es selbst tut] 
    13./14. Jh. (Hs. 1464) WesterlauwersR. I 552
  • ob ... ein ... tiere iemant laidigt, so schol der herre dez selben tiers ob er wil um iz veriehen rechtleich, mag ers verantwurten
    um 1330 BrünnRQ. 403
  • [Übschr.:] ab eÿn man schedliche thier hette
    1370 (Hs. 1545) ZipsR. I 232
  • staͤl auch oder raubt der mensch ein tier, vnd wurd dann ein mensch von dem tier getoͤttet, so waͤr er manslachtig, da von daz er ez hiet gestoln
    1390 (Hs.) BerthRechtssumme 1624
  • van zeringhe tamer deere: offt eyn euerswyn, osse, perd, hund edder der gelick serighet eynen mynschen, de hebber des deres gheue nicht dat deer dem zerigheden, men he betale dat arsten loͤn vnde betale twee ør. blifft de zerighede doͤt, so geue he dat deer vnde ix mark to
    1400 Købstadl. I 35
  • of ymants ... ghehalden dire, daer scade af koempt, enen lemmet of ander ve, sijn here sall den scade tho rechte gelden nae sijnen wergelde ind beteren, indien he dat ve of dat dier aen sijn wer neempt, nae des, dat he die dait vreischet
    1426/40 KleveStR. Art. 380
  • [dese onderscreven en broeken nyet:] omb een myns die ghedoet weer van een taem dier, daer is gheen peen op, doch moet hij swoenen
    1426/40 KleveStR. Art. 392
  • alle dume diars dethe is twede bote and nenen brecma [jede Tat eines vernunftlosen Tieres erfordert Zweidrittelbuße und keine Brüche] 
    Mitte 15. Jh. EmsigerR. 226
  • wo yemant schaden geschech von zamen oder ynheymischen vnuermelten oder vnuerlewmten tiern, so soll der, des sie wern, soͤllchen schaden gelten vnd bezalen. wo er aber das zethun nit vermeinte, so sol dem beschedigten soͤllchs tier, das den schaden gethan hat darumb verfallen, vnd im daruͤber der herr desselben tiers deßhalben nichts mer schuldig noch pflichtig sein, es were dann, das er soͤllchs schadens vrsach were oder hilf, rat oder getat daran hett, so ist er alßdan vmb soͤllichen schaden verpflichtet. weren aber die tier vermelt oder verlewmt, so solle der herr desselben tiers soͤllchen schaden zebekeren schuldig sein
    NürnbRef.(1479/84) XXXI 1
  • das den handtwerchern ... kains wegs gestattet werde, wie sy bißher ain mißprauch gehebt, so ... ainer ain wuͤttenden hundt, ain katzen oder annder thier erschlagen hat, das sy jne für vnredlich geachtet ... vnd geschmaͤcht haben
    TirolLO. 1532 VI 28
  • es soll ... der kirchhof mit vleis befridet werden, domit die thier den corper nicht widerumb ausgraben
    1534 Belzig/Sehling,EvKO. I 1 S. 529
  • fuͤret oder treibt einer schaff odder ander thier in deinen grund, dz sie dein getreyd, gersten oder ander frücht, oder eychelen essen, dir gebürt dise clag wider jn
    1536 Gobler,GerProz. 83v
  • sleit ein man einen hundt edder einen beren edder ein ander thyr dodt, binnen dat se schaden don, he blifft des ane wandel, yfft he dat swere, dat he dat dorch notwehre gedan hefft
    1537 SammlLivlLR. I 223
  • [Beschluss wegen eines Ochsens, durch den ein Kind zu Tode kam:] obwohln die taten nicht schlecht oder gut, so sollte man doch den ochsen als ein unvernunftig tier schlachten und das unter arme leut austeilen
    1548/49 FrkBl. 1 (1948/49) 12
  • die schaͤdliche klag, noxalis genant, vnnd die klag so ein vierfuͤssig thier schaden gethon, in denen hat der herr die wehlung, eintweder den knecht oder das vierfuͤssig thier für den gethonen schaden zugeben oder den zůgefuͤgten schaden wider zuerstatten
    1550 Gobler,Rsp. 68v
  • wuͤrde he oͤuerst dat vehe effte derte, dat den schaden gedhan hefft, loßschlaͤn vnde sick des nicht annemen, so blifft he ane schaden
    EiderstLR. 1572 Art. 87
  • lepe ein quick losdrifftich vp der straten, dat were ein perdt, effte ein bulle, effte osse, kohe, bock, zege, edder wat deerte ydt were, vnde dat quick yenigen schaden dede, den schaden moth de jenne betern, de sich dat quick anthuͤt tho thohoͤrende
    1586 Kolle,LübR. Art. 155
  • dieser schadenanspruch wird dem zugelassen, der einen schaden von einem tiehre empfangen, wieder des schaͤdlichen tiehres herren
    1683 Stieler,VademIur. I 142
  • wird dadurch ein andrer beschädigt, so ist derjenige, welcher das thier gereizt oder die unvorsichtigkeit begangen hat, zum ersatz dafür verpflichtet
    1794 PreußALR. I 6 § 76
  • sie [polizeigewalt] sorgt für ... sicherheit des lebens der bürger ... durch patrouillen und wachen, ... durch hinwegräumung schädlicher thiere oder lebensgefährlicher gebäude
    1804 Gönner,StaatsR. 424
  • [Übschr.:] verhalten bei einem von einem wuͤtenden thiere gebissenen viehe
    1806 HeidelbPolGes. 45
I 2 c
als Handelsware und Abgabe
vgl. Besthaupt
  • wenn der mensch ... [verchauft] ein vngesuntez tier fuͤr ein gesuntez ... wizzendleich ..., suͤndet er, vnd waͤr dez schuldig wider ze gelten
    1390 (Hs.) BerthRechtssumme 1344
  • [Übschr.:] so du ein siech thier wilt geben wider dem, der dirs zu kauffen geben hat
    1436 (ed. 1516) Klagsp.(Brant) 42v
  • were es sach das ein huber oder falman stirbt der sol geben einem thumprobst einen fal, das ist das best tier das er verlosst mit einer gespaltnen clawen oder mit einer ungespalten
    1483 Burckhardt,Hofr. 100
  • welchen dingen muege verzigen werden: ... dem, welcher vnwissen ist, kauft ein kranks viech oder menschen oder tier vnwissentlich
    um 1500 Summa legum 403
  • so ainer dem anndern, ain ross, swein, oder dergleychen thier, die der bschaw bedürffen, zekhauffen gibt, er versprech jm darfür oder nit, so sol er jm das, für rechtuerttig gewern ... vnd darfür sol er verpflicht sein viertzehen tag
    1518 BairLRRef. Tit. 23, 4
  • als wann ainer ... vmb ain knecht oder thier contrahiert, welchs zů der zeit des contracts nit mer in leben, sonder vorhin gestorben waͤre, ist vergeben vnd vnbindig
    1544 Perneder,Summa 4v
  • schweyn, vnd andere thier, so mit der schauw pflegen verkaufft zu werden
    FrankfRef. 1578 II 9 § 7
  • wann einer ein ross oder anders thier erkauft, welches mit verborgenen mänglen behaft ..., destwegen er der kaufer das erkaufte guet dem verkaufer ... innerhalb jahrsfrist ... wider haimbzuschlagen befuegt ist
    1654 NÖLO. II 31 § 7
  • erbgült oder erbzins ist eine abgabe, erstere in erzeugnissen des bodens, leztere in geld oder thieren, welche ein eigenthümer von dem genuß eines ihm gehörigen guts an jeden getreuen inhaber des gültrechts zahlen muß
    BadLR. 1809 Satz 710 fa
I 2 d bei der Strafvollstreckung gegen Menschen, insb. beim 2Schleifen (II), bei der Bestrafung von Sodomie 
  • der übelthetter ... soll darzů auff die richtstatt durch die vnvernünfftigen thier geschleyfft werden
    1532 CCC.(Schöffer) Art. 193
  • warumb vnuernuͤnfftige thiere, die zu vnnatuͤrlicher vnkeuscheyte mißbraucht worden, zugleich mit dem thaͤter gestrafft werden
    1565 Damhouder,Praxis 182r
  • nothzog: ... alle lebendige thiere, so dabey gewesen sein, soll man endhaupten
    1628 Apel,Collect. 87
  • der N. solle von den unvernuͤnfftigen thieren zur richtstatt geschlaipfft, und ihme alldorten anfangs die zungen auß dem rachen gerissen, folgends er mit dem feuer vom leben zum todt hingerichtet werden
    NÖLGO. 1656(CAustr.) I 48 § 8
  • wol verschuldet hette, daß er lebendig verbrannt werden sollen, ... auch in ansehung seiner jugent ... zum hochgericht füehren, vnd daselbst mit dem schwert ... hernacher auch der corper vnd der kopf zusambt den vnvernünftigen thieren auf ein scheiterhaufen geworffen vnd alles zusammen zu staub vnd aschen gebrandt werden solle
    1667 Schuhmann,Scharfrichter 234
  • man pfleget ... das thier, womit die schandthat veruͤbet worden, nur vom caviller todtschlagen und verbrennen zu lassen, wann der sodomit zwar mit dem schwerdt bestrafet, sein koͤrper aber nicht verbrannt wird; ... wenn der sodomit nicht mit dem tode bestrafet wird, ... [pflegt man] sich damit zu begnuͤgen, daß man das thier aus der gegend entfernet
    1783 Quistorp,GrundsPeinlR. 959
  • das etwa gemißbrauchte thier [soll] getödtet oder heimlich aus der gegend entfernt werden
    1794 PreußALR. II 20 § 1070
I 3
wildes, ungezähmtes Tier; Wildtier, auch: Raubtier

I 3 a als herrenloses, freies Lebewesen, iU. zum Haus- und Nutztier
  • ez si vihe odir dier ... sie lovfint vz dem walde
    um 1200 Hoffmann,Fundgr. II 129
  • allen tiren ist vride gesezzet, wan wolfen vnde pern, an den pricht niemant den fride
    nach 1280 Schwsp.(Langform M) LR. Art. 216
  • sind auch etzleich totsuͤnd gehaizzen chlain totsuͤnd, alz tier iagen durch lust vnd niht von not
    1390 (Hs.) BerthRechtssumme 2070
  • wenn ... ein jglich thir, das aus deiner gewalt koͤmet vnd aus deiner wildbane, so ist es dein nicht, denn als dann ein wild in seine freyheit kuͤmpt aus deinen augen, so ist es nimmer dein
    1408 (ed. 1574) Ekhardi,MagdebR. III 9, 7
  • die wilden thier, vogel vnd visch in fliessenden wassern, auch alle die wilden thier die vff dem erdtrych, in mere vnd in lüfften geborn werden, seind ... vß natürlichem rechten ... nyemands
    1436 (ed. 1516) Klagsp.(Brant) 49vf.
  • die thier, so man nicht vor den hirten treiben kan, schetzt man wilder natur
    1574 Pölmann,Hdb. r ijv
  • vmb wilder thier, so man die toͤdtet, verwircket man nichts am leib, derhalben gibt man auch kein gewett
    1574 Pölmann,Hdb. y ijv
  • immen oder pein (welche ... unter die wilten tierlein gezehlet werden)
    1599 NÖLREntw. V 165 § 11
  • wann einem ein schwarm immen oder bein (welche auch unter die wilden thier gezehlet werden) entgehet und sich ... auf frembden grund oder baum anlegt, und der, deme er entflohen, demselben ... nachkhombt, so mag er ihne wohl schöpfen
    1654 NÖLO. V 2, 9 § 7
  • da er einige rare thiere, als vögel und dergleichen in dem lande antreffen möchte, soll er solche für uns mitbringen
    1682 Schück,Kol.-Pol. II 132
  • [der Fiskus hat] recht oder eigenthum von ... in der natuͤrlichen freyheit herumschwebenden wilden thieren sowohl zu land als in der freyen luft und im wasser
    1770 Kreittmayr,StaatsR. 27
I 3 b in Bezug auf die Inbesitznahme wilder Tiere (auch im Wege der Jagd) und deren Haltung, insb. hinsichtlich der Haftung für durch die Tiere verursachte Schäden
  • sve wilde dier hegen wil buten ban vorsten, die sal sie binnen sinen geworchten geweren hebben
    1224/35 (Hs. 1369) SspLR. II 62 § 3
  • ist daz iemen ziuhet schaedelichiu tier, daz sin hirze, hinden, reher, baern, wolfe, marder oder fuhse, vindet diu iemen an sime schaden, swaz er den danne tut, des sol er ane galtnusse beliben. kumt aber ez hin, so sol der des daz tier gewaesen ist ieme sinen schaden zwispilde gaelten; ... taete der vorgenanten tier iemen deheinen schaden an sime libe, ... den schaden sol der buzzen, des daz tier gewaesen ist
    1276 AugsbStR. Art. 107
  • der wilde tier zam wil machen: swer wilt in steten oder auf puͤrgen zvͤhet daz get hin ze walde vnde wider heim die weil ez die wonunge hat so heizet ez sein
    nach 1280 Schwsp.(Langform M) LR. Art. 220
  • von vngeczemten tyren: ab eyn man bern, hyrszen ader ander vngeczemte tyr wyl halden yn eyner stat ader yn zeyner gewald czu zeyner lust: geschyt das, daz dyselben tyr ymand byszen ader stoszen, der, dez dy tyr zint, der zal dorvor antworten mit allem rechte
    1325/1421 LeobschützRb. 197
  • wer auch von besundern eitelm lust einen leben hiet oder ein ander tier, vnd wurd ein mensch da von getoͤttet, der herr dez tiers wurd manslaht
    1390 (Hs.) BerthRechtssumme 1628
  • wer wilde tyr heygin wel uffinbar und uzwendig den banforstin, der sal sie yn syn beworchtin bewarn behaldin, her mucz andirs den schadin geldin
    Ende 14. Jh. EisenachRB.(Rondi) III 64
  • van wilden deeren to temende: we daͤr wil temen eyn wilt ifte wreed deer alse louwen, baren, apen vnde der geliken, vnde doͤdet dat deer eynen mynschen, des deers hebber ifte besitter betale vullenkomene boͤte
    1400 Købstadl. I 35
  • wer wilde thier hegen wil auswendig den banfuͤrsten, der sol sie in seinen geweren haben, wer auch wilde thier ankuͤmet, ohn in banfuͤrste, des ist es
    1408 (ed. 1574) Ekhardi,MagdebR. III 9, 3
  • soe wie enen glummenden hont of enen taemen wolf, vosse, lewen, meerkatten, hert, beren of apen, of ennich scedelick dier hielde, ind se scaden doen, dat sij ghebonden of onghebonden, den sall hij gelden nae sijnen wergelde. ind will he sich oir uyt thien nae den schaeden, daermede en is hij nyet ontschuldich, of men dat ghetueghen mach, dat he se behalden heb bis aen die tijt, daer se den schaede deden
    1426/40 KleveStR. Art. 379
  • alle die wilden thier die vff dem erdtrych, in mere vnd in lüfften geborn werden, seind des von dem sie gefangen werden vß natürlichem rechten
    1436 (ed. 1516) Klagsp.(Brant) 50r
  • die wilden tier, als wolf, beer, schwein, lewen vnd sau, beysende hund, affen etc., die vngezemten, sein verboten da zu halten, wo das volk ... ist
    um 1500 Summa legum 651
  • die wylden thier, die foͤgel vnd fisch, ... so bald sy von jemans gefangen werden, sindt sy mit gemeynen voͤlcker rechten des, der sy fahet
    Murner,Inst. 1519 Bl. 26v
  • fodet jemandt wilde deerte vp, alse wulffewoͤlpe, edder junge baren, wat schaden de don, daruoͤr gelde he, vulle bote, de se vpfoͤdet, edder in siner gewehre hefft
    JütLow. 1590 II 36
  • wölff, pern und dergleichen schädliche thier sol niemant erzeihen
    1599 NÖLREntw. V 165 § 8
  • wird keinem gewehrt, ein solches thier so er in den seinigen angeschossen oder angehetzt, auch in ein ander gebiet oder jagts bezirck zu verfolgen
    Seckendorff,Fürstenstaat (1656) 203
  • wann ein landmann ... in seinem wild-pahn einen hirschen, schwein, oder ander erlaubtes thier ... anschuͤsset, daß es verwundt in ... eines andern wild-pahn trette, so solle ... er macht haben ... dem verwundten thier nachzuziehen
    1675 CAustr. I 489
  • die nieder-jagd-gerechtigkeit ... extendirt sich nur auf die kleinern thiere als fuͤchse, dachsen ... endten, wilde dauben
    1705 KlugeBeamte I2 555
  • das recht des thierfanges erstreckt sich nur auf solche thiere, welche noch von keinem menschen gefangen und gebändigt worden
    1794 PreußALR. I 9 § 107
  • jagdtbare wilde thiere darf nur der, welcher die jagdtgerechtigkeit hat, unter den in den polizeygesetzen des landes vorgeschriebenen einschränkungen, schießen, hetzen, beizen, fangen, oder auf andre art sich zueignen
    1794 PreußALR. I 9 § 127
  • ohne besondre erlaubniß der obrigkeit darf niemand wilde ... thiere halten
    1794 PreußALR. II 20 § 749
I 3 c in Bezug auf schadenstiftende oder gefährliche Wildtiere und deren Verfolgung, insb. im Weg der Jagd
  • waͤr ez aber ... daz die tier den fruͤchten schaden wolten tůn auf dem veld oder den laͤuten, so waͤr sein [jagen] niht suͤnd
    1390 (Hs.) BerthRechtssumme 1318
  • so ein schadbare tier ... in der zent gefangen würde, so giebt die stat auch das halbteil ... vnd die zent das ander halbteil
    1425 Lohr a.M./GrW. III 533
  • sy [vischer] söllent ouch järlich otteren und allen flyss ankeeren, damitt die selbigen thier vertriben werdent zu besserm schirm der vischen
    Anf. 16. Jh. LuzernSTQ. IV 206
  • [urtel:] daß die schädlichen tierlein so man nennt die lutmäuse, denen von S. ire acker und wiesmäder nach laut der klag in vierzehn tagen raumen sollen
    1520 Tirol/Berkenhoff,Tierstrafe 101
  • were es aber sache, das im ein keuw ader mehre entginge ader verlorne würde, die ein schelle an hette hangenn, die sael der hyrte bezalenn, es were dan sach, das die wolff ader andere thyre dasselbige vehe gescheidiget ader zu ryssen hetten
    Mitte 16. Jh. RheingauLändlRQ. 146
  • was ... die baͤren, woͤlff, fuͤchs, otter, wild-katzen, und andere schaͤdliche thier angelangen thut, moͤgen solche von einem jeden seines gefallens (doch in seinem eigenen wild-pahn und gejaidern) gefangen, geschlagen, und außgerottet werden
    1675 CAustr. I 491
  • die art der wilden thiere, welche gejagt ... werden koͤnnen, ist nicht einerley: eins theils seyn so grausam und schaͤdlich, daß auch dem gemeinen wesen daran gelegen ist, daß ein jeder ... selbige faͤlle, dergleichen seynd loͤwen, baͤren, woͤlffe, schlangen
    1705 KlugeBeamte I2 554
  • spatzen, dohlen, raben, maulwuͤrfe und raupen ... sollen als dem feld- und gartenbaue schaͤdliche thiere ausgerottet werden
    1788 Thomas,FuldPrR. I 210
  • daß eine gemeinschaftliche jagd zu ausrottung des schädlichen tieres [Wolf] von denen jagdberechtigten angestellt werde
    1790 GJagdSauerland 153
I 3 d
bei der Strafvollstreckung gegen Menschen, insb. bei der Damnatio ad Bestias und der Säckung (offen zu I 2 d)
  • moͤcht man niht ein wazzer gehaben, dar inn er [Verwandtenmörder] moͤcht sterben, so sol man in werffen fuͤr die wilden tier vnd in lazzen zerzerren
    1390 (Hs.) BerthRechtssumme 864
  • so einer ein herd vich von der weid stilt, so sol der selb den wilden thieren für geworffen werden inn zů toͤdten
    1436 (ed. 1516) Klagsp.(Brant) 34r
  • [de rechten] willen dat zy [Verwandtenmörder] ende huere complicen ghesleghen worden met roeden, ende daernaer al levende ghenayt in een coehuut of ander vel met vier dieren, te wetene met een hont, een cappoen, een simme ende een serpentkin, dat men heet vipera, ende alzo gheworpen in de zee off andere riviere
    1510 Wielant,InstrCrim. 86
  • welche gemeldte stuͤcke viehes mit gewalt stelen, werden wilden thieren zu zerreissen fuͤr geworffen
    1565 Damhouder,Praxis 214r
  • wann jemand ein brunst in einer stadt erwecket, vnd dieselbe groß ist, so ist der brenner, da er ein gemaine schlechte persohn, den wilden thieren vorzuwerffen
    1670 Blumblacher,CCCKomm. 277
  • soll auch die todes-straffe ihnen [wild-diebe] nicht auf eine grausame art angethan werden, da man sie den wilden thieren vorwerffen oder auf hirschen schmiden wollte
    1705 KlugeBeamte I2 578
I 4 Zirkustier, Tier eines Schaustellers; Tier, das in einer Tierkampfarena eingesetzt wird
  • ind hijr sijn oick onderghenoemt spelluyde, dat sijn myt boesen onghetemde dijren om gelt oir lijf waghen ind myt den dieren spoelen omb gelt. ende dese voirgeschreven persoenen sijn all infames
    1426/40 KleveStR. Art. 316
  • [von erbtail verwurcken:] so der sun ein katzenritter were oder deßgleichen sich vnderstanden het mit andern tieren zepeissen vnd zefechten
    NürnbRef.(1479/84) XV 2
  • H. ist bewilligt, seine frömbden thier und curiositeten zehen tag lang hier sehen zulaßen auff erlag eines halben batzen von der persohn
    1704 BernGBl. 8 (1912) 175
  • der churfuͤrst von Brandenburg Joachim II. ließ zu Berlin oͤfters kaͤmpfe und hetzen wilder thiere, als: loͤwen, baͤren, auerochsen, woͤlfe, wie auch große jagden und wettrennen von pferden anstellen
    1785 Krünitz,Enzykl. 34 S. 47
I 5 Tierkadaver, totes Tier
  • den selben sol dz haubt abgeschlagen werden, ... darumb das sie das yngeweyd der thier ansehen vnd diuinieren vnd warsagen dar vß
    1436 (ed. 1516) Klagsp.(Brant) 140r
  • XXXI ß umb ein tier inn graben
    1498/99 BaselStHaush. I 3 S. 83
  • soll auch versehen werden, daz yemandt die todten thier, so auf die gassen geworffen werden, abwegkh thun ... werden
    1524 SalzbStPolO. 163
  • [apothecker-tax:] von thieren, so ... in der artzney gebraucht werden
    1617 HessSamml. I 584
  • muß der wirth, der fleisch verkauft, von all und jedem gemetzgten thier der herrschaft die zungen liefern
    1761 Guggenberger,Form.3 93
II Bez. für ein Strafgerät, wohl: hölzerner Bock 
III übtr.
Pöbel, aufrührerische Menschenmenge
  • das thier (das ist die heimliche caluinische rott)
    1604 Struve,PfälzKHist. 306
  • das viel-koͤpffigte thier, der poͤbel
    1705 KlugeBeamte I2 290
unter Ausschluss der Schreibform(en):
unter Ausschluss der Schreibform(en):